Die Umstrukturierung bei ElectronicPartner hat – verbunden mit einem Stellenabbau – in der Branche den Eindruck einer Krisenentwicklung ausgelöst. Sie beschreiben die Reorganisation jedoch als „Zukunftsprogramm“. Können Sie kurz beschreiben, welche Verbesserungen Sie mit den eingeleiteten Maßnahmen erzielen wollen?
Friedridch Sobol: Bei Unternehmen in unserer Größenordnung gibt es oft ein Problem, das in der Struktur liegt. Es gilt das häufige Vorurteil, der Einkauf kaufe zu teuer ein und der Verkauf sei nicht in der Lage, das umzusetzen. Dieses Wechselspiel brechen wir mit der Umstrukturierung in Sparten, die sowohl für den Einkauf wie auch für den Verkauf zuständig sind, auf. Auch für unsere Mitglieder bietet die Neuorganisation eine deutliche Qualitätsverbesserung: Bisher waren EP-Mitglieder jeweils an einen Vertriebsinnendienstler angegliedert. Nun stehen ihnen in den Sparten CE und Weiße Ware eigene Vertriebsinnen- und Außendienstmitarbeiter zur Verfügung, dazu kommen noch Fachberater im TK-Bereich sowie unsere Regionalleiter, die weiterhin im Feld stehen.
Sie wollen die Betreuungsqualität für die Mitglieder verbessern, bauen aber gleichzeitig Personal ab. Kann dieser Spagat gelingen?
Sobol: Der Personalabbau ist leider ein Teil unserer Neustrukturierung. Gleichzeitig müssen wir unsere Mitglieder überzeugen, neben der persönlichen Beratung stärker elektronische Medien zu nutzen. Man wird heute nun einmal am Pricing gemessen – und das unabhängig vom Service-Level. Dafür optimieren wir unsere Preis-Kosten-Struktur und bauen bei der Lagerstruktur und der Spartengliederung um.
„Die Margenerosion hat eine nachhaltige Wirkung“
Das klingt ja fast wie die berühmten „Preisinvestitionen zur Gewinnung von Marktanteilen“, die zunehmend auf das Geschäftsergebnis von Media-Saturn drücken. Sind hier bei EP im Großhandel ähnliche Mechanismen am Wirken wie im Endkundengeschäft der MSH?
Sobol: Bei unseren Maßnahmen geht es zwar nicht um den Einzelhandel, aber es stimmt schon, dass der Preisdruck von den Händlern an die Vorlieferanten weitergegeben wird. Wenn die Einzelhandelsspannen so erodieren, wie sie das in den letzten Jahren getan haben, hat das natürlich auch eine nachhaltige Wirkung auf den Großhandel.
Um beim Beispiel MSH zu bleiben: Mit einer Preisorientierung auf das Niveau des Online-Handels gelingt es Media-Saturn derzeit erstmals wieder, auch auf vergleichbarer Fläche zu wachsen. Gleichzeitig wachsen die Verluste. Ist eine solche Entwicklung auch bei EP zu befürchten?
Sobol: Electronic Partner macht seit 75 Jahren Gewinn. Wir sind ein kerngesundes Unternehmen und stehen auf einer grundsoliden Basis. Wenn es in den letzten Jahren eine gewisse Stagnation im Wachstum gab, bedeutet das zwar, dass es für uns Handlungsbedarf gibt – aber noch lange nicht, dass wir mit dem Rücken an der Wand stehen. Uns geht es vielmehr darum, uns zeitgerecht Gedanken zu machen, wie wir heute nachhaltig in die Zukunft investieren.
„Der Fachhandel wird sich weiter in Richtung Service entwickeln“
Die Handelswelt wandelt sich derzeit rapide. Worin liegt in Ihrer Sicht der wesentliche Schlüssel, damit ein Modell wie der EP-Fachhandel auch in zehn Jahren noch für die Kunden relevant bleibt?
Sobol: Unsere Daseinsberechtigung liegt eindeutig im Bereich der Serviceleistung. Ein Beispiel: Was nützt es Ihnen, wenn es einen Frisör in New York gibt, der einen Haarschnitt für 5 Euro anbietet, wenn Sie hier in Deutschland sind? Ähnlich verhält es sich auch mit der Serviceleistung. Wer auf den reinen Warenverkauf setzt, wird gegen Amazon und Co. verlieren. Wer aber persönliche Bedarfsanalysen erstellt und auch bei komplexen Themen wie Smart Home in der Lage ist, eine Umsetzung zu gewährleisten, der wird morgen noch Erfolg haben. Unser Ziel ist es, den Kunden auch anspruchsvolle Technik näherzubringen – und das nicht nur für Early Adaptors. Hier gibt es noch viel Bedarf. Ein großer Teil der heute verkauften Smart TVs wird beispielsweise gar nicht ans Internet angeschlossen.
Im IT-Bereich setzt PC-Spezialist so stark auf den Service-Bereich, dass erste Partner bereits mehr als 50 Prozent ihrer Umsätze mit Dienstleistungen machen. Ist eine ähnliche Entwicklung – weg von der Hardware und hin zum Service – auch für EP vorstellbar?
Sobol: So stark sicherlich nicht. Aber wenn die Gewinnspannen weiter erodieren, wird der Fachhandel automatisch mehr in Richtung Service tendieren. Wichtig ist ein gesundes Mischverhältnis zwischen Ware und Dienstleistung.
Online-Auftritt als „Rund-um-die-Uhr-Auslage“ des EP-Sortiments
Aber bringt für den EP-Fachhandel ein weniger starker Schwerpunkt auf dem Warenangebot nicht auch die Gefahr eines Attraktivitätsverlustes bei den Kunden mit sich?
Sobol: Aus diesem Grund stellen wir dem Fachhandel verschiedene Tools zu Verfügung, damit dieser neben dem Kernsortiment mit Hilfe unserer Online-Strategie den Kunden ein erweitertes Sortiment anbieten kann. Für ein Unternehmen wie uns geht es beim Thema Online gar nicht so sehr um den Preis, als vielmehr um die Rund-um-die-Uhr-Auslage dessen, was ein Händler im Umkreis des Kunden anbietet. Aus Sicht des Online-Handels sind die Flächen im Einzelhandel ein vermeintlicher Nachteil. Doch aus unserer Sicht handelt es sich dabei um Service-Center vor Ort mit der Möglichkeit, eine deutlich ausgeweitete Produktauswahl virtuell zu präsentieren.
Sie sprechen von den von Ihnen in Österreich eingeführten Produktberatungs-Displays, dem sogenannten Virtual Shelf?
Sobol: Ja, das Virtual Shelf führen wir in Deutschland flächendeckend ein. Aber auch unsere Homepage wird künftig diese Funktion erfüllen.
„Es macht keinen Sinn, sich mit reinen Online-Händlern zu messen“
Wie soll der für das Frühjahr 2014 geplante neue Web-Auftritt von EP: aussehen?
Sobol: Wir werden unseren Kunden einen umfangreichen Produktkatalog anbieten, dazu einen Zubehörberater sowie die passenden Serviceleistungen. Für einen Fachhändler macht es keinen Sinn, sich mit den reinen Online-Händlern zu messen. Unser Ziel ist es vielmehr, mit dem Online-Auftritt das Warenangebot des Mitglieds in der jeweiligen Region bekannt zu machen. Dafür wollen im nächsten Jahr im Print-Bereich zusätzlich aktiv werden. Außerdem optimieren wir die Webseite im Mobile-Bereich und bieten eine dazugehörige App an.
Werden die Artikel in ihrem „Online-Produktkatalog“ auch über das Netz bestellbar sein?
Sobol: Kunden können Artikel bei einem EP-Händler ihrer Wahl reservieren. Wir empfehlen unseren Händlern als Standard die Reservierung zur Abholung vor Ort, doch können Händler, die das wollen, auch Waren an die Kunden versenden.
Auf Ihrer österreichischen Webseite werden auch Warenverfügbarkeiten angezeigt. Bezieht sich das auf die Lieferbarkeit im Lager oder auf die Verfügbarkeit in der entsprechenden EP-Filiale?
Sobol: Das bezieht sich auf den Lagerstatus. Durch die Reservierungsanfrage eines Kunden wird bei uns im Prinzip eine Bestellanfrage im Lager generiert. Allerdings ist unser System so angelegt, dass wir zu einem späteren Zeitpunkt auch Verfügbarkeiten vor Ort einspielen könnten. Eine Online-Zahlungsfunktion könnte mittelfristig ebenfalls in unser Online-System integriert werden.
Sie haben bereits angekündigt, die Service- Plattform Plusanschluss.de nicht weiterführen zu wollen. Nehmen Sie damit grundsätzlich von der Online-Vermarktung von Services Abstand oder werden die standardisierten Dienstleistungen in das neue Online-Angebot von EP integriert?
Sobol: Die Kunden unserer Fachhändler können beim Kauf bestimmter Geräte die dazu passende Dienstleistung beim gewählten EP:Fachhändler mitbestellen – nur eben nicht Händler-unabhängig wie bei Plusanschluss.de. In Österreich haben wir das bereits mit vier Service-Paketen umgesetzt und sind dabei, weitere Pakete zusammenzustellen.
Mit einer eingeschränkten Online-Bestellfunktion, erweiterten Produktinformationen und einem Fokus auf Dienstleistung ähnelt Ihr Online-Konzept stark dem Angebot der Wettbewerber Euronics und Expert. Wie wollen Sie sich diesbezüglich beim Kunden differenzieren?
Sobol: Wir sind die einzige Verbundgruppe, die ein echtes POS-Tool auch für Online hat. Das fängt mit dem Virtual Shelf an, das es übrigens auch in einer Offline-Variante für Regionen mit schwacher Datenübertragung gibt, geht bei der Homepage weiter und setzt sich schließlich beim Online-Zubehörberater für jedes Produkt fort. Wir sind bei diesem Modell einen Schritt weiter gegangen als die Mitbewerber, haben das System konsequent weiter ausgebaut und mit unserem Service kombiniert. Zudem wird am Ende entscheidend sein, wer den Kunden sympathischer ist.
„Notebooksbilliger und Sparhandy sind sehr sinnvolle Beteiligungen“
Ein Online-Relaunch ist auch für Ihre Fachmarktkette Medimax angekündigt. Wird es sich um eine ähnliche Funktionalität wie bei EP handeln oder planen Sie hier einen echten Onlineshop?
Sobol: Wir planen hier ein ähnliches Vorgehen wie beim Fachhandel. Denn auch bei Medimax müssten wir online ein Produkt überall zu einem festen Preis anbieten. Deshalb werden die Hauptfunktionalitäten der neuen Medimax-Seite eine erweiterte Produktauslage und eine Reservierungsmöglichkeit sein.
Wann wird mit der Umsetzung der neuen Online-Strategie zu rechnen sein?
Sob ol: Das wird spätestens zum Ende des ersten Quartals 2014 der Fall sein.
Ihre Zielsetzung im E-Commerce-Bereich unterscheidet sich deutlich von den Plänen Ihres Vorgängers. Wie sieht es mit den Beteiligungen an den Online-Händlern Notebooksbilliger.de und Sparhandy.de aus, die noch von Jörg Ehmer umgesetzt wurden. Stehen Sie zu diesen Beteiligungen?
Sobol: Ja, das sind sehr sinnvolle Beteiligungen. Wir sind hier gerade dabei, die ersten Synergieeffekte umzusetzen. (mh)