EP: bei der Übernahme schneller als die Polizei erlaubt

03.05.2001
Electronic-Partner (EP) meldet erste Erfolge bei der Integration der Comteam GmbH. Wohl ein wenig zu früh: Denn die Anteile gehören nach wie vor zu 100 Prozent der Capital Group AG.

Wir sind froh, dass wir sie haben, und wir sind sicher, dass wir von der Comteam noch viel lernen können", Oliver Haubrich, Ge-schäftsführer der Electronic-Partner Handel GmbH, blickt optimistisch in die Zukunft. Mit der Gründung des neuen Ge-schäftsbereiches ITK (siehe Com-puterPartner, Ausgabe 15/01, Seite 12) sei die Integration der zum Jahresanfang eingekauften Comteam GmbH mit rund 540 Mitgliedern einen entscheidenden Schritt weiter, glaubt der Enkel des Unternehmensgründers.

Man werde diese IT- und TK-Systemhäuser und Einzelhändler in ihrer Individualität unterstützen - "die einzige Existenzberech-tigung von Electronic-Partner" - und ihnen zugleich alle Vorteile und Möglichkeiten des Verbundes angedeihen lassen, so das Ver-sprechen. Es müsse sich keiner der Comteam-Anhänger jetzt EP auf die Fahnen schreiben, beteuert Haubrich. Was den "Neuen" aber eigentlich nicht schwer fallen dürfte, denn einen Auftritt als Comteam-Verbund habe es nach Außen ohnehin nie gegeben: "Das tauchte in keinem Firmennamen und in keinem Briefkopf auf", so Haubrich. "Die Signalwirkung ging nach Innen."

Einer der Vorteile für die Neuen sei beispielsweise das "Zentralregu-lierungs-Portfolio". So wird ab 1. Juli die Zentralregulierung und damit das Delkredere (Haftung für Forderungen) für die Comteam-Mitglieder ebenfalls über die EP-Verbundgruppe abgewickelt. Auß-erdem kommen die Mitglieder auch in den Genuss des zent-ralregulierten Einkaufs: "Eine Möglichkeit kann dabei unser EP-Lager sein - muss es aber nicht", sagt Geschäftsführer Karl Traut-mann, verantwortlich für Com-team und - neben Oliver Haubrich - auch für den neuen ITK-Bereich. Dass man sich allmählich und in aller Stille zu einem IT-Distributor mausere, will der Manager wört-lich nicht bestätigen, sagt aber: "Natürlich stehen wir im vollen Wettbewerb zu Unternehmen wie C2000." Dieser Satz dürfte in der Distributionslandschaft für einiges Kopfzerbrechen sorgen.

Kleiner Teil mit großer Wirkung

Für Verwirrung sorgt aber auch, dass der Verbund bereits erste Erfolge bei der Integration der Comteam GmbH und ihrer Mit-glieder vermeldet, obwohl ihnen die Anteile offiziell noch gar nicht gehören. Zwar beteuert Oliver Haubrich bei der Vorstellung des ITK-Geschäftsbereiches: "Die Sa-che ist über die Bühne, das Geld ist angekommen" - maximal ein kleiner Teil dürfe noch ausstehen. Der ist offenbar aber von ent-scheidender Bedeutung: In einem offiziellen Schreiben, das Anfang April rausging und Com-puterPartner vorliegt, heißt es: "Der Kaufpreis für die Anteile an der Comteam Computerfachhan-delsgesellschaft mbH & Co KG ist von der Käuferin Electronic-Par-tner Handel GmbH noch nicht voll bezahlt worden. Die Anteile sind deshalb noch nicht übertragen worden, sondern befinden sich weiterhin zu 100 Prozent bei der vormaligen Comteam AG, jetzt Capital Group AG."

Branchenkenner schätzen den Kaufpreis auf 13 bis 15 Millionen Mark. Peanuts sind das selbst für Electronic-Partner nicht - darum ist der Verbund auf maximale Sicherheit bedacht. Zumindest schätzen Insider, dass ein juris-tischer Schachzug der Hinter-grund des nicht vollzogenen Verkaufs ist: "Man wollte sich natürlich absichern, falls ein Großteil der Comteam-Mitglieder mit dem neuen Eigentümer nicht einverstanden ist und abspringt." Einen Teil habe man also überwiesen, EP agiere schon offiziell als neues Mutterhaus, mit schwindender Mitgliederzahl re-duziere sich dann aber wohl der endgültig fällige Kaufpreis, so die Spekulationen.

Bestätigen will Electronic-Partner das natürlich nicht. EP-Chef Haubrich bittet um Verständnis, dass man keine vertraglichen Details nach außen tragen möchte und äußert sich nunmehr vor-sichtig: "Die Comteam GmbH ist seit dem 2.1.2001 eine 100-pro-zentige Tochter von uns, die Zah-lungen haben entsprechend den Vereinbarungen stattgefunden." Man agiere im gegenseitigen Ein-vernehmen, sei der Capital Group AG eng verbunden, was daraus er-sichtlich sei, dass diverse Vertreter im Beirat und als Mitglieder bei EP zu finden seien.

Abmahnung für PC-Spezialist

Mit emotionaler Verbundenheit dürften die nervösen Reaktionen der Capital Group AG freilich wenig zu tun haben. So hat der Wettbewerber PC-Spezialist eine Abmahnung kassiert, nachdem man den Comteam-Mitgliedern die hauseigene Kooperation Micro-trend als Alternative angeboten hatte (siehe ComputerPartner, Ausgabe 15/01, Seite 16). Zwar will sich Frank Roebers, Vorstands-sprecher von PC-Spezialist, dazu nicht mehr äußern, aber dass der Adressat die Capital Group AG und nicht Electronic-Partner war, ist kein Geheimnis.

"Wir sehen das ziemlich locker", sagt stattdessen EP-Manager Karl Trautmann. "Wir stehen im Wett-bewerb, und jeder tut, was er kann." Man sei von den eigenen Mitgliedern über den angeblichen Abwerbungsversuch informiert worden, Kopfzerbrechen habe er dem Verbund aber nicht bereitet. "Sie unterschätzen da die unter-nehmerischen Fähigkeiten un-serer Mitglieder. So eine Ent-scheidung treffen die doch nicht aus dem Bauch heraus - oder gar wegen einem Fax." Von schlechter Stimmung bei den Mitarbeitern oder gar einer Kündigungswelle der Mitglieder will Trautmann nichts wissen. Ein paar hätten tatsächlich gekündigt, zwei hätten der Bonitätsprüfung nicht stand-gehalten. Die Zahl der Verluste seit der Übernahme beziffert er allerdings auf "weniger als zehn".

www.electronicpartner.de

ComputerPartner-Meinung:

Dass ein Großteil der Comteam-Mitglieder die Flucht vor der neuen Dachorganisation ergrei-fen sollte, ist eher unwahr-scheinlich. Schließlich hat Elect-ronic-Partner den neuen Partnern alle Möglichkeiten und Freiheiten zugesagt und bewies nicht zuletzt mit den aktuellen Jahresergebnissen ein gutes unternehmerisches Händ-chen. Um so wahrscheinlicher ist es deshalb aber auch, dass sich der Verbund gegen alle Eventualitäten abgesichert hat. (mf)