channelpartner.de: Computacenter hat - wie auch viele andere IT-Dienstleister - im ersten Halbjahr 2024 Umsatzrückgänge verkraften müssen. Was waren die Gründe dafür?
Bernd Charpentier, Sprecher der Geschäftsführung von Computacenter Deutschland: In diesem Jahr sehen wir eine Eintrübung des Marktes. 2023 hatten wir wirklich ein fantastisches Jahr, mit vielen großen Projekten insbesondere im Produktgeschäft, auch eines in dreistelliger Millionenhöhe in der ersten Jahreshälfte. Im ersten Halbjahr 2024 konnten wir noch kein Projekt in der Höhe gewinnen. Für das zweite Halbjahr 2024 bin ich da schon viel optimistischer.
channelpartner.de: Was Umsatz und Gewinn betrifft
Bernd Charpentier, Computacenter Deutschland: Beim Umsatz hoffen wir die Vorjahresmarke erreichen zu können, das Ergebnis 2024 sollte besser als 2023 ausfallen.
channelpartner.de: Woher kommt dieser Optimismus? Bechtle geht zum Beispiel davon aus, dass Umsatz und Vorsteuerergebnis 2024 auf dem Niveau des Vorjahres liegen werden.
Bernd Charpentier: Wir sind im gleichen Boot wie unsere Wettbewerber. Vielleicht ist die Lage bei uns ein bisschen besser, weil wir einen kleineren Kundenkreis haben, und darunter finden sich große Konzerne und öffentliche Institutionen. Das sind Auftraggeber, die jetzt nicht so auf der Bremse stehen, wie mittelständische Unternehmen. Kleinere Firmen schieben gerade ihre IT-Beschaffungen und Projekte in die Zukunft. Irgendwann werden sie aber wieder investieren müssen. Es baut sich ein IT-Investitionsstau auf.
Nach der Pandemie haben sich viele Unternehmen mit IT-Infrastruktur "vollgesaugt" und neues Personal eingestellt. Jetzt geht es um die richtige Nutzung dieser Ressourcen, um die eigene Wertschöpfung zu erhöhen.
Auch in Länderverwaltungen und Kommunen gibt es Budgetrestriktionen, aber wir arbeiten vorwiegend mit Bundesbehörden, wo wir das zum Glück noch nicht so deutlich sehen. Insbesondere weil diese ja e die Digitalisierung der Bundesverwaltung voranbringen müssen
channelpartner.de: In Deutschland versorgt Computacenter rund 150 sogenannte "Fokus"-Kunden mit IT-Infrastruktur. Birgt das nicht auch die Gefahr, dass bei Ausfall eines Kunden, die mit ihm erzielten Umsätze nicht so leicht kompensiert werden können?
Charpentier: Es gibt Branchen, etwa die energieintensive Chemie-Industrie, in denen die Erneuerung der IT-Infrastruktur gerade nicht die höchste Priorität genießt. Natürlich wissen auch diese Unternehmen, dass sie in Digitalisierung und Prozessautomatisierung investieren müssen, um ihre Effizienz zu erhöhen, aber eben nicht gerade jetzt. Dafür investieren aber zum Beispiel Finanzdienstleister verstärkt in neue Technologien wie KI.
channelpartner.de: Sie sind also zuversichtlich, was Ihr Geschäft im vierten Quartal 2024 und im kommenden Jahr betrifft?
Charpentier: Ja, denn unsere Pipeline ist voll. Wir haben ein paar große Projekte, die wir hoffentlich noch 2024 realisieren können. Darüber hinaus haben wir auch ein sehr stabiles, kontinuierliches Geschäft mit unseren Bestandskunden.
channelpartner.de: Welchen Stellenwert hat die Neukunden-Akquise bei Computacenter?
Charpentier: Zum Glück kommen neue Kunden dazu. Unsere Strategie ist es aber, langfristig mit den Kunden zu wachsen. Ich bin seit 1997 bei Computacenter und kenne daher viele Kunden, die uns zu Beginn der Zusammenarbeit mit kleinen Aufträgen betraut haben, etwa im Workplace-Bereich. Heute versorgen wird diese Kunden mit der gesamten Datacenter/Cloud-, Netzwerk- und Security-Infrastruktur.
Zur Hilfe kommt uns hier unsere internationale Präsenz, weil viele unsere Kunden ebenfalls international tätig sind. Insbesondere unsere Akquisitionen in den USA haben uns geholfen, dort größere Neukunden in der Automobil- und Finanzdienstleistungsbranche zu gewinnen. Da ist noch viel Wachstumspotential möglich, wenn man bedenkt, dass etwa ein Drittel der globalen IT-Ausgaben in den USA getätigt wird.
channelpartner.de: Also verschiebt sich Ihr Schwerpunkt immer mehr in Richtung Nordamerika?
Charpentier: Ja, in 15 bis 20 Jahren wird der US-amerikanische Markt für uns sicherlich der wichtigste sein - natürlich immer in der Interaktion mit Europa. Derzeit ist noch Deutschland unsere stärkste Region, vor allem was unser Ergebnis betrifft. Und das soll noch möglichst lange so bleiben.
channelpartner.de: Mit welchen IT-Providern stehen Sie in den USA im Wettbewerb?
Charpentier: Dort gibt es schon eine Handvoll größerer Player, die aber in Europa gar nicht oder nur schwach präsent sind. Da besitzen wir schon ein gewisses Alleinstellungsmerkmal, um große Kunden mit der IT-Infrastruktur zu versorgen (Technology Sourcing, also Produktgeschäft) und sie auch über Grenzen hinweg mit den dazugehören Services zu bedienen (Projektgeschäft), Darüber hinaus übernehmen wir auch den Betrieb dieser IT-Infrastruktur (Managed Services). Da sind wir schon unter den Top-5.
channelpartner.de: Ihre internationale Präsenz ist sicherlich auf für viele Fach- und Führungskräfte attraktiv, oder?
Charpentier: Viele jungen Menschen wollen international arbeiten. Bei uns stehen ihnen viele Wege offen.
channelpartner.de: Wie gewinnen Sie neue Mitarbeiter?
Charpentier: Wir arbeiten mit Hochschulen zusammen, wir führen Recruiting-Kampagnen durch und gehen auf Veranstaltungen, auf denen wir Kandidaten* finden. Wir bieten viele Trainee-Programme und Ausbildungsgänge an. Jedes Jahr bilden wir 70 bis 80 neue Consultants aus und wir haben auch ein Quereinsteigerprogramm gestartet, das sehr gut angenommen wird.
channelpartner.de: Was sind das für Quereinsteiger?
Charpentier: Die kommen aus unterschiedlichen Bereichen, Geologen finden sich darunter genauso wie Lehramtsanwärter, viele Geisteswissenschaftler. Sie durchlaufen bei uns ein Consulting-Traineeprogramm und dann schauen wir gemeinsam, in welchen Bereich sie am besten passen.
channelpartner.de: In der IT-Branche vernimmt man nun immer öfter, dass man nun leichter an geeignetes Personal kommt, stimmt das?
Charpentier: Ja. Momentan stellen auch wir fest, dass die Fluktuation zurückgeht. Es sind nicht mehr so viele Stellen offen, viele IT-Unternehmen haben auch Personal freigesetzt. Wir finden nun auch schneller die für uns geeigneten Menschen.
channelpartner.de: Wie stehen Sie den Forderungen nach kürzeren Arbeitszeiten gegenüber, etwa nach der 4-Tage-Woche?
Charpentier: Wir stellen uns natürlich den Bedürfnissen der jeweiligen Generation. Es ist aber nicht alles möglich. Sabbaticals gewähren wir nur, wenn das unsere Projekte nicht gefährdet. Wir haben einen Piloten zum freiwilligen mobilen Arbeiten aus dem Ausland gestartet, die maximale Dauer aber auf zwei Wochen begrenzt. Natürlich wollen wir die besten Leute vom Markt akquirieren, aber eine gewisse Balance zwischen den einzelnen Mitarbeitergruppen müssen wir schon finden.
channelpartner.de: Und handhaben Sie es mit dem Homeoffice?
Charpentier: Unsere Mitarbeiter kommen gerne ins Office, vor allem die jüngeren. Denen macht es Spaß, sich auch zu treffen. Und die Teams aus Kundenbetreuern, Vertrieb und Service Management können sich detailliert austauschen. Unsere Devise lautet hier: Drei Tage die Woche solltet ihr im Office oder beim Kunden vor Ort sein. Wir haben da keine harte Vorgabe gemacht und sehen dennoch, dass das ganz gut funktioniert. Ich glaube, das hängt auch mit unsere Kundenfokus zusammen. In dieser Hinsicht sind unsere Mitarbeiter sehr ehrgeizig und voller Leidenschaft.
* Zur besseren Lesbarkeit wird hier das generische Maskulinum verwendet. Die Personenbezeichnungen beziehen sich - sofern nicht anders kenntlich gemacht - auf alle Geschlechter.
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