Gute Daten sind die Voraussetzung für ein erfolgreiches Digitalisieren von Geschäftsprozessen. Doch was sind gute Daten? Bei der Süwag versteht man darunter fehlerfreie, vor allem aber transparente und einfach nutzbare Daten. Natürlich sollen Dubletten durch falsch geschriebene Namen in den Kundendaten des Energieversorgers vermieden werden. Sind sie aber einmal da, können sie, sobald sie aktiv im System genutzt werden, nicht mehr beseitigt werden. Geht es um Geschäftskunden, erzeugt die Süwag Dubletten sogar bewusst - aus rein praktischen Erwägungen.
Gewollte und ungewollte Dubletten
Die bundesweit rund 850.000 Kunden der Süwag werden von Standorten in Hessen, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Bayern aus betreut. Die Verwaltung erfolgt in einem SAP-ISU-System. Ungewollte Dubletten in den Kundendaten entstehen einerseits durch die dezentrale Organisationsform und die regionale Sprachprägung, ein zweiter Grund sind unterschiedliche Vertriebswege und -kontakte, wie Internet, Call- und Servicecenter sowie externe Vertriebspartner. Über alle Kanäle gelangen permanent Daten ins System, die Gefahr der ungewollten Mehrfachanlage ist also groß.
Allerdings gibt es bei der Süwag auch gewollte Dubletten. Großkunden wie beispielsweise Wohnungsbaugesellschaften oder Filialisten mit vielen Lieferstellen werden bewusst als mehrere eigenständige Geschäftspartner im System angelegt und verwaltet. Das hat den Nachteil, dass es für den Vertrieb schwierig ist, diese Kunden insgesamt zu bewerten und effektiv zu bearbeiten.
Die Herausforderung bestand für die Süwag also darin, trotz Dubletten eine ganzheitliche und effektive Kundenbetreuung zu ermöglichen. Um dieses Ziel zu erreichen, wurde ein "einheitlicher Geschäftspartner" (eGP) über den gesamten Kundenstamm hinweg eingeführt. "Wir haben versucht, alle Dubletten eines Kunden, die ungewollten und auch die bewusst zugelassenen, zu erkennen und über den einheitlichen Geschäftspartner zusammenzuführen und zu bündeln", berichtet Gregor Fischer, Leiter Vertriebssysteme bei der Süwag Vertrieb AG & Co. KG. Die Klammerung erfolgt jeweils durch eine eindeutige Identifikationsnummer (eGP-ID) für alle Geschäftspartner eines Kunden im SAP-System. Doch wie bündelt man Datensätze, von denen vielfach gar nicht klar ist, ob sie zusammengehören?
Fehlertolerant bündeln
Süwag entschied sich für den Einsatz des "Data Quality (DQ)-Server" von Omikron, der eine fehlertolerante Suche ermöglicht. Fehlertolerant heißt, die Technologie führt Datensätze zusammen, auch wenn sie im Einzelfall falsch geschrieben sind. Eine - fiktive - Fischer GmbH wird also auch dann erkannt und mittels eGP geklammert, wenn andere zugehörige Datensätze beispielsweise auf "Fisher", "Fischr", "Ficsher" oder "Vischer" lauten. Mittels einer eigens entwickelten Matrix unter der Berücksichtigung von Merkmalen wie Geschäftspartnername, Bankverbindung, Geburtsdatum, Straßen- und Kommunikationsadressen wird die notwendige Ähnlichkeit der Datensätze für die Dublettenfindung vorgegeben.
Gestartet hatte die Süwag ihr Data-Quality-Projekt 2015 zunächst mit einer Bereinigung der postalischen Adressen. Von 1,43 Millionen Datensätzen im SAP-System wurden softwareunterstützt 375.000 Anschriften automatisiert korrigiert und formal vereinheitlicht. Bei den Kommunikationsadressen (Telefon, Fax, E-Mail) prüfte die Süwag 3,7 Millionen Datensätze, von denen 2,8 Millionen validiert und normalisiert wurden. Auch die Zahlen der Klammerung von Datensätzen zu einheitlichen Geschäftspartnern sind beeindruckend: Aus der Grundmenge von 1,43 Mio. Datensätzen wurden insgesamt 286.000 eGP mit mehreren Geschäftspartnern gebildet. Den Spitzenwert ergab die Bündelung von 461 Geschäftspartnerdatensätzen zu einem einheitlichen Geschäftspartner.
Clearing-Monitor zum Nacharbeiten
Auf der konsolidierten Datenbasis erfüllt die DQ-Software bei der Süwag im operativen Betrieb heute zwei wesentliche Aufgaben: Um alte und neue Fehlklammerungen insbesondere im Geschäftskundenbereich zu beheben beziehungsweise zu vermeiden, steht ein Clearing-Monitor zum Nachjustieren von eGP-Daten zur Verfügung. Dabei handelt es sich um eine Anwendung für den Fachbereich, mit der solche Stammdaten visualisiert werden, die über den Data Quality-Check (z.B. Initialbereinigung) nicht automatisiert verarbeitet werden können oder dürfen. Bei den angezeigten Dublettengruppen beziehungsweise -paaren kann der Fachbereich manuell prüfen und entscheiden, ob es sich um einen Doppler handelt oder nicht.
Darüber hinaus unterstützt die DQ-Software beim Neuanlegen von Geschäftspartnern im SAP-System einen Prozess, der automatisiert fehlertolerant prüft, ob diese schon angelegt sind. Sofern ein ähnlicher Geschäftspartner gefunden wird, können die Mitarbeiter die Neuanlage bei Bedarf abbrechen und mit dem vorhandenen Datensatz weiterarbeiten. Die zweite Möglichkeit besteht darin, einen Geschäftspartner neu anzulegen und mit einem schon vorhandenen eGP zu verknüpfen. Oder der Geschäftspartner wird im System komplett neu als Geschäftspartner mit eigener eGP-ID angelegt. Bei diesem Neuanlageprozess ist zudem eine postalische Adressvalidierung vorgeschaltet.
Erst anlegen, dann prüfen
Wenn große Potenzialdatenbestände ins SAP-System überführt werden sollen, legt die Süwag für alle Adressen neue Geschäftspartner an. Die Prüfung, ob diese schon im System vorhanden sind, erfolgt am Wochenende via Batch-Lauf. "Wir legen die Geschäftspartner bewusst neu an und prüfen dann, was gegebenenfalls zusammengehört, weil das einfach und zeitsparend ist", erläutert Fischer. "Aber wenn wir Dubletten zulassen, müssen wir natürlich genau wissen, welche Daten den Geschäftspartner betreffen und zusammengehören."
Um dem ganzheitlichen Ansatz der Kundenbetreuung gerecht zu werden, hat die Süwag für den Geschäftskundenbereich eine neue CRM-Software eingeführt. Diese wird aktuell ebenfalls mit dem DQ-Server verbunden. Auch hier wird man also zunächst im CRM-System einen Dubletten-Check vornehmen und dann per eGP-ID alle Datensätze, die geklammert wurden, gesammelt aufrufen können. So hat der Vertriebsmitarbeiter sofort den vollen Überblick zu jedem Kunden.
Integration weiterer Systeme geplant
In einem Folgeschritt ist nun geplant, unter anderem auch eine separat betriebene Fakturierungslösung in den eGP-Prozess zu integrieren, mit der die Süwag ihre Wasser- und Wärmekunden abrechnet. Die in diesem System verwalteten Geschäftspartner erhalten demnächst ebenfalls jeweils die klammernde eGP-ID. In der zukünftigen Prozesswelt haben die Vertriebsmitarbeiter der Süwag also systemübergreifend bei jedem Kunden sofort im Blick, welche Produkte - Strom, Gas, Wasser, Wärme - er bezieht. Auf Basis dieser unmittelbar verfügbaren Informationen kann die Süwag ihre Kunden effektiv betreuen, trotz Dubletten.