Vor etwa einem Jahr hat Kioxia (ehemals Toshiba Memory) die weltweit ersten Server-SSDs auf den Markt gebracht, die dem Enterprise and Datacenter Small Form Factor (EDSFF) entsprechen und PCIe 5.0 unterstützen. Der neue Formfaktor, der von der Storage Networking Initiative Association (SNIA) offiziell als Standard akzeptiert wurde, soll nicht nur eine höhere Speicherdichte bei weniger Platzbedarf ermöglichen, sondern auch höhere Geschwindigkeiten und eine effizientere Kühlung und Energieversorgung. Was unterscheidet EDSFF von bislang verbreiteten Formaten und welche einsatzfähigen Produkte gibt es schon oder kommen bald auf dem Markt?
EDSFF: Mehr als nur eine Größe
EDSFF-SSDs gibt es nicht nur in einer Größe. Die SNIA hat unterschiedliche Größen vorgesehen. Sie reichen von E1.L beziehungsweise EDSFF 1U Long, über E1.S beziehungsweise EDSFF 1U Short, bis zu EDSFF E3.S und E3.L.
E1.L wurde entwickelt, um die Kapazität pro Laufwerk und Rack-Einheit in einem 1-HE-Server (Höheneinheit) oder Speicher-Array zu maximieren. Vorgesehen ist eine Dicke von 9,5 beziehungsweise 18 mm. Die Breite beträgt 38,4 mm und die Länge 318,75 mm. Die Zahl eins im Namen bezieht sich auf die 1 HE, die diese Laufwerke in einem Server belegen.
E1.S ist dagegen ein kleinerer Formfaktor, der ein wenig länger als der Klassiker M.2 ist, aber breiter. So können mehr NAND-Speicher untergebracht werden, was die Kapazität pro Laufwerk erhöht. Ebenso wie bei E1.L passen sie in einen 1-HE-Server. Ihre Breite beträgt je nach Modell zwischen 31,5 und 33,75 mm, ihre Länge zwischen 111,49 und 118,75 mm und ihre Dicke zwischen 5,9 und 25 mm.
EDSFF E3 soll den in Servern und Storage-Systemen häufig zu findenden 2,5-Zoll-Formfaktor modernisieren und zugleich ersetzen. Die E3-Versionen haben immer eine Höhe von 76 mm, eine Länge von 112,75 beziehungsweise 142,2 mm sowie als Breite 7,5 mm oder 16,8 mm. Sie sind zudem Hot-Plug-fähig. Die Zahl drei im Namen stammt daher, dass die SSDs drei Zoll breit sind, was den erwähnten 76 mm entspricht.
Akzeptanz im Markt
Bislang ist der EDSFF-Markt noch relativ bescheiden. Gerade die Server-Hersteller waren in der Vergangenheit nicht die eifrigsten, wenn es um die Entwicklung neuer Designs ging. Das hat sich aber mittlerweile geändert. So haben mittlerweile Hewlett Packard Enterprise (HPE), Fujitsu, Lenovo und Supermicro erste Produkte mit EDSFF-Unterstützung vorgestellt. Teils sind diese auch bereits verfügbar.
Léon Málik Cin, Presales Consultant bei HPE, weist darauf hin, dass die "bisherigen Formate LFF und SFF aus den Zeiten von mechanischen Speichergeräten wie HDDs kommen". Das habe man bei der Einführung von Flash-Speichern und SSDs beibehalten, obwohl man den "den Platz je Modul gar nicht mehr vollständig benötigt" habe. "EDSFF schließt genau diese Lücke", so Cin. EDSFF-SSDs unterstützen daher eine deutlich größere Speicherdichte.
Außerdem hat den HPE-Presales-Consultant überzeugt, dass "die Module deutlich schmaler sind und nun mehr SSDs in einen Server passen". Das sorge für größere Speicherkapazitäten und außerdem für eine bessere Verteilung der Daten auf mehrere SSDs, was die Redundanz verbessere. Insbesondere im Software-defined-Storage-Umfeld werde das für spürbare Vorteile sorgen. Cin: "In der Betrachtung der gesamten Kosten sind damit weniger Server für eine bestimme Kapazität notwendig."
EDSFF für kompakte Server sowie GPU-gestützte Systeme
"EDSFF-Laufwerke sind in ihren Abmessungen deutlich kleiner und eignen sich somit hervorragend für kompakte Systeme", ergänzt Paul Höcherl, Product Manager ISG bei Lenovo. Das biete den Kunden auch eine höhere Flexibilität. Er nennt gleich ein konkretes Beispiel: "Bis vor einigen Jahren bedeutete die Wahl eines 1-HE-Servers wegen dem vorhandenen Platz eine gewisse Einschränkung." Dank EDSFF lassen sich darin neben den RAID- und Netzwerkadaptern auf ihren dedizierten Steckplätzen noch drei zusätzliche freie PCI-Steckplätze unterbringen.
Insgesamt können so laut Höcherl sechzehn lokale Platten eingebaut werden. Das seien vier beziehungsweise sechs mehr als bislang üblich. Interessant seien EDSFF-SSDs zudem für Systeme, die sehr viele GPUs aufnehmen sollen, da auch dort der Platz für lokalen Speicher begrenzt ist.
Bessere thermische Effizienz und standardisierte Mechaniken
Andreas van Acken, Head of Fujitsu Datacenter Product Management bei Fujitsu Europe, weist auf einen weiteren Aspekt hin, der für EDSFF spricht: "Die optimierte thermische Effizienz ermöglicht effizientere Kühlungslösungen mit geringerem Leistungsbedarf, wie zum Beispiel gleiche Drive-Temperaturen bei geringerem Luftstrom." Ihm haben es auch die verschiedenen Varianten mit ihren unterschiedlichen Abmessungen angetan. Das biete maximale Skalierbarkeit bei maximaler Speicherkapazität in einem gegebenen Volumen beziehungsweise Server-Chassis.
Einen weiteren Vorteil sieht van Acken darin, dass keine proprietären Drive-Carrier mehr benötigt werden, da EDSFF-Laufwerke standardisierte Mechaniken wie Auswurfhebel bereits mit sich bringen. Auch gefällt ihm, dass "PCIe-Hot-Plug-Problematiken sowie Status und Fehlersignalisierung zum Beispiel via LEDs einheitlich und Hersteller-übergreifend gelöst werden" können.
Vik Malyala, President & Managing Director, EMEA bei Supermicro, betont ebenfalls wesentliche Vorteile wie eine höhere Speicherdichte, optimale thermische Effizienz sowie einen höheren Durchsatz und eine Reduzierung der Latenz im Vergleich mit herkömmlichen Flash-Speichern, die klar für EDSFF sprechen. E1.L und E3 hätten zudem Vorteile bei der Skalierung der Kapazität. "Diese EDSFF-Formfaktoren ermöglichen flexible NAND-Chip-Layouts", so Malyala. Nach seiner Ansicht gibt es keine speziellen Voraussetzungen für den Einsatz von EDSFF-Laufwerken: "Kunden, die NVMe-U.2/U.3-SSDs verwenden, können nahtlos zu EDSFF-NVMe-SSDs migrieren."
Erste EDSFF-fähige Server auf dem Markt
Angesprochen auf die bisher verfügbaren HPE-Server mit EDSFF-Support nennt Léon Málik Cin die Maschinen der Serie ProLiant Gen11. Die Server mit AMD-CPU sind voraussichtlich ab Anfang 2023 im EDSFF-Format erhältlich. Auch die Modelle mit Intel-CPUs will der Hersteller Anfang des kommenden Jahres auf den Markt bringen. Als konkretes Beispiel nennt Cin den Server DL385, der bis zu 36 EDSFF-SSDs aufnehmen kann. "Im Vergleich zu den Vorgängermodellen ist das eine Steigerung um 50 Prozent mehr SSDs, die vorne in den Server platziert werden können", so Cin.
Paul Höcherl betont seinerseits, dass es bereits seit eineinhalb Jahren schon EDSFF-kompatible Produkte bei Lenovo gibt. Als Beispiele nennt er die Server ThinkSystem SR630 V2, ThinkSystem SR670 V2 sowie ThinkSystem SN550 V2. "Vor wenigen Wochen sind außerdem noch das ThinkSystem SR645 V3 und das ThinkSystem SR675 V3 dazugekommen", so Höcherl. Auch in Zukunft wolle man das Portfolio "sukzessive um neue Produkte erweitern, die eine Unterstützung für EDSFF mitbringen".
Für Fujitsu nennt Andreas van Acken die Server Primergy RX2530 M6 und Primergy RX2540 M6. Sie können bis zu 32 beziehungsweise 64 E1.S-Laufwerke aufnehmen. Allerdings sagte van Acken auch, dass bei Fujitsu derzeit "keine konkreten Pläne bestünden, weitere EDSFF-kompatible Produkte auf den Markt zu bringen".
Supermicro hat nach eigenen Angaben bereits 2019 erste Server- und Storage-Systeme vorgestellt, die EDSFF unterstützen. Beispiele sind das BigTwin 2HE Four-Node Server-System. Es kann pro Node bis zu zehn E1.S-Laufwerke plus zwei SATA-M.2-SSDs aufnehmen. Besonders stolz ist der Hersteller auf die Multi-Node-Effizienz des BigTwin mit geteilter Stromversorgung und Kühlung. In Kombination mit der thermischen Effizienz von EDSFF-Laufwerken ergeben sich laut EMEA-President Vik Malyala weitere Möglichkeiten für Kosteneinsparungen.
Außerdem bietet Supermicro die Flash-NVMe 1HE Petascale Storage-Server an. Sie bieten eine Bandbreite von bis zu 52 GBit/s, eine hohe IOPS-Leistung und NVMe over Fabrics. Sie zeichnen sich laut Malyala zudem durch besonders einfache Wartung aus.