Europäische Richtlinie 2014/55/EU

E-Invoicing in der öffentlichen Verwaltung

26.07.2018 von Klaus Schmitt
XRechnung ist das verbindliche Format, es fehlen aber immer noch Nutzungsbedingungen. Die Verwaltung sollte mit flexiblen Lösungen reagieren.

Die am 16. April 2014 erlassene Europäische Richtlinie 2014/55/EU über die elektronische Rechnungsstellung bei öffentlichen Aufträgen schreibt den Empfang und die Versendung von elektronischen Rechnungen verbindlich vor. Sie definiert zudem den Begriff der elektronischen Rechnung als Rechnung, die in einem strukturierten elektronischen Format ausgestellt, übermittelt und empfangen wird, welches die automatische und elektronische Verarbeitung ermöglicht.

eRechnungs-Gesetz und eRechnungs-Portal

Auf Grundlage der Europäischen Richtlinie hat das Bundeskabinett am 13. Juli 2016 das E-Rechnungsgesetz beschlossen. Danach sind eRechnungen über ein zentrales eRechnungs-Portal des Bundes einzureichen. Das eRechnungs-Portal ist eine besondere Fachanwendung des übergreifend geplanten Verwaltungsportals und auf die föderale Erweiterung ausgelegt. Derzeit ist zu erwarten, dass das eRechnungs-Portal noch vor dem übergeordneten Verwaltungsportal zur Verfügung stehen wird.

Den Ländern, Gemeinden und Kommunen bleibt es jedoch selbst überlassen, ob sie diese Möglichkeit nutzen wollen. Derzeit haben erst Bayern, Schleswig-Holstein und Thüringen ein eigenes E-Rechnungsgesetz erlassen. Während sich Schleswig-Holstein und Thüringen eng an der Vorlage des Bundes orientieren, gibt es in Bayern doch deutliche Abweichungen, die einer bundesweit weitgehend einheitlichen Regelung entgegenstehen.

Funktionen, die das eRechnungs-Portal bereithalten wird, sind neben der eindeutigen Identifizierung des Rechnungsstellers die Möglichkeit der Web-Erfassung und des Datei-Uploads, die Anbindung von Übertragungskanälen z. B. für EDI oder Mail, die Validierung der Rechnung auf formale Richtigkeit, sowie die Weiterleitung an den richtigen Adressaten.

Die Rechnungen, die einem definierten Standard entsprechen müssen, sollen über verschiedene Kanäle an das Portal übertragen werden können:

Bei der Ausgestaltung der Webservice-Schnittstelle wird u. a. der in anderen Ländern bereits etablierte PEPPOL-Standard diskutiert. Vor dem Hintergrund eines international übergreifenden Nenners wäre diese Lösung zu begrüßen. Immerhin wird der PEPPOL Standard von elf europäischen Ländern unterstützt. Der IT-Planungsrat hat zwar bereits einen Testauftrag erteilt, das Ergebnis steht aber noch nicht fest. Dementsprechend gibt es bislang weder eine Bestätigung, noch eine Schnittstellenbeschreibung.

Die Papierrechung könnte bald ausgedient haben, aber noch ist das Ziel lange nicht erreicht. Deutschland liegt im internationalen Vergleich nach wie vor weit zurück.
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Die Testphase für das eRechnungs-Portal als solches wurde im Mai abgeschlossen. Derzeit findet eine Pilotphase mit ausgewählten Testbehörden statt.

XRechnung und Übertragungswege

Die eRechnungen sind - unabhängig vom Eingangskanal - zunächst grundsätzlich als sogenannte XRechnung einzureichen. Das Format XRechnung beschreibt einen definierten Standard, der am 22.06.2017 vom IT-Planungsrat verabschiedet wurde und seither Gültigkeit besitzt. Durch XRechnung werden die europäischen Vorgaben letztlich verbindlich den nationalen Erfordernissen angepasst.

Soweit andere Formate (z. Bsp. ZUGFeRD oder EDICOM) der CEN-Norm entsprechen, sind diese gleichermaßen zulässig. Entscheidend ist aber die Übereinstimmung mit dem CEN-Standard.

Die Frage der Rechnungsübertragung über eine normale E-Mail, sowie die Verwendung von hybriden Formaten (ZUGFeRD) ist noch nicht abschließend geregelt. Zur Herstellung von Rechtssicherheit müssen noch entsprechende Nutzungsbedingungen erarbeitet werden.

Grundsätzlich ist die Übermittlung einer Rechnung per herkömmlicher E-Mail jedoch kritisch zu sehen. Nicht nur wenn die Rechnung personenbezogene Daten enthalten sollte, stellt diese Übermittlungsform immer ein Sicherheitsrisiko dar. Empfehlenswert wären deshalb sichere Übertragungswege, wie Sie zum Beispiel im EDI-Umfeld zum Einsatz kommen.

Einführung verzögert sich

Unbefriedigend ist für die Behörden, deren Lieferanten und alle sonstigen Prozessbeteiligten wie Softwarehersteller oder Serviceprovider gleichermaßen, dass die Einführung der eRechnung in Deutschland extrem spät und zeitkritisch erfolgt. Da nutzen auch Zeitverschiebungen wenig, die einem Fristversäumnis der CEN geschuldet sind.

Öffentliche Auftraggeber sind als Erste an eine elektronische Rechnungsstellung gebunden.
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Vorgesehen war, dass öffentliche Auftraggeber die europäischen Vorgaben bis 27. November 2018 auf Bundesebene und bis 27. November 2019 auf Länder- und kommunaler Ebene umsetzen müssen. (Privatwirtschaftliche) Auftragnehmer sind verpflichtet, bis spätestens 27. November 2020 die Rechnungsstellung an die öffentliche Verwaltung elektronisch vorzunehmen. Das Europäische Komitee für Normung (CEN) hätte dazu bis spätestens 27. Mai 2017 das verpflichtende semantische Datenmodell für die Kernelemente einer elektronischen Rechnung bekannt geben müssen. Tatsächlich wurde die CEN-Norm jedoch erst am 17.10.2017 bekannt gegeben.

Durch die Verspätung verschiebt sich nun das Datum der Umsetzungsverpflichtung entsprechend nach hinten, weil die Verpflichtung der zentralen öffentlichen Auftraggeber zur Umsetzung und Anwendung grundsätzlich 18 Monate nach der Veröffentlichung greift (demzufolge jetzt per 18.04.2019). Subzentrale öffentliche Auftraggeber haben 30 Monate nach Veröffentlichung Zeit (das heißt nun bis 18.04.2020).

Handlungsempfehlung

Da das eRechnungs-Portal frühestens im Herbst (und dann voraussichtlich noch mit eingeschränkten Funktionen - etwa bei der Webservice-Schnittstelle) zur Verfügung stehen wird, müssen sich Behörden und Lieferanten möglicherweise kurzfristig anpassen. Aufgrund der relativ kurzen Zeit sind flexible und unkonventionelle Lösungen gefragt, die durch Verarbeitung alternativer Formate eine breite Palette an Möglichkeiten bieten und Lieferanten möglichst keine gravierenden Systemumstellungen abfordern, wenn sich später neue oder bessere Alternativen bieten sollten.

Gleichzeitig muss die Anbindung an das rechnungsverarbeitende System der Verwaltung einfach, schnell und sicher geschaffen werden können. Denn wenn Rechnungen nur elektronisch empfangen, dann aber ausgedruckt und manuell weiterverarbeitet werden, wie dies heute bereits mit Papier, Fax und PDF passiert, hätte das E-Rechnungsgesetz sein Ziel verfehlt.

Um ein Maximum an Effizienz zu erlangen und die erwarteten Einsparpotenziale zu realisieren, gilt es also sicherzustellen, dass die gelieferten Formate automatisch in ERP- und ECM-Systeme übernommen und dort weitgehend automatisiert verarbeitet werden können.

Europäischer Vergleich

Deutschland hat beim Thema eRechnung im europäischen Vergleich erwiesenermaßen erheblichen Nachholbedarf. Während in Dänemark (2005), Frankreich (2008), Finnland (2012), Spanien und Österreich (2013), Italien, Schweden, Niederlande und UK (2014), Belgien (2015) und der Schweiz (2017) die gesetzliche Verpflichtung zur eRechnung schon Jahre besteht, tritt diese in Deutschland erst in den kommenden Monaten in Kraft.

Länderspezifische Regelungen stehen jedoch einer international einheitlichen Lösung entgegen. Individuelle Ausgestaltungen, wie sie durch das föderalistische Prinzip in Deutschland sogar innerhalb eines Landes ermöglicht werden, sind länderübergreifend längst Realität. Neben unterschiedlichen Formaten (z.B. XML oder UBL), unterschiedlichen Plattformen (z. B. Chorus in Frankreich oder simplerinvoicing in den Niederlanden) und unterschiedlichen Kommunikationsstrukturen (z. B. PEPPOL oder ePRIOR) existiert in einigen Ländern sogar eine Verpflichtung zur eRechnung für den B2B-Bereich (z. B. Italien, Spanien, Frankreich).

Ausblick B2B E-Invoicing

Die Ausweitung auf den B2B Bereich ist letztlich auch für Deutschland wünschenswert und sinnvoll. Die intensive Proklamation des ZUGFeRD-Formats hat bereits einige durchaus namhafte Unternehmen veranlasst, dieses Format zum Austausch von Rechnungen zu nutzen. Vorsicht ist jedoch bei den ZUGFeRD-Formaten 1.0 und 2.0 geboten. Das ursprüngliche Format 1.0 entspricht nicht der CEN-Norm und ist daher für den Rechnungsversand an öffentliche Auftraggeber nicht zulässig.

Der unsichere Übertragungsweg per E-Mail muss kritisch hinterfragt werden. Die Verwendung von DE-Mail oder sicheren AS2-Verbindungen bieten hier jedoch sichere Alternativen.

Vor dem Hintergrund steigender Digitalisierungsanforderungen muss neben der Rechnung künftig auch der Austausch aller verbundenen Geschäftsdokumente - von der Bestellung bis zum Lieferschein - in Erwägung gezogen werden. Wer bei eRechnungen auf ZUGFeRD setzt, benötigt für die anderen Dokumente eine zusätzliche Lösung. Moderne SaaS-Angebote ermöglichen hier einen leichten Einstieg und eröffnen auch für den B2B-Mittelstand hohe Einsparpotenziale, geringe Fehlerquoten und schnellere Prozessabwicklungen.

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