Medienberichte in jüngster Zeit haben Verbraucher aufgeschreckt und verunsichert. So hatten Forscher des Instituts für Umweltmedizin und Krankenhaushygiene (IUK) am Universitätsklinikum Freiburg Kulturen menschlicher Lungenzellen Laserdrucker-Emissionen ausgesetzt und genetische Veränderungen festgestellt. Das Medienecho war groß.
Drucker- und Kopiererhändler sehen sich seither mit einer Fülle von Kundennachfragen konfrontiert, die sie nicht immer ausreichend beantworten können. "Ich rate meinen Kunden, die Drucker möglichst weit weg aufzustellen, dann sind sie auf der sicheren Seite", meint ein Münchener Händler pragmatisch. Wie viele Kollegen fühlt auch er sich nur unzureichend von seinen Zulieferern informiert. In einer aktuellen Online-Umfrage von ChannelPartner gaben bisher rund drei von vier Händlern an, nur unzureichend oder gar nicht informiert worden zu sein. Nur 26 Prozent waren mit der Informationspolitik der Hersteller zufrieden.
Für die Hersteller ist das Thema sehr heikel. Keiner will sich zu sehr aus dem Fenster lehnen, um nicht später als Buhmann dazustehen. Um eine gemeinsame Sprachregelung zu gewährleisten, äußert sich der Branchenverband Bitkom stellvertretend für die Druckerindustrie. Allerdings konnte der Verband nicht im Einzelnen beantworten, wie die Hersteller ihre Händler informieren. "Originalhersteller stellen produktspezifische Informationen in den Benutzerhandbüchern und auf speziellen Sicherheitsdatenblättern zur Verfügung und betreuen ihre Partner auch in diesem Punkt individuell", erklärt dazu Bitkom-Sprecher Marc Thylmann. ChannelPartner hat bei den Herstellern nach dieser individuellen Betreuung gefragt: Immerhin antworteten mit Brother, Hewlett-Packard, Kyocera, OKI und Xerox fünf von elf angefragten Unternehmen. Canon, Epson, Lexmark und Ricoh verwiesen lediglich auf den Bitkom, Konica Minolta sah sich nicht in der Lage innerhalb von zwei Wochen ein autorisiertes Statement abzugeben und von Samsung kam gar keine Antwort.
Merkblätter und persönliche Beratung
Xerox stellt den Händlern auf Anfrage ein Merkblatt bereit. Allerdings wollte uns das Unternehmen die Information nicht zur Veröffentlichung zur Verfügung stellen. Wesentlich offener agiert man bei OKI: "Ein offizielles Statement zum Thema haben wir unseren Fachhändlern wie immer im Partnerportal zum Download zur Verfügung gestellt. Generell wollen wir dem Thema auch in Zukunft in engem Austausch mit unseren Händlern begegnen, um Klarheit zu schaffen", betont Marketing Director Knut Haake. Er habe aber nicht den Eindruck, dass sich die OKI-Händler in dieser Frage alleine gelassen fühlen. "Sobald ein Partner mit Fragen an uns wendet, sind wir immer direkt für ihn da", verspricht der OKI-Manager.
Hewlett-Packard will seine Partner "auch bei kritischen Themen wie der aktuellen Debatte um Gesundheitsgefahren durch Toner- und Laserdrucker" unterstützen und verweist auf die Kommunikationsmöglichkeiten über das HP Smart Portal und die direkten HP-Ansprechpartner. Alle Mitarbeiter im Kundenkontakt seien informiert. "Wenn Händler wiederum ihren Kunden gezielte Informationen beispielsweise zum Thema Filter, Emissionen oder Ozon weitergeben möchten, werden sie über unsere Anlaufstelle umwelt@hp.com individuell versorgt", verspricht HP-Sprecherin Barbara Wollny.
Zusätzlich verweist Bitkom-Sprecher Thylmann auf "umfassende Informationen zu den marktüblichen Technologien und zum aktuellen Stand der Diskussion" die unter www.bitkom.org/de/themen/54662.aspx zu finden sind. Der Verband hält zudem ein PDF zu häufig gestellten Fragen und den entsprechenden Antworten zum Download bereit.
Bei Kyocera ist für die Frage der Emissionen der Umweltbeauftragte Detlev Herb zuständig. Herb hält allerdings die Sachlage für "zu komplex" als dass sie ausreichend durch den Handel kommuniziert werden könnte. "Wir nehmen das Thema ernst. Bei Kundenanfragen kann sich der Partner direkt an mich wenden", rät Herb den Fachhändlern. Er wehrt sich gegen den Vorwurf, das Thema werde von der Industrie totgeschwiegen. "Es wird professionell über den Bitkom kommuniziert", meint der Umweltspezialist.
Ob allerdings die Kommunikation über den Branchenverband wirklich ausreichend und zielführend ist, herrschen bei den Herstellern unterschiedliche Meinungen. "Hersteller und auch Branchenverbände müssen sich fragen, ob wirklich sämtliche vertrauensbildende Instrumente genutzt werden", räumt OKI-Manager Haake ein. Er verweist auf eine eigenen Business Unit in Japan, die sich nur mit diesen Fragen beschäftigt. "Der zentrale Punkt heißt Kommunikation. Die Hersteller müssen immer ansprechbar sein und ihre Erkenntnisse transparent kommunizieren", fordert Haake.
Unseriöse Spekulationen
"Händler können ihren Kunden guten Gewissens versichern, dass Gesundheitsgefahren durch Laserdruck- und Kopiersysteme bei bestimmungsgemäßem Gebrauch nicht zu erwarten sind. Deshalb weisen die im Bitkom organisierten Hersteller eine Verunsicherung von Verbrauchern durch populärwissenschaftliche Berichterstattung sowie vereinzelte, unseriöse Spekulationen als wenig zweckdienlich entschieden zurück", erklärt Bitkom-Mitarbeiter Thylmann. Was "bestimmungsgemäßer Gebrauch" ist, werde von den jeweiligen Herstellern definiert.
Brother verweist auf das Umwelt-Label "Blauer Engel" mit dem die Geräte des japanischen Herstellers zertifiziert sind. "Der Gesetzgeber hat verbindlich Normen und Grenzwerte für zugelassene Stoffe und Emissionen erlassen. Alle von Brother in Deutschland angebotenen Drucker halten diese gesetzlichen Grenzwerte ein, sofern und nur dann, wenn der Anwender Originaltoner verwendet", betont Brother-Vertriebsleiter Matthias Kohlstrung. Er rät allerdings zur Vorsicht beim Kundengespräch: "Vom Argumentieren kann man nämlich unbeabsichtigt ganz schnell beim Diskutieren und im schlimmsten Fall Überreden oder Verharmlosen landen, worauf besorgte Kunden sehr sensibel reagieren können. Händler müssen ihre Kunden immer ernst nehmen, auch wenn sie deren Ängste selbst nicht teilen", meint Kohlstrung. Sollte der Reseller mit seinen Argumenten kein Gehör finden, hat der Brother-Manager einen einfachen Rat: "Sollte der Verweis auf den Gesetzgeber und den Blauen Engel die Bedenken des Kunden nicht zweigfelsfrei ausräumen, so bleibt dem Händler nach wie vor die Option ein Gerät mit Tintentechnologie anzubieten". Wohl dem Hersteller, der auch Tintendrucker im Portfolio hat.
Filter als Beruhigungsmittel
Die Diskussion über Laserdrucker-Emissionen spielt den Anbietern von Filtersystemen wie Dexwet, Freudenberg oder Riensch & Held in die Karten. Die Geräteindustrie wehrt sich allerdings mit Händen und Füßen gegen entsprechende Lösungen. "Für was braucht man einen Filter, wenn es nichts zu filtern gibt", fragt sich Kyocere-Umweltexperte Herb. Ähnlich sieht es auch OKI-Manager Haake: "Unsere Produkte erfüllen die engen Qualitäts- und Sicherheitsstandards der Gesetzgebung und somit besteht kein Bedarf, Filtersysteme einzubauen", betont er. Man werde sich dennoch mit dem Thema beschäftigen, denn es könne nicht im OKI-Interesse sein, dieses Thema und das gefährliche Halbwissen dazu im Raum stehen zu lassen. Brother-Vertriebsleiter Matthias Kohlstrung hält die Filtersysteme sogar für unseriös: "Es wäre ein leichtes, einen Filter anzubieten. Aber nach derzeitigem wissenschaftlichem Stand würde dies nur bedeuten, mit der Angst der Menschen gutes Geld zu verdienen", sagt er.
Bei unserem Kooperationspartner Druckerchannel.de hat man die Filtersysteme bereits getestet. Das Ergebnis der Tester: Feinstaubfilter können die meisten Partikel zurückhalten und so für weniger Belastung in der Büroluft sorgen. "Daher ist es immer ratsam, einen Feinstaubfilter an den Laserdrucker anzubringen, wenn die Drucker in einem Büro und nicht in einem abgetrennten Raum mit Abluftvorrichtung stehen", schreibt Druckerchannel.de. Die Druckerhersteller werden dies nicht gerne hören. (awe)
Meinung des Redakteurs
Zugegeben, das Thema ist brisant und außerordentlich schwierig. Studienergebnisse widersprechen sich und machen es derzeit ein definitives Urteil über Schädlichkeit oder Unschädlichkeit von Laserdruckern unmöglich. Allerdings ist der selbstverordnete Maulkorb der Geräteindustrie kontraproduktiv, denn es entsteht schnell der Eindruck, dass man etwas verbergen will. Die Hersteller müssen mit ihrem Markennamen eine offensivere Informationspolitik gegenüber Händlern und Kunden betreiben und dürfen sich nicht hinter bürokratischen Bitkom-Verlautbarungen verschanzen. Aussitzen nützt nichts, denn die nächste Studie lauert schon.
Armin Weiler, Chefreporter ChannelPartner