Für Keynote-Sprecher auf IT-Veranstaltungen ist es immer noch die Eisbrecherfrage schlechthin: "Wer von Ihnen nutzt die Dropbox?" Für gewöhnlich schießen dann mehr als die Hälfte der Hände im Saal nach oben. "Und wer von Ihnen hat Ihre IT-Ansprechpartner darüber informiert?" Schweigen. Blicke wandern durchs Plenum, Köpfe im Publikum wenden sich von links nach rechts, Schulterzucken, manchem huscht ein verlegenes Schmunzeln über die Lippen. Ertappt. Spätestens an dieser Stelle kann sich der Referent der Aufmerksamkeit für das Thema Cloud sicher sein.
Kaum ein anderer Cloud-Dienst hat im Unternehmensumfeld derart schnell Fuß gefasst wie die Sharefile- und Online-Speicher-Lösung Dropbox. Der 2007 von den beiden MIT-Studenten Drew Houston und Arash Ferdowsi gegründete Anbieter zählt inzwischen rund 200 Millionen Nutzer, darunter vier Millionen Unternehmensanwender. Diese Zahl könnte noch sprunghaft ansteigen, wenn das Unternehmen demnächst eine Business-Version ihrer Share- und Speicher-Dienste auf den Markt bringen wird.
"Dropbox wird durchaus als Erstes mit Speicherdiensten in Verbindung gebracht, ganz so wie Tempo mit Taschentüchern", bestätigt Sven Stiefvater, der beim Bechtle-IT-Systemhaus in Friedrichshafen für die Hosting-Services verantwortlich ist. Und dabei erregt doch gerade die Dropbox bei vielen IT-Leitern großes Missfallen als sichtbarer Auswuchs der Schatten-IT. Neben Dropbox kommen den Erfahrungen des Bechtle-Managers zufolge vor allem iCloud von Apple, Google Drive und ownCloud zum Einsatz - "mehr oder weniger durch die IT geduldet", wie Stiefvater anmerkt.
An der Frage, ob und inwiefern die Dropbox für den Datenaustausch in Unternehmen mit Kollegen und Externen geeignet ist, scheiden sich die Geister - insbesondere seit den Schnüffelskandalen der britischen und amerikanischen Geheimdienste. "Unsere Kunden sind durch die aktuelle NSA-Thematik sensibilisiert und orientieren sich deshalb bewusst und spürbar an Lösungen Made in Germany", berichtet Stiefvater. An Dropbox-Projekten sind für gewöhnlich verschiedene Abteilungen beteiligt, am stärksten Vertrieb, Marketing und Projektteams.
Verbieten, absichern oder Alternativen anbieten
Wie sehr der ungesicherte und unkontrollierte Datenaustausch mit Dropbox und Co. den IT-Verantwortlichen auf den Nägeln brennt, war laut Mike Prieskorn, Geschäftsführer des in Deutschland ansässigen Sicherheitsspezialisten CenterTools Software GmbH, auf der diesjährigen Security-Messe it-sa zu beobachten. Das Interesse an Lösungen zur Absicherung sei enorm.
Prieskorn zählt nicht zu jenen Vertretern, die den Gebrauch von Dropbox per se verteufeln, im Gegenteil. Er rät deutschen Unternehmen sogar zum Datenaustausch via Dropbox, GoogleDrive und SkyDrive. Die Mitarbeiter nutzten die Dienste ohnehin - ob mit oder ohne Zustimmung der IT, weil sie dies aus dem privaten Bereich gewohnt sind. "Erfahrungsgemäß umgehen Mitarbeiter vorhandene starre Verbote und Sperren, sobald sich eine Lücke auftut. Die Absicht ist dabei nicht etwa, dem Unternehmen zu schaden, sondern vielmehr, praktikable Lösungen zu finden, um die eigenen Aufgaben schnell zu erfüllen", führt der CenterTools-Chef aus.
"Die Sicherheitsprobleme, die mit der Nutzung von Diensten wie Dropbox einhergehen, sind den IT-Verantwortlichen in den Unternehmen sehr präsent", pflichtet ihm Peter Rüsing, Leiter Marketing beim Bochumer Value Added Distributor ADN, bei. Entsprechend groß ist das Interesse an Enterprise-Lösungen, die Compliance-konforme und rechtssichere Datenmobilität und Datenaustausch ermöglichen.
Ein reines Verbot der Dienste ist sicherlich kein Ausweg aus dem Dilemma. Eine Möglichkeit wäre, die Public-Dienste abzusichern. Eine andere Option bieten die zahlreichen alternativen Angebote, die Nutzern eine Dropbox-ähnliche, komfortable, aber sicherere Lösung bieten. Und auch der Einsatz von VDI-Lösungen eröffnet neue Nutzungsmodelle.
CenterTools-Chef Prieskorn plädiert für den Einsatz von Verschlüsselungstechnologien, die die Dokumente auf dem Computer des Anwenders verschlüsseln. "Denn nur so sind Daten und Dokumente wirkungsvoll geschützt", stellt er klar und empfiehlt dafür, wie kaum anders zu erwarten, die hauseigene Lösung DriveLock Fileprotection. Mit ihr lassen sich Dateien verschlüsseln, ehe sie in die Cloud gestellt werden.
Schutz vor Wirtschaftsspionage und anderen Arten des Angriffs verspricht der Hersteller mit DriveLock, einer Preboot-Authentifizierung, bei der sich der Nutzer zunächst anmeldet und dann erst den Schlüssel in den Speicher lädt. Auf diese Weise kann der Schlüssel nicht von Dritten ausspioniert werden.
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Obwohl sich Unternehmen der Risiken der Consumer-orientierten Dropbox-Lösungen offenbar bewusst sind, werden konkrete Projekte dennoch nur zögerlich umgesetzt, so die Erfahrungen bei Value Added Distributor ADN. Ursache dafür ist zum einen das mittlerweile sehr unübersichtliche Angebot an Alternativen. Zum anderen werde das Thema Datasharing vermehrt als Teil einer umfassenden Enterprise-Mobility-Strategie betrachtet: "Daten komfortabel und sicher auf einer Vielzahl von Endgeräten zur Verfügung stellen zu können ist dabei nur ein Aspekt", führt ADN-Manager Rüsing aus. "Die Sicherheit dieser Endgeräte und die Bereitstellung der Anwendungen, die nötig sind, um diese Daten auch bearbeiten zu können, sind Anforderungen, die früher oder später ebenfalls zu lösen sind." Dabei bestehe die Gefahr, durch Insellösungen unnötig komplexe und schwer zu verwaltende Strukturen zu schaffen.
Ein Blick auf die alternativen Lösungen, an denen vor allem Vertriebspartner auch verdienen können, lohnt sich also.
Alternative Dropbox-Lösungen
Im Herbst 2013 brachte das Systemhaus mit der "Bechtle Secure Cloudshare" (BSC) eine eigene Dropbox-Alternative auf den Markt. "Damit bieten wir eine deutsche Lösung, die in einem Rechenzentrum in Deutschland betrieben wird. Mit der Möglichkeit des individuellen Brandings, der Client-seitigen Verschlüsselung und Themen wie Windows-Clients und Outlook-Add-In sind wir vorn im Markt dabei", freut sich Stiefvater.
Seines Erachtens kann die BSC vor allem im Hinblick auf Sicherheit, Hosting im deutschen Rechtsraum und Anwenderfreundlichkeit punkten. "Die Lösung wird nicht nur dem sicheren E-Mail-Verkehr gerecht, sondern schont in der Kommunikation mit Kunden und Partnern auf beiden Seiten Speicherressourcen, indem lediglich Links für Down- und Uploads versendet werden." Anwender können die Lösung 30 Tage lang kostenlos testen. Die Lösung basiert auf einer vom Secure-Service-Provider SSP Europe entwickelten Plattform.
Citrix ShareFile
Nach Ansicht von ADN-Manager Rüsing hat sich Citrix ShareFile als Unternehmenslösung bewährt. Sie ermöglicht es IT-Administratoren, einen sicheren Dateiaustausch- und Synchronisierungsservice bereitzustellen, der sowohl die Wünsche der Mitarbeiter nach Mobilität und Zusammenarbeit berücksichtigt als auch die Datensicherheitsanforderungen des Unternehmens.
Verfügbar ist Citrix ShareFile als Stand-alone-Produkt und als Bestandteil der Citrix Mobile-Management-Lösung XenMobile Enterprise.
Brainloop Security Plattform
Mit der Brainloop Security Plattform bietet die Brainloop AG auch über Partner eine webbasierte Lösung, die mit ihrer Logik die revisionssichere Einhaltung von gesetzlichen Vorgaben sowie Compliance-Richtlinien unterstützt und dabei höchstmögliche Sicherheit für alle Dokumente bietet. Die international verwendeten Techniken der 256-Bit AES-Verschlüsselung bei der Dokumentenspeicherung auf den Servern und eine 128-Bit-Verschlüsselung bei der Datenübertragung zwischen Client und Server (Upload und Download von Dokumenten, Anzeige von Dokumentenordnern etc.) sind vorgegeben. Brainloop als deutsches Unternehmen bietet weitere Vorteile: Server in Deutschland, der Schweiz, Luxembourg und den USA sind von Kundenseite frei wähl- und festschreibbar – und damit auch für die Speicherung Compliance-konformer unternehmenskritischer Daten nutzbar. Die Daten sind so vor unbefugtem Zugriff, insbesondere auch durch den Systembetreiber, geschützt. Ebenso sind die Verfügbarkeit, Bearbeitungsfreigaben oder reine Leserechte etc. individuell vom Nutzer definierbar. Obendrein lassen sich E-Mail-Systeme wie Outlook in dieser verschlüsselten Übertragung mit einbinden. Verschiedene Lizenzmodelle sowie eine Intergrationslösung Brainloop Extend für SAP stehen zur Verfügung.
OpenDXM GlobalX
Der Darmstädter Softwarehersteller ProStep bietet ebenfalls eine Browser-basierte Lösung für den sicheren Managed-File-Transfer (MFT) für Unternehmen jeder Größe und Branche an. Für die Einbindung in bestehende Geschäftsprozesse und -anwendungen stehen Standardsoftwarebausteine in Office-, PLM- und ERP-Systemen zur Verfügung. Auf dem Rechner des Anwenders ist keine Softwareinstallation erforderlich. Zudem verfügt die Lösung über Webservice-basierte Schnittstellen.
Wer mithilfe des GobalX Agent den Datentransfer zwischen Portal und Anwenderarbeitsplatz automatisieren möchte, muss dazu lediglich eine Java-Applikation auf dem Arbeitsplatz installieren. Um die sichere Übertragung und Ablage der Daten zu gewährleisten, werden die Datenpakete mit bis zu 4.096 Bit verschlüsselt. Der mit 128 Bit SSL-verschlüsselte https-Datentransfer sorgt für eine zusätzliche Sicherheitsstufe. Da die Daten blockweise übertragen werden, ist auch bei instabiler Internetverbindung ein stabiler Transfer möglich.
Red Hat und SEP
Eine weitere Dropbox-Alternative steht mit der Kombination SEP sesam Backup Hybrid und Red Hat Storage zur Verfügung. SEP führt zugunsten ihrer Softwarelösung vor allem das große Portfolio an Betriebssystem-, Hypervisor-, Anwendungs- und Datenbank-Backup-Modulen ins Feld, das die Lösung unterstützt. Red Hats Storage Server wiederum ermöglicht es - ähnlich wie die Enterprise-Dropbox-Daten -, global von einer zentralen Oberfläche aus zu replizieren. Die Replikation ohne Latenzzeit ist objektbasiert und soll optimal mit der SEP-sesam-Si3-Inline-Deduplizierung funktionieren.
Das integrierte und im OpenStack bewährte Dateiverteilsystem Gluster FS erlaubt eine einfache, unbegrenzte, überall und auf allen Plattenspeichern laufende Speichererweiterung.
EMC Syncplicity
Im Mai 2012 übernahm EMC die Firma Snycplicity, einen Anbieter von Cloud-basierten Dokumentenmanagementlösungen für Unternehmenskunden. Anwender können mit Syncplicity Daten innerhalb ihres erweiterten Firmennetzwerkes verwalten, abgleichen, auszutauschen und sichern. Zudem stehen den Administratoren zahlreiche Tools zur Verfügung, um die Daten zu verwalten, zu schützen und Geschäftsprozesse zu definieren.
Grau DataSpace
Mit DataSpace 2.0 bietet der Schwäbisch Gmünder Archivierungsspezialist Grau Data eine sichere Filesharing-Plattform für Unternehmen an. Die Daten werden dabei bereits auf dem Endgerät des Nutzers mit der Boxcryptor-Software von Secomba verschlüsselt (AES 256), sodass sie nach der Übertragung in die Filesharing-Lösung ebenfalls verschlüsselt abgelegt sind. Die Verschlüsselungssoftware unterstützt ebenso wie DataSpace alle gängigen stationären und mobilen Plattformen wie beispielsweise Windows, iOS/OSX oder Android. Obendrein bietet Dell seit August die Filesharing-Lösung von Grau Data im Bundle mit den eigenen Storage- und Serverlösungen an.