Kaum jemand würde wohl ernsthaft bestreiten, dass die Benutzerfreundlichkeit (Usability) ein wesentliches Kriterium für ein positives Käufererlebnis und damit für den Erfolg eines Webshops darstellt. Doch genau daran fehlt es oft. Es reicht heute eben nicht mehr aus, eine gute Navigation zu haben und für fehlerfreie Bestellabläufe zu sorgen. Die Käufer wollen und brauchen mehr Information vor dem Kauf. Die angebotenen Details sind der notwendige Ersatz für den realen Verkäufer, den man fragen könnte. Daher muss man Usability viel weiter fassen als nur in technisch relativ leicht messbaren Parametern.
Um dies etwas plastischer zu machen, wurden nachfolgend beispielhaft die Shops der Hersteller Hewlett-Packard (HP), Dell und Apple untersucht. Der fiktive Kunde war jeweils ein Gewerbetreibender, der kein IT-Spezialist ist und in dem Shop ein Notebook und weiteres, betriebsnotwendiges Zubehör kaufen möchte.
HP verwirrt
Der Shop von HP bietet hierfür gleich eine Auswahlhilfe an. Die erste Frage dort, die nach dem Verwendungszweck des Notebooks, verwirrt zunächst (Abbildung 1). Will man "Besser - mehrere Anwendungen gleichzeitig", "Excellent - viele Anwendungen gleichzeitig" oder einen "Ersatz für Desktop"? Als Kunde fragt man sich, was der Unterschied zwischen "mehrere" und "viele" ist und tappt vielleicht auch in die Falle, die Option "Desktop-Ersatz" zu wählen. HP meint damit die höchste Leistung. Der Laie versteht unter einem Desktop möglicherweise etwas anderes: einen normalen PC.
Als Ergebnis präsentiert die Auswahlhilfe mehrere Notebooks, in deren Beschreibung der Besucher unverständliche Begriffe wie "LightScribe DVD+/-RW SuperMulti mit Double-Layer", "ExpressCard/54-Steckplatz" oder "RJ-11, RJ-45" vorfindet. Erklärungen dazu gibt es nicht. Nach der Auswahl eines Geräts klickt man auf "In den Warenkorb legen". Jetzt poppt ein Fenster mit einer Umfrage auf. Kunden an genau dieser Stelle vom Einkaufen abzulenken, erscheint nicht besonders hilfreich. Der Warenkorb wird links oben (normal wäre rechts oben) über den Auswahlfragen dargestellt - und kann damit leicht übersehen werden. Noch kritischer ist zu bewerten, dass es jetzt nirgends planmäßig weitergeht. Die Seite zeigt nur "Bitte beantworten Sie die Fragen auf der linken Seite um die passenden Empfehlungen zu erhalten", darunter erscheinen kleine Abbildungen von sechs Notebooks, die aber nicht anklickbar sind (Abbildung 2). Wo ist die Kasse?
Der HP-Shop verunsichert den Besucher zusätzlich mit zum Teil völlig unterschiedlichen Designs und Navigationskonzepten. Man erahnt, dass es hier wohl mehrere, unabhängige Zuständige gibt, die jeweils eigene Vorstellungen durchsetzen. Für den Besucher ist das anstrengend und ärgerlich. Der teilweise quälend langsame Seitenaufbau trägt dabei nicht zur Besserung bei.
Ein Klick auf den Link "Warenkorb für Geschäftskunden" führt erstaunlicherweise auf eine Unterseite von HP-England. Solche groben Patzer sind wohl die größten Umsatzkiller für kaufwillige Kunden. Positiv fällt aber auf, dass die Produktverfügbarkeit prominent und deutlich genannt wird.
Die Suche nach weiterem Zubehör, beispielsweise einer externen Festplatte zur Datensicherung, führt nicht zum Erfolg. Weder über den Navigationspunkt "Zubehör" und "Datenspeicher", noch über die interne Suchfunktion findet man ein solches Gerät. Das Bestellen selbst geht - sofern man den Warenkorb findet - recht problemlos von der Hand. Allerdings fordert HP wie auch die anderen Hersteller vorab eine Zwangsregistrierung.
Dell spricht Englisch
Dell trennt, ebenso wie HP, Privat- und Geschäftskunden über die Navigation. Der Dell-Shop verfügt zwar über keine direkte Auswahlhilfe, grenzt die Notebooks aber deutlich informativer voneinander ab (Abbildung 3).
Allerdings wird auch hier mit unverständlichen Begriffen wie "Automated PC Tuneup " oder "Standardmäßig OpenManage" gearbeitet. Die Produktdarstellung selbst bietet eine sehr gute Übersicht und auch Kundenbewertungen. Die Notebooks lassen sich nach der Auswahl eines Modelltyps anschließend erfreulich umfassend konfigurieren. An einigen Stellen wären für einen normalen Käufer sicher Erklärungen hilfreich. Ob man eine "StopTrack Anti-Theft Label + ComputraceOne Theft Recovery Software” für 85 Euro dazukauft, ohne sich informieren zu können, was dies ist, bleibt zweifelhaft.
Eine externe Zubehör-Festplatte lässt sich bei Dell sowohl über die Navigation als auch über die interne Suchfunktion schnell finden. Sucht man mit anderen, allgemeinen Begriffen, führt die Suche allerdings nicht immer zum Ziel. Einen "Funkrouter" kennt der Dell-Shop zum Beispiel nicht. Dort heißt er "Wireless Router", und das will auch exakt so eingegeben werden. Grobe Fehler ließen sich im Test nicht feststellen. Positiv: Eingabefehler werden deutlich sichtbar in Rot und direkt an der Fehlerstelle angezeigt (Abbildung 4).
Der Dell-Shop ist übersichtlich und erwartungskonform aufgebaut und bietet vergleichsweise viel und übersichtlich angeordnete Information. Etwas mehr Erklärung zu den wählbaren Optionen und den Dell-eigenen Begriffen würde das durchaus positive Besuchererlebnis noch verbessern und Nachfragen bei der Hotline oder dem optisch etwas versteckten Chat unnötig machen. Insgesamt bleibt festzuhalten, dass der kürzlich erfolgte Relaunch der Usability des Dell-Shops extrem gut getan hat. Hier wurde vorbildliche Arbeit geleistet.
Apple erklärt viel
Apple ist bekannt für benutzerfreundliche Produkte. Eine interessante Frage ist nun, ob dies auch für den Online-Shop gilt. Auf den ersten Blick fällt es dem Nicht-Mac-Kenner sicher schwer, zwischen dem MacBook, dem MacBook Pro und dem MacBook Air zu wählen. Eine Übersicht über die Unterschiede sucht man vergebens. Hier bleibt nur, alle drei Produkttypen einzeln aufzurufen und ihre Merkmale selbst zu vergleichen. Hat man sich für einen Typ entschieden, lässt sich dieser aber durchaus übersichtlich konfigurieren. Dort, wo es notwendig ist, lassen sich über einen Link weitere Erklärungen ein- und ausblenden (Abbildung 5). Das ist vorbildlich und nützlich. Selbst für die Auswahl des Arbeitsspeichers gibt es allgemeinverständliche Erläuterungen.
Dass man dabei textlich mit "du" angesprochen wird, ist sicher nicht jedermanns Sache - macht Apple aber irgendwie auch sympathisch. Die Suche nach einer externen Festplatte geht über den Navigationspunkt "Massenspeicher" ebenso schnell wie über die Suchfunktion. In beiden Fällen werden die passenden Produkte übersichtlich und mit Sortiermöglichkeiten dargestellt. Apple kennt übrigens in der Suche weder einen "Funkrouter" noch einen "Wireless Router". Man muss als Besucher schon wissen, dass hier nach "AirPort" gesucht werden muss. Der anschließende Bestellvorgang selbst ist gut verständlich, und alles ist an den Orten, wo man es als Besucher gewohnt ist.
Beim Formulardesign hat Apple allerdings unverständlicherweise gehörig gepfuscht. Die Anrede "Fraulien" in der Auswahlbox, ein "Suffix" hinter dem Namen, die Hausnummer vor der Straße und viel zu kleine Formularfelder hinterlassen Verwunderung (Abbildung 6).
Alles in allem bietet der Apple-Shop aber ein optisch sehr einladendes Design, und es macht Freude, hier einzukaufen. Die umfassenden Informationen zu den Produkten geben dem Käufer das sichere Gefühl, sich das richtige Produkt in der richtigen Konfiguration aussuchen zu können. So sollte das Online-Einkaufserlebnis sein.
Zusammenfassende Beurteilung
HP |
Dell |
Apple |
|
Übersichtlichkeit |
weniger gut |
sehr gut |
sehr gut |
Verständlichkeit |
ja |
ja |
ja |
Notwendige Informationen |
zu wenig |
nur teilweise |
umfassend |
Verfügbarkeit/ Liefertermin genannt |
ja |
nein |
ja |
Suchfunktion |
gut |
gut |
ausreichend |
Erwartungskonformität |
weniger |
ja |
ja |
Auswahlhilfe |
ja |
nein |
nein |
Hilfe/Glossar |
nein |
nein |
integriert |
Konsistente Navigation |
nein |
ja |
ja |
Telefonische Hotline |
gut sichtbar |
ja, auch Chat |
gut sichtbar |
Zwangsregistrierung |
ja |
ja |
ja |
Bildansichten |
wenige |
vorbildlich |
ausreichend |
Fazit: Apple und Dell vor HP
In allen drei Shops gelingt das Einkaufen. Sieht man von kleineren Hürden ab, liegen Dell und Apple bezüglich der Usability etwa gleichauf. HP macht es dem Besucher in einigen Bereichen mit deutlichem Abstand schwerer, zum zufriedenen Online-Kunden zu werden. Von den drei Herstellern hat es allerdings nur Apple richtig verstanden, den potenziellen Kunden nicht mit fachchinesischen Begriffen und ohne Erklärungen alleine zu lassen. Einfachste Usability-Tests mit normalen Käufern würden solche und auch andere Verbesserungspotenziale schnell sichtbar machen. Da diese unmittelbar mit Umsatzsteigerungen verbunden sind, ist es umso unverständlicher, wie häufig solche Tests anscheinend unterbleiben. (sh)