Es herrscht Aufbruchsstimmung in der ITK-Branche. Die Digitalisierung ganzer Lebensbereiche eröffnet neue Chancen, auch im Channel. Doch die ganze Aufbruchsstimmung nutzt wenig, wenn man nicht weiß, in welche Richtung man gehen soll. So wirken manche Distributoren seltsam gelähmt, wenn die Sprache auf konkrete IoT-Projekte kommt. Auf die ChannelPartner-Nachfrage zu dem Thema unter Broadlinern mit ihren Value-Geschäftsbereichen sowie unter Value-Add-Distributoren hat nicht einmal die Hälfte geantwortet.
Vielleicht liegt es ja auch an den etwas nebulösen Oberbegriffen wie Industrie 4.0, Internet der Dinge oder digitale Transformation. "Wir beschäftigen uns bereits seit langer Zeit mit dem Thema IoT und Digitalisierung", meint Jörg Richter, Business Unit Manager Cisco/Networks DACH bei Tech Data. Für Richter zählt dazu die Vernetzung von Alltagsgeräten, Sensoren, Autos, Maschinen und vieles mehr über das Internet. "Hierbei fallen hohe Datenmengen an, aus denen Analysen gezogen, neue Erkenntnisse gewonnen und darauf basierend viele Optimierungen in allen Bereichen umgesetzt werden können", erläutert er. Dadurch entstehe wiederum neuer Bedarf an Produkten, Leistungen und entsprechenden Services.
Ungeahnte Möglichkeiten der neuen IT-Welt
Ähnlich sieht es auch Klaus Donath, Executive Director Value/Verticals bei Ingram Micro: "Ein Beispiel dazu sind Daten, die Sie über eine hochentwickelte Sensorik erhalten, die über intelligente Systeme analysiert werden, um Steuerungsaufgaben zu übernehmen", erklärt Donath. Die Informationen, die so zur Verfügung gestellt werden, können die Entscheidungsfindung vereinfachen.
Roman Rudolf, Vice President & Managing Director Central Region bei Avnet Technology Solutions, sieht IoT die Vorstellung, dass "alles, was vernetzt werden kann, auch vernetzt werden wird". Es gehe dabei um eine ganzheitliche Vernetzung nicht nur der Systeme, sondern auch der Daten. Für ihn findet IoT "immer und überall" statt. "Ein Konzept, das ungeahnte Möglichkeiten für diejenigen eröffnet, die bereit sind, diese neue IT-Welt anzunehmen", verspricht der Avnet-Manager.
Ingram will seine Partner schrittweis an das Thema heranführen: "Im ersten Schritt geht es darum, sich mit dem Thema auseinander zu setzen, danach werden die individuellen Chancen erarbeitet, um im letzten Schritt neue Businessmodelle zu entwickeln", beschreibt Value-Chef Donath die Vorgehensweise. Dazu will Donath auch "Ecosysteme" aufbauen, moderieren und unterhalten, um Partner mit unterschiedlichen Kompetenzen zusammenzuführen.
Betreuung über den ganzen Projektverlauf
Jörg Richter von Tech Data unterscheidet in der Rollenverteilung die klassischen Distribution für operationale Technologie und die IT Distribution: "Erstere wird sich sicherlich weiterhin um den Bedarf an unzähligen Sensoren und Bauteilen zur Maschinensteuerung kümmern, während sich die IT Distribution stärker mit den Anforderungen der Vernetzung, Analyse und Sicherheit von IoT-Umgebungen beschäftigen wird", prognostiziert er. Im Bereich der Vernetzung und Sicherheit spiele man für die Partner heute schon eine wichtige Rolle in Industrie 4.0-Projekten, da man sie bei der Gewinnung und Umsetzung unterstütze.
Roman Rudolf von Avnet unterstreicht die Wichtigkeit ganzheitlicher Betreuung über den Projektverlauf. "Als Lösungsdistributor können wir unsere Kunden von der Idee bis zum Projekt aktiv unterstützen", verspricht er. In Zukunft werde man vermehrt daran arbeiten, den Partner im Bereich Datacenter/Analytics mit den Partnern der Avnet-Schwester aus den Bereichen Mikroelektronik/Sensorik zu vernetzen, um gemeinsam ganzheitliche IoT/Industrie 4.0 Lösungen abbilden und anbieten zu können, verspricht Rudolf.
Neue technische und vertriebliche Anforderungen
Den Partner rät der Avnet-Vice-President, ein "Grundverständnis für diese neuen Märkte zu entwickeln" und die damit verbundenen Anforderungen, Zusammenhänge und Chancen zu erkennen. Dabei will er sie durch das Partner Development Programm "SolutionsPath" unterstützen.
Klaus Donath von Ingram sieht noch 98 Prozent aller Unternehmen in einer "prädigitalen Phase". IT-Dienstleister müssen sich laut Donath abhängig von ihrer Endkundenstruktur mit dem Thema beschäftigen und sich entscheiden, welche Bereiche sie belegen wollen. "Anschließend muss die eigene Organisation fit gemacht werden", fordert er. Dabei seien andere Skills, sowohl technischer, als auch vertrieblicher Art erforderlich.
"Der heutige IT Fachhändler und Dienstleister muss sich damit auseinandersetzen, dass die Digitalisierung eine andere Vielseitigkeit fordert", meint auch Jörg Richter von Tech Data. Als Beispiele nennt er App-Entwicklung, Prozessberatung, Industrie-Know-how, physikalische Sicherheitstechnik sowie Maschinen und Gebäudeinfrastruktur. Dies alles spiegle sich in einem IoT-Projekt wieder. Bei Tech Data hat man zusammen mit Cisco eine IoT-Community geschaffen um den Partner ein Netzwerk und eine Plattform zu bieten, wo sie sich austauschen und gegenseitig mit Lösungen und Leistungen in vielen Bereichen unterstützen können.
In einem Punkt sind sich die IoT-Experten der Distributoren einig: Die fortschreitende Digitalisierung erfordert auch entsprechende Sicherheitskonzepte, denn die Gefahren sind immens. Auch hier ist die Distribution gefordert, den Partnern die entsprechenden Hilfeleistungen anzubieten, damit diese ihren Kunden sichere Lösungen anbieten können.