Digitalkameramarkt 2006: Die Zeichen der Konsolidierung werden immer deutlicher

14.07.2006 von Christiane Stagge
Kaum ein Segment hat sich so ambivalent entwickelt wie der Digitalkameramarkt: Hohe Gewinne auf der einen Seite, starke Verluste auf der anderen. Lesen Sie hier, was in Zukunft zu erwarten ist.

Der digitale Kameramarkt boomt: Wie der Fotoindustrieverband mitteilt, werden weltweit 114 Millionen Kameras verkauft, wobei der Anteil der Digitalkameras mit 92 Millionen am größten ist.

Allein in Deutschland wurden 2005 7,43 Millionen Stück verkauft. Insbesondere bei digitalen Spiegelreflexkameras (DSLR = Digital Single Lens Reflex) hat sich die Nachfrage extrem erhöht: 2005 gingen rund 330.000 Stück über die deutschen Ladentheken, das sind 190.000 mehr als im Vorjahr und entspricht einem Zuwachs von 136 Prozent. Damit hat der Markt der digitalen Fotografie ein Volumen erreicht, den der analoge nicht einmal in seinen besten Zeiten verzeichnen konnte.

Doch dieser Trend prägt die Branche nachhaltig. Die Preise für digitale Spiegelreflexkameras sind in den vergangenen Monaten um bis zu 30 Prozent gefallen. Die Hersteller müssen mit immer neuen Produktideen aufwarten, um auf dem Markt bestehen zu können. Dadurch ist der Sektor „Digitale Fotografie“ für viele Hersteller trotz der großen Nachfrage auch der verlustreichste. Canon, Fuji, Nikon oder Sony bündeln deshalb ihre Kräfte, Pentax und Olympus kooperieren ebenfalls mit anderen Konzernen wie Samsung oder Matsushita.

Konsolidierung

Der Erfolg wirft lange Schatten: Canon erwägt den Ausstieg aus dem Geschäft der Analogkameras und Nikon hat die Produktion bis auf wenige preisgünstige, hochwertige Modelle bereits eingestellt. Damit ist das Ende des Zeitalters der analogen Kameras wohl nicht mehr abzuwenden.

Erst vor wenigen Monaten gab Konica-Minolta überraschend seinen Rückzug aus dem Fotogeschäft bekannt. Der verspätete Einstieg, die wachsende Zahl von Anbietern, der Preiskampf, immer kürzere Produktzyklen und die Konkurrenz der Fotohandys machten es dem einst führenden Hersteller unmöglich, auf dem Digitalkameramarkt zu bestehen. Künftig wird Sony Kameras herstellen, die mit Objektiven von Konica-Minolta kompatibel sind, wie zum Beispiel die neue DSLR-Kamera Sony Alpha.

Trotz des erhöhten Wettbewerbs und des Preisdrucks erwarten Händler kaum Verluste für das Geschäft mit den Digitalkameras. Insbesondere bei DSLR ist die Nachfrage stark erhöht und dieser Trend wird noch anhalten: „Viele Hobbyfotografen, die kompakte Digitalkameras nutzen, denken bereits über einen Umstieg auf digitale SLR-Kameras nach“, weiß Friedemann Hinsche, Produktmanager von Soligor aus Leinfelden-Echterdingen, die Fotozubehör an Groß- und Einzelhändler liefern.

Dies bestätigt auch Foto Hirrlinger aus Stuttgart: „Besitzer analoger Spiegelreflexkameras haben bis zu sechs Jahre gewartet, bis sie auf digitale Modelle umgestiegen sind, denn jetzt sind die Preise gefallen und die Qualität hat sich verbessert.“
„Bei manchen Fotografen tritt jedoch auch in diesem Marktsegment schon wieder eine Sättigung ein“, führt Hinsche fort. „Deshalb ist die sinnvolle Umsetzung von Innovationen, zum Beispiel des Bildstabilisators, wichtig, um den Wunsch beim Verbraucher nach einem neuen Kameramodell zu wecken.“

Diesen Trend haben auch die Hersteller erkannt. Mit speziellen Features wollen beispielsweise die Olympus E330 und Panasonic DMC-L1 glänzen. Beide besitzen neben dem Live-Monitor, der den Blick durch den Sucher erspart, den 4/3-Standard – das normierte Objektivbajonett.

Megapixelwettbewerb

Bei den kompakten Digitalkameras hat der Kampf um die meisten Pixel längst begonnen.

Die Sony Cybershot R1 oder die Casio EX-Z1000 besitzen 10 Megapixel und nähern sich damit dem Niveau einer DSLR-Kamera an.

Solche Bridge-Kameras sollen die Lücke zwischen kompakter Digicam und digitaler Spiegelreflexkamera schließen. Sie bieten ebenfalls einen großen Bildsensor, sind aber handlicher und kleiner als DSLRs. Ihre Objektive sind allerdings fest verschraubt und lassen sich nicht auswechseln.

Fuji will sich auf den Kampf um die meisten Bildpunkte nicht einlassen. „Wichtiger als die Anzahl der Megapixel ist das Zusammenspiel dreier Komponenten: Objektiv, Bildsensor und interne Signalverarbeitung“, meint Pressesprecherin Petra Fujiwara. Fuji hat in den FinePix F10 und Z1 die eigene „Real Photo Technology“ getaufte Technik verarbeitet, die insbesondere bei geringem Licht qualitativ hochwertige Bilder liefern soll.

Und wie sieht es im Markt Fotozubehör aus? Das lesen Sie auf den beiden nächsten Seiten.

Fotozubehör

Kameras mit MP3-Player, wie die Praktica Luxmedia 5303, sollen insbesondere junge Käufer locken. Seitdem es Fotohandys gibt, wollen viele Kamerahersteller ihre Produkte an den Digital Lifestyle anpassen.

Laut einer Untersuchung der International Data Cooperation (IDC) schaden jedoch Fotohandys den kompakten Digitalkameras nicht und werden deshalb nicht weniger gekauft. „Bei jungen Leuten ist das aber durchaus der Fall“, widerspricht Foto Hirrlinger. Auch wenn die meisten Fotohandys nur etwa 2 Megapixel hätten, seien sie für diese Altersgruppe immer noch sehr attraktiv.

Das Fotozubehör befindet sich ebenfalls im wirtschaftlichen Aufwind. Wie die Gesellschaft für Konsumgüterforschung (GfK) herausfand, werden Speicherkarten im Jahr bis zu 5,5 Millionen mal verkauft. Die meisten Fotografen legen besonders viel Wert auf gedruckte Aufnahmen, allerdings wird nur ein Bruchteil der Fotos zu Hause gedruckt. In lediglich 5 % der Haushalte, in denen mit digitaler Technik fotografiert wird, steht ein Small-Photo-Drucker. Viele finden das Drucken zu aufwändig und nutzen lieber spezielle Services im Internet oder im Fotofachhandel.

Soligor bestätigt die erhöhte Nachfrage von Fotozubehör. Besonders Telekonverter, Systemblitzgeräte, Stative, Macrozubehör und der Soligor Diaduplikator, mit dem sich Dias digitalisieren lassen, finden regen Absatz. Bei Foto Hirrlinger gehen besonders Objektive und Speicherkarten von bis zu 2 GB gut über den Ladentisch.

Fazit

Trotz der vielen Anbieter, die sich auf dem digitalen Fotomarkt tummeln, des hohen Preisdrucks und des starken Wettbewerbs blicken die Hersteller optimistisch in die Zukunft.

Laut Fotoindustrieverband wird sich der Markt auf hohem Niveau stabilisieren. Sowohl Anbieter als auch Händler hoffen, dass die Freude am Fotografieren anhält und Marke beziehungsweise Qualität zum entscheidenden Kaufkriterium werden. Besonders in diesem Jahr versprechen sich viele von der Fußballweltmeisterschaft und der geplanten Erhöhung der Mehrwertsteuer weitere Gewinne auf dem digitalen Kameramarkt.


Meinung der Redakteurin
Innovationen sind wichtig, um attraktiv zu bleiben, aber die bloße Erhöhung der Megapixelanzahl reicht nicht aus. Es ist wichtig, breite Zielgruppen anzusprechen, denn gerade für junge Leute ist das Fotohandy eine ernstzunehmende Konkurrenz. Kompakte Digicams müssten vor allem einfach zu bedienen sein und das Drucken der Fotos sollte sich weniger aufwendig gestalten. So können mehr Fotografen von einem Umstieg auf Digital überzeugt werden. (Christiane Stagge/Digital.World)