Die ersten 3D-Bilder gab es schon in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Der absolute Kino-Höhepunkt war in den 1950ern. Digitale Medien und höhere Auflösungen beleben das Thema erneut, wie Wissenschaftler und Branchenvertreter - jeder kennt sich in der 3D-Welt - auf einem internationalen Treffen bei IT-Berater Lutz Möhr am Ammersee feststellten.
Als unabhängiger Berater setzt sich Lutz Möhr, Inhaber von DNS Consult und 3D-CC, seit acht Jahren für die Verbreitung der Stereoskopie (3D) ein. In Seefeld am Ammersee hat er auch eine ständige Ausstellung, die größte Europas, wie viele Branchenkenner anerkennend sagen.
Manchmal kommt sich Möhr wie ein Einzelkämpfer vor. Dass er das nicht muss, zeigte eine von ihm organisierte internationale Konferenz und Ausstellung, die "S3D-Today & S3D-Expo" am Ammersee. Mehr zu dem Branchentreffen und zu 3D als in der Print-Ausgabe 28/09 finden Sie hier.
Die Vorträge im großen Konferenzraum waren sämtlich in Englisch gehalten und teils so gut besucht, dass mancher nicht mal einen Sitzplatz ergattern konnte. Sponsoren waren unter anderem Nvidia, NEC, das 3D-Postproduction-Unternehmen Quantel, Zeiss, Infitec, LG Electronics und die CeBIT. Ja, die Deutsche Messe hat beschlossen, dem Thema 3D in der Reseller-Halle 15 einen eigenen Bereich zu widmen.
Zu den Ausstellern in Seefeld zählten unter anderem Projectiondesign und Hyundai. Das koreanische Unternehmen hat schon auf der CeBIT 2008 ein 46 Zoll großes 3D-Display dabeigehabt und startet damit jetzt erst richtig durch in Europa.
Dabei hat Hyuandai sich für die Tridef-Technology mit passiver, zirkularer Polarisationsbrille entschieden. Vorteil der zirkularen Brille ist laut Senior Sales Manager Bernd Hoffmann, dass man den Kopf neigen kann, ohne den 3D-Effekt zu verlieren, wie es bei den horizontalen oder vertikalen Varianten der Fall ist.
Es gibt aber eine Vielfalt anderer Technologien, die einen mit Brille, die anderen ohne (siehe Tabelle), alle jedoch mehr oder weniger gewöhnungsbedürftig bis kopfschmerzlastig. 3D-Bilder kann man auch selbst erzeugen, indem man zwei gleiche Kameras mit Infrarotauslöser auf eine Schiene befestigt. Beim Film werden heute oft Prismensysteme eingesetzt.
Viele Wege führen zu 3D
S3D-Technik |
Beschreibung |
Anaglyph-Brille |
Passiv (keine Synchronisation mit Bildschirm nötig); "Rot-Grün-Brille", auch mit anderen Farbvarianten; geht mit Papier, Monitoren und Projektoren; Nachteil: man genießt nie die wirklichen Farben |
HDM (head Mounted Displays) |
"Cyberbrillen" mit zwei kleinen LCDs wie der "Cinemizer" von Zeiss; Nachteile: meist schwer und noch zu geringe Auflösung |
(LCD-) Shutterbrille |
Aktiv; im schnellen Wechsel auf- und zugemachte LCD-Blenden zeigen mal nur das rechte oder das linke Halbbild; heute Infrarot-Übertragung; funktioniert am besten mit 100/120-Hz-Displays; führt bei 60 Hz schnell zur Ermüdung und Kopfschmerzen |
Infitec-Brille |
Passiv; Interferenzfilter (Wellenlängenmultiplex-Visualisierung) mit einem oder zwei Projektoren; keine Spezialleinwand erforderlich; von Dolby für Cinema 3D lizensiert; die dielektrische Beschichtung der Brillen ist auch für Standard-Brillen geeignet |
Polarisationsbrille |
Passiv; geht mit einem oder zwei Projektoren; benötigt teure Silberleinwand |
2D/S3D-TFT-Display |
Mit Polarisationsbrille (siehe Hyundai) |
2D/S3D-TFT-Display |
Single-View (ohne Tracking oder Herumgehen ums Objekt bei Positionsveränderung); ohne Brille |
S3D-TFT-Display |
Single-View (ohne Tracking), ohne Brille |
S3D-TFT-Display |
Single-View (mit R+L-Tracking), ohne Brille |
S3D-TFT-Display |
Single-View (mit R+L+Z-Tracking), ohne Brille |
S3D-Adapterscheibe |
Nachrüstbar; Single- oder Multi-View, ohne Brille; Multi-View heißt, dass zwei Spieler unterschiedliche Bildinhalte angezeigt bekommen können |
S3D-Displays |
Basierend auf zwei TFTs, einem halbdurchlässigen Spiegel und Polarisationsbrille; Anwendungen u.a. CAD/CAM |
S3D-TFT-Displays |
Multi-View, ohne Brille (siehe S3D-Adapterscheibe) |
S3D-Lentikular-Druck |
"Wackelbilder" mit mehreren Linsen drüber |
Holographischer Druck |
Holographische Bilder eignen sich nicht für Displays oder Beamer; künftig auch Laser-Druck 3D-läufig |
Die subjektiv besten Ergebnisse liefern aufgrund der Bildgröße 120-Hertz-Projektoren wie der 20.000 Euro teure "F10 AS3D" von Projectiondesign oder die Zwei-Projektoren-Technologie mit Interferenzbrille von Infitec (siehe oben). Shutter- und Rot-Grün-Brillen bereiten manchen schon nach fünf Minuten Unwohlsein oder gar Kopfschmerzen. Die von Hyundai eingesetzte Technologie ist auch nicht ohne Mängel, soll sich aber für längeren 3D-Genuss und somit auch für professionelles Arbeiten an 3D-Modellen eignen.
Je größer das Display, desto eindrucksvoller auch bei den Koreanern der 3D-Effekt. Der 22-Zöller "W220S" mit WXGA+-Auflösung für 599 Euro (UVP) konnte auf der Show weit weniger überzeugen als der nächstgrößere "W240S" mit der Full-HD+-Auflösung von 1.920 x 1.200 Pixeln für 1.399 Euro (UVP).
Entsprechende normale Displays ohne Spezialfolie auf dem Panel würden laut Hyundai-Manager Hoffmann 259 und 409 Euro kosten. Aber auch wenn sie alle nur mit Wasser kochen (was kostet schon eine Folie?), wollen sich die Hersteller bei 3D-Displays nicht die Preise verderben lassen.
3D nicht nur im Kino und Spiel
1838 gab es schon die ersten 3D-Fotos, 1903 die ersten 3D-Filme, damals noch mit anaglypher "Rot-Grün-Brille", bald darauf auch mit passiver Polarisationsbrille, die dem 3D-Kino in den 1950ern zu einem nie wieder erreichten Höhepunkt verholfen hat. Berlinern ist es laut "Der Spiegel" nun gelungen, auch nicht in 3D aufgenommene Filme 3D-fähig zu machen.
Wie Gerd Hirzinger, Leiter des Instituts für Robotik und Mechatronik vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), auf der Konferenz erklärte, habe die Faszination nie nachgelassen. Heute erhalte 3D aber durch die digitale Welt wieder neuen Auftrieb. Hohe Auflösungen (Full- oder gar Quad-HD) und Bildwiederholraten (120 oder 240 Hertz) sind beste Voraussetzungen dafür. Bei 60 Hertz sind Kopfschmerzen programmiert, weshalb 3D lange Zeit nur für Spielerei oder Spinnerei gehalten wurde.
Jeden Monat kommt ein 3D-Film heraus, darüber hinaus gibt es bereits 350 Spiele in 3D. Aber nicht nur die Film- und Spielebranche zeigt Interesse an der Stereoskopie. Eingesetzt werden solche Lösungen auch vom Militär (Flugsimulation), bei der Entwicklung und Steuerung von Robotern, in der Medizin (bei OPs), in der Werbung und bei der Kartografie.
Google Earth wird es bald auch als 3D-Darstellungen geben. Nicht viele Grafikkarten können die für gute Ergebnisse benötigten 120 Hertz oder 120 Frames pro Sekunde darstellen. Nvidia sieht sich da führend und geht bei 3D zwei Wege: Die Schnupperversion "3D Vision Discover" wird mit anaglypher Brille ausgeliefert, die professionellen Lösungen mit Shutterbrille mit zwei im schnellen Wechsel synchron zu den Halbbildern sich öffnenden oder schließenden "LCD-Schleusen".
Dolby ist für 3D-Cinema ein Joint Venture mit Infitec eingegangen. Der Daimler-Ableger arbeitet mit trennscharfen Interferenzfiltern, die für jedes Auge das jeweils passende Wellenlängen-Tripel (Rot, Grün, Blau) herausfiltern. Es gibt mittlerweile auch schon eine Reihe von, meist TFT-basierenden, Displays, die ganz ohne Brille ein 3D-Bild vorgaukeln können.
Manche erlauben den Multi-View-Einsatz zur Darstellung unterschiedlicher Bildinhalte je nach Position der Spieler. Die meisten Geräte sind aber auf Single-View ausgelegt, wobei manche es auch ermöglichen, praktisch um das Objekt herumzugehen (Tracking). (kh)