Verkäufer, Außendienstmitarbeiter und Vertriebsfachleute benötigen heute unbedingt digitale Kompetenz. Denn der Kunde ist immer besser informiert.
Die Renaissance hatte Künstler, die Aufklärung ihre Philosophen und das Zeitalter der industriellen Revolution den Techniker. Jede Epoche drückt sich in einem typischen Protagonisten aus, in dem sie sich wiedererkennt. Und heute? Wir stehen an der Schwelle zu einer neuen Ära. Jetzt braucht es den Prototyp eines Verkäufers, der mit digitaler Kompetenz ausgestattet ist, erfolgreich mit den so genannten ROPO-Kunden ("Research Online, Purchase Offline") umgehen kann und die unterschiedlichen Generationen typgerecht bedient.
Neue Zeiten bringen neue Kunden
Digitale Kompetenz ist die Fähigkeit, die Veränderungen der Gesellschaft mit fortschreitender Digitalisierung zu erkennen und erfolgreich zu nutzen. Dabei ist die wichtigste Komponente, sich permanent neues Wissen anzueignen und dieses umzusetzen. Zwar kennen wir den Grundsatz des lebenslangen Lernens bereits - neu ist aber die Geschwindigkeit und Fülle an Informationen. Wissen wird immer mehr zur verderblichen Ware und das Verfallsdatum rückt täglich näher.
Im schnellen Karussell der Entwicklungen und der Disruptionen braucht es Futability- also die Fähigkeit zur Zukunft. Wer im digitalen Zeitalter nicht nur überleben, sondern richtig gute Geschäfte machen will, braucht Veränderungsbereitschaft. Wer den Wandel nicht scheut, entdeckt neue Perspektiven und Lösungen für heute, morgen und übermorgen. Auf Tradition kann man bei den Rezepten von Senf oder Hausmacherwurst setzen, nicht jedoch beim Verkauf. Das haben wir schon immer so gemacht - wer im Vertrieb noch immer nach diesem Motto agiert, wird in der Geschwindigkeit von nur zwei Mausklicks eine Bruchlandung hinlegen.
Der Kunde von heute will mehr. Er wünscht sich mehr Beratung, Komfort und Einkaufsmöglichkeiten rund um die Uhr und rund um den Globus. Die fortschreitende Digitalisierung macht zeitlich und örtlich unabhängiges Shopping zum Standard. Wartezeit gibt es keine mehr. Der Kunde duldet nicht - er fordert. Der Kunde reagiert nicht - er agiert. Er wartet nicht - sondern kauft. Wer Kaufkraft besitzt, der verlangt nach Bequemlichkeit, Inspiration, der Berührung aller Sinne und den daraus resultierenden Einkaufserlebnissen.
Das Einkaufsverhalten verändert sich. Der neue Kunde besitzt eine gewisse Kauf-Cleverness: Kunden sind heute gut informiert mit sehr ausgeprägtem Hintergrundwissen um Produkte, Marken und Märkte. Wissen ist nicht länger die Macht, die ein Verkäufer oder ein Experte für sich beanspruchen kann. Die Digitalisierung führt zu einer Angleichung der Machtverhältnisse: Informationen sind nicht mehr nur Auserwählten vorbehalten, sondern für jedermann zugänglich. Wissen gibt es für alle - überall und praktisch zum Mitnehmen. Doch Vorsicht: Gerade im Internet werden Halbwahrheiten und "fakenews" verbreitet. Geprüftes Expertenwissen ist hier Mangelware. Da ist der kompetente Verkäufer mehr denn je gefragt. Erst recht, wenn es um Premium-Produkte oder Premium-Beratung geht - denn genau die gibt es im Internet (noch) nicht in der Breite.
"Das ist zu teuer!" - 18 Antworten auf diesen Kundeneinwand
"Zu teuer? Im Vergleich zu was genau?" "Teuer" ist ein relativer Begriff. Wenn Sie herausfinden, mit welcher Alternativlösung Sie Ihr Interessent vergleicht, können Sie in der Folge präzise den Mehrwert Ihrer Lösung, Ihres Produktes oder Ihrer Dienstleistung darstellen.
"Wirklich? Wie kommen Sie zu dem Schluss?" Diese Antwort führt dazu, dass Ihr Interessent seine Sicht begründet. Somit verstehen Sie die spezifischen Bedenken und Vorbehalte und können diese aufgreifen und entsprechend entkräften.
"Ich verstehe, Sie wissen: die besten Produkte/Lösungen benötigen in der Regel etwas mehr Budget." Geoffrey James, Vertriebsexperte aus den USA, hat einmal gesagt, dass der Einwand "Preis" erst dann ernst zu nehmen ist, wenn der Interessent diesen Aspekt mindestens zwei Mal auf den Tisch bringt. Bedeutet, dass Sie mit dieser Aussage diejenigen Interessenten identifizieren, die entweder tatsächlich nicht genügend Budget haben oder aber diejenigen, die einfach mit dem Budget "spielen" möchten. Oftmals geht es danach ja eh in die Verhandlungsrunden mit dem Einkauf.
"Was bedeutet es für Sie, wenn Sie das Projekt nicht umsetzen - was ist die Konsequenz daraus?" Einer meiner persönlichen Favoriten, denn durch diese Gegenfrage bringen Sie Ihren Gesprächspartner dazu, zu reflektieren, was passiert, wenn er Ihr Produkt oder Ihre Dienstleistung nicht in Anspruch nimmt.
"Ist es eine Frage des Budgets oder des Cash Flow?" Durch diese Frage finden Sie heraus, ob es dem Interessenten um einen Nachlass auf Grund mangelnder Budgets oder um eine Verlängerung des Zahlungsziels geht. Sobald Sie dies wissen, können Sie entsprechend gezielt in die weiteren Verhandlungen treten.
"Losgelöst von der Budgetfrage: Hilft Ihnen unser Produkt/unsere Dienstleistung, Ihre Herausforderung zu lösen?" Eine direkte Gegenfrage, die konsequent und ohne Umschweife auf den Wert Ihres Produktes beziehungsweise Ihrer Dienstleistung abstellt. Dadurch stellen Sie die Werthaltigkeit wieder in den Fokus.
"Was genau ist zu teuer?" Diese Gegenfrage führt dazu, dass Ihr Interessent erläutert, welche Teile des Angebotes ihm zu teuer erscheinen. Aussagen wie "Nun, das ist eine Menge Geld für etwas telefonieren" verdeutlicht mir beispielsweise sofort, dass der Interessent den Wert einer professionellen Kaltakquise für sich noch nicht erkannt hat und wahrscheinlich davon ausgeht, dass es sich um eine klassische Call Center Telefonie handelt.
"Zu Teuer? Das stimmt mich jetzt nachdenklich" Nachdenklich - mit dieser Formulierung stellen Sie wieder auf die Wertigkeit Ihres Produktes/Ihrer Dienstleistung ab. Sie bringen zum Ausdruck, dass es für Sie gar nicht wirklich nachvollziehbar ist, dass ein Interessent den Wert nicht erkennt.
"Ist die Investition der einzige Aspekt, der Sie von einer Beauftragung abhält?" Mit dieser Frage finden Sie heraus, ob es noch anderweitige Einwände gibt oder ob es tatsächlich "nur" um das Budget geht.
"Gut, ich verstehe. Auf welche Produktfeatures/Leistungsbestandteile können Sie am ehesten verzichten?" Damit sagen Sie dem Interessenten, dass die Investitionshöhe unmittelbar mit der Werthaltigkeit Ihres Produktes/Ihrer Dienstleistung verbunden ist. Wenn der Kunde weniger zahlen möchte, dann sollte er sich darüber im klaren sein, dass er nicht die volle Gegenleistung erwarten darf.
"Ist es so, dass der Preis Sie davon abhält in das Produkt/die Dienstleistung zu investieren, die Ihnen wirklich weiterhilft?" Hier gehen Sie latent auf das Thema "Geiz ist geil"/Billigkäufe ein, ohne es auszusprechen. Aber Sie sensibilieren Ihren Ansprechpartner nochmals zu diesem Thema. Darüber hinaus finden Sie mit dieser Frage heraus, ob Ihr Produkt/Ihre Dienstleistung wirklich die beste Lösung für die Aufgabenstellung des Kunden ist.
"Bedeutet dies, dass wir niemals die Möglichkeit zur Zusammenarbeit finden?" Colleen Francis von Engage Selling Solutions aus USA sagt, dass das Wort "niemals" ein maßgeblicher Trigger ist. "Niemals" ist ein sehr mächtiges Wort und die meisten Menschen mögen das Wort auch nicht. Daher werden viele der Interessenten mit "Naja, nein, niemals würde ich nicht sagen…" antworten. Und schon liegt der Ball wieder beim Vertrieb, da er nun in die konkreten Verhandlungen einsteigen kann oder aber das Gespräch und die Verhandlung tatsächlich komplett beenden kann.
"Welchen Return on Investment wünschen Sie sich genau?" Diese Gegenfrage lenkt die Gedanken des Interessenten weg von "teuer" und "billig" hin zu dem langfristigen Wert, den Ihr Produkt/Ihre Dienstleistung mit sich bringt.
"Verstehe ich richtig, dass unsere Preise im Vergleich zum Mitbewerb höher sind?" Wenn Ihre Preise höher sind als die des Mitbewerbs, so dienst diese Gegenfrage dazu, direkt auf die Differenzierung zum Mitbewerb einzugehen.
"Haben Sie in der Vergangenheit schon einmal in ein ähnliches Produkt/eine ähnliche Dienstleistung investiert?" Oft haben Interessenten tatsächlich eine unrealistische Preisvorstellung, was ein gutes Produkt oder eine professionelle Dienstleistung kosten darf. Ein Grund hierfür kann sein, dass der Interessent noch niemals ein vergleichbares Produkt oder Dienstleistung bezogen hat. Mit dieser Gegenfrage haben Sie die Chance derartige "Missverständnisse" auszuräumen.
"Wann haben Sie das letzte Mal etwas nur wegen des Preises gekauft?" Auch hier geht es, ähnlich wie bei Punkt 11, um das "billig". Gerade im B2B-Umfeld kenne ich kaum verantwortliche Mitarbeiter, die sich damit rühmen "billig eingekauft zu haben". Vielmehr geht es darum Lösungen beschafft zu haben, die dem Unternehmen einen Mehrwert bringen.
"Ich verstehe Sie und ich hatte erst vor kurzem 2/3/4 Kunden wie Sie, die ebenfalls Bedenken wegen des benötigten Budgets hatten. Letztendlich haben sich diese Kunden doch entschlossen das Projekt umzusetzen und wissen Sie was daraus resultierte?" Und dann setzen Sie das Gespräch mit einer eindrucksvollen Case Study fort, die belegt warum Ihr Produkt/Ihre Dienstleistung sein Geld wert ist. Wichtig ist hierbei, dass es sich um "echte Case Studies" handelt, die Sie dem Kunden auch schriftlich nachweisen können.
"Wie verhält es sich beim Vertrieb in Ihrem Unternehmen? Verkauft Ihr Unternehmen seine Produkte/Lösungen/Dienstleistungen über den Preis?" Ein weiterer Favorit von mir, eine Aussage, die ich als Joker immer gerne im Ärmel habe. Auch Ihre Kunden müssen Ihre Produkte/Dienstleistungen verkaufen und mit sehr großer Wahrscheinlichkeit erfolgt dies nicht über eine Billigpreis-Strategie.
Sie als Berater werden immer wichtiger! Sie sind Dreh- und Angelpunkt, das Licht im dunklen Datenmeer. Das vertrauensvolle Bindemittel zwischen all den nicht real greifbaren. Denn auch die Kunden spüren die Veränderung, sind oft verunsichert und brauchen den Berater als analogen Felsen in den virtuell stürmischen Zeiten. Der Beratungsbedarf wird immer höher, wächst parallel mit der komplexen Welt. Damit wird der persönliche Kontakt zu einem kompetenten Berater wichtiger denn je. Insbesondere, wenn Sie Produkte oder Dienstleistungen verkaufen, die man nicht sehen oder anfassen kann. Kunden brauchen Sie als Guide, als Profi und Fixpunkt.
Kennen Sie schon den ROPO-Kunden?
Der Kunde hat die Fäden in der Hand. Er übernimmt die Regie. Er ist Entscheider und zeigt das. Besonders wenn er als ROPO-Kunde unterwegs ist. ROPO bedeutet "Research Online, Purchase Offline" genau wie "Research Offline, Purchase Online". Der ROPO-Effekt beschreibt die Wechselwirkung zwischen Online- und Offline-Kaufkanälen. Ein Beispiel: Ein Kunde recherchiert zunächst online, wie Ausstattung und Preis für seinen neuen Fernseher beschaffen sein sollen und geht anschließend in den Elektrogroßmarkt, um das Angebot dort zu sondieren. Mittlerweile kauft rund ein Drittel aller Kunden nach dem ROPO-Effekt ein. 89 Prozent der Konsumenten informieren sich vor dem Einkaufsbummel zuerst online über Produkte. 65 Prozent der Verbraucher probieren Produkte zwar direkt im Geschäft oder Fachmarkt aus, kaufen diese dann aber im Webshop.
Kaufen findet in Zukunft dual statt. Die Digitalisierung polarisiert das Einkaufsverhalten: Auf der einen Seite steht die kühle Transaktion im Onlineshop, auf der anderen Seite das inszenierte Markenerlebnis im Flagship-Store. Im Kern bedeutet dies: Wenn der Kunde zu Ihnen kommt, dann haben Sie große Chancen, dass er auch bei Ihnen kauft. Aber Sie haben nur eine Chance. Sonst geht der Kunde wieder und kauft im Internet ein.
Die Aufgabe des Verkäufers ist nicht zu informieren, sondern zu begeistern und Eindruck zu hinterlassen! Nach einem gründlichen Faktencheck müssen Verkäufer die Emotionen der Kunden wecken und tief gehende Beziehungen zu ihnen aufbauen. Im digitalen Zeitalter geht es um das Wahrnehmen, Zuhören und Analysieren, um das Verbinden und den Austausch, um emotionales Erleben und Mehrwert.
Online-Shopping ist eine einsame und leidenschaftslose Angelegenheit. Durch die Digitalisierung wird Einkaufen unpersönlich. Doch Menschen haben Sehnsucht nach persönlichen Kontakten und zwischenmenschlicher Kommunikation, sie lieben Erlebnisse. Ein erfolgreicher Verkäufer der Zukunft schließt die Lücke zwischen dem rational motivierte Einkauf und der Sehnsucht der Kunden nach Emotionen. Helfen Sie dem Kunden, das Produkt zu entdecken.