Die Experton Group hat das Portfolio diverser Cloud-Anbieter in verschiedenen Kategorien analysiert. Microsofts "Azure", "Vblock" von VCE, Salesforce und Trend Micro konnten überzeugen.
von Carlo Velten und Steve Janata (Experton Group)
Als "Marktmacher" beziehungsweise "Market Maker" bezeichnen die Finanzmärkte diejenigen Akteure, die die Liquidität im Markt sicherstellen und somit die Handelbarkeit für bestimmte Produkte garantieren. Die Funktion des Marktmachers ist somit der Aufbau von Vertrauen in ein bestimmtes - meist neues - Handelssegment, um langfristig eine stabile und positive Kursentwicklung zu gewährleisten.
Auch im neu entstehenden Cloud-Markt spielen Marktmacher eine wichtige Rolle für die weitere Entwicklung. Denn nur wenn IT-Anbieter sich strategisch klar zum Thema Cloud bekennen und ihre Geschäftsmodelle und Investitionen entsprechend ausrichten, lassen sich auch Enterprise-CIOs mit großen IT-Budgets vom Weg in die Cloud überzeugen. Nur wenn das Angebot an Cloud-Services die relevanten IT- und Geschäftsprozesse von kleinen und mittelständischen Unternehmen abdeckt, kaufen diese auch aus der Wolke.
Zwar wollen im heiß umkämpften und schnell wachsenden Cloud-Markt alle Anbieter "Marktführer" und "Innovatoren" sein. Dieser Rolle werden aber nur einige der rund 500 Anbieter gerecht. Denn nur wer in den letzten Jahren ernsthaft in neue Rechenzentrumskapazitäten (RZ-Kapazitäten), Forschung und Entwicklung, Personalaufbau und neue Delivery-Konzepte investiert hat, kann in diesem Jahr zu den Marktmachern und Gewinnern zählen. Natürlich profitieren diejenigen Anbieter am meisten, deren Cloud Services und -Produkte am besten auf die aktuellen Markttrends passen.
Private Cloud - Goldesel der kommenden 24 Monate
Im laufenden Jahr werden rund 2,1 Milliarden Euro des Gesamtmarktvolumens von 4,6 Milliarden Euro in den Aufbau und Betrieb von Private-Cloud-Umgebungen fließen. Davon profitieren hauptsächlich diejenigen Technologielieferanten und Managed-Service-Provider, die in diesem Segment über ein wettbewerbsstarkes Angebotsportfolio verfügen. Für viele Anwender sind in der Anbieterauswahl ein deutscher RZ-Standort und eine optimierte Netzanbindung entscheidend.
Folglich werden im Jahr 2013 vor allem Provider mit eigener RZ- und Netzinfrastruktur gute Chancen auf einen Vertragsabschluss haben. Dazu zählen etwa BT Germany, Telefónica Online Services, Colt, Claranet sowie die T-Systems beziehungsweise Deutsche Telekom. Schon heute zählen sie zu den Vorreitern im Bereich "Managed Services" und "Managed Private Cloud".
Die derzeit stabilsten Cloud-Umsätze verzeichnen diejenigen Ausrüster, die mit ihren "Converged Cloud Infrastructures" die Betriebsplattform für viele Cloud-Umgebungen liefern - unabhängig davon, ob diese beim Kunden oder Provider betrieben werden. Gerade die integrierten Ansätze namens "Vblock" und "FlexPod", die Lösungen verschiedener Anbieter zusammenführen, stehen ganz oben auf der Einkaufsliste. Das Konzept des schlüsselfertigen Cloud-Baus ist für viele Anwender und Provider attraktiv, da es die Komplexität bei dem Aufbau und Betrieb einer größeren Cloud-Infrastruktur deutlich reduziert.
Auf Provider-Seite sollte man sich langfristig allerdings die Frage nach dem Alleinstellungsmerkmal gegenüber dem Kunden stellen, wenn alle auf die gleiche Betriebsplattform setzen. Es scheint absehbar, dass zukünftig die "Operational Excellence" im RZ-Betrieb sowie das Prozess- und Service-Design an der Schnittstelle zum Kunden eine erfolgskritische Rolle spielen werden. Die derzeitige Situation im Markt für Private Clouds ist durchaus vergleichbar mit der während des großen Goldrauschs im mittleren Westen: Den Verkäufern von Schaufeln, Hacken und Goldsieben ging es während der ersten Hype-Phase exzellent!
Von einer Cloud-Investitions-Blase keine Spur
Dennoch zeigen sich bislang keine Anzeichen für eine Investitionsblase. Im Gegenteil liegt das Investitionsvolumen in Cloud-Rechenzentren - im Vergleich zu anderen Ländern - noch auf einem recht moderaten Niveau. Die hohen Energiekosten in Deutschland sind dafür nur ein Grund von vielen.
Um das Potenzial der aufziehenden "Digitalen Wirtschaft" voll auszuschöpfen, sind eher noch größere Investments in Cloud-Rechenzentren, -Plattformen und -Technologien notwendig. Die Digitalisierung der Geschäftsmodelle und -Prozesse über nahezu alle Branchen hinweg sorgt nach unserer Einschätzung für zusätzliche Nachfrage, die sich in den traditionellen IT-Budgets heute noch nicht abbilden. So wächst mit der Vielzahl an neuen Mobile- und Web- Applications auch der Bedarf an standardisierten und flexiblen Infrastruktur- und Entwicklungsservices aus der Cloud.
Das Marktvolumen des derzeit kaum überschaubaren Markt für Public IaaS (Infrastructure as a Service) und PaaS (Platform as a Service) wird sich von 342 Millionen Euro im Jahr 2013 auf 1,964 Milliarden Euro im Jahr 2017 nahezu versechsfachen.
In diesem Geschäft ist Salesforce einer der derzeitigen "Marktmacher" und einer der eindeutigen "Cloud-Leader". Indem der Anbieter die eigenen Cloud-CRM-Plattform frühzeitig zu einer "Digital-Business"-Plattform um- und ausgebaut hat, die einen Großteil der Sales-, Marketing- und Serviceprozesse sowie der internen Collaboration abdeckt, hat er sich eine sehr starke Position bei Kunden erarbeitet, die eine "Social-Business"-Strategie einführen möchten.
Zudem verfügt Salesforce über eine der attraktivsten PaaS-Plattformen für die Entwicklung und Vermarktung neuer Cloud Apps, was Entwickler und Partner sehr schätzen. Hier zahlen sich die langfristigen Investitionen nun doppelt aus.
Microsofts "Azure"-Plattform zählt sicher zu den "Performern des Jahres". Kaum eine Plattform hat sich in den letzten zwölf Monaten dermaßen erfolgreich weiterentwickelt. Anhand von Azure wird auch gut deutlich, wie IaaS und PaaS sukzessive zusammenwachsen. Die Experton Group geht davon aus, dass das Partner-Ökosystem von Microsoft im laufenden Geschäftsjahr zu einem zentralen Hebel dafür wird, vermehrt Unternehmenskunden vom Cloud Computing zu überzeugen. Genau an dieser Stelle scheitern noch viele der großen, globalen Wettbewerber. Amazon und Google schaffen es nur in Einzelfällen, bedeutende Umsätze mit Unternehmenskunden zu erzielen. Hier fehlt weiterhin das Vertrauen.
Anders macht es dagegen Host Europe. Mit seinem neuen Cloud-Portfolio schafft der Kölner Hosting Provider als einziger Anbieter den Sprung in den Cloud-Leader-Quadranten, wenn es um die Bereitstellung von öffentlichen Infrastrukturdiensten geht "Public IaaS". Die Chancen für Host Europe, seinen bestehenden Kundenstamm sukzessive auf die neuen Cloud-Offerings zu migrieren, stehen gut. Das verschafft dem Unternehmen zudem eine ideale Basis für die weitere Kundenakquise, zumal für die Anwender von Public Kunden ein deutscher RZ-Standort sowie guter Service sehr wichtig sind. Unter den Anwendern setzt sich sukzessive die Erkenntnis durch, dass der Preis nicht den alleinigen Ausschlag für die Provider-Auswahl gibt - dafür sind den Unternehmen und Entwicklern ihre Applikationen und Daten einfach zu wichtig.
Cloud Security - Vom Totschlag- zum Verkaufsargument
Den vielfältigen Möglichkeiten der schnellen und flexiblen Nutzung von Applikationen und Daten über die Cloud stehen ebenviele Herausforderungen in der Absicherung der Infrastrukturen, Verbindungen, Applikationen, Endgeräte und Daten gegenüber. Die Verknüpfung der Unternehmensnetze und Rechenzentren mit der Public Cloud im Rahmen von hybriden Betriebskonzepten macht deutlich, dass Unternehmen keine abgeschlossenen Systeme mit wenigen, einfach zu kontrollierenden Zugangspunkten mehr betreiben. Das moderne Unternehmen als "Wertschöpfungsnetzwerk" verbindet tausende von Partnern, Lieferanten und Anwendern mit seinen Kernapplikationen und -Prozessen.
Da integrierte Cloud-Strategien auch die Verknüpfung von klassischen Enterprise-Systemen wie ERP, Datenbanken, HR etc. mit den modernen Cloud-Anwendungen und Apps für den mobilen Einsatz vorsehen, existiert keine harte Schale mehr, die den Kern des Unternehmens schützt. Vielmehr müssen sich die Sicherheitskonzepte und Security-Komponenten der neuen fluiden und virtualisierten Welt anpassen. Schnittstellen zwischen den Security-Technologien unterschiedlicher Anbieter stellen aber ein potenzielles Risiko dar, weil sie Angriffsfläche bieten. Aus Anwendersicht ist daher ein breites und integriertes Portfolio ein wichtiges Bewertungs- und Entscheidungskriterium bei der Auswahl des Security-Anbieters.
Am konsequentesten hat innerhalb der letzten 24 Monate Trend Micro sein Portfolio auf die Cloud-Risiken und die damit einhergehenden Herausforderungen der Anwender abgestimmt. So verfügt Trend Micro nicht nur über ein überdurchschnittlich breitgefächertes und spezialisiertes Portfolio an Technologien und Services. Der Hersteller hat zudem die Ausrichtung der gesamten Firmenstrategie deutlich stärker auf die Herausforderungen der Cloud fokussiert als die meisten Wettbewerber. Auch liefert Trend Micro die richtigen Antworten auf die Fragen der Virtualisierungssicherheit und liefert Service-Provider eine Lösung dafür, Cloud-Security in die Infrastrukturservice zu integrieren.
Aber auch andere große Cloud-Anbieter sind in das Rennen um die effizientesten Cloud Sicherheitslösungen eingestiegen und investieren große Summen in die Entwicklung neuer Services. Zu den führenden Hersteller dieser Kategorie zählen unter anderem IBM, Microsoft, Cisco, EMC, VMware und HP.
(Der Beitrag wurde von der CP-Schwesterpublikation Computerwoche übernommen / rb)