Zwischen Flagshipstores und Online-Händlern

Die Zukunft der Warenhäuser

06.08.2015 von Uwe Ritschel
Keine andere Branche wandelt sich derzeit so stark wie der stationäre Handel. Unter dem Druck des stark wachsenden eCommerce muss der PoS dem Kunden etwas anbieten, was er im Webshop vermisst.
 
  • Wie Karstadt & Co. ihre Chancen im Online-Handel verpasst haben
  • Warum es auch in zehn Jahren Kaufhäuser geben wird
  • Wie der Kunde heute einkauft

Wer über die Zukunft der Warenhäuser in Deutschland spekulieren will, muss sich erst einmal mit der Vergangenheit beschäftigen. 1972, zur Blüte des deutschen Wirtschaftswunders, hielten die Warenhäuser einen Anteil von über zehn Prozent am Gesamtumsatz des deutschen Einzelhandels. Heute sind es nur noch etwas mehr als zwe Prozent Anteil. Hertie und Horten sind verschwunden, Kaufhalle, Woolworth und andere Billiganbieter ebenfalls.

Der Handel wird zurzeit täglich neu erfunden. Online und Offline, Beacons, Apps, Multi- und Omni-Channel sind die Stichworte. Ohne Smartphone ist eine ganze Generation nicht mehr lebensfähig. Dabei sagt ein altes Sprichwort, Handel ist Wandel. Aber noch nie war ein gesellschaftlicher Umbruch so schnell und so tiefgreifend wie der Wandel zur digitalen Gesellschaft. Wo gestern noch eine Modeboutique war, ist heute ein Handy-Shop.

PoS im Jahre 2020 - WeShop von Serviceplan, Cancom und Cisco
Der WeShop von außen
Die virtuelle Garderobe
Der "Beratungstisch" im WeShop
Der WeShop innen
Die virtuelle Garderobe
Der "Beratungstisch" im WeShop
Die Mützen

Der Einzelhandel war schon immer ein Spiegel der Gesellschaft. Das mussten auch die großen Warenhauskonzerne erfahren. Dabei ist die digitale Revolution gar nicht der Auslöser für den Niedergang. Der aufkommende Online-Handel verschärft aber die Krise. Gerade am Beispiel Karstadt und Kaufhof lässt sich erkennen, wer für die Zukunft gerüstet ist und wer möglicherweise auf der Strecke bleibt.

Die Fehler von Karstadt

Karstadt hätte bei etwas mehr Weitsicht, alle Möglichkeiten gehabt, seine Marktführerschaft weiter auszubauen. Stattdessen wurden Ressourcen vernichtet, rentable Unternehmenteile verkauft um die unrentablen Geschäfte wieder flott zu machen. Ein Konzern wurde geplündert. Zur gleichen Zeit konnte sich die Galeria Kaufhof durch kluge Unternehmensführung im Schoße der Metro zur Nummer Eins in den Innenstädten entwickeln.

Bis zu ersten Ölkrise, vielleicht erinnert sich noch der eine oder andere an die autofreien Sonntage, bis dahin kannten die Warenhäuser nur eine Richtung, und die ging steil nach oben. Die zehn Prozent am Gesamtumsatz entsprachen anteilmäßig dem, was heute der Online-Handel für sich beansprucht. Aber Bäume wachsen eben nicht in den Himmel.

Das Wirtschaftswunder hat uns nicht nur den Babyboom beschert, auch strömten viele Gastarbeiter ins gelobte Land. Es fehlte an Wohnraum für größere Familien und für die Arbeitskräfte vor allem aus Italien und Spanien. Trabantenstädte wurden damals aus dem Boden gestampft. München Neuperlach, Nürnberg Langwasser oder Berlin Gropiusstadt, um nur einige zu nennen. Mit den Trabantenstädten ging der Handel auf die "Grüne Wiese". Riesige Supermärkte mit Parkplätzen direkt vor der Türe, lockten die Kunden in die Vorstädte.

Am Samstag fuhr die ganze Familie mit Papa zum Großeinkauf nach draußen. Schon damals war von der "Verödung der Innenstädte" die Rede. Dennoch ging Karstadt weiter auf Einkaufstour. 1977 kauft das Unternehmen die Mehrheit an Neckermann und wurde mit einem Jahresumsatz von nunmehr 10,62 Milliarden Mark zum größten Handelsunternehmen in Deutschland. 1984 wurde Neckermann dann komplett übernommen, 1994 wurde Hertie mit KaDeWe als Flagship gekauft. 1999 folgte die Fusion mit dem Versandhaus Quelle.

Verpasste Chancen

Wer nun glaubte, dieses Unternehmen hätte sich mit den zwei größten Versendern für die Zukunft des Online-Handels fit gemacht, der liegt völlig daneben. Obwohl die gesamte Logistik zur Verfügung stand, wurde weiter nach überholten Modellen gearbeitet. Dabei war das Ende des klassischen Versandhandels längst eingeläutet. Kataloge mit halbjährlicher Gültigkeit waren nicht mehr gefragt.

Zum Video: Die Zukunft der Warenhäuser

Durch das Internet wurde der Handel immer schneller, Katalogpreise konnten täglich unterboten werden. Im Jahr 2000 lag der Umsatz im eCommerce bereits bei 2,5 Milliarden Mark. Statt auf den Zug aufzuspringen und die trudelnden Versandhäuser damit wieder auf Kurs zu bringen, wurde weiter so getan, als wäre nichts geschehen.

2004 wurden die großen finanziellen Schwierigkeiten erstmals einer breiten Öffentlichkeit bekannt. Thomas Middelhoff kam als Hoffnungsträger, aber auch seine Konzepte gingen nicht auf. Im folgenden Jahr wurden 74 Filialen geschlossen, 51 Sinn-Leffers Filialen und Runners Point, der Sportschuhspezialist, wurden verkauft, aber 2006, mit der Gründung von Arcandor als Dachgesellschaft, sollte dann alles besser werden.

Es hat jedoch gerademal drei Jahre gedauert, bis am 1. September 2009 Insolvenzantrag gestellt werden musste. 2010 kam dann der Verkauf für einen symbolischen Euro an den Kunstsammler Nicolas Berggruen. Das Amtsgericht Essen hob das Insolvenzverfahren auf, nachdem die Gläubiger auf über zwei Milliarden Euro Forderungen verzichtetet hatten.

Die Karstadt Sport-Filialen wurden ausgegliedert, genauso wie die Premiumhäuser Oberpollinger in München, das Alsteraus in Hamburg und das KaDeWe in Berlin. Diese Filetstücke gingen 2013 zu 75,1 Prozent an den österreichischen Immobilienunternehmer Renè Benko. Die Sima-Holding, mit der Benko ebenfalls verbunden ist, übernahm den verbliebenen Teil der Warenhauskette.

Andrew Jennings, ein Engländer sollte nun den Konzern, auf dem schwierigen deutschen Markt, wieder nach vorne bringen. Die Erfolge stellten sich aber weiterhin nicht ein. Eine verfehlte Markenstrategie von Jennings und die mangelnde Finanzausstattung konnten keine Wende herbeiführen. 2014 wurde Eva-Lotta Sjöstedt von Ikea geholt. Frau Sjöstedt braucht gerade mal vier Monate um zu erkennen, dass sie ihre Pläne bei Karstadt nicht verwirklichen konnte. Es wäre auch eine riesige Kraftanstrengung notwendig gewesen. Neben den erkennbaren Defiziten bei den Marken und in der Ladenausstattung, dem nicht mehr zeitgemäßen Warenwirtschaftssystemen, müssen nun auch noch große Summen in den Aufbau einer Online-Präsenz investiert werden.

Das Kalkül war aber ein ganz anderes. Die Metro AG hatte schon lange anklingen lassen, dass Galeria Kaufhof nicht mehr so recht in ihr Portfolio passt. Benko und die Sigma-Holding spekulierten auf eine Übernahme mit dem Ziel, Kaufhof und Karstadt zur viel beschworenen "Deutschen Warenhaus AG" zu vereinen. Damit wären viele Probleme mit einer Unterschrift gegenstandslos geworden. Aus zwei Hauptverwaltungen mit zwei kompletten Vorständen, wäre eine Zentrale erwachsen.

Das hätte das neue Unternehmen schon einmal um 1.500 bis 2.000 Mitarbeiter entlastet. Dazu verfügt Kaufhof über ein exzellentes Warenwirtschaftssystem. Dieses System hätte man nur auf die Karstadt-Filialen ausweiten müssen. Gleichzeitighätte man das Galeria-Konzept mit auf die Karstadt-Häuser übertragen können. So hätte sich Karstadt mit Hilfe seines Mitbewerbers am eigenen Schopf aus dem Sumpf ziehen können. Das Galeria- Konzept war einer der Schlüssel zum langfristigen Erfolg des Kaufhofs.

Kaufhof auf dem Weg zur Spitze

Auch Kaufhof hatte es in den 80er und 90er Jahren nicht einfach. Die billigsten Preise gab es nun am Stadtrand. Damit konnte man nicht mehr punkten. Trading up war gefragt. Das ging aber auch nicht ohne die Schließungen von 25 unrentablen Filialen ab. Eine Reihe kleinerer Filialen konnte jedoch überleben, in dem sie an größere, umsatzstärkere Filialen angeschlossen wurden. Der Einkauf wurde zentralisiert und die Umstellung auf ein aussagekräftiges Warenwirtschaftssystem brachte den entscheidenden Vorsprung.

1994 konnte Kaufhof den Konkurrenten Horten übernehmen. Horten war damals das kleinste der vier großen Warenhausunternehmen, aber sie waren damals schon ihrer Zeit weit voraus. Bereits 1988 wurden die Filialen in Münster und Heidelberg auf das neuartige Galeria-Konzept umgestellt. Hellere Räume, breitere Gänge und kleinere Beschilderung waren die äußeren Merkmale. Die Häuser wurden gediegener und nicht wie damals noch üblich, mit Billigware überschüttet. Damit bekamen diese Filialen ein eigenes, neues Gesicht und stachen aus der anonymen Masse hervor.

Fünf Ideen für den Omnichannel-Handel der Zukunft
Echtes Autohaus virtuell besichtigen
Fiat setzt auf Live-Videoübertragungen, um potenzielle Kunden anzusprechen. Dabei präsentieren Mitarbeiter mit Headset und Webcam neue Modelle. Gleichzeitig blendet Fiat Informationen und Farbvariationen ein. Die Zuschauer können Probefahrten vereinbaren.
Über Barcodes Gutscheine für Freunde erstellen
Mit der mobilen Anwendung Jifiti können Nutzer in ausgewählten Geschäften Barcodes an Produkten einscannen und daraus Geschenkgutscheine herstellen. Diese lassen sich digital versenden. Der Empfänger kann damit das Geschenk im Laden abholen oder es online bestellen.
Laden markiert die auf Pinterest beliebtesten Waren
Die in Seattle ansässige Kaufhauskette Nordstrom markiert jene Produkte, die auf Pinterest am häufigsten gepinnt werden. Momentan verfügt Nordstroms Pinterest-Account über 4,5 Millionen Follower, so dass die Schilder die Meinung einer erheblichen Anzahl von Kunden repräsentieren.
Touchscreen mit endlosem Warenkatalog
Die britische Supermarktkette Tesco stellt in Filialen Touchbildschirme auf, auf denen Kunden mehr als 11.000 Produkte finden. Die Artikel lassen sich unter anderem nach Preis filtern. Kunden können die Produkte an einem Abholschalter mitnehmen oder sich nach Hause schicken lassen.
Nahtloser Kundendialog über mehrere Kanäle
Der Anbieter SapientNitro erlaubt mit dem System Connected Retail einen Kundendialog über mehrere Kanäle. Ein Sportartikelhändler ermöglicht Kunden mit Connected Retail, sich zuhause von einer virtuellen Shoppingassistentin online beraten lassen und einen Besuchstermin im Geschäft vereinbaren. Im Laden ist die Assistentin per Bildschirm an der Beratung beteiligt.

Nach der Übernahme der Firma Horten durch die Kaufhof Warenhaus AG, landete der damalige Aufsichtsrat dann noch einen Überraschungs-Coup:

In dem nun größer gewordenen Unternehmen hatten nicht mehr die alten Kaufhof-Manager das sagen, nein, der Aufsichtsrat bestellte den Horten-Manager Wolfgang Kraus zum Vorstand Verkauf und Werbung. Kraus hatte das Galeria-Konzept bei Horten maßgeblich mit entwickelt und sollte es nun auch auf den Kaufhof übertragen. Die Warenhäuser wurden nach und nach auf den neuesten Stand gebracht und bekamen dann zu Belohnung den grünen Galeria-Bogen. "Ich freu mich drauf", war fortan das Motto. Der Kaufhof festigte damit seine Marktposition und hob sich nun auch einrichtungsmäßig von Karstadt und anderen Mitbewerbern ab.

Das alles war möglich, weil die Metro Group schon 1980 die ersten 24,9 Prozent der Kaufhof Warenhaus AG erwerben konnte. 1986 gingen weitere 26,1 Prozent an das ehemalige Selbstbedienungs-Großmarktunternehmen und 1996 wurde die Übernahme zu 100 Prozent vollzogen.

"Die Metro hat dem Kaufhof das Rechnen beigebracht" so wurde damals gespottet. Da das Unternehmen zuvor den vier großen Banken in Deutschland gehörte, spielte Geld keine Rolle. Das galt besonders, wenn man sich dieses Geld bei seinen Eigentümern leihen durfte. Je mehr Geld aufgenommen wurde, desto mehr verdienten die Banken. Der Zinssatz war der höchste im deutschen Einzelhandel. Das hatte unter der Führung der Metro nun ein Ende. Ab sofort wurde mit spitzem Bleistift gerechnet. Überbestände wurden abgebaut und Kostendisziplin wurde oberstes Gebot. Damit war man für die Zukunft gerüstet.

Die Ära Kraus endete 2004, seine Aufgabe war erfüllt. Galeria Kaufhof hatte sich zu einer Marke entwickelt und hatte Karstadt in allen Belangen hinter sich gelassen. Sein Nachfolger, Ralf Püttmann, war 20 Jahre jünger und hatte nun die Aufgabe, dem Galeria Konzept ein noch anspruchsvolleres Gesicht zu geben. Was in den 90er Jahren aktuell war musste nun für das neue Jahrtausend weiter entwickelt werden.

Mittlerweile hatten die Flagships der großen Marken die Maßstäbe in der Innenstadt gesetzt. H&M hat die Marktführerschaft bei den jungen Kunden gewonnen und Mega-Stores von Adidas, Boss oder Tommy Hilfiger beherrschen das Bild der großen Städte. Püttmann wollte sich an diesen Vorbildern orientieren, ohne jedoch die Jahrzehnte langen Bindungen der Stammkundschaft zu gefährden.

Zudem galt es in Städten wie Berlin, Frankfurt, Köln oder München so aufzutreten, wie die es die neue, junge Generation erwartet. Ja, eine ganz neue Generation von Kunden ist herangewachsen. Das Smartphon bestimmt den Takt der Zeit. Alles ist immer und sofort greifbar. Jeder Modetrend geht blitzschnell per You Tube um die Welt. Internet, Facebook und Twitter sind ständige Begleiter. Amazon, Ebay und Zalando haben den Einkauf revolutioniert.

Neue Ära mit Hudson's Bay Company

In dieser Zeit kommt die Hudson's Bay Company (HBC), ein kanadischer Warenhauskonzern, nach Deutschland und will mit der Galeria Kaufhof in den europäischen Markt vorstoßen. Für Karstadt ist das nun das Ende aller Träume. Der ehemalige Marktführer ist endgültig auf sich allein gestellt. Bezeichnend dafür war die Meldung, dass bereits wenige Tage später eine neue Immobilie für die Firmenzentrale in Essen gesucht wurde. Die neue Hauptverwaltung benötigt dann nur noch 20.000 bis 25.000 m² statt bisher 65.000 m².

Das sagt viel über den Aderlass der noch bevorsteht. Karstadt muss seine verbliebenen Kräfte bündeln um am Markt weiter bestehen zu können. Galeria Kaufhof kann jedoch aus dem Vollen schöpfen. Der neue Eigentümer, die Hudson's Bay Company ist ein erfolgreiches Warenhausunternehmen in Kanada und den USA. Hier gibt es Synergien zu beiden Seiten. In Ladenaufmachung und Werbung kann man viel von den Amerikanern lernen.

Ergebnisse der Lünendonk-Trendstudie 2015 "Einzelhandel in der Multichannel-Zeitfalle" 2015
Lünendonk-Trendstudie 2015 "Einzelhandel in der Multichannel-Zeitfalle"
Individual-Software ist im Handel traditionell verbreitet und auch für Multichannel bevorzugt.
Lünendonk-Trendstudie 2015 "Einzelhandel in der Multichannel-Zeitfalle"
In Mobile Commerce wird besonders häufig investiert.
Lünendonk-Trendstudie 2015 "Einzelhandel in der Multichannel-Zeitfalle"
Bei der Preisgestaltung über die verschiedenen Kanäle sind sich die Vergleichsgruppen uneinig
Lünendonk-Trendstudie 2015 "Einzelhandel in der Multichannel-Zeitfalle"
Die Planungen zur Sortimentsauswahl in den Kanälen sind sehr unterschiedlich
Lünendonk-Trendstudie 2015 "Einzelhandel in der Multichannel-Zeitfalle"
Auch Fachbereiche wollen die IT bereits in der Strategieentwicklung einbeziehen.
Lünendonk-Trendstudie 2015 "Einzelhandel in der Multichannel-Zeitfalle"
Organisatorische Strukturen sind größere Hemmnisse als die Technologie.
Lünendonk-Trendstudie 2015 "Einzelhandel in der Multichannel-Zeitfalle"
Umsatzanteile im deutschen Einzelhandel
Lünendonk-Trendstudie 2015 "Einzelhandel in der Multichannel-Zeitfalle"
Die Dauer des Wettbewerbsvorteils wird sehr unterschiedlich eingeschätzt.
Lünendonk-Trendstudie 2015 "Einzelhandel in der Multichannel-Zeitfalle"
Einzelhandel sieht Multichannel eindeutig als Chance
Lünendonk-Trendstudie 2015 "Einzelhandel in der Multichannel-Zeitfalle"
Den einen Vorreiter in Sachen Multichannel gibt es (noch) nicht^.
Lünendonk-Trendstudie 2015 "Einzelhandel in der Multichannel-Zeitfalle"
Vor allem in der Elektronik- und Fashion-Branche wird Multichannel-Fähigkeit entscheidend sein
Lünendonk-Trendstudie 2015 "Einzelhandel in der Multichannel-Zeitfalle"
Mobile Commerce ist der stärkste Veränderungstreiber für den Einzelhandel.
Lünendonk-Trendstudie 2015 "Einzelhandel in der Multichannel-Zeitfalle"
Bedeutung von Multichannel für Elektronik und Fashion am höchsten (Branchenauswertung).

Auch im Online-Geschäft sind uns die Kaufleute jenseits des Atlantiks weit voraus. Kaufhof, und das ist nicht zu unterschätzen, wird wieder von Warenhaus-Fachleuten geführt. Der Unternehmenserfolg in Deutschland schlägt auch auf das Gesamtergebnis der Gruppe durch. Der deutsche Beitrag von Galeria Kaufhof zu HBC ist mit über 30 Prozent Anteil am Gesamtumsatz mehr als ein wichtiges Standbein.

Die Entwicklung in Deutschland wird für HBC in den nächsten Jahren von ganz besonderer Bedeutung sein. In der Metro Group lag der Anteil zuletzt unter fünf Prozent. Alle Investitionen gingen in die Expansion des Selbstbedienungs-Großhandels auf die osteuropäischen Märkte. Das Warenhaus war nur noch ein Randgeschäft. Nun steht Kaufhof wieder im Focus des Handelns.

HBC möchte in Europa Fuß fassen und dazu ist ein Erfolg in Deutschland die erste Voraussetzung. HBC- Chef Richard Baker, der in Kanada den Titel eines "Gouverneur" trägt, hat zuvor schon große Übernahmen mit Erfolg gestemmt. 2006 kaufte er die amerikanische Traditionshauskette Lord & Tailor, 2008 übernahm er die Hutson's Bay Company und vor zwei Jahren dann die amerikanischen Nobel-Kaufhäuser Saks Fifth Avenue.

Nach jeder Übernahme wurde kräftig investiert, um die Unternehmen auf den neuesten Stand zu bringen. Ein solches Vorgehen ist auch für den Kaufhof zu erwarten. Bislang wurden die Investitionen immer durch eine Beleihung der Immobilien finanziert.

eCommerce-Analyse der GfK, Juli 2015
Warengruppen 2025
eCommerce Anteile 2025; Quelle: GfK, July 2015
Warengruppen 2014
eCommerce Anteile 2014, mit und ohne Food; Quelle: GfK, July 2015
Warengruppen 20142014
Online-Umsatz-Anteile je Warengruppe; Quelle: GfK, July 2015
Diffusionsmodell als Theorie-Gerüst
Berücksichtigung von Innovationen und Imitationseffekten; Quelle: GfK, July 2015
Anteile der Warengruppen in %
Sortiment bezogene Kaufkraft; Quelle: GfK, July 2015
Online-Umsatz-Anteile 2008-2025
Die Gewichte der Sortimente am gesamten Online-Handels-Volumen verschieben sich; Quelle: GfK, July 2015
Online-Kauf befriedigt rationale Bedürfnisseonal
Offline-Kauf berührt emotional; Quelle: GfK, July 2015
Sättigungstendenzen
Online-Handel auf dem Weg zur Reife; Quelle: GfK, July 2015
Soziodemografie
Allein stehende Männer kaufen am meisten online; große Familien bevorzugen den PoS; Quelle: GfK, July 2015
eCommerce-Umsatz 2009-2014
Je nach Branche unterschiedliche Entwicklung; Quelle: GfK, July 2015
Wachstumstreiber des Online-Handels
Kreislauf mit nachlassender Dynamik; Quelle: GfK, July 2015

Auch Kaufhof hat einen riesigen Schatz von 1A Immobilien in den Innenstädten mitgebracht. Karstadt hingegen hat bereits alle seine Filetstücke veräußert. Middelhoff, Berggruen, Benko und die Sigma-Holding haben das Unternehmen zu dem gemacht, was es heute ist. Ohne einen strategischen Partner wird es in der Zukunft noch schwerer werden. Für die Mitarbeiter wäre zu wünschen, dass endlich ein Weg in eine gesicherte Zukunft gefunden wird. Neue Konzepte sorgten wieder für mehr Frequenz und die Innenstädte würden dadurch noch attraktiver werden.

Die Warenhäuser bleiben bestehen

Der Online-Handel wird deswegen nicht an Attraktivität verlieren, aber der stationäre Einzelhandel muss endlich ein Teil davon werden. Smartphones und Tablets sind heute in erster Linie zur Recherche da. Wer hat was, jetzt und abholbereit in meiner Nähe? Die Kaufentscheidungen, die früher erst im Laden gefallen sind, werden heute im Wohnzimmer oder in der S-Bahn getroffen.

Der Kunde geht also immer mehr ganz gezielt dahin, wo er seine Wünsche am schnellsten und am besten erfüllt sieht. Das ist die Chance des innerstädtischen Handels. Wer im Netz schnell gefunden wird, die Ware vorrätig hat und dem Kunden dann noch ein tolles Einkaufserlebnis bieten kann, der wird auch in Zukunft seine Geschäfte machen.

Die Warenhäuser bleiben bestehen, auch wenn sie möglicherweise nicht mehr untereinander konkurrieren. Bestimmte Sortimente werden ins Internet abwandern, aber da, wo Entertainment angesagt ist, wo man Ware sehen, fühlen und ausprobieren kann, wo man shoppen mit Cappuccino oder Latte Macchiato verbindet, da wird sich auch der Kunde wieder wohlfühlen. Galeria Kaufhof ist auf dem besten Wege, ihren Teil dazu beizutragen. (rw)