VINTIN-Manager Christoph Waschkau

"Die Zeit der Einzelkämpfer in der IT sollte endlich vorbei sein"

03.01.2020 von Regina Böckle
Dem IT-Dienstleister VINTIN gelang es immer wieder, sich erfolgreich zu transformieren. Ein Ergebnis der jüngsten Transformation ist „Wolkenmacher.rocks“. Der Name ist Programm. Wie es dazu kam, schildert Geschäftsleitungsmitglied Christoph Waschkau im Interview – und in einer interaktiven Session auf dem c.m.c.-Kongress am 20. Februar in München.

ChannelPartner: Als ich von "Wolkenmacher.rocks" erstmals hörte, dachte ich: "Was für ein großartiger Name für einen Cloud-Consulter! Will ich kennenlernen." Gab es Kunden, denen es ähnlich ging?

Christoph Waschkau, Mitglied der VINTIN Geschäftsführung
Foto: VINTIN

Christoph Waschkau: In der Tat: Der Name war gut gewählt! Sowohl auf Seiten unserer Technologiepartner als auch bei unseren Kunden ist unser Wolkenmacher-Team richtig gut angekommen und hat für viel positive Resonanz gesorgt. So gut übrigens, dass daraus heute eine neue Tochtergesellschaft innerhalb der VINTIN Gruppe erwachsen ist.
Wolkenmacher.rocks startete vor gut zwei Jahren als interdisziplinäres Team innerhalb der Vintin-Gruppe. Wo verortet man ein solches Team bei einem erwachsenen, 30-jährigen IT-Dienstleister mit 170 Mitarbeitern?Der Begriff "interdisziplinär" trifft es schon recht gut: In unserem Wolkenmacher-Team haben wir motivierte Kollegen zusammengebracht, die mit einem neuen Mindset die "coole" Cloud-Welt in die VINTIN Gruppe holen wollten. Das schließt Sales Consultants ebenso ein wie Spezialisten für Cloud-Infrastruktur, Machine Learning und KI sowie Cloud Development. Daneben war von Anfang die Geschäftsführung mit im Boot und auch das Marketing. Es kamen also Personen aus allen Säulen der VINTIN zusammen und haben sich neue Themen - bewusst frei - neu erarbeitet.

ChannelPartner: Wie kam es zur Gründung von "Wolkenmacher.rocks"?

Christoph Waschkau: Wir hatten uns erstmals bereits 2014/2015 mit dem Thema Public Cloud beschäftigt, da wir selbst seit 2006 Cloud Provider sind. Damals schaffte es das Thema aber nicht über die Führungsebene hinaus. Weder waren unsere Teams, noch unser sehr mittelständisch geprägter Markt bereit dafür.
Im Sommer 2017 starteten wir nochmal einen neuen Anlauf. Indem wir unserem Team einen "fancy" Namen gaben, erzeugten wir eine bessere Sichtbarkeit innerhalb unserer Gruppe. Das war die Grundlage für die Entstehung eines ganz eigenen, modernen Mindsets. Unser Fokus war zudem ein offensiver Go-To-Market, geboren aus dem Projektmarketing, den wir mit dieser Idee prima umsetzen konnten.

ChannelPartner: Warum haben Sie sich nach knapp zwei Jahren dazu entschlossen, die Business Unit in eine eigenständige Tochtergesellschaft auszugründen?

Christoph Waschkau: Zwei Gründe sind ausschlaggebend: Erstens hat sich der Bereich Cloud-Infrastruktur mittlerweile - auch und vor allem auf Grund des interdisziplinären Ansatzes unseres Wolkenmacher-Teams - fest im "normalen" IT-Infrastrukturbusiness der VINTIN Gruppe verankert. IT-Infrastruktur umfasst bei uns heute ganz selbstverständlich on-premises, hybrid, private cloud und public cloud - es kommt immer darauf an, was für unseren Kunden am besten ist.
Zweitens entstand auf Grund der aufgebauten Expertise im Bereich Data Intelligence, also BI, Machine Learning und Data Driven Business ein ganz neues Geschäftsfeld, das sich nicht sinnvoll in die bestehenden VINTIN-Strukturen eingliederte. Also haben wir aus diesem Bereich ein neues Unternehmen geformt: Seit Sommer 2019 ist unsere VINTIN dQnow GmbH am Start.

ChannelPartner: Welche Herausforderungen gab es bei der "Entstehung" der Wolkenmacher und wie haben Sie diese gemeistert?

Christoph Waschkau: Die ersten Schritte, raus aus der strukturierten Welt, hinein in die silicon valley Mentalität waren etwas ungewohnt. Wir haben ganz stark gemerkt, dass ein solches Projekt nur von der intrinsischen Motivation unserer Kollegen getragen werden kann. Top-Down funktioniert nicht - man muss Leidenschaft und Begeisterung wecken und einen Weg finden, Tagesgeschäft und die Sehnsucht nach Neuem unter einen Hut zu bekommen. Das Wolkenmacher Team hat sich hierzu selbständig in verschiedene Rollen strukturiert, die ohne "zentrale Führungsinstanz" funktionieren. Ein echtes Experiment, das geglückt ist.

ChannelPartner: Inwiefern unterscheidet sich die Kundenklientel der klassischen Vintin von den Kunden der Wolkenmacher?

Christoph Waschkau: Die Wolkenmacher waren und sind für die bestehenden VINTIN Kunden vor allem ein kompetenter Sparringspartner wenn es um Themen rund um die Digitale Transformation geht. Daneben sind durch die für ein IT-Haus recht einzigartige Kompetenz rund um Machine Learning, KI sowie IoT & Data auch viele neue Kunden zu uns gekommen, die in der "klassischen" IT bereits gut versorgt waren, aber für die "neuen" Themen einen kompetenten Partner gesucht haben.
Mit dQnow arbeiten wir heute übrigens sowohl für unsere Kunden innerhalb der VINTIN Gruppe, stellen unser Know-how aber auch Partnern in vielen Projekten zur Verfügung. In diesem Fall ziehen uns zum Beispiel Software Häuser oder Unternehmensberatungen für einen speziellen Bereich zu einem Projekt hinzu. Die Zeit der Einzelkämpfer in der IT sollte endlich vorbei sein.

ChannelPartner: Was hat sich durch die Wolkenmacher in der gesamten Vintin-Gruppe verändert?

Christoph Waschkau: Durch die Wolkenmacher hat sich vor allem das Mindset in Bezug auf die Cloud und die Bedeutung von Daten für das Business unserer Kunden verändert. Das ist ein großer Vorteil für uns alle - aber vor allem auch für unsere Kunden. Nicht zuletzt ist ein ganz neues Geschäftsfeld für uns entstanden.

ChannelPartner: Manche IT-Dienstleister, die ihr Geschäft sehr konsequent in Richtung Managed- und Cloud-Services gedreht haben, sagen: "Ohne eine zentrale, digitale Plattform, über die sich alle Multi-Cloud-Dienste inklusive eigener Services für den Kunden automatisiert bereitstellen, abrechnen und managen lassen, geht es nicht." ahd beispielsweise hat ein riesiges Investment getätigt, um dieses Portal selbst zu entwickeln, und setzt es erfolgreich ein. Auch Axians und andere nutzen oder entwickeln ähnliche Plattformen. Wie lösen Sie diese Herausforderung?

Christoph Waschkau: Wir müssen hier differenzieren: Im Bereich Managed Services nutzen auch wir entsprechende Tools - diese jedoch auch für unsere Managed Sevices im Bereich Security & Network. Wir können hier sowohl on-premise einbinden als auch Cloud-Instanzen. Die Wolkenmacher bzw. dQnow sind kein Managed Service Provider für die Public Cloud im klassischen Sinn.
Wir setzen vielmehr auf ein vollautomatisches Portal, in dem unsere Kunden selbst arbeiten können. Das wird in 2020 starten - mehr können wir noch nicht verraten!

ChannelPartner: Wie hoch ist der Anteil an Managed- und Cloud-Services gemessen am Gesamtumsatz der Vintin-Gruppe aktuell?

Christoph Waschkau: Wir betreiben seit über 16 Jahren Managed und Cloud Services innerhalb der VINTIN. Diese bilden deshalb einen großen Teil unseres Umsatzes ab.

ChannelPartner: Wie entscheidend ist es Ihrer Erfahrung nach als MSP bzw. CSP eigene Software-Entwickler an Bord zu haben?

Christoph Waschkau: Ab einem gewissen Punkt muss die Entwicklungsexpertise einfach da sein. Wir haben großes Glück, dass wir bei VINTIN bereits seit vielen Jahren eigene Entwickler haben und daher auf in-house Kompetenz zurückgreifen können.
Denn die Automatisierung von Prozessen und die Nutzung von nativen Cloud-Diensten zu deren Abbildung ist essenziell wichtig, wenn man die vollen Potenziale der Cloud nutzen will. Und dafür braucht man Entwickler - vor allem solche, die sich zum Beispiel auch mit Datenbanken in der Cloud auskennen.

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ChannelPartner: Modern Work ist aktuell ein ganz heißes Thema. Wie gehen Sie es an?

Christoph Waschkau: Da müssen wir bei VINTIN immer ein bisschen schmunzeln: Wir bieten unseren Kunden ja bereits seit über 10 Jahren ein Full Managed Digital Workplace aus der Cloud an und leben das in der gesamten Gruppe mit voller Konsequenz. Das Thema ist bei uns also schon ein bisschen länger "heiß".

ChannelPartner: Wie leben Sie Modern Work im eigenen Unternehmen?

Christoph Waschkau: Ich möchte es mal auf einen Kern reduzieren: Es ist nicht wichtig, wo jemand arbeitet, sondern wie! Digitale Arbeitsplätze, Collaboration, Home Office, etc. - das alles ist bei uns seit vielen Jahren gelebte Realität. Übrigens gehören dazu auch flache Hierarchien und ein kooperativer, demokratischer Führungsstil. Siehe unser Wolkenmacher Team: Wenn man gute Mitarbeiter befähigt, sich mit Themen zu beschäftigen, die sie mit Leidenschaft und Begeisterung selbst vorantreiben möchten - dann entstehen daraus die besten Resultate.

ChannelPartner: Inwiefern hat sich Ihrer Ansicht nach die Wertschöpfungskette zwischen Hersteller, Distributor, Partner und Endkunde transformiert? Woran hapert es noch?

Christoph Waschkau: Hersteller drängen stärker ins Direktgeschäft. Im public cloud business ist bei uns die Distribution außen vor. Das hat Auswirkungen sowohl auf bestehende Partnerschaften und darauf, wie sich das Geschäft "anfühlt". Durch direkte Wege der Hersteller ist häufig der Endkunde überfordert, da ihm die Beratungskomponente des Systemhauses fehlt. Das geht dann nicht immer gut aus. Der gezielte Aufbau von vertrauensvollen Kooperationen, die über das normale Systemhausgeschäft hinaus gehen, könnte hier eine Lösung für umfassend und gut beratene Kunden sein.

ChannelPartner: Was sind Ihre Pläne für Vintin und Wolkenmacher?

Christoph Waschkau: Die Wolkenmacher wird insofern nur noch intern geben, da wir mit dQnow gerade richtig durchstarten und für dieses neue Business auch einen neuen Brand geschaffen haben. Die VINTIN Gruppe wird sich weiter entlang unserer 360° IT-Kompetenz entwickeln, denn das ist es auch, was unsere Kunden von uns erwarten.

ChannelPartner: Wie sieht Ihr ideales Geschäftsmodell in fünf Jahren aus?

Christoph Waschkau: Wir werden auch in fünf Jahren einen Mix verschiedener Wertschöpfungsmodelle haben - der erfolgreiche Umgang mit diesen ist eine große Stärke der VINTIN. Im Grunde ist es doch so: Entscheidend ist, womit wir unseren Kunden am besten helfen können. Das sieht man gut daran, dass das Geschäftsmodell, das vor 30 Jahren zur Gründung der VINTIN geführt hat, nach wie vor floriert.

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