Kleine Pannen mit großen Auswirkungen

Die zehn dramatischsten Softwarefehler

14.05.2009
Wenn Gepäckbänder am Flughafen verrückt spielen und feindliche Raketen als "befreundet" eingestuft werden, …

Softwarefehler sind nichts anderes als institutionalisierte menschliche Schwächen. Und sie haben manchmal gewaltige Auswirkungen.
Die zehn dramatischsten Softwarefehler im Überblick (Quelle: www.zehn.de/Peter Glaser):

1) Kleiner Falter
Im Juli 1945 arbeitete die damals 37-jährige Grace Murray Hopper an der Universität Harvard mit dem ersten elektronischen Computer MARK I. Das Elektronengehirn war mehr als 15 Meter lang, hatte 72 Byte Speicherplatz und konnte drei Additionen pro Sekunde ausführen.
An einem heißen Nachmittag fand Grace Hopper den ersten "Bug": Im Protokollbuch der Rechenanlage ist neben einem Eintrag um 15:45 Uhr mit Klebestreifen ein Tier fixiert: "Schalttafel F – Motte im Relais."
Das Insekt hatte sich durch ein offenes Fenster in die Maschine verflogen und einen Kurzschluss zwischen zwei Röhren ausgelöst.

2) Falsches Zeichen
Weil ein auf Papier geschriebenes mathematisches Symbol fehlerhaft in den Steuercode der Rakete übertragen worden war, wurde der Start der Raumsonde Mariner I am 28. Juli 1962 zum Fehlschlag. Die Kontrolle über die Rakete ging kurz nach dem Start verloren, woraufhin aus Sicherheitsgründen die Selbstzerstörung ausgelöst werden musste.
Mariner I sollte die erste interplanetarische Weltraummission der USA werden und an der Venus vorbeifliegen.
Die (fälschlich) verbreitete Geschichte, es habe sich bei dem Fehler im Programm um ein falsch gesetztes Satzzeichen gehandelt, veranlasste den SF-Autor Arthur C. Clarke zu der viel zitierten Bemerkung, das sei "das teuerste Semikolon der Geschichte" gewesen.

3) Große Wirkung
1995 sollte das von 50 Eisenbahnern betriebene alte Stellwerk des Bahnhofs Hamburg-Altona durch ein digitales System, zu dessen Betrieb nur noch 10 Personen nötig sind, ersetzt werden.
Nach Inbetriebnahme am 13. März stürzten alle zehn Minuten die Rechner ab. Die Schließung des Stellwerks erzeugte ein europaweites Verkehrschaos im Bahnverkehr.
Es dauerte zwei Tage, bis der Fehler gefunden war: Ein Zwischenspeicher für die Stellbefehle im Hauptrechner der neuen Anlage war zu klein ausgelegt. Dadurch kam es zu einem Datenüberlauf, infolgedessen der Rechner sich – und damit das ganze Stellwerk – abschaltete.

4) Ausgeschaltet
Ein Programmierfehler führte im November 1988 dazu, dass ein von dem Studenten Robert Tappan Morris geschriebenes Programm, das sich unschädlich durchs Internet bewegen sollte, in kürzester Zeit etwa 6.000 Rechner am Netz befiel und sie durch Überlastung lahm legte – ungefähr 10 Prozent des damals bestehenden Internets.
Der Vater von Morris war zur selben Zeit kurioserweise Leiter des Zentrums für Computersicherheit des Geheimdienstes NSA (National Security Agency). Morris Jr. wurde im Januar 1990 zu einer Bewährungsstrafe, 400 Stunden Sozialarbeit und 10.000 Dollar Geldstrafe verurteilt.

5) Börsencrash durch Software
An der Wall Street in New York wurde in den 80er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts bereits etwa jeder fünfte Aktienhandel von einem Computer entschieden. Wenn allerdings zu viele Handelsparteien durch ähnliche Software dieselbe Strategie verfolgten, konnte in bestimmten Situationen die Nachfrage oder das Angebot fehlen, sodass der Preis der entsprechenden Aktie sich extrem nach oben oder unten bewegte.
Am Schwarzen Montag, dem 19. Oktober 1987, führten solche Trading-Programme zu einem Crash der New Yorker Börse. Der Dow-Jones-Index verlor an diesem Tag mehr als 20 Prozent.

6) Keine Gepäckverwaltung
Zwischen 1993 und 1994 gab es mehrere Versuche, den Flughafen in Denver neu zu eröffnen. Auf dem supermodernen Flughafen sollte ein vollautomatisches Gepäcksystem im Zusammenspiel von 150 Computern, Laserscannern und Fotozellen zum Einsatz kommen.
Ergebnis: Gepäckstücke wurden auf Wagen geworfen, die nicht da waren, Wagen fielen aus den Fahrspuren heraus, Koffer wurden zerquetscht und gingen verloren – das Gepäck wurde wieder von Hand sortiert.
Die Verluste von täglich 1,1 Millionen Dollar durch die fehlerhafte Anlage summierten sich am Ende auf 3,2 Milliarden Dollar.

7) Kein Kontakt
Am Mittwoch, den 24. Januar 2002, verstummten morgens um 6:30 Uhr sämtliche Server von Microsoft. 23 Stunden lang war nicht nur die Firmenadresse microsoft.com, sondern auch Sites wie der Nachrichtensender MSNBC oder der E-Mail-Dienst Hotmail mit damals weltweit etwa 60 Millionen Usern von Windows getrennt.
Einem Techniker, der Änderungen an den Einstellungen der so genannten DNS-Router vorgenommen hatte, war ein Fehler unterlaufen.

8) Tödliche Panne
Während des Falkland-Kriegs 1982 wurde eine britische Fregatte durch zwei EXOCET-Raketen zerstört. Nach einem Bericht des amerikanischen Fachblatts "Digital Review" war die Fregatte mit einem hochmodernen computergesteuerten Anti-Raketen-System ausgestattet, das die beiden von argentinischer Seite abgefeuerten Geschosse auch rechtzeitig erkannte.
Da es sich bei den EXOCETs aber um französische Produkte, respektive NATO-Gerät, handelte, wurden die Raketen als 'befreundet' eingestuft und ihnen gestattet, in den Abwehrkreis der Fregatte einzufliegen: ein Softwarefehler.
Zwei britische Soldaten kamen ums Leben.

9) Fehler Inside
Ende 1994 wurde ein Fehler in dem seit längerem auf dem Markt befindlichen Intel-Pentium-Prozessor bekannt. Über das sich damals gerade in die Öffentlichkeit entfaltende Internet verbreitete sich die Nachricht von diesem Fehler in Windeseile.
Der Fehler verursachte bei Divisionen mit Gleitkommazahlen gelegentlich Rundungsfehler – und er sorgte für jede Menge Witze, etwa: Wie viele Spieler hat die Fußballmannschaft von Intel? 10,99999999.
Der Fehler kostete Intel am Ende 475 Millionen Dollar.

10) Nichts bewegt sich
Am 14. Januar 2009 fielen sämtliche rund 7.000 Fahrkartenautomaten der Deutschen Bahn aus; auch das elektronische Verkaufssystem an den Schaltern und der Internetverkauf waren gestört, ebenso die Zuganzeigen in den Bahnhöfen.
Wie sich später herausstellte, war bei Wartungsarbeiten an der Stromversorgung für das Bahn-Rechenzentrum in Berlin ein Fehler gemacht worden, der zu einem Stromausfall und daraufhin zu einem Ausfall des gesamten Netzwerkes führte.
Der Netzwerkausfall kostete die Bahn schätzungsweise eine halbe Million Euro. (tö)