Auch wenn die deutsche Wirtschaft im europäischen Vergleich relativ gut dasteht, haben die vielerorts herrschende Rezession und die allgemeine Krisenstimmung das Klima auch hierzulande getrübt. Deutsche Unternehmen und Behörden agieren extrem vorsichtig, was ihre Pläne für IT-Ausgaben angeht, stellte Forrester-Analyst Andrew Bartels kürzlich fest. In diesem schwierigen Umfeld können sich die Softwareanbieter noch am besten schlagen.
Forrester zufolge werden sich die Softwareausgaben 2013 in Zentral- und Westeuropa auf rund 124 Milliarden Euro summieren. Damit stellt dieser Posten mit deutlichem Abstand den Löwenanteil in den IT-Budgets dar. Zudem kann Software als einziges IT-Segment mit einem Plus von 2,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr ein Wachstum aufweisen. Alle anderen Bereiche wie Telekommunikations-Services und -Equipment sowie Services und Hardware sollen im Vergleich zum Vorjahr schrumpfen.
Allerdings hat auch die Softwarebranche schon bessere Zeiten gesehen. Von den Wachstumsraten vergangener Jahre – 2010: plus 6,3 Prozent und 2011: plus 8,8 Prozent – ist der Markt weit entfernt. Zudem verändern sich die Investitionsschwerpunkte der Anwenderunternehmen. Der Umbruch vollzieht sich schnell und massiv, was so manchem Anbieter zu schaffen macht.
In den Grafiken der folgenden Bilderstrecke können Sie die größten Anbieter von Business-Software in verschiedenen Regionen erkennen. Die Grafiken stammen von unserer Schwesterpublikation
Computerwoche.
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Klassische Software nicht gefragt
Klassische Softwarepakete und -plattformen sind bei den Unternehmen immer weniger gefragt. Gezielt gesucht sind dagegen einzelne Softwarebausteine, die bestimmte Prozesse und Geschäftsbereiche unterstützen sollen. Wie Forrester aus einer Umfrage unter fast 600 Firmen aus Deutschland, Frankreich und Großbritannien schließt, kaufen Unternehmen derzeit vor allem mobile Applikationen sowie mobile Middleware.
Knapp 60 Prozent der Befragten wollen dafür mehr Geld in die Hand nehmen, jeder fünfte plant an dieser Stelle sogar Budgetsteigerungen von über zehn Prozentein. Mehr investieren wollen die IT-Verantwortlichen außerdem in Lösungen für Business Intelligence (BI) und Business Analytics sowie Security- und Collaboration-Software.
Der Fokus der Anwender in Sachen Business-Software verschiebt sich also. Längst sind es nicht mehr die zentralen Enterprise-Resource-Planning-Systeme (ERP), die im Mittelpunkt von Budgetplanungen und Projekten stehen. Ganz oben auf der Prioritätenliste der Software-Verantwortlichen finden sich in diesem Jahr BI-Vorhaben, haben die Forrester-Analysten auf Basis einer Umfrage unter fast 2500 IT-Entscheidern in Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Kanada und den USA festgestellt.
Vier von zehn IT-Managern planen in den kommenden Monaten neue Analyseanwendungen einzuführen beziehungsweise bestehende Lösungen auszubauen. Ebenfalls weit oben auf der Agenda der IT-Entscheider folgen Themen wie Customer-Relationship-Management (CRM) sowie Collaboration- Software. ERP landet auf Platz fünf.
IT-Verantwortliche sähen sich heute mehr denn je veranlasst, die Interessen der Fachbereiche im Blick zu behalten, so die Forrester-Analysten. Diese profitierten vor allem von zusätzlichen Funktionen für Analytics oder Kundenkommunkation. Dagegen offenbarten Arbeiten am Kern-ERP für die Fachanwender selten einen unmittelbaren Mehrwert für ihr tagtägliches Geschäft.
Auf der nächsten Seite beleuchten wir u.a. die Situation bei Analytics-Software und im CRM-Markt.
Analytics: Immer wichtigere Rolle
Man bewege sich rasend schnell in eine Geschäftswelt, in der Analytics eine immer wichtigere Rolle spiele, bestätigt auch Dan Sommer, Principal Analyst von Gartner. Die IT sei gefordert, dafür die richtigen Grundlagen zu schaffen, da BI und Analytics eine maßgebliche Rolle dabei spielten, wie sich Geschäftsmodelle verändern und neu definieren ließen.
Aus Sicht der Gartner-Analysten wird der BI-Markt in Bewegung bleiben. Neben den klassischen Softwareanbietern wie Oracle, SAP und SAS Institute würden sich verstärkt auch Anbieter wie Accenture und Deloitte, die Software mit Services kombinierten, in Position bringen. Außerdem bleibe das BI-Spielfeld offen für Newcomer. Zwar sorgten die Großen im Markt wie beispielsweise IBM durch zahlreiche Akquisitionen laufend für eine gewisse Konsolidierung. Gleichzeitig führten jedoch die steigende Menge und Varianz der Daten sowie die stetig wachsenden Anforderungen der Anwender im Analytics-Umfeld dazu, dass immer wieder Nischen im Markt entständen, in denen neue Anbieter einen Platz fänden.
Das spiegelt sich auch in den Marktzahlen wider. Zwar kontrollierten die Top Five 2012 rund 70 Prozent des weltweiten Marktes für BI, Corporate-Performance-Management (CPM) und Analytics. Allerdings konnte Marktführer SAP lediglich um 0,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr zulegen, Oracle schaffte ein Plus von 2,0 Prozent. Die kleineren Anbieter wuchsen Gartner zufolge dagegen um 13 Prozent.
Insgesamt gaben die Anwender im vergangenen Jahr 13,1 Milliarden Dollar für Analysesoftware aus, das sind 6,8 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Damit hat sich allerdings auch der hoch gehandelte BI-Markt angesichts des vielerorts kriselnden gesamtwirtschaftlichen Umfelds sowie einer gewissen Verunsicherung der Anwender, was neue Techniken anbelangt, beispielsweise im Umfeld von Big Data, etwas abgekühlt. 2011 hatte das globale BI-Geschäft noch um über 17 Prozent gegenüber dem Vorjahr zulegen können.
Der Trend, dass die Anwender vor allem Software anschaffen, um in den Fachbereichen ihre Prozesse und Kundenansprache erfolgreicher abwickeln zu können, lässt sich an den weiteren Marktzahlen ablesen. Gartner zufolge wuchs der weltweite Supply-Chain-Management-Markt (SCM) 2012 gegenüber dem Vorjahr um 7,1 Prozent auf 8,3 Milliarden Dollar. Die Geschäfte mit Lösungen für das Customer- Relationship-Management (CRM) legten sogar um 12,5 Prozent auf 18 Milliarden Dollar zu.
Wachwechsel im CRM-Markt
Im CRM-Markt vollzog sich zudem ein Wachwechsel an der Spitze. Der langjährige Marktführer SAP schaffte Gartner zufolge 2012 lediglich ein mageres Plus von 0,1 Prozent auf 2,3 Milliarden Dollar und musste sich mit Platz zwei begnügen. Auf die Pole Position schob sich Salesforce.com, das um 26 Prozent auf gut 2,5 Milliarden Dollar zulegen konnte. Die Entwicklungen im CRM-Geschäft sind auch ein Beleg für den tief greifenden Wandel im gesamten Softwaregeschäft.
Mit Salesforce.com hat sich ein Anbieter von Software-as-a-Service-Lösungen (SaaS) durchgesetzt. Insgesamt gingen im vergangenen Jahr im weltweiten CRM-Geschäft bereits 40 Prozent des Marktvolumens auf das Konto von SaaS-Lösungen. Dieser Trend wird aus Sicht der Gartner-Analysten anhalten. 2016 soll der SaaS-Anteil am CRM-Geschäft bereits über 50 Prozent liegen.
Neben der wachsenden Nachfrage nach Cloud-Lösungen lässt sich noch ein weiterer Trend exemplarisch am CRM-Markt ablesen. Gartner zufolge soll die Zahl der mobilen Apps für das Kunden-Management von 200 im vergangenen Jahr bis 2014 auf 1200 regelrecht explodieren. Diese zunehmende Appifizierung von Business-Software wird sich nach Einschätzung der Analysten auch in anderen Bereichen ausbreiten. Demnach würden in zwei Jahren fast 60 Prozent der Information Worker über mobile Endgeräte wie Smartphones und Tablets auf Content- Applikationen zugreifen.
Anwenderunternehmen müssten auf das sich verändernde Nutzungsverhalten reagiren und die Softwarehersteller ihren Kunden entsprechende Apps zur Verfügung stellen. Schätzungen zufolge würden 2017 bereits ein Viertel aller Unternehmen einen eigenen AppStore betreiben, um ihren Mitarbeitern entsprechende Programme für sämtliche Computing-Plattformen vom PC bis zum Smartphone zur Verfügung zu stellen.
Hohe Dynamik bei Business-Software
Angesichts dieser neuen Paradigmen dürfte die Dynamik im Geschäft mit Business-Software auch in den kommenden Jahren hoch bleiben, so die Prognose der Gartner-Analysten. Der wachsende wirtschaftliche Druck dürfte demnach die Nachfrage nach Cloud- Lösungen befeuern – gerade aus Unternehmen, die ihre IT-Kosten möglichst flexibel handhaben wollen. Insgesamt würden die IT-Verantwortlichen ihre Softwarebudgets künftig jedoch mit spitzerem Bleistift rechnen, so die Einschätzung der Analysten von IDC. Ihren Zahlen zufolge legte der weltweite Markt für Enterprise-Software 2012 gegenüber dem Vorjahr um 3,6 Prozent auf 342 Milliarden Dollar zu.
In den Jahren zuvor lagen die Wachstumsraten indes mehr als doppelt so hoch. Das Geschäft mit Business-Applikationen stand für fast die Hälfte des Gesamtmarktes und stieg um 3,3 Prozent. In Zeiten unsicherer wirtschaftlicher Verhältnisse wächst das Softwaregeschäft langsamer, konstatiert Henry Morris, Senior Vice President von IDC. 2012 könnte den Beginn einer konservativer und vorsichtiger ausgerichteten und damit langsameren Wachstumsperiode markieren. (tö)
Autor: Martin Beyer