Als Oracle Präsident Charles Phillips vergangene Woche sagte, seine Company wünsche mehr strategische, direkte Beziehungen mit den großen Kunden, waren Suns Partner gewarnt. Diese Ansage, gemacht anlässlich der Vorstellung der kommenden gemeinsamen Strategie von Oracle und Sun, bedeutete nichts anderes als den indirekten Kanal Suns - und Oracles - in Frage zu stellen.
Während Philipps von 1.700 Kunden sprach, die künftig für den direkten Vertrieb in Frage kämen, legten Oracle-Chef Larry Ellison eins drauf. Er sprach von 4.000 Kunden - was einer vollkommenen Absage an den Sun-Channel gleichkommt. Sun betreut derzeit lediglich 200 Unternehmen direkt, alle anderen aber mittels Partner. Im Übrigen kündigte Ellison an, rund 2.000 Vertriebsmitarbeiter einstellen zu wollen …
Entsprechend fielen in den USA die Reaktionen aus. Eine Reihe von Solution Partner, die der sechsstündigen Web-Konferenz Oracles stoisch zuhörten, behielten ihre Kritik nicht für sich.
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Was wohl Oracle mit Kunden machen werde, die nicht die neuesten Server aus der Sparc-Linie kaufen wollten, sondern ältere Sparc-Server ersetzen wollten, fragte einer. Ist das dann unser Geschäft? Da Oracle daran nicht interessiert sein wird, sollen wir gewissermaßen die Ausputzer und das Gebrauchtwarenlager spielen.
Ein andere fragte, was er einem Kunden erzählen solle, den er seit Jahren betreut und der allein deshalb Sun und dessen Servern die Treue gehalten habe. Soll ich ihm sagen, unsere Geschäftsbeziehung müsse leider beendet werden und er solle auf Vertriebsangebote der ihm unbekannten und wohl kaum vertraut erscheinenden Oracle-Mannschaft warten?
Ein dritter beklagte, dass Oracle verschiedene, einander widersprechende Botschaften an den indirekten Kanal richte. Zum einen möchte die Company, dass wir uns spezialisieren, sagte er. Zum andern aber sagt sie, nur kleine Unternehmen kämen für uns in Frage. Hat sich die Company überlegt, on der Aufwand, der uns abverlangt wird, in irgendeinem Verhältnis zu den möglichen Geschäften mit diesen Kunden steht?
Oracle hatte auf der Webkonferenz unter anderem erklärt, es werde Partner, die sich spezialisieren, Geschäfte überlassen, die von dem eigenen Vertrieb nicht abgedeckt werden könnten. Was aber sind das für Geschäfte? fragte ein VAR.
In die gleiche Kerbe schlägt ein Solution Provider, der vornehmlich mit mittelständischen Unternehmen Geschäfte macht. Wenn Oracle glaubt, dass diese Kunden sich auf Oracle-Vertriebler einlassen würden, denen vor allem an der Verkaufsprovision liegt, ist es auf dem Holzweg. Diese Kunden schätzen langjährige Beziehungen zu einem lokalen Integrator, denn sie wissen, im Notfall ist der für sie da. Oder geht Oracle soweit, meine Leute abzuwerben, um für solche Fälle gerüstet zu sein?
Wieder ein anderer sorgte sich um Sun-Kunden, die seit Jahren Legacy-Anwendungen auf Sun-Servern betreiben. Wenn Oracle ankündigt, die Sun-Server für die eigenen Produkte zu optimieren, heißt das für Sun-Kunden noch lange nicht, dass ihre Anwendungen auf Oracle-Lösungen basieren. Man kann eine Datenbank aus dem Haus Oracle verwenden, ohne dass sie zentral für unternehmenswichtige Anwendungen wäre. Das heißt aber, dass solche Kunden im Zweifel eher auf andere Datenbanken umschwenken als sich dem Oracle-Diktat zu beugen.
Ein weiterer Solution Provider fragte, ob er sich nicht auf gebrauchte Sun-Server spezialisieren werde. Was ist, wenn der Kunde für ein paar Monate ein Server braucht, bevor er auf neue migriert. Wen ruft er an? Den Oracle-Vertrieb? fragte er rhetorisch.
Einige Solution Provider störten sich weniger daran, dass Oracle Spezialisierungen verlangt als daran, dass die Company nicht sagt, inwieweit diese dazu führten, das sie neben und vielleicht auch mit Oracle Geschäfte machen könnten. Ich pflege nicht Milliardengeschäfte zu machen, sondern im kleinen sechsstelligen Bereich. Sind solche Kunden für den Direktverkauf Oracles interessant?
Dieser Provider forderte, Oracle müsse genau sagen, welche Channelprogramme es fortführen werde, welche es verändern und welche es sozusagen abschießen wolle. Oracle muss uns klar sagen, was uns erwartet, was es von uns fordert und womit wir rechnen können und müssen!
Was ein englischer Partner Oracles so beantwortet. "Ich bin nicht glücklich über das was ich gehört habe. Ich rechne allerdings damit, dass Oracle auf seine Partner hört und deshalb sehr überlegen wird, ob es den gewachsenen Channel wirklich verlieren möchte. Immerhin geht es um jahrelange Beziehungen, nicht um schnelles Verkaufen." (wl)