Hewlett-Packard (HP) durchlebt seit einigen Jahren sehr stürmische Zeiten. Das liegt nicht nur an Verschiebungen auf dem Markt und starkem Wettbewerb, sondern auch an der Sprunghaftigkeit sowie Fehlentscheidungen im Topmanagement und in der Unternehmensstrategie. Allerdings hat der Konzern seit seiner Gründung bereits erfolgreich eine respektable Metamorphose durchgemacht.
1939: In der Garage fing alles an
In der mittlerweile wohl berühmtesten Garage der Welt findet Hewlett-Packard 1939 seinen Anfang. Damals gründen Bill Hewlett und David Packard ihr Unternehmen und schrauben neben ihren eigentlichen Jobs in der Garage gleich auf dem Grundstück in Palo Alto, auf dem sie wohnen, einen Tongenerator zusammen. Sie legen damit unbewusst den Grundstein für das Silicon Valley, die vielbeachtete Hightech-Region in Kalifornien. Um den Namen für ihr Unternehmen werfen sie eine Münze. Hewlett gewinnt, weshalb sein Name vorangestellt wird. Damit steht der Name Hewlett-Packard, kurz HP, fest. Die Walt Disney Studios zählen zu den ersten Kunden und kaufen gleich acht Oszillatoren HP200B, um ein innovatives Tonsystem für den Film "Fantasia" zu entwickeln.
1957: Der Gang an die Börse mit Messtechnik
Schon ein Jahr später ziehen die beiden Ingenieure mit ihrem Unternehmen in ein 3000 Quadratmeter großes Fabrikgebäude. Sie beginnen, Geräte für die Prüf- und Messtechnik zu bauen. Von 1941 bis 1947 dient Hewlett als Offizier in der US-Army und Packard führt das Unternehmen alleine. In dieser Zeit macht er das Unternehmen zu einem anerkannten Spezialisten für Frequenzgeneratoren. Nach seiner Rückkehr übernimmt Hewlett den Posten des Vice President, Packard wird President der HP Inc. 1951 erfindet HP mit dem 524A ein Hochgeschwindigkeits-Frequenzmessgerät. Damit ist technisch die Grundlage für das Analysegeschäft gelegt. Fünf Jahre später baut das Unternehmen sein erstes Oszilloskop. 1957 geht HP an die Börse. Eine Aktie kostet 16 Dollar. (In Frankfurt wurde die HP-Aktie am 17. April 2015 für knapp 30,26 Euro gehandelt.)
1958: Einstieg ins Druckergeschäft
Im Jahr 1958 steigt HP mit dem ersten Unternehmenskauf, der Akquisition der F. L. Moseley Company, ins Geschäft mit Druckern ein. Im selben Jahr beginnt die Internationalisierung: In Genf wird eine Niederlassung gegründet, von der aus das Marketing in Europa vorangetrieben werden soll.
1959: Produktion in Deutschland
Die erste Produktion außerhalb der USA baut HP 1959 in Deutschland auf. Hier hat das amerikanische Unternehmen die meisten Kunden im europäischen Geschäft. Die Standortentscheidung für Baden-Württemberg ist angeblich eine Entscheidung gegen Bayern: In München soll ein Ministeriumsvertreter bei Gesprächen mit Bill Hewlett die bayerische Lebensart mit deftiger Brotzeit und Bier allzu sehr gelobt haben. Der Amerikaner war aber mehr an Produktivität als an Lebensgenuss interessiert und entschied sich deshalb für das als tüchtig und arbeitsam geltende Schwaben. HP zieht in einer ehemaligen Strickwarenfabrik in Böblingen ein und baut Sinusgeneratoren und Voltmeter nach Plänen der amerikanischen Muttergesellschaft. Das Geschäft entwickelt sich gut. Gerade einmal ein Jahr später zieht HP Deutschland in ein größeres Gebäude.
1962: Böblingen verantwortet das Softwaregeschäft
Der nächste Umzug steht im Jahr 1962 an: Über 150 Mitarbeiter ziehen in das HP-eigene Werk in der Herrenberger Straße, an der noch heute der Sitz der deutschen Tochter liegt. Im Jahr 1963 wächst die technologische Bedeutung der deutschen GmbH: Böblingen baut eine Entwicklungsabteilung auf. Ihr erster Auftrag: die Entwicklung von Netzgeräten. Bis heute ist der Standort in Baden-Württemberg nicht nur Vertriebs- und Produktionsstandort innerhalb des HP-Konzerns. 1965 stellt HP Deutschland die ersten Auszubildenden ein. Sie lernen den Beruf des Elektromechanikers.
1966: Marktpremiere des ersten HP-Computers
Das erste HP Lab als zentrale Forschungs- und Entwicklungseinheit, in der neue Idee entwickelt und geprüft werden, öffnet 1966 die Pforten. Seinen ersten Computer bringt HP 1966 auf den Markt, den HP 2116A. Er ist nahezu kleiderschrankgroß und darauf ausgelegt, auch unter schwierigeren Umweltbedingungen arbeiten zu können.
1967: Einführung flexibler Arbeitszeiten
1967 zeigt HP Deutschland, dass das Unternehmen nicht nur technologisch an der Spitze stehen will und führt als internationaler Vorreiter flexible Arbeitszeiten ein. Stechuhren haben ausgedient, auch in der Produktion. In den USA führt HP ein solches Arbeitszeitmodell erst sechs Jahre später ein.
1968: Medizintechnik von Hewlett-Packard
Nach der Akquisition der Sanborn Company im Jahr 1961 ist HP in der Medizintechnik tätig. Auch in Böblingen gewinnt das neue Geschäftsfeld an Bedeutung. Hier entwickelt man nun auch für den Gesundheitssektor und liefert 1968 den ersten Kardiotokografen, einen Wehenschreiber, an Krankenhäuser aus. Das Thema Ton und Frequenzanalyse spielt immer noch eine große Rolle. So wird am Stuttgarter Flughafen ein von der HP GmbH entwickeltes Fluglärmüberwachungssystem installiert.
1970: HP Deutschland beschäftigt 1000 Mitarbeiter
HP in Deutschland entwickelt sich gut. 1970 wird der 1000. Mitarbeiter eingestellt. Rund zwei Drittel der in Deutschland produzierten Produkte werden exportiert, vor allem nach Frankreich, Italien und in die Niederlande.
1972: Der Taschenrechner hält Einzug
Mit dem HP-35 bringt Hewlett-Packard 1972 den ersten wissenschaftlichen Taschenrechner der Welt auf den Markt, zwei Jahre später kommt der erste programmierbare Taschenrechner dazu, der HP 65.
1973: Zweites Werk in Böblingen
1973 kauft HP den Waldbronner Analytikspezialisten Hupe & Busch. Die deutsche Tochtergesellschaft übernimmt damit die weltweite Produktverantwortung für Flüssigkeits-Chromatografie, von der Entwicklung über die Produktion bis hin zum Vertrieb. Insgesamt gliedert sich das Unternehmen in fünf Divisions: Analytische Messtechnik, Medizinelektronik, Elektronische Messtechnik, Tischrechner und Systems Integration. Ein Jahr später bezieht HP Deutschland sein Böblinger Werk 2 mit einer Nutzfläche von 20.000 Quadratmetern.
1975: Auslandsumsatz übertrifft US-Einnahmen
Die Internationalisierungsstrategie trägt Früchte: 1975 erwirtschaftet Hewlett-Packard erstmals außerhalb der USA einen höheren Umsatz als im Heimatmarkt.
1977: Miniaturisierung mit dem HP-01
In der Elektronik treibt HP die Miniaturisierung voran und bringt 1977 eine Art Personal Digital Assistant fürs Handgelenk heraus: Die HP-01 trägt sich wie eine Armbanduhr, zeigt aber nicht nur die Uhrzeit an, sondern dient auch als Taschenrechner und Kalender.
In Deutschland baut HP sein Ausbildungsprogramm aus und stellt die ersten Studenten der Berufsakademie (BA) ein. HP gehört damit zu den ersten Unternehmen, die das duale Studium als Verbindung von akademischer und praktischer Ausbildung nutzen und mitgestalten.
1978: Einstieg ins Glasfasergeschäft
In Böblingen entwickelt man seit 1978 Glasfasermessgeräte, mit denen beispielsweise die Glasfasernetze in der Telekommunikation überprüft werden können. Die HP GmbH übernimmt die weltweite Verantwortung dafür.
1979: Produktionsstart der Computerfamilie HP 3000
40 Jahre nach der Gründung stellt HP Deutschland den 2000. Mitarbeiter ein. Weltweit beschäftigt der Konzern 52.000 Mitarbeiter. Im selben Jahr nimmt man die Produktion der Computerfamilie HP 3000 auf. Bis Ende der 90-er Jahre kommen die als robust geltenden Rechner bei Versicherung, Fluggesellschaften und Fertigungsunternehmen anderen zum Einsatz.
1980: Der erste Personal Computer HP 85
Im Jahr 1980 bringt HP seinen ersten Personal Computer auf den Markt, den HP 85. Mit kleinem Bildschirm und schmalem Druckwerk erinnert er noch stark an eine Schreibmaschine. Für die deutsche Tochtergesellschaft gewinnt das Softwaregeschäft an Bedeutung: Die GmbH übernimmt die Verantwortung für Entwicklung und Vermarktung von Anwendungssoftware im CAD/CAM-Bereich und behält sie auch bis zur Abspaltung des Geschäftsbereichs im Jahr 2000.
1983: IBM-kompatibler PC HP 150 mit Touchscreen
Hewlett-Packard stellt 1983 den ersten IBM-kompatiblen PC mit Touchscreen vor. Die Technik arbeitet noch auf Infrarotbasis und ist in der Anwendung ihrer Zeit offenbar zu weit voraus. Der HP 150 trifft bei den Kunden nur auf verhaltenes Interesse.
1984: Die Ära Tintenstrahl- und Laserdrucker beginnt
Ende der 60-er Jahre hatte die HP GmbH bereits mit einem Wehenschreiber ihre Kompetenz in der Medizintechnik gezeigt. Ab 1984 übernimmt sie die weltweite Verantwortung für alle Patientenüberwachungsgeräte von HP, die in Operationssälen und auf Intensivstationen eingesetzt werden. Im selben Jahr beginnt bei HP die Ära der Tintenstrahldrucker. Der erste HP ThinkJet kommt auf den Markt. Er ermöglicht ein schärferes Druckbild, arbeitet leiser und verbraucht weniger Strom als die üblichen Nadeldrucker. Parallel macht HP mit dem ersten LaserJet Desktop-Drucker mit Lasertechnik populär.
1986: Computer Integrated Manufacturing
Im Jahr 1986 führt HP Deutschland sein erstes selbst entwickeltes Expertensystem namens INTRA ein. Es unterstützt Mitarbeiter in der Finanzbuchhaltung. In der Produktion schafft das Unternehmen seinen eigenen Showcase für Computer Integrated Manufacturing und automatisiert die Blechfertigung in Böblingen.
Ein Jahr später wird Unternehmensgründer Bill Hewlett mit dem großen Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet.
1988: Die fetten Druckerjahre kommen
Ab 1988 beliefert Hewlett Packard mit seinem Tintenstrahldrucker HP DeskJet den Massenmarkt, ab 1991 auch mit einem Farbdrucker, dem DeskJet HP 500C.
1991: Rechenzentren in Deutschland
Die Bedeutung des Outsourcing-Geschäfts wächst. Sukzessive baut Hewlett-Packard auch in Deutschland an mehreren deutschen Standorten eigene Rechenzentren auf, um Kunden entsprechende Services liefern zu können. Heute bilden die Rechenzentren auf dem Bundesgebiet eine wichtige Basis für das Cloud-Geschäft.
1993: Jörg Menno Harms prägt HP Deutschland
Im Jahr 1993 übernimmt Jörg Menno Harms den Vorsitz in der Geschäftsführung der HP GmbH. Bis heute ist er dem Unternehmen verbunden und hat den Vorsitz des Aufsichtsrats inne. Die ersten x86-Server von HP kommen unter dem Namen ProLiant auf den Markt.
1994: All-in-One-Gerät HP OfficeJet
Hewlett-Packard treibt 1994 mit dem ersten All-in-One-Gerät für den Massenmarkt die Druckerentwicklung voran: Der HP OfficeJet vereint die Funktionen von Drucker, Fax und Kopierer.
1994: HP Deutschland organisiert sich neu
HP Deutschland muss 1994 seine Organisation neu strukturieren. Der Kostendruck steigt. Die Zahl der Geschäftsstellen wird reduziert, "außerbetriebliche Arbeitsstätten" wie das Home Office sollen Kosten senken und Produktivität steigern. Interne Dienstleistungen (Shared Services) müssen sich mit externen Anbietern messen.
1995: Privatkundengeschäft mit HP Pavillion 5000
1995 steigt Hewlett-Packard ins Geschäft mit Computern für Privatanwender ein. Die HP Pavillion 5000 Serie bezieht ihren Platz auf den Schreibtischen zu Hause.
1998: Jordana - der erste PDA
Mit dem HP Jornada PDA baut Hewlett-Packard 1998 seinen ersten echten Personal Digital Assistant.
1999: Konzernumbau durch Platt und Fiorina
Im Jahr 1999 beginnt der größte Umbau des Konzerns. Lewis Platt, der seit 1992 den Konzern leitet, entscheidet, die Unternehmensbereiche Messtechnik, Analytik und Medizin abzuspalten und als selbstständiges Unternehmen unter dem Namen Agilent Technolgies zu verkaufen. Im selben Jahr übernimmt mit Carleton Fiorina die erste Frau die Führung von Hewlett-Packard. Sie kommt von AT&T und Lucent und gilt als mächtigste Frau in der Wirtschaft. Sie vollendet die Abspaltung von Agilent. Etwa 47.000 Mitarbeiter verlassen damit Hewlett-Packard, in Deutschland wechseln 2500 Mitarbeiter von HP zu Agilent. Der Wert des neuen Unternehmens wird auf acht Milliarden Dollar taxiert.
2001: Fusion mit PC-Hersteller Compaq
Carleton Fiorina geht 2001 auch die Fusion mit Compaq an. Sie verspricht sich davon Einsparungen in Milliardenhöhe und Synergien, die zu deutlichem Wachstum führen sollen. Doch der Plan fällt in eine schwierige Zeit: Die Internet-Blase ist gerade geplatzt. Skepsis macht sich breit, dass sich das Geschäft in überschaubarer Zeit wieder erholen und neues Wachstumspotenzial entwickeln kann. Der Plan findet dementsprechend nicht nur Freunde. Einer der prominenten Gegner ist Walter Hewlett, Sohn von Firmengründer Bill Hewlett. Doch schließlich stimmen die Aktionäre 2002 für den 19-Milliarden-Dollar-Deal. Hewlett-Packard betreut damit auf einen Schlag eine Milliarde Kunden in 162 Ländern und beschäftigt rund 150.000 Mitarbeiter.
Eine weitere Änderung äußert sich 2001 in der Gründung von HP Services. Der Computerhersteller will stärker auch mit Dienstleistungen Geld verdienen und bietet jetzt Consulting, Outsourcing, Support und Solution Deployment Services an. Das Internet und elektronische Dienstleistungen bilden den Kern der neuen HP-Strategie.
Nach dem Abschluss der Übernahme von Compaq geht auch in Deutschland das neue Unternehmen HP am 3. Mai an den Start. Jörg Menno Harms, der das Unternehmen 2000 verlassen hatte, übernimmt erneut den Vorsitz der Geschäftsführung und leitet die Integration von HP und Compaq.
2003: KMU-Business wird forciert
Hewlett-Packard drängt 2003 stärker ins Geschäft mit kleinen und mittelständischen Unternehmen.
2004: Geschäftsfeld IT-Services wird ausgebaut
Das Unternehmen erweitert sein Angebot für Privatanwender um digitale Unterhaltungstechnik vom Fotodrucker bis zum Personal Media Drive. Im selben Jahr macht HP einen großen Schritt in Richtung Dienstleister und schließt zum 1. April 2004 die Akquisition von Triaton ab, dem von ThyssenKrupp ausgegründeten IT-Dienstleister des Stahlkonzerns.
2005: HP feuert Fiorina und holt Mark Hurd
Der Verwaltungsrat entlässt 2005 die Konzernchefin Carleton Fiorina. Ihr Compaq-Deal bleibt umstritten. Ihr Versuch, Konkurrenten wie Dell im unteren und IBM im oberen Leistungsbereich des IT-Geschäfts anzugreifen, gilt als wenig erfolgreich. Außerdem soll sie nicht ausreichend im nachgeordneten Management für Rückhalt geworben und die Mitarbeiter überzeugt haben. Die Geschäftszahlen entwickeln sich aber schon wieder in die richtige Richtung. Ihr Nachfolger wird Mark Hurd, Chef der NCR Corporation.
2006: Kassenschlager ProLiant Server und LaserJet
2005, 2006 erweitert HP sein Softwareportfolio für das Management von Rechenzentren durch die Übernahme von Peregrine Systems, Mercury Interactive Corp. und Opsware Inc. Verkaufsjubiläen kann HP mit seinen Servern und Laserdruckern als Million-Sellern feiern: 2005 wird der zehnmillionste ProLiant Server an Kunden geliefert, 2006 der 100-millionste LaserJet.
2008: EDS-Übernahme macht HP zum Servicegiganten
Mit dem Zukauf von einer ganzen Reihe an Unternehmen will HP sein Geschäft in den Bereichen Software und Services stärken. 2008 übernimmt HP schließlich für 13,9 Milliarden Dollar den IT-Dienstleister EDS, nach der Compaq-Übernahme der zweitgrößte Deal der Unternehmensgeschichte. EDS beschäftigte damals knapp 120.000 Mitarbeiter, die einen Umsatz von 21,3 Milliarden Dollar erwirtschafteten. HP wird damit im Dienstleistungsgeschäft zu einem absoluten Schwergewicht mit 210.000 Mitarbeitern und einem Umsatz von 38 Milliarden Dollar.
2009: HP kauft den Networking-Spezialisten 3Com
Seine Netzwerkkompetenz baut HP schließlich 2009 durch die Akquisition der 3Com Corporation aus. In Deutschland übernimmt zum 50-jährigen Bestehen der HP GmbH Volker Smid den Vorsitz in der Geschäftsführung.
2010: Ex SAP-Chef Leo Apotheker ersetzt Hurd
Mark Hurd stürzt 2010 als HP-Chef über eine Affäre mit einer Mitarbeiterin. Leo Apotheker übernimmt seinen Posten. Der kurzzeitige ehemalige SAP-Chef will seinen neuen Konzern stärker auf das Softwaregeschäft umlenken. Vom Hardwaregeschäft möchte er sich trennen. Der Kauf der Palm Inc. mit ihrem WebOS als Betriebssystem für mobile Geräte erweist sich schon ein Jahr später als Verlustbringer. Die Geräte verkaufen sich erst gut, als sie zu Schleuderpreisen verramscht werden. Der angestrebte Umbau bringt viel Misstrauen ins Unternehmen und nährt die Zweifel, ob Apotheker den Konzern wieder in die Spur bringen kann.
HP Deutschland schließt seinen letzten Produktionsstandort. In Herrenberg-Gültstein hatte das Unternehmen nur zwölf Jahre zuvor sein europäisches Distributions- und Fertigungszentrum für Server und Workstations eröffnet.
2011: eBay-Chefin Meg Whitman übernimmt das Ruder
Der Verwaltungsrat ist gegen Apotheker und holt eBay-Chefin Meg Whitman. Seit dem 22. September 2011 ist sie CEO von HP. Sie geht einen anderen Weg, sieht das Hardwaregeschäft als wichtiges Standbein. Mittlerweile hat sie HP einen harten Sparkurs verordnet. Die Geschäftszahlen für 2012 waren noch katastrophal: Bei einem Umsatz 120,4 Milliarden Dollar machte HP einen Verlust von 12,7 Milliarden Dollar. 2011 hatte das Unternehmen bei 127,2 Milliarden Dollar noch 7,1 Milliarden Dollar Überschuss erzielt. Diese dramatische Entwicklung liegt zu einem großen Teil an der Akquisition des Softwarespezialisten Autonomy. HP hatte das Unternehmen 2011 für rund 11,1 Milliarden Dollar gekauft und musste im vergangenen Jahr 8,8 Milliarden Dollar davon abschreiben. Das HP-Management und die Führung von Autonomy streiten lange darüber, ob durch Buchungstricks der Kaufpreis in die Höhe getrieben worden war.
2013: Das PC-Geschäft bricht ein
Unter Whitman will HP wieder in die technologische Offensive gehen. Neue Produkte rund um Cloud Computing, Big Data und Analytics sollen helfen, das Runder herumzureißen. Sie sollen das wegbrechende PC-Geschäft kompensieren helfen. HP ist zwar noch Marktführer, doch die PC-Verkäufe sind im ersten Quartal 2013 um fast 24 Prozent abgesackt. Lenovo ist HP auf den Fersen und konnte im gleichen Zeitraum sogar ein kleines Plus von 0,1 Prozent an abgesetzten PCs verzeichnen.
Außerdem hat Whitman dem Unternehmen einen Sparkurs verordnet. Insgesamt sollen 29.000 Stellen gestrichen werden, also fast jede zehnte. In Deutschland sollen 1300 von einst 10.300 Jobs wegfallen. Whitman zeigt sich entschlossen, Hewlett-Packard wieder in die Erfolgsspur zu bringen. Personell kommt das Unternehmen allerdings noch nicht zur Ruhe. Anfang April gibt der Chef des Verwaltungsrats Ray Lane seinen Posten auf. Er reagiert damit auf das magere Wahlergebnis auf der letzten Hauptversammlung, auf der ihn nur 59 Prozent der Aktionäre wählten.
Mit einem Flug zum Mond will HP sein Hardware-Geschäft ankurbeln: Das Projekt Moonshot wird zum Produkt, zu einer neuen Plattform aus Storage, Netzwerk, Server und Managementlösung, die mit energiesparsamen Prozessoren arbeitet und mit wenigen Klicks dem Einsatz angepasst werden kann. Außerdem kündigt Unternehmenschefin Whitman an, dass HP ins 3D-Druckergeschäft einsteigen will. Doch den weiteren Umsatzrückgang kann das Unternehmen nicht aufhalten. Er sinkt um sieben Prozent auf 112 Milliarden Dollar. Immerhin schreibt das Unternehmen wieder Schwarze Zahlen und erwirtschaftet einen Nettogewinn von gut 5 Milliarden Dollar. Meg Whitman sieht die Talsohle erreicht und verspricht zumindest eine Stabilisierung der Erlöse.
In Deutschland kommt ein neuer Mann ans Ruder: Heiko Meyer, zuletzt zuständig für das Geschäft mit Druckern und Personal Computern in Westeuropa, übernimmt den Vorsitz der Geschäftsführung. Vorgänger Volker Smid verlässt HP freiwillig und wechselt in die Medienbranche.
2014: Vorwärts in die Vergangenheit
Alte Konzepte und Ideen sollen helfen, Hewlett-Packard wieder flott machen. So steigt das Unternehmen ins Smartphone-Geschäft ein, dieses Mal mit Android als Betriebssystem, und nennt die Geräte Voice Tablets. Doch die Rückbesinnung auf ein ehemals erfolgreiches Segment von Taschencomputern bringt keinen Durchbruch. Trotz aller Schwächen bleibt HP mit einem Marktanteil von 18 bis 19 Prozent auf Platz zwei bei der größten PC-Anbieter.
Der Stellenabbau geht weiter. Im Laufe des Jahres erhöht sich die Zahl aus dem Vorjahr auf insgesamt 50.000. In Deutschland sollen 600 Mitarbeiter das Unternehmen verlassen.
Unterdessen stärkt der Verwaltungsrat die Position von Whitman. Nachdem Ralph Whitworth aus gesundheitlichen Gründen den Vorsitz des Gremiums niedergelegt hat, hebt der Verwaltungsrat die Unternehmenschefin auch auf seinen Chefposten und macht sie quasi zur eigenen Kontrolleurin.
Im PC-Geschäft sieht das Unternehmen ein schwaches Licht am Ende des Tunnels. Unter anderem das Ende für den Windows-XP-Support belebt den Umsatz. Erstmals nach elf Quartalen verbucht der Konzern ein Umsatzplus - allerdings bei sinkendem Gewinn. Aufs Geschäftsjahr gesehen aber sinken Umsatz und Gewinn weiter.
Anfang Oktober nimmt der einstige Branchenprimus Anlauf für den finalen Befreiungsschlag: Bis November 2015 soll der Konzern durch einen Aktiensplitt aufgeteilt werden in HP Inc. als Anbieter von Personal Computern und Drucker sowie in Hewlett-Packard Enterprise mit Unternehmenslösungen für Infrastruktur, Software und Services. Damit geht Unternehmenschefin Whitman einen Schritt weiter als der kurzzeitige HP-Chef Léo Apotheker. Er wollte sich nur vom Druckergeschäft trennen. Jetzt sollen zwei ähnlich starke Unternehmen entstehen. HP Inc. soll von Dion Weisler geführt werden. Er verantwortet bereits jetzt das Geschäft der PC- und Druckersparte. Hewlett-Packard Enterprise will Meg Whitman selbst leiten.
In Deutschland eröffnet HP eines von mittlerweile zehn Cyberabwehrzentren des Konzerns.
2015: Vorbereitung auf die Trennung
Das neue Jahr bringt mit der Vorbereitung auf die Abspaltung des PC- und Druckergeschäfts viel Konzern-interne Arbeit. Ein äußerer Faktor belastet zusätzlich: Der Dollar erstarkt gegenüber wichtigen Fremdwährungen und lässt die Gewinnaussichten schrumpfen. Unternehmerisch geht man trotzdem in die Offensive: Hewlett-Packard übernimmt den Funknetzausrüster Aruba Networks für 2,7 Milliarden Dollar.
Der Streit um den Übernahmeflop des britischen Software-Herstellers Autonomy im Jahr 2011 geht unterdessen einen Schritt weiter: HP verklagt zwei frühere Spitzenmanager auf Schadenersatz in Höhe von 5,1 Milliarden Dollar.
HP steht nach vielen Jahren der Entlassungen und Umstrukturierungen der nächste große Schnitt bevor. "Erfolg basiert auf Konsistenz in Führung, Fokus und Umsetzung - und vor allem auf erstklassigen Produkten und Services", schreibt Meg Whitman auf der Website des Unternehmens. Führung, Fokus und Umsetzung zeichneten sich in den letzten Jahren eher durch mehrfachen Wechsel aus. Immerhin ist mit Whitman an der Spitze Beständigkeit eingekehrt. Und der Aktienkurs hat sich in den vergangenen zwei Jahren fast verdoppelt. Ob die Trennung vom gemeinhin margenschwachen Hardware-Geschäft den Aufbruch zu neuen Erfolgen bringt, wird sich zeigen. Mit einem Umsatz von mehr als 110 Milliarden Dollar zählt der Konzern zu den größten der Welt. Selbst nach dem Split bleiben die beiden neuen Unternehmen echte Schwergewichte.
(pg/sh)