Immer dann, wenn mehrere Clients drahtlos mit dem Router verbunden sind, sinkt die Bandbreite im Funknetz. Das ist recht gut am Flughafen, im Zug oder auch auf Veranstaltungen zu beobachten. Doch auch im Heimnetzwerk rauscht die Datenrate in den Keller, wenn die Familie an mehreren Clients wie PC, Notebook, Tablet, Smartphone, Smart-TV und Spielekonsole Musik und Videos in hoher Qualität per Streaming abruft.
Bereits Ende 2013 / Anfang 2014 wurde daher mit dem IEEE 802.11ad ein Standard verabschiedet, der im 60-GHz-Bereich Geschwindigkeiten von bis zu 7 Gbit pro Sekunde ermöglichen soll. Allerdings beschränkt sich dieses hohe Tempo auf eine sehr kurze Reichweite von höchstens zehn Metern. 11d ist also WLAN innerhalb eines Raumes: Sein Einsatzgebiet ist daher die kabellose Verbindung von Rechner und Peripherie. Per 11d lassen sich PC und Notebook per Funk mit Monitoren, Maus und Tastatur verbinden. Die hohe Datenrate kann aber auch für 4K-Videostreaming, schnelle Downloads oder Kopieren umfangreicher Datenbestände genutzt werden. Ebenso bietet sich 11d für kabellose Virtual-Reality-Brillen an. Schließlich ließen sich mit 11d auch öffentliche WLANs in Hotels oder an Flughäfen mit großer Bandbreite ausstatten.
Siehe auch: Neue WLAN-Standards - So schnell wird das Netz
So funktioniert die Technik: 11d funkt auf der Frequenz 60 GHz. Diese Frequenz liegt deutlich höher als die von 11ac-WLAN, das auf 5 GHz funkt. Da das Funksignal nur schwer Wände durchdringen kann und durch den Sauerstoff der Luft stark gedämpft wird, ist die Reichweite von 11ad viel geringer, erlaubt aber kleine Antennen, sodass sich 11d-Geräte sehr kompakt bauen lassen. Die kurze Reichweite hat weitere Vorteile: Die Übertragung lässt sich schwerer abhören, und Störsignale sind selten. Die hohe Datenrate erreicht 11d durch die Nutzung sehr breiter Funkkanäle von 2 GHz. 11d-Funkchips können verschiedene Übertragungsmethoden nutzen: Beim Single-Carrier-Modus beträgt die Datenrate maximal 4,6 GBit/s, allerdings sind die Signale unempfindlicher gegen Störungen. Für Akku-betriebene Geräte gibt es einen sparsamen Low-Power-Modus. Nur Chips, die OFDM als Modulationsverfahren einsetzen, erreichen die maximal mögliche Bandbreite von knapp 7 GBit/s. 11ad ist kompatibel zu den anderen WLAN-Standards, sofern die Geräte passende Antennen für die jeweilige Frequenz besitzen.
Ali Sadri, Präsident und Chairman der Wireless Gigabit Alliance (WiGig) lässt skeptische Fragen angesichts der nicht unproblematischen Verwendung von Hochfrequenztechnik nicht gelten: „Mit Beamforming und Antennen-Arrays haben wir die drängendsten Probleme schon lange gelöst.“ Im Gegenteil, Sadri ist sogar überzeugt, dass 802.11ad im Gegensatz zu den heute im WLAN verwendeten Frequenzen von 2,4 und 5 Gigahertz enorme Vorteile bietet: „Im 60-Gigahertz-Spektrum muss eine Antenne lediglich 2,5 Millimeter lang sein, bei 5 Gigahertz sind es 2,5 Zentimeter und bei 2,4 Gigahertz rund fünf Zentimeter.“ Demnach lasse sich die neue Technik also in viel kleinere Geräte wie Smartwatches implementieren als die heutigen WLAN-Verfahren.
Im Laufe des Jahres und zuletzt im September auf der Ifa in Berlin wurden einige interessante Router und WLAN-Lösungen vorgestellt, die in den nächsten Monaten in den Handel kommen oder frisch erhältlich sind. Auf den nächsten Seiten geben wir einen Überblick.
TP-Link Archer VR2800v
Der Router will schon jetzt für kabelloses Internet der nächsten Generation bereit sein. Er ermöglicht Internetgeschwindigkeiten von bis zu 350 Mbit/s und damit mehr als drei mal so schnelle Verbindungen im Vergleich zum bisherigen VDSL-2-Standard. Diese Technologie will die Telekom ab 2018 anbieten. Zusätzlich sorgt eine Funktion zur Unterdrückung von Referenz-Geräuschen (Reference-Noise-Cancellation) für eine um 15 Prozent stabilere DSL-Verbindung.
Im WLAN sorgt der Archer VR2800v für ausreichend Bandbreite. Insgesamt bis zu 2,8 Gbit/s stehen Nutzern zur Verfügung. Vier frei ausrichtbare Empfänger bringen mit der Beamforming-Technologie bestmöglichen WLAN-Empfang überall dorthin, wo er benötigt wird. Mit 1024-QAM-Unterstützung sowie 4x4-MUMIMO will der Router 4k-Streaming und Online-Gaming ohne wahrnehmbare Verzögerung auch auf mehreren Geräten gleichzeitig mühelos meistern. Zusätzlich eignet sich der Archer VR2800v dank Anschlüssen für zwei analoge und bis zu sechs schnurlose oder CATiq2.0- fähige Geräte ebenfalls als Basisstation für DECT-Telefone.
TP-Link SR20
Der Smart-Home-Router SR20 soll als zentrale Schaltstelle für Geräte im smarten Heimnetzwerk dienen. Die Bedienung erfolgt per Touchscreen auf der Geräteoberseite, einer App auf Smartphone und Tablet oder via Weboberfläche im Browser. Um die nötige Geschwindigkeit für verzögerungsfreies Streaming von Ultra- HD-Videos, das schnelle Herunterladen großer Dateien und ungebremstes Online Gaming brauchen sich Anwender offensichtlich keine Gedanken machen zu müssen. Der Smart-Home-Router funkt mit schnellen 1900 Mbit/s – parallel auf dem 2,4 GHz-Band mit 600 Mbit/s und dem 5 GHz-Kanal mit 1300 Mbit/s. Neben dem schnellen ac-Standard mit Beamforming für zielgerichtete WLAN-Signale unterstützt der SR20 auch die Funkstandards ZigBee und Z-Wave. So lassen sich zahlreiche Geräte für das Smart Home wie Kameras, Lampen, Sensoren, Thermostate und andere Produkten verschiedener Hersteller steuern, überwachen und an spezifische Anforderungen anpassen. Zum Anschluss externer Speichermedien besitzt der Router je eine USB 3.0- und USB 2.0-Schnittstelle.
D-Link DIR-895L
Der D-Link AC5300 Ultra Tri-Band Router DIR- 895L kann über seine acht Antennen dank MU-MIMO-Technik gleichzeitig vier Datenströme übertragen. Dabei nutzt der Triband-Router das 2,4-GHz-Frequenzband sowie zwei 5-GHz-Frequenzbänder. Insgesamt sollen sich so Datenraten von bis zu 5,332 MBit/s erzielen lassen. Diese Datenmenge reicht laut Hersteller dafür aus, dass vier verbundene Geräte gleichzeitig HD-Inhalte streamen können. Sie lassen sich per WLAN-ac oder an einem der vier Gigabit-LAN-Ports betreiben. Der Router verfügt über einen USB-3.0-Anschluss, an dem Sie beispielsweise eine externe Festplatte als Netzwerkspeicher nutzen können. Auch ein Druckeranschluss ist vorhanden; außerdem ist das Gerät DLNA zertifiziert. An Sicherheitsfeatures stehen WPA, WPA2 und WPS PIN/PBC zur Verfügung.
802.11ax: Rettung für überfüllte Funknetze
11ax ist die sechste WLAN-Generation und der direkte Nachfolge-Standard für 11ac. Er soll allerdings nicht unbedingt mehr Tempo bringen. Das Ziel von 11ax ist ein schnellerer Datentransfer für jedes einzelne WLAN-Gerät, indem Störungen durch Nachbar-WLANs reduziert werden – mindestens um das Vierfache soll die Übertragungsgeschwindigkeit pro Gerät steigen. Das soll auch für große öffentliche WLANs Vorteile bringen, damit sich Funknetze in Hotels, Flughäfen oder ganzen Stadtteilen leichter aufbauen lassen. Ein störungsfreies WLAN hilft auch Smartphones und Tablets: Denn diese Geräte können dann mit geringer WLAN-Leistung arbeiten, was die Akkulaufzeit verlängert.
So funktioniert die Technik: 11ax wird abwärtskompatibel zu den bestehenden Standards sein und auch über die gleichen Frequenzen 2,4 und 5 GHz arbeiten. Da es nicht mehr Platz im Frequenzspektrum gibt, um ein höheres Tempo zu erreichen, sollen die bestehenden Frequenzen effizienter genutzt werden: Das soll eine verbesserte Fehlerkorrektur erreichen, bei der WLAN-Geräte fehlerhaft empfangene Dateien selbst korrigieren können und nicht eine erneute Übertragung anfordern müssen. Mit der Technik Dynamic Sensitivity Control sollen zwei WLAN-Clients gleichzeitig über denselben Funkkanal an verschiedene Router senden können. Das geht derzeit nicht, da ein Client den Funkkanal komplett für sich belegt.
Mit 11ax soll MU-Mimo auch in Richtung vom Client zum Router funktionieren, bei 11ac geht es nur in die andere Richtung. Auch über Duplex-WLAN wird diskutiert: Dann könnten WLAN-Geräte gleichzeitig senden und empfangen. 11ax befindet sich noch in der Entwicklungsphase, ein erster Entwurf des Standards wird für 2018 erwartet. 11ax-Produkte sollen dann ab 2019 verfügbar sein. Viele Hersteller wollen aber aufs Tempo drücken, da die meisten WLANs schon jetzt überlastet sind.
Orbi-Kit von Netgear
Das Paket von Netgear besteht aus dem Orbi-Router und einem oder mehreren Orbi-Satelliten, zwischen denen eine verschlüsselte Tri- Band-Verbindung im 5-GHz-Bereich aufgebaut wird. So sollen sich Geräte kabellos ins Heimnetzwerk einbinden lassen, für die eine herkömmliche WLAN-Verbindung zu langsam ist beispielsweise Smart-TVs und Media-Receiver für das Streaming von hochauflösenden 4K-Inhalten. Den Orbi-Router verbinden Sie per Kabel mit dem Internetmodem Ihres Providers oder einem schnellen Gigabit-Ausgang des WLAN-Routers. Durch das Bündeln von WLAN-Kapazitäten verspricht der Hersteller einen Datendurchsatz unter optimalen Bedingungen von bis zu 1,7 Gbit/s. Die Netgear-Entwickler greifen dabei zu einem besonderen Trick, um eine dauerhaft hohe Bandbreite auch bei mehreren Verbindungen zu garantieren. Es werden drei WLAN-Funknetze parallel aufgespannt: Das schnellste Funknetz ist eine WLAN-ac-Verbindung über vier Antennen-Ströme mit theoretisch insgesamt 1.733 Mbit pro Sekunde (4 x 433 Mbit/s auf 5 Gigahertz). Es ist ausschließlich für die Verbindung zwischen dem Router und seinen Satelliten zuständig. So will Netgear sicher stellen, dass auch bei vielen Notebooks, Tablets oder Smartphones in der Wohnung die Verbindung zwischen Router und Satellit immer stabil und ohne Verlust der Bandbreite bleibt. Für WLAN-Klienten bleiben so immer noch zwei Funknetzwerke mit jeweils zwei Antennen (WLAN n und ac) übrig.
Devolo GigaGate
Die Vernetzung von Unterhaltungsgeräten im Wohnzimmer will Devolo mit dem GigaGate vereinfachen. Das Set arbeitet unabhängig vom vorhandenen WLAN und enthält eine Basisstation, die per Netzwerkkabel mit dem Router verbunden wird. Das Empfangsmodul wird beim Fernseher platziert und mit den gewünschten Geräten verbunden. Daraufhin bauen die beiden GigaGate-Komponenten über selbstausrichtende Antennen automatisch vier simultane WLAN-Verbindungen im 5-GHz-Bereich auf. Die maximale Gesamtübertragungsrate gibt der Hersteller mit 2 Gbit/s an – das ist schnell genug für 4K-Videostreams, High-End-Audio und Actionspiele. Der Satellit des GigaGate bietet zahlreiche Anschlüsse wie Gigabit-Ethernet, Multimedia-Ports und schnelles WLAN. Das Starter-Paket soll Anfang 2017 zu einer unverbindlichen Preisempfehlung von rund 230 Euro erhältlich sein.
TP-Link Talon AD7200
TP-Link hat bereits Anfang des Jahres den WLAN-Router Talon AD7200 angekündigt, der im Herbst für einen noch nicht bekannten Preis auf den Markt kommen soll. Er vereint die WLAN-Standards 11ad, 11ac und 11n und kann so eine maximale Bandbreite von 7,2 GBit pro Sekunde liefern: 4,6 GBit/s über 11ad, 1,73 GBit/s über 11ac und 800 MBit/s über 11n. Im Inneren des Routers tickt ein Qualcomm-Atheros-Chip, der auch mit den älteren Standards 802.11a/b/g/n kompatibel ist. Die Reichweite des letzten Bandes ist physikalisch jedoch auf wenige Meter beschränkt. Natürlich sind auch zwei USB-3.0-Ports verbaut, um Festplatten anzuschließen. WLAN-Einstellungen lassen sich bequem per App verändern.
Brutto- und Netto-Datenrate im Check
Die maximalen Geschwindigkeitsangaben der einzelnen WLAN-Standards von 1200, 450 oder 300 Mbit/s sagen nur wenig darüber aus, wie viele Nutzdaten tatsächlich pro Sekunde über den Äther übertragen werden. Die Bruttoangaben der Herstellen beziehen sich immer auf den rein rechnerisch ermittelten Maximalwert. Der Nettowert, der für die in der Praxis tatsächlich erreichte Übertragungsgeschwindigkeit am Endgerät etwa beim Kopieren von Daten steht, liegt deutlich unter dem Bruttowert. Bei ac- und n-WLAN-Verbindungen beträgt die Nettodatenrate ungefähr 50 Prozent des angegebenen Bruttowerts. Zwar erreicht die Verbindung zwischen Router und WLAN-Gerät tatsächlich die Nenngeschwindigkeit, allerdings geht ein großer Teil der Funkkapazität für protokollarische Zwecke drauf, denn auf einem WLAN-Kanal als so genanntes „Shared Medium“ darf immer nur ein Gerät senden, während die anderen Geräte warten, bis sie an der Reihe sind. Die Geräte müssen sich die Funkzellenkapazität also teilen. Wenn zwei Geräte in der gleichen WLAN-Zelle voll aktiv sind, bekommt jeder nur den halben Durchsatz.
Besonders im 2,4-GHz-Bereich, in dem eine Vielzahl an Funkgeräten arbeitet, sind die Frequenzen vor allem in dicht bebauten Stadtgebieten häufig so stark ausgelastet, sodass sich mehrere überlappende Netzwerke Kanäle teilen müssen. Dadurch sinkt die Netto-Datenübertragungsrate rapide ab und das Netz wird spürbar langsamer.
Die maximale WLAN-Datenrate kommt ohnehin nur auf kurze Distanz zustande, wenn sich keine massiven Hindernisse zwischen Sender und Empfänger befinden, wie etwa dicker Stahlbeton. (PC-Welt)