Von Alexander Roth
Die Wahl des richtigen Webshop-Systems ist nicht leicht: Hier reicht allein ein Blick auf die Zahl der Anbieter. Schätzungen zufolge gibt es aktuell mehr als 1.000 verschiedene Onlineshop-Lösungen am Markt. Auf die IT-Branche zugeschnitten sind es zwar weitaus weniger, doch bevor überhaupt ein Vergleich gezogen werden kann, stellt sich eine ganz andere Frage: Welches Ziel verfolge ich mit meinem Webshop?
Das Außergewöhnliche an Webshop-Lösungen ist, dass klassische Kaufargumente wie Preis, Bedienbarkeit und Preis-Leistungs-Verhältnis im ersten Schritt nicht zählen. Wie E-Commerce-Spezialisten immer wieder betonen, lässt bei einer allzu unbedachten Auswahl einer Shoplösung das böse Erwachen nicht lange auf sich warten: Am häufigsten werden Skalierbarkeit, ERP-Schnittstellen und Content-Pflege genannt. Wer sich allzu früh auf eine Lösung festlegt, die hier Schwächen hat, kann sich mit der schnellen Kaufentscheidung selber in die Falle locken.
Vor der Wahl sollten also die folgenden grundsätzlichen Fragen geklärt werden: B2B-oder B2C? Großes oder kleines Sortiment? Bezug auf das eigene Ladengeschäft? Welche Rolle spielt das Design? Werden Preissuchmaschinen angepeilt?
ChannelPartner hat eine Auswahl an gängigen Shop-Systemen und -Auswahlkritieren zusammengestellt.
Shops von den Distis
Zunehmender Beliebtheit erfreuen sich Distributoren-Shops: Ob die Broadliner Ingram Micro, Actebis Peacock und Tech Data oder spezialisierte Distributoren wie COS, Herweck oder b.com: Immer mehr Grossisten bieten schlüsselfertige Shop-Lösungen an. Die meisten der genannten Großhändler haben nach eigenen Angaben bereits eine dreistellige Zahl an Kunden - Tendenz steigend.
Vielleicht liegt das an der einfachen Handhabe: In der Regel werden Distributoren-Shops von einem Dienstleister gehostet. Die Kosten variieren - je nach Leistungsumfang und eingestelltem Portfolio - zwischen 50 und 350 Euro monatlich. Administriert wird per Webkonsole, Schnittstellen zu speziellen ERP-Systemen gibt es allerdings nur eingeschränkt. Einfacher Datenimport per Standardformat ist dagegen Usus.
Distributoren-Shops bieten Vor- wie Nachteile; das größte Manko liegt auf der Hand: Es droht die Abhängigkeit von einem einzigen Lieferanten. Zwar lassen sich auf Umwegen die Daten Dritter ins System einspielen, die Frage nach der Praktikabilität aber bleibt. Dafür sieht das Leistungsspektrum einiger Grossisten wirklich verheißungsvoll aus: Ingram Micro bietet dank Google-Kooperation ein Analyse-Tool, das genaues Kundenverhalten und Besucherverläufe in den Shops protokolliert. Actebis Peacock hat sich mit NT Plus zusammengetan und bestückt Webshops auch mit TK-Produkten. COS verspricht Beratung vom Hausanwalt persönlich: Wer seinen Shop nach COS-Richtlinien führt und dennoch abgemahnt wird, bekommt bezahlte Hilfe vom Rechtsanwalt.
Weitere von Distributoren versprochene Dienste fallen in die Bereiche Internetmarketing, CRM, Fulfillment (Lieferung direkt an Endkunden) und Content-Anreicherung - zusätzliches Bild- und Infomaterial für die im Webshop gelisteten Produkte.
Der Nachteil des Günstigen
Einfachen Webshop-Einstieg verheißen die günstigen Hosting-Anbieter wie Strato oder 1&1: Beide Firmen sind preisgekrönt und exemplarisch für ihr Metier: gehostete Webshops ab 15 Euro pro Monat. Zwar führen beide Anbieter auch aufwendigere, leistungsfähigere Shop-Lösungen, E-Commerce-Experten aus der IT-Branche warnen jedoch: Wer im großen Stile IT-Produkte im Netz verkaufen möchte, ist bei diesen Adressen falsch.
Es hakt schlicht an den Schnittstellen. Strato bietet lediglich Datenimport per Excel-Datei, 1&1 bietet eine Schnittstelle zu Lexware-ERP, mehr nicht. Dennoch ist eines nicht zu vernachlässigen: Beide Lösungen erlauben es, Web-Shops problemlos einzurichten und zu führen sowie diese durch praktikable Layout-Werkzeuge auch individuell zu bereichern. Wer also im kleinen Stile IT-Artikel vertreiben oder auf seiner Homepage einfach nur ein paar Dienstleistungen präsentieren will, für den kann ein solcher Anbieter richtig sein. Es darf aber nicht vergessen werden: Sämtliche Angebote müssen hier manuell eingerichtet und aktualisiert werden. Und es fehlt am virtuellen Marketingmaterial.
Wie ein umfassendes Shop-Ökosystem aufgebaut ist
Wer im größeren Stile E-Commerce betrei-ben möchte, sollte sich für eine etwas teurere Branchenlösung entscheiden. Denn gute Webshop-Systeme für IT-Fachhändler er-lauben es, auf das Sortiment mehrerer Lie-feranten zurückzugreifen, enthalten individuelle Schnittstellen für Warenwirtschaftssysteme und liefern optional gleich die Produktinhalte. Im mitteleuropäischen Raum sind für den letztgenannten Aufgabenbereich ICEcat und Cnet/DCI zuständig: Beide Anbieter liefern gegen Bezahlung strukturierte Artikeldaten und Fotos zu sämtlichen ITK-Produkte, die in der Distribution gehandelt werden.
Ein spezialisiertes Webshop-System wird im Idealfall wie folgt eingerichtet: Im Back-End entscheidet der Fachhändler über das angezeigte Sortiment. Nutzt er eine marktübergreifende Datenbank (wie den "Marketviewer von ITscope oder "MyCOP" von Adfontes), stehen ihm alle Optionen offen: Er legt die Kriterien fest, ab welcher Tagesver-fügbarkeit, ab welchem Preis (inklusive draufgesetzter Marge) und aus welchem Lieferantenkreis ein Produkt im Shop erscheinen soll.
Je nach Leistungsumfang kann dafür auch das angekoppelte ERP-System eingesetzt werden. Bei der ERP-Schnittstelle ist zu beachten: XML-Schnittstellen ermöglichen das Erstellen komplexer Produktgruppen und (Zubehör-)Querverbindungen im Shop, CSV- und Excel-Schnittstellen lassen nur einen statischen Aufbau zu. Zudem entscheidet die Schnittstellenqualität, wie korrekt und umfangreich die Produktattribute dem Shop-System zugeordnet werden. Da die Produktdateien in ERP-Systemen für gewöhnlich nur wenig Infomaterial enthalten, lohnt nun eine Kooperation mit ICEcat oder Cnet: Jedem Produkt wird dann automatisch anhand der Artikelnummer ein Datenblatt zugeordnet, dass im Flashformat oder als Link im Shop erscheint.
Dieser Vorgang lässt sich auch individualisieren. Das heißt: Ein gutes Shop-System erlaubt es, verschiedene Warengruppen für bestimmte Kundenkreise einzurichten, womöglich in per Passwort verschlüsselten Bereichen - praktisch fürs B2B-Geschäft. Exemplarisch sollen zwei Wettbewerber genannt werden, die solche leistungsstarke Shop-Lösungen bieten: Shopware und Electronic Sales. Beide Anbieter haben ihren Preis: Die Dienste von Electronic Sales gibt es zusätzlich zu einer Einrichtungsgebühr ab rund 100 Euro im Monat, das günstigste Shopware-Paket kostet rund 800 Euro. Darüber hinaus bieten beide Firmen zusätzliche Dienste wie Suchmaschinen- oder Internetmarketing.
Interessante Stichworte rund um Onlineshops
- Trusted Shops ist ein Unternehmen zur Zertifizierung von Onlineshops. Mit über 4.600 zertifizierten Händlern und 50 Herstellerpartnern ist es führend in seinem Metier: Dank hoher Auswahlkriterien soll ein verliehenes Gütesiegel die Gefahr von Abmahnungen verringern und beim Endkunden Vertrauen schaffen. Eine Partnerschaft gibt es ab 50 Euro im Monat.
- Paypal ist eine Tochter von eBay: Die Firma bietet ein Online-Bezahlsystem für die Begleichung von Mittel- und Kleinbeträgen an. Ziel von Paypal ist es, Zahlungen möglichst einfach zu gestalten und vor allem auf Käuferseite mögliche Unsicherheiten zu verringern. Damit Paypal in einem Shopsystem eingerichtet werden kann, muss eine Schnittstelle vorhanden sein; bei gehosteten Lösungen ist das nur manchmal der Fall. Paypal kostet für den Betreiber 1,9 Prozent des Kaufwerts plus 35 Cent pro Transaktion.
- Shoptrex ist eine neuartige Netzwerkplattform für Webshop-Betrei-ber: Shoptrex wurde von dem Yahoo-Deutschland Gründer Albert Warnecke ins Leben gerufen und ist für seine Nutzer noch kostenlos: Webshops unterschiedlichster Branchen bewerben und empfehlen sich auf ihren Seiten gegenseitig nach dem Motto: Shops, die einander sympathisch sind, reichen sich einfach ihre Kunden weiter, egal was der andere verkauft.