Neue Smartphones mit Blackberry OS 10, Arbeit und Privates verknüpfen, Android und iOS einbinden: RIM-Manager sagen, wie sie Marktanteile zurückholen wollen.
von Moritz Jäger
Viele haben RIM und Blackberry bereits abgeschrieben - zu massiv ist die Übermacht in Form von Android und iOS. Der kanadische Hersteller will sich aber nicht geschlagen geben, sondern im Januar neu durchstarten und verlorenen Boden wieder gutmachen. Dabei helfen soll das neue mobile Betriebssystem Blackberry OS 10, die Management-Lösung Fusion (die auch mit iOS und Android klar kommt) sowie eine neue, offene Kommunikationsstrategie.
Sasha Lekic, Director Enterprise Sales Germany, und Carsten Titt, PR-Manager DACH, erklären die neue Strategie im Gespräch mit CIO.de und geben sich dabei für RIM ungewohnt offen. Lekic versichert uns zunächst, dass RIM keineswegs tot sei, im Gegenteil: Alle Landesbehörden arbeiteten mit Blackberry-Systemen, ebenso mehr als 450 der Top-500-Firmen in Deutschland. RIM-Produkte sind laut Lekic zudem in allen DAX-Unternehmen im Einsatz. Blackberry steht noch immer klar für den Firmeneinsatz - genutzt werden RIM-Produkte zu 80 Prozent im Enterprise, zu 20 Prozent bei Endverbrauchern.
Blackberry Balance auf allen Smartphones mit OS 10
Ein Fokus der neuen Strategie ist Blackberry Balance. Die Technik sorgt dafür, dass sich auf dem Smartphone private Daten von Unternehmensinformationen trennen lassen. Dabei setzt RIM nicht auf Sandboxing, sondern trennt die Daten direkt im Betriebssystem. Damit kann man beispielsweise für Firmendaten (etwa E-Mails oder separate Applikationen mit Unternehmenszugriff) strenge Richtlinien durchsetzen, während man auf der privaten Seite des Smartphones Apps wie Facebook oder private E-Mail erlaubt.
Blackberry Balance wird fester Bestandteil aller Smartphones mit Blackberry OS 10 sein und zudem als Update für Geräte mit Blackberry OS 7.1 verfügbar sein. Lekic sieht dem Gerätewechsel gelassen entgegen. "BBOS 7.1 wird als Plattform weiterlaufen, bis Ende 2013 wird es auch entsprechende Geräte geben. Die Umstellung auf BB OS 10 lässt sich mit der Neuanschaffung von Software vergleichen, im Laufe der Zeit werden die Nutzer auf die neuen Produkte umsteigen."
Starker Fokus auf Infrastruktur
Herzstück der Blackberry-Lösung sind die Mobile Management Server. Für Unternehmen werden sie künftig unter dem Namen Mobile Fusion Studio zusammengefasst. Dahinter verbergen sich verschiedene Server, mit denen künftig Blackberry-Smartphones, Tablets und Geräte auf Basis von iOS und Android zentral verwaltet werden können. Mobile Fusion bedient sich dabei bei den Techniken des Münchner Unternehmens Ubitexx, das RIM im Frühjahr 2011 aufkaufte. Die Öffnung für andere Plattformen liegt für Lekic auf der Hand: "Wir sind kein reiner Hardware-Hersteller, wir akzeptieren, dass es noch andere Mitbewerber gibt."
Das gilt auch für andere Hersteller von MDM-Lösungen, etwa Good Technology oder Mobile Iron. Nach eigenen Angaben kann RIM gegenüber den Mitbewerbern fast immer beim Bereich Total Cost of Ownership punkten. Die Kostenstruktur von RIM ist wie folgt: Der Kunde hat die Wahl zwischen zwei Modellen - einer einmaligen Investition oder einem jährlichen Fee. Die Kosten liegen pro gemangtem Gerät je nach Abnahmemenge zwischen 74,25 Euro und 37,50 Euro einmalig oder zwischen 36,00 Euro und 18,00 Euro jährlich UVP. Entscheidet sich der Kunden für eine jährliche Zahlung, sind darin auch Release Updates enthalten.
2013 will der Konzern Mobile Fusion weiter aufbereiten und künftig nicht mehr nur lokal installierte Server anbieten, sondern den Sprung in die Cloud wagen. Zudem soll das Blackberry-Sicherheitsmodell für Daten und Geräte von 3rd-Party-Herstellern ausgeweitet werden. Das ist ein interessanter Ansatz: Schafft es RIM, seine Sicherheitskomponenten für iOS und Android anzupassen, dürfte dies die Sicherheit auf den Smartphones von Apple und Google drastisch erhöhen. Leider wollten sich die RIM-Sprecher nicht dazu äußern, ob es damit auch die Blackberry-Apps wie den Blackberry Messenger für Android oder iOS geben wird.
Fazit: Neustart möglich, aber schwierig
RIM hat einige Trends verpasst, keine Frage. Daher ist es schwierig zu sagen, ob der Neustart mit Blackberry OS 10, Blackberry Balance und Blackberry Mobile Fusion sofort Früchte tragen wird. Der stärkere Fokus auf die Verwaltung mobiler Geräte für Unternehmen ist in jedem Fall kein schlechter Zug. "Bring your own Device" ist weit mehr als ein Trend, es ist in den meisten Unternehmen kaum mehr wegzudenken.
Mobile Fusion ist dabei vor allem für Unternehmen interessant, die bereits RIM-Produkte verwenden und mit möglichst geringem Verwaltungsaufwand auch die Geräte von anderen Herstellern einbinden wollen. Wenn RIM es schafft, hier die Standards zu heben, könnte das für die Mitbewerber interessant werden - in jedem Fall dürften die Kunden profitieren.
Interessant werden aber auch die Geräte, die RIM mit BB OS 10 vorstellen will. Im Januar soll ein Touchscreen-Gerät kommen. Der Termin wirkt etwas spät, Lekic erklärt ihn aber mit der starken Konkurrenz durch ein wahrscheinliches iPhone 5, Windows Phone 8 und große Android-Hersteller, die bereits das Weihnachtsgeschäft ausfüllen. Im Januar sei die Konkurrenz deutlich geringer. In jedem Fall wird RIM ein Touchscreen-Gerät mit BB OS 10 vorstellen, es verdichten sich aber die Hinweise auf ein zweites Gerät mit Volltastatur. Dieses kommt möglicherweise aber etwas später.
Alles in Allem wäre es für die Kunden, vor allem in Unternehmen nicht schlecht, wenn RIM und Blackberry wieder erstarken. Sicherheit war weder in Android noch beim iPhone wirklich eines der treibenden Themen, zahlreiche Jailbreaks, Rooting-Anleitungen oder Malware-Attacken sind dafür Zeuge. Sollte der Neustart gelingen, dürfte 2013 ein interessantes Jahr im Bereich Mobile und BYOD werden.
Dieser Artikel stammt von unserer Schwesterpublikation CIO. (kv)