Weniger ist mehr

Die neue MarTech-Landschaft

22.08.2019 von Georg Blum  IDG ExpertenNetzwerk
Wie viele Anwendungen sind für die perfekte Customer Journey, die im Zentrum aller Aktivitäten rund um den Kunden steht, sinnvoll?

Jedes Jahr im April werden auf der MarTech-Conference in San José die Stackie-Awards vergeben. Im Vorfeld dazu werden weltweit Firmen eingeladen, ihre Marketing-IT-Landschaft in ein Bild zu gießen. So entstehen bunte Bilder, die beispielsweise die in Bezug auf die verschiedenen Stadien der Customer Journey eingesetzten Tools darstellen.

Wie viele Anwendungen sind für die perfekte Customer Journey sinnvoll?
Foto: elenabsl - shutterstock.com

Ein Beispiel dafür ist die Firma Sargento, ein amerikanischer Lebensmittelhersteller. Er verwendet "nur" rund 60 Marketing-Tools - oft sind es 100 oder mehr. Weitere Beispiele vom Stackie Award 2019 finden Sie hier. Die Struktur ist aber leider oftmals nur auf den eingereichten Bildern so schön aufgeräumt. In der Realität sieht es meist anders aus.

Sind so viele Anwendungen sinnvoll?

Sind so viele Anwendungen für eine gute Customer Journey sinnvoll und notwendig? Sicher nicht, denn:

Was sind die Gründe für die Vielzahl an Ko-Existenzen, gleichzeitig aber fehlenden Synergien der Tool-Landschaft?

Eine unternehmensweite Abstimmung, welche Tools schon im Einsatz sind, findet nicht statt. So haben sowohl die PR-Abteilung als auch der Vertrieb ein eigenes CRM-Tool. Ein Ticketsystem gibt es sogar drei Mal - in der Technik, im Kundenservice und sowieso in den CRM-Tools. Einmal als Open Source, einmal als proprietäre Lösung. PDF-Erstellung und Konvertierungs-Tools gibt es x-Mal.

Zudem werden zwei verschiedene Bildbearbeitungsprogramme, eines in der Offline- und eines in der Online-Abteilung genutzt. Ab und zu setzt das Produktmanagement noch ein drittes ein. Projekte steuern die einen mit Asana, die anderen mit Trello, die dritte Abteilung mit Meistertask. Und im zentralen Marketing ist Qlik, in der Ländergesellschaft Tableau als BI-Tool im Einsatz. Diese Liste ließe sich fortführen …

Wie lassen sich unnötig viele MarTech-Tools vermeiden?

Wie gehe ich nun mit meiner aktuellen IT-Landschaft um, wie kann ich sie "bereinigen"? Erste Aufgabe ist: Skizzieren der eigenen Landschaft und Aufräumen. Malen Sie doch selbst ein Bild Ihrer MarTech-Landscape! Dies verschafft erst einmal Transparenz über den Wildwuchs.

Dann geht es ans Aufräumen:

Achtung DSGVO: Hierbei besteht ein hohes, rechtliche Risiko für IT-Verantwortliche: Was passiert, wenn ein Kunde die Auskunft nach seinen Daten verlangt? Welche Tools beinhalten Kundendaten und wie kann eine lückenlose Auskunft innerhalb kurzer Zeit sichergestellt werden? Auch aus diesen Gründen ist eine unnöttige Vielzahl an Tools zu vermeiden.

Fazit

Skizzieren Sie sich ein Bild - ein "Big Picture" der zukünftigen IT-Landschaft. Aus diesem Bild leiten sich die Roadmap, kurzfristige und mittelfristige Ziele ab. Das Bild muss immer wieder überprüft und eventuell neu gezeichnet werden. Die technologische Entwicklung ist derart schnell, dass bei laufender Analyse der Neuerungen, agiles Denken und Handeln angesagt sind.

Lesetipp: Customer Journey Mapping kurz erklärt

Die Erfahrungen der User, die mit den Tools arbeiten, sollten laufend getrackt werden, damit die User sich gehört fühlen und die kommenden Entscheidungen immer besser werden. Bei der Analyse der Stackie-Awards sieht man, dass die Unternehmen sukzessive reduzieren. Beispiele sind Yamaha und Cisco, die über mehrere Jahre auf der MarTech-Konferenz berichten und dazu klar Stellung genommen haben: Weniger ist mehr!

Definieren Sie ein Set an Standard-Tools. Aus diesem Tool-Set darf sich der Anwender nach einer Bedarfsanalyse sowie Schulung (auch oft e-Learning) bedienen. Versuchen Sie dabei so viel wie möglich mit einem Generalisten-Tool abzudecken. Schwächen des Generalisten-Tools beziehungsweise fehlende Funktionalitäten werden durch Nischenprodukte ergänzt.

Diese Balance zwischen Generalisten und Spezialisten zu finden ist vermutlich die schwierigste Aufgabe. Denn die Konsolidierung der eigenen Software-Landschaft darf natürlich nicht auf Kosten der Produktivität gehen. Die Anwender und die Kunden werden es Ihnen danken.