Die Transformation der Unternehmen auf der Basis von Cloud, Mobility, Analytics und Social Business findet auf zwei Ebenen statt, sagt Matthias Kraus, Research Analyst bei IDC Central Europe: Da ist zum einen der reine IT-Betrieb, wo es gilt zu standardisieren und den Aufwand zu reduzieren. Je besser das gelingt, desto größer wird der Spielraum auf der zweiten Ebene, auf der es um die digitale Umgestaltung des Unternehmens geht.
Was die betrieblichen Hausaufgaben betrifft, sind die IT-Chefs hierzulande gut unterwegs: Die Konsolidierung der IT-Landschaften sowie Verfügbarkeit, Durchsatz und Service-Level-Agreements stehen ganz oben auf ihrer Prioritätenliste. Doch es besteht die Gefahr, dass sie darüber den zweiten, wichtigeren Teil vernachlässigen. Punkte wie "Einsatz innovativer IT-Lösungen", "Einbindung sozialer Medien" oder auch "Entscheidungsunterstützung durch Analytics-Tools" rangieren unten auf der Skala der wichtigsten Aufgaben. Das belegt der "IT-Kompass", den unsere Schwesterpublikation Computerwoche in diesem Jahr bereits zum fünften Mal von IDC und der IDG-Marktforschung erstellen ließ.
Infrastruktur ohne Management-Overhead
Die Standardisierung der Infrastrukturlandschaft ist für die 308 befragten IT-Entscheider derzeit das wichtigste Thema überhaupt. 49 Prozent der Teilnehmer räumen ihm eine hohe Bedeutung ein. Fast gleichauf (mit 48 Prozent der Nennungen) liegen die Server-Virtualisierung und die "Senkung der operativen Betriebskosten". Wie Kraus erläutert, entstehen hohe Betriebskosten vor allem durch überflüssigen Management-Aufwand. Den gelte es zu verringern, um Geld und Manpower für innovative Projekte freizusetzen.
Unter den wichtigsten Infrastrukturthemen findet sich auch die Einführung beziehungsweise das Management mobiler Endgeräte. Mit 43 Prozent erhielt es diesmal aber weniger Nennungen als 2014 (48 Prozent). Kraus begründet das damit, dass die Unternehmen "beim Thema mobiles Arbeiten inzwischen weit vorangekommen" seien.
In diesem Jahr zum ersten Mal abgefragt wurden Trendthemen wie die Verknüpfung der eigenen Infrastruktur mit externen (Cloud-)Services, Netzvirtualisierung, Infrastructure as a Service (IaaS), Nutzung konvergenter Systeme sowie Software-defined Datacenters. Sie landeten alle unter ferner liefen. "Nach der Überzeugung von IDC müssen die IT-Verantwortlichen den neuen Verwaltungs-Tools und Management-Ansätzen größere Aufmerksamkeit widmen", mahnt Kraus. Mit den bisherigen Methoden ließen sich die zunehmend komplexen Umgebungen nicht mehr effizient und zuverlässig managen.
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Applikationen für die Kundenzentrierung
Als "Dauerbrenner" bezeichnet Matthias Zacher, Senior Consultant bei IDC, die Optimierung der Softwarelandschaft. Hier gelte es, unterschiedliche Themen gleichzeitig im Auge zu behalten. Dabei konzentrierten sich die IT-Verantwortlichen derzeit vor allem auf die Konsolidierung der Applikationslandschaft (40 Prozent). Laut Zacher reicht die Palette hier vom Verringern der Instanzen und der Lieferanten über die Vereinheitlichung von Business-Szenarien bis zum Software-Asset-Management.
Fast ebenso wichtig ist den IT-Chefs die Modernisierung der Business-Anwendungen (39 Prozent). Zacher erklärt das mit der immer stärkeren Kundenzentrierung der Unternehmen und der Notwendigkeit, die Applikationen darauf auszurichten. Demselben Zweck dienten die Bemühungen, mobilen Zugriff auf Anwendungen und Unternehmensdaten zu ermöglichen (ebenfalls 39 Prozent).
Die Einführung neuer Big-Data und Analytics-Tools hat gerade erst begonnen. Derzeit halten zwar nur 15 Prozent der Befragten diese Aufgabe für wichtig, aber "die Zuwachsrate ist außerordentlich hoch", wie Zacher bestätigt: im Vorjahr hatte der Wert bei acht Prozent gelegen - nahezu eine Verdopplung des Anteils an Nennungen also.
Dass die deutschen Unternehmen ihren IT-Betrieb mittlerweile besser im Griff haben, wird nach IDC-Auffassung auch durch die Rangfolge der wichtigsten IT-Service-Themen bestätigt. Hier liegt zwar die "Erhöhung des Service-Levels" immer noch auf Platz eins, aber nur mit 45 Prozent der Nennungen - nach 58 Prozent im Vorjahr. Auch die Dringlichkeit des Helpdesk-Themas hat nachgelassen (von 46 auf 40 Prozent). Dafür legte die "Schulung der Mitarbeiter" deutlich zu (von 34 auf 38 Prozent).
Laut IDC-Analyst Kraus sind die Anforderungen der Fachbereiche an das IT-Serviceniveau zuletzt rasant gestiegen: "Service-Levels, die in der Vergangenheit noch als ausreichend erachtet wurden, müssen sich nun weiter steigern." Denn die Verfügbarkeit der IT-Tools werde für das Alltagsgeschäft immer wichtiger: "Längere Unterbrechungen wirken sich direkt und negativ auf das Geschäft aus."
Zu viel vom Budget fließt in Operations
Für ihre Aufgaben steht den IT-Bereichen in diesem Jahr ein leicht erhöhtes Budget zur Verfügung. Etwa ein Drittel der IT-Entscheider prognostizierte zum Umfragezeitpunkt Ende 2014 eine - meist moderate - Steigerung ihrer Ausgaben, 19 Prozent gingen von einer Verringerung aus. Die operativen IT-Tätigkeiten verschlingen der Untersuchung zufolge 64 Prozent der verfügbaren Mittel. Anders ausgedrückt: Für spezifische Projekte mit den Fachabteilungen bleiben nur 36 Prozent. Diese Verteilung war in den vergangenen Jahren schon etwas günstiger - zum Beispiel 2013, als 41 Prozent der Budgets für Innovationen verwendet wurden.
Nicht eingerechnet sind allerdings die "Schattenbudgets" in den Fachbereichen. "IDC beobachtet seit einigen Jahren, dass Budgets für die Anschaffung und den Betrieb von Informationstechnologie nicht mehr ausschließlich von der zentralen IT-Organisation kommen, sondern immer häufiger von Fachabteilungen und dezentralen IT-Arbeitsgruppen bereitgestellt werden", bestätigt IDC-Consultant Sabrina Stadler: "Diese Entwicklung wird sich in den kommenden Jahren verstärken. Sie spiegelt zum einen die veränderten Beschaffungsmodalitäten in den Firmen und zum anderen die sich wandelnden Angebote der IT-Hersteller, Provider und Dienstleister wider."
Die Rolle der IT ist noch offen
Wie im vergangenen Jahr fragte IDC auch heuer nach der künftigen Bedeutung der internen IT-Bereiche. Dabei sollten die IT-Verantwortlichen ihre eigene Entwicklung einschätzen und die Business-Entscheider die der IT-Abteilungen. Dass die Ergebnisse unterschiedlich ausfielen, liegt wohl in der Natur der Sache. Allerdings liefen sie diesmal weiter auseinander als im Jahr zuvor - wobei sich an der IT-Sicht wenig verändert hat. 58 Prozent der ITler sind überzeugt: "Die Bedeutung der internen IT wird zunehmen." 32 Prozent behaupten das auch für die "strategische" Bedeutung der internen IT. Auf der Business-Seite sind aber nur 41 beziehungsweise 23 Pozent dieser Ansicht.
"Die IT-Abteilungen sehen sich selbst insgesamt gut positioniert und fest im Sattel. EinSelbstbild, das eventuell trügt?", fragt Lynn-Kristin Thorenz, Director Research & Consulting bei IDC. Aus Analystensicht nehme die Bedeutung von Technik und IT zwar zu - denn Geschäftsmodelle müssten ins digitale Zeitalter transformiert werden. Aber welche Rolle die interne IT dabei spielen werde, sei noch offen.
"Einerseits wäre gerade die IT in der Lage, denTransformationsprozess zu unterstützen und zu lenken," resümiert Thorenz, "aber dazu müsste sie wesentlich stärker ans Business und die Fachabteilungen heranrücken und sich vom Silodenken in einzelnen Technologien abwenden." Sonst laufe sie Gefahr, von den Fachbereichen in die operative Nische gestellt zu werden und den Wandel nicht mitzugestalten.