Fachwissen allein genügt nicht

Die guten Mitarbeiter von morgen

21.03.2013
An Angestellte werden heute immer häufiger neue Anforderungen gestellt. Deshalb brauchen gute Mitarbeiter heute auch teils andere Fähigkeiten als früher, sagt Julia Voss.
Foto: Christian Töpfer, Fotolia

Was unterscheidet einen sehr guten Mitarbeiter von einem durchschnittlichen? Klar ist: Wer in seinem Beruf Spitze sein möchte, braucht das nötige Fachwissen. Doch dieses genügt in der Regel nicht, um beruflich erfolgreich zu sein. Denn Berufstätige müssen mit anderen Menschen kooperieren und harmonieren. Und dies setzt ebenfalls gewisse Fähigkeiten voraus. Doch welche?

Das hängt unter anderem von der Struktur der Betriebe ab. So waren in den sehr hierarchisch strukturierten Betrieben, die bis vor knapp 20 Jahren die Unternehmenslandschaft prägten, primär die klassischen Sekundärtugenden - auch preußische Tugenden genannt - gefragt. Die Mitarbeiter sollten pünktlich und fleißig sein sowie gewissenhaft und zuverlässig ihre Aufgaben erfüllen. Und ansonsten ihren Mund halten.

Anforderungen ändern sich immer schneller

Doch dann, vor circa 20 Jahren setzte der Siegeszug der Team- und Projektarbeit ein. Das heißt, statt einzelnen Mitarbeitern Teilaufgaben zu übertragen, wurden nun an Mitarbeitergruppen ganze Aufgabenkomplexe delegiert. Dies wirkte sich auf die Anforderungen aus. "Teamfähig soll unser Mitarbeiter sein", lautete fortan eine Standardanforderung in Stellenanzeigen. Und zudem sollten die Neuen "kommunikativ" und "konfliktfähig" sein. Denn wenn mehrere Mitarbeiter gemeinsam eine Aufgabe erfüllen, besteht ein größerer Abstimmungsbedarf. Zudem gibt es mehr Reibungspunkte.

Und heute? Heute ist die Team- und Projektarbeit in den meisten Betrieben "gängige Praxis", Dafür gewinnen neue Themen an Bedeutung. Denn aufgrund der Globalisierung und des rasanten technischen Fortschritts stehen die Unternehmen unter einem enormen Veränderungsdruck. Also müssen ihre Mitarbeiter immer häufiger ihre Denk- und Verhaltensmuster den veränderten Rahmenbedingungen anpassen.

Mitarbeiter müssen "Selbstentwickler" werden

Hieraus resultiert ein immenser Lernbedarf - ein Bedarf, der mit zentral von der Personalabteilung organisierten Qualifizierungsmaßnahmen allein meist nicht mehr gedeckt werden kann. Dafür ist der Lernbedarf zu individuell und in den Fachbereichen zu verschieden. Deshalb muss das Lernen ein Teil des Arbeitsalltags werden. Und: Die Mitarbeiter müssen ihre Entwicklung selbst in die Hand nehmen. Sie müssen sozusagen "Selbstentwickler" werden, um begehrte Arbeitskräfte zu bleiben.

Das setzt mehrere Fähigkeiten voraus. Die Mitarbeiter müssen zum Beispiel lernen, eigene Lernprozesse zu organisieren; des Weiteren sich zum Lernen zu motivieren. Diese Fähigkeit zur Selbstmotivation wird in der modernen Arbeitswelt zu einer Schlüsselkompetenz. Denn je eigenständiger und -verantwortlicher die Mitarbeiter arbeiten, umso öfter geraten sie an einen Punkt, bei dem sie zunächst das Gefühl haben: Das kann ich nicht. Dann wird von Arbeitnehmern heute erwartet, dass sie nicht unmittelbar die Flinte ins Korn werfen, sondern sich fragen "Unter welchen Voraussetzungen könnte ich die Aufgabe doch lösen?" und einen Versuch wagen.

Zuversicht "Ich schaffe das schon"

Das setzt voraus, dass die Mitarbeiter die erforderliche Grundzuversicht "Irgendwie schaffe ich das schon" entwickeln, um neue Aufgaben beherzt anzugehen. Diese Fähigkeit, sich in eine positive, zuversichtliche Stimmung zu versetzen, fehlt vielen Arbeitnehmern noch. Die Folge: Sie verfallen bei neuen Herausforderungen oft in eine Art Schockstarre und fühlen sich schnell überfordert. Ein Indiz hierfür ist die wachsende Zahl psychischer Erkrankungen. Über diesen Zusammenhang sollten die Betriebe einmal nachdenken. Dann ließen sich auch Präventionsmaßnahmen organisieren. (oe)
Die Autorin Julia Voss ist Geschäftsführerin des Trainings- und Beratungsunternehmens Voss+Partner, Hamburg.
Weitere Informationen und Kontakt: www.voss-training.de.