Am 1. März 1938 gründete der damals 28-jährige Lee Byung-chul in Daegu ein Handelshaus, das unter anderem getrockneten Fisch nach China exportierte. Die Firma nannte er Samsung Trading, das bedeutet "drei Sterne". Die waren auch bis ins Jahr 1992 im Logo der Firma enthalten. In den folgenden Jahren war die Firma vor allem im Lebensmittel- und nach dem Koreakrieg auch Textilbereich und im Transportgewerbe aktiv.
Heute ist Samsung der größte unter den sogenannten Jaebeol, Darunter versteht man große Mischkonzerne, bei denen ein Familienklan erhebliche Anteile hält oder sogar die Firma kontrolliert. Darin ähneln sie den japanischen Zaibatsu. Wichtige Jaebeol neben Samsung sind beispielsweise die LG Group, Hyundai oder die aus Samsung hervorgegangene CJ Group. Nach dem Tod des Firmengründers Lee Byung-chul wurde die ursprüngliche Samsung-Gruppe in vier eigenständige Konglomerate aufgeteilt: die Samsung Gruppe, die Shinsegae-Gruppe, die CJ-Gruppe und schließlich die Hansol Gruppe. Das größte der vier neuen Konglomerate blieb aber die Samsung-Gruppe, nun unter der Führung von Lee Kun-hee. Der dritte Sohn von Lee Byung-chul. Lee Kun-hee ist heute mit einem Vermögen von mehr als 12 Milliarden US-Dollar der reichste Mann Südkoreas.
Die großen Mischkonzerne haben in der Vergangenheit nicht nur die südkoreanische Wirtschaft entscheidend geprägt, sondern auch einen erheblichen Einfluss auf die Politik ausgeübt. Der wurde erst im Zuge der asiatischen Finanzkrise Ende der 1990er Jahre eingeschränkt, die einige der Jaebeol in den Ruin gerissen hat. Die überlebenden Konzerne konzentrierten sich meist auf ihre lukrativen Kernbereiche. So verkaufte etwa Samsung die meisten Anteile an die 1994 zusammen mit Nissan gegründeten Automobilsparte Renault. Heute halten die Koreaner nur noch etwa 20 Prozent an Renault Samsung Motors (RSM).Sie ist Teil der Nissan-Renault-Allianz.
Die Struktur des Samsung-Konzerns
Nach der Asien-Krise folgte ein enormer Aufschwung für die Samsung-Gruppe, die immer noch eine Fülle von Geschäftsbereichen abdeckt. Der größte davon ist Samsung Electronics. Weitere wichtige Bestandteile der Gruppe sind etwa die auf Luftfahrt, Rüstung und Robotik spezialisierte Maschinenbaufirma Samsung Techwin, die Samsung C&T Engineering & Construction Group als einer der größten Baukonzerne Asiens oder der Schiffbaukonzern Samsung Heavy Industries. Samsung Techwin ist als Zulieferer am Bau der Treibwerke für Flugzeuge wie den Airbus 380 oder die Boeing 787 beteiligt.
Mit Cheil Worldwide gehört auch noch eine der größten Werbeagenturen der Welt zum Samsung-Geflecht, zudem ist Samsung seit 1958 auch noch im Versicherungsgeschäft aktiv.
Bis 2008 kontrollierte Lee Kun-hee als Chairman den Gesamtkonzern, musste dann aber nach einer Verurteilung wegen Steuerhinterziehung zurücktreten. Seitdem bestimmen die CEOs der einzelnen Samsung-Konzerne gemeinsam über das Schicksal der Samsung-Gruppe. Allerdings hat dann dabei auch Lee Kun-hee wieder ein gewichtiges Wort mitzusprechen. Denn das Samsung-Oberhaupt wurde bereits 2010 vom damaligen südkoreanischen Präsidenten Lee Myung-bak begnadigt und übernahm danach die Position als Chairman von Samsung Electronics.
Start mit Fernsehern: Samsung Electronics
Die Elektroniksparte von Samsung nahm ihren Anfang im Jahr 1969 mit der Gründung von Samsung Electronics. Zu Beginn startet das neue Unternehmen zwei Joint-Ventures mit den japanischen Herstellern Sanyo und NEC. Die neuen Firmen begannen mit der Ausbildung von Samsung-Ingenieuren in Japan bei Sanyo und NEC. 1970 kommt schließlich mit dem Schwarzweiß-Fernseher P-3202 das erste Produkt der neuen Firma in Kooperation mit Sanyo auf den Markt. Im selben Jahr beginnt die Produktion eigener Bildröhren, hier leistet NEC Starthilfe. Für die Fertigung wird eine neue Fabrik in Suwon errichtet.
Schnell wächst das Sortiment der beiden Firmen: Samsung-Sanyo Electrics beginnt mit der Herstellung weiterer TV-Modelle und Radios. 1974 steigt das Unternehmen in die Produktion von Waschmaschinen und Kühlschränken ein. Danach folgen weitere Haushaltsgeräte und auch die erste Rechenmaschine entsteht. Samsung-NEC produziert nicht für Endkunden, sondern stellt als Zulieferer elektronische Bauteile her. Im selben Jahr verschwinden die Namen der japanischen Geschäftspartner aus den Firmennamen. Aus Samsung-Sanyo wird Samsung Electrics, aus Samsung-NEC das eigenständige Samsung-Tochterunternehmen Samsung SDI, heute vor allem als Akkuhersteller aktiv.
1976 kann das Unternehmen die Produktion von einer Million Schwarzweiß-Fernseher feiern, im Jahr darauf sind es schon drei Millionen. 1977 folgen die ersten Farbfernseher. Im selben Jahr geht Samsung Electrics in Samsung Electronics auf. 1979 beginnt Samsung auch mit der Produktion von Videorekordern und Kameras. Kameras baut die Firma noch heute, die Videorekorder wurden inzwischen durch DVD- und Blu-ray-Player abgelöst.
Anfang der 80er Jahre expandiert Samsung in die USA und nach Europa. 1982 wird mit der SEG eine deutsche Vertriebsorganisation gegründet, im selben Jahr beginnt die Produktion von TV-Geräten in einem neu gegründeten Zweigwerk in Portugal.
Heute ist Samsung nicht nur führend bei der Herstellung von TV-Geräten, sondern auch bei der Produktion von LCD-Panels als Zulieferer für andere Hersteller. Bei AMOLED-Displays hatte Samsung 2012 einen Markanteil von mehr etwa 97 Prozent. Mit den eigenen TV-Geräten ist Samsung bei jedem Trend wie Smart-TV, 4K-Auflösung oder gewölbte Screens vorne mit dabei.
Beginn der Halbleiterfertigung
Bereits 1974 hat Samsung den Halbleiterhersteller Korea Semiconductor übernommen, einen der ersten Chiphersteller Südkoreas. Zunächst operiert Samsung Semiconductor eigenständig, kann aber den Bedarf von Samsung Electronics an Bauteilen nicht decken. 1979 wird der Chiphersteller schließlich von Samsung Electronics übernommen. 1984 bringt Samsung als erster Hersteller 256K-DRAM-Chips auf den Markt. Seit 1993 sind die Koreaner der weltweit größte Hersteller von DRAM-Speicherchips, seit 2002 zudem noch führend bei NAND-Flash-Speichern. Damit ist Samsung einer der wichtigsten Zulieferer für die Hersteller von Servern, PCs, Tablets und Smartphones.
Als Prozessorhersteller hat Samsung vom Smartphone- und Tablet-Boom der vergangenen Jahre profitiert. Denn die Firma stellt hauptsächlich Applikationsprozessoren und SoCs auf ARM-Basis her. Samsung ist dabei sowohl als Lohnfertiger als auch mit eigenen Prozessordesigns aktiv. Die Exynos-Prozessoren werden primär in den eigenen Geräten eingesetzt.
Mitte der 1990er Jahre hatte Samsung versucht, mit dem Alpha-Prozessor bei Servern und Workstations Fuß zu fassen. Die Koreaner hatten 1996 eine Produktionslizenz von DEC erworben. Nach der Übernahme von DEC durch Compaq gründeten Compaq und Samsung eine gemeinsame Firma für die Produktion und Weiterentwicklung des Alpha. Allerdings konnte sich der RISC-Prozessor nicht gegen die x86-Prozessoren von Intel und AMD durchsetzen. Die Übernahme von Compaq durch HP besiegelte 2004 schließlich das Ende des ambitionierten Projekts.
Außer als Chiphersteller war Samsung seit den 90er-Jahren auch bei der Herstellung von Druckern, optischen Laufwerken und Massenspeichern aktiv. Hier konzentrieren sich die Koreaner seit einigen Jahren ausschließlich auf SSDs. Das 1988 begonnene Festplattengeschäft verkaufte Samsung 2011 an Seagate. Da ein Teil des Kaufpreises in Firmenanteilen beglichen wurde, ist Samsung nun mit 9,6 Prozent der größte Einzelaktionär bei Seagate.
Samsung als PC-Hersteller
Die ersten Schritte als Computerhersteller unternahm Samsung bereits 1982 mit dem SPC-1000. Der 8-Bit-Rechner mit Zilog-Z80-Prozessor und integriertem Tape-Laufwerk. Auf Youtube ist ein Samsung-Werbespot für den SPC abrufbar.
Der MSX-Rechner SPC-800 kam 1984 sogar nach Europa, allerdings nicht unter dem Namen Samsung. Er wurde in Italien als Fenner SPC-800 verkauft. 1990 hatten die Koreaner mit dem S3710 eines der ersten Notebooks auf den Markt gebracht, also einen leichteren und flacheren Mobilrechner, als die bis dato üblichen Laptops.
In Deutschland wurde Samsung aber erst Anfang der 2000er-Jahre mit den Notebooks der Q- und X-Serien bekannt. Das flache X10 war eines der ersten Centrino-Notebooks. 2006 scheiterte mit dem UMPC Q1 der Versuch, Consumer-Tablets auf dem Markt zu etablieren. Weder die damaligen Intel-Prozessoren noch Windows XP oder Vista waren für Tablets wirklich gut geeignet. Erfolgreicher waren die 2011 vorgestellten superflachen und eleganten Series-9-Notebooks. Im selben Jahr brachten die Koreaner auch das Windows-Tablet Slate 7 und das erste Chromebook auf den Markt. Beide hatten nur sehr begrenzten Erfolg. 2014 schließlich stellte Samsung den Vertrieb von Notebooks, Windows-Tablets, All-in-One-PCs und auch Chromebooks in Deutschland ein.
Seitdem verkauft Samsung in Deutschland nur noch Tablets und Smartphones. In diesen Bereichen ist Samsung auch Marktführer, bei den Windows-Geräten sind die erfolgsgewohnten Koreaner nur im Mittelfeld.
Aufstieg zum Smartphone- und Tablet-Giganten
Bereits 1988 brachte Samsung mit dem SH-100 ein Mobiltelefon auf den Markt. Damit gehörte Samsung durchaus zu den Pionieren auf diesem Gebiet, denn eine größere Verbreitung erreichten Mobiltelefone erst mit der Einführung digitaler Mobilfunknetze in den 90er-Jahren. Mit dem SH-700 folgte 1993 eines der seinerzeit leichtesten und kompaktesten Geräte. Es wog etwa 100 Gramm. Fünf Jahre später kam mit dem SCH-800 das erste Klapp-Mobiltelefon von Samsung auf den Markt. Seinerzeit ein sehr beliebter Formfaktor. Selbst das Windows-Mobile-2002-Phone SCH-i600 von 2003 ließ sich zusammenklappen. Es war das erste 3G-Gerät von Samsung.
Das Samsung World Phone (SCH-A790) war 2004 das erste Mobiltelefon auf dem US-amerikanischen Markt, das die High-Speed-Übertragung bei GSM und CDMA unterstützt. Ein BlackBerry-Konkurrent mit Windows Mobile und dem Namen BlackJack (SGH-i607) führte 2006 zu einem Rechtsstreit mit dem BlackBerry-Hersteller RIM. Der Streit wegen der Namensähnlichkeit der Geräte wurde außergerichtlich beigelegt.
2007 gehörte Samsung zu den Gründungsmitgliedern von Googles Open Handset Alliance und brachte 2009 mit dem i7500 das erste Samsung-Smartphone mit Android in den Handel. Bereits zuvor wurden Touchscreen-Smartphones mit eigenem Betriebssystem und der TouchWiz-Oberfläche entwickelt, die dann für die Android-Geräte adaptiert wurde. Mit dem Galaxy S nahm 2010 die erfolgreiche Galaxy-Baureihe ihren Anfang, mit der Samsung Apple als erfolgreichster Smartphone-Hersteller ablöste. Auch mit den Galaxy-Tablets konnte Samsung den iPads einige Marktanteile abnehmen.
Samsung und Apple
Die Galaxy-Smartphones waren auch der Auslöser für den langjährigen Patentkrieg zwischen Apple und Samsung. Steve Jobs sah in Googles Android nur eine schlechte Kopie von iOS. 2010 hat der Apple-Chef gegenüber seinem Biografen Walter Isaacson erklärt: "Er werde Android zerstören, weil es ein gestohlenes Produkt ist. Ich bin bereit, diesbezüglich einen thermonuklearen Krieg zu entfachen." Google selbst konnte Jobs ab juristisch nicht angreifen, da der Suchmaschinengigant das mobile Betriebssystem selbst nicht als kommerzielles Produkt vermarktet. Stattdessen traf die Attacke Samsung als wichtigstem Hersteller von Android-Geräten.
Am 15. April 2011 reichten die Apple-Juristen beim Bezirksgericht von Nordkalifornien eine Klage gegen Samsung ein: Das Galaxy S hätte das patentierte Erscheinungsbild und die Benutzeroberfläche des iPhone kopiert. Samsung reagierte mit einer Reihe von Gegenklagen wegen angeblich durch Apple verletzter Mobilfunk-Patente. Apple reagierte wiederum mit einer ganzen Reihe von Klagen in verschiedenen Ländern, die nun auch andere Samsung-Smartphones und Tablets zum Ziel hatten. So entscheid beispielsweise das Landgericht in Düsseldorf im August 2011, dass das Galaxy Tab 10.1 in Deutschland nicht verkauf werden dürfe. In Großbritannien entscheid das zuständige Gericht dagegen, dass die Samsung mit dem Galaxy Tab das iPad nicht kopiert hatte. Apple wurde sogar dazu verpflichtet, einen entsprechenden Hinweis auf die eigene Website zu stellen.
Die diversen Klagen, Gegenklagen und Berufungsverfahren zogen sich noch über mehrere Jahre hin. In den USA wurde Samsung schließlich im Mai 2014 zur Zahlung von 119,6 Millionen US-Dollar an Apple verurteilt, Apple hatte etwa zwei Milliarden an Entschädigungszahlungen verlangt. Apple musste wiederum 158.000 US-Dollar für ein verletztes Patent an Samsung bezahlen.
Ein pikanter Aspekt war dabei, dass Samsung während der gesamten Laufzeit der Prozesse der wichtigste Lieferant von Hardware-Komponenten für iPhone und iPad war und immer noch ist. Ist wohl auch einer der Gründe dafür, dass beide Unternehmen im August 2014 eine Art Waffenstillstand geschlossen haben.
Samsung heute
2012 hatte die Samsung-Gruppe etwa 425.000 Angestellte, davon Samsung Electronics allein 236.000, mehr als Apple, Microsoft und Google zusammen. Im lukrativen Smartphone-Markt musste Samsung im vergangenen Jahr Federn lassen: Bei günstigen Smartphones macht sich die Konkurrenz chinesischer Hersteller bemerkbar, im High-End-Sektor hat Apple wieder zugelegt. Für zusätzliche Unruhe sorgt, dass sich Lee Kun-hee nach einer Herzattacke Ende 2014 wohl aus der Firmenleitung von Samsung Electronics zurückzieht. Als Thronfolder ist wohl dessen 46-jähriger Sohn Jay Y. Lee auserkoren.
Trotzdem ist die aus 80 Firmen bestehende Samsung-Gruppe immer noch ein Mega-Konzern und Samsung Electronics einer der führenden Hersteller von Haushaltsgeräten sowie Unterhaltungselektronik wie Fernsehern oder Blu-ray-Playern. Auch bei der Halbleiterfertigung und bei SSDs gehören die Koreaner zur Weltspitze. Dadurch kann Samsung eine Flaute bei einem Geschäftsbereich leichter ausgleichen, wie viele Mitbewerber mit weniger Geschäftsfeldern. (hal)