Sind Sie Jungfrau?

Die fiesesten Fragen im Bewerbungsgespräch

27.04.2021 von Meredith Levinson
In Bewerbungsgesprächen geht es nicht nur darum, Informationen über die Job-Kandidaten zu bekommen. Wir zeigen Ihnen, wie Sie auf typische Killerfragen im Gespräch souverän reagieren.
Wenn Sie die eine oder andere "Stressfrage" bereits kennen, können Sie souveräner antworten.
Foto: Kzenon - Fotolia.com

"Hi!", grüßt ein Thomas im Forum Fachinformatiker. "Würde mich mal interessieren, was ihr Euren Azubi-Bewerbern so für Fragen stellt...". Die Antwort in Auszügen: "Wie viel Sekunden haben fünf Minuten?" "Warum möchten Sie gerade diesen Beruf erlernen?" "Würden Sie eventuell auch eine andere Lehrstelle antreten? Wenn ja, welche?".

Sollten es solche und ähnliche Fragen sein, die Ihnen bei einem Bewerbungsgespräch den Schweiß auf die Stirn treiben, haben sie ihren Zweck erfüllt: Personalchefs stellen "Killerfragen", um Job-Kandidaten aus der Reserve zu locken, sie zu verunsichern, oder sie dazu zu bringen, vom gut trainierten Gesprächsleitfaden gängiger Bewerberratgeber abzuweichen.

"Sind Sie Jungfrau?" soll der Manager eines Unternehmens eine hübsche Bewerberin gefragt haben. Diese traute zunächst ihren Ohren nicht, besann sich dann aber in Sekundenschnelle und antwortete: "Nein, mein Sternzeichen ist Löwe".

Bewerber sollten ganz ohne standardisierte Vorbereitung ein Vorstellungsgespräch selbstbewusst und gelassen antreten, empfiehlt die Hamburger Personalberaterin Elisabeth Strack in der SZ: "Wer es für einen Kampf hält, kann nicht gewinnen".

Speziell für Job-Suchende aus der IT-Branche hat cio.com Job-Vermittler mit Erfahrung im IT-Bereich über typische Killerfragen interviewt. Wir stellen Ihnen die wichtigsten vor.

"Warum sind Sie schon so lange arbeitslos?"

Sollten Sie schon länger arbeitslos sein, ist es besser, das erklären zu können. Viele Kandidaten, berichtet ein Personalvermittler, kämen bei dieser Frage ins Stottern. Und sie wird häufiger gestellt, je schlimmer sich die Folgen des wirtschaftlichen Abschwungs auf den Arbeitsmarkt auswirken.

"Wie viele Leute waren in Ihrer Abteilung und wie viele wurden entlassen?"

Dass jemand entlassen wird, kommt vor - natürlich. Nur blöd, wenn ausgerechnet Sie der einzige waren. Dann könnte es sein, dass Ihr Chef die Budgetkürzungen dazu genutzt hat, sich leicht von einem ungeliebten Mitarbeiter zu verabschieden (autsch!). Aber bevor die Personalen zu voreiligen Schlüssen bei der Antwort auf diese Frage kommen, stellen sie lieber eine dritte:

Keine Chance bei fehlender Loyalität

"Warum glauben Sie, dass es ausgerechnet Sie getroffen hat?"

Wer an dieser Stelle wütende Statements über seinen früheren Arbeitgeber ablässt, hat schon verloren, weil er damit mangelnde Selbstkontrolle und fehlende Loyalität offenbart.

Antworten Sie besser, dass Sie es auch nicht wüssten. Das, so sagen Personalberater, sei wenigstens eine akzeptable Antwort. Eine weitere Möglichkeit, der aufgestellten Falle zu entgehen: Sagen Sie, dass Sie sich eine Antwort dazu überlegen und auf die Frage zurückkommen, sobald sie eine haben. Mit ein bisschen Glück vergisst der Personalchef diese Frage dann später.

"Haben Sie selbst schon einmal jemanden entlassen?"

Ein Berater erzählt, dass ihn ein CEO schon einmal mit dieser Frage überrascht habe. "Ich schnitze mir keine Kerbe in den Colt", habe er geantwortet. "Aber ich musste es tun, also tat ich es." Sein Chef-in-spé erläuterte später: "Ich habe jemanden gesucht, der das schon einmal gemacht hat. Viele Kandidaten hatten es nicht."

Dabei ist eine positive Antwort auf diese Frage ein deutliches Zeichen dafür, dass Sie auch in schwierigen Zeiten fähig sind, komplizierte Dinge zu regeln.

"Wenn der CIO oder irgendein wichtiger Mensch aus Ihrem Unternehmen zu Ihnen kommt und Sie um die Lösung eines dringenden Problems bittet: Wie reagieren Sie?"

Diese Frage wird IT-Wechslern häufig gestellt. In der verschärften Variante unterstreicht der Personalchef das Problem noch durch ungeduldiges Klopfen auf den Tisch. Bei der Frage geht es darum, Kandidaten zu identifizieren, die bereit sind, die Initiative zu ergreifen. Weniger willkommen sind hier Bewerber, die als erstes nach Hilfe rufen und genaue Anweisungen von oben erwarten. Wer sich hier als stress-resistent erweist, hat gute Chancen auf den Job.

"Welches Buch haben Sie zuletzt gelesen?"

Diese harmlos daherkommende Frage ist eine echte Sprengfalle. In der Antwort geht es dabei weniger um die Alternative zwischen Dan Brown oder Günter Grass. Vielmehr gibt es Jobs, die verlangen die regelmäßige Lektüre von Fachbüchern, um auf dem Laufenden zu bleiben. Wer hier Eigeninitiative zeigt, punktet besonders dann, wenn das Budget für Weiterbildung in der IT-Abteilung gerade auf ein Minimum zusammengestrichen wurde.

Überraschenderweise führt unter Umständen auch die Antwort "gar keins" nicht zum Punktabzug. Es könnte ja sein, so ein Personalchef, dass die Bewerber sich mit technischen Anleitungen oder einschlägigen Webseiten auf den Stand der Dinge brächten.

"Wenn Sie ein Jahr in die Zukunft denken: Was wird Sie dann im Unternehmen halten?"

Hintergrund dieser Frage: Sitzt da ein Kandidat, der demnächst mit dem Fallschirm in der IT-Abteilung landet, im Handstreich noch vor dem nächsten Brand alle Probleme löst und dann schnell vor Langeweile vergeht? Oder ist da jemand, der lieber auf nachhaltige Beutezüge geht und dafür länger Spaß an der Sache hat? "Ich würde hier nicht sitzen", antwortete ein Bewerber, "wenn ich nicht dächte, dass der Job genau das ist, was ich suche. Aber wie soll ich wissen, ob das in einem Jahr auch noch so ist? Allerdings gehen wir alle dieses Risiko ein." Er bekam den Job.

"Wie lange wird es dauern, bis Sie mit positiven Ergebnissen Ihrer Arbeit aufwarten können?"

Jeder Personalchef wünscht sich Bewerber, die ohne große Einarbeitungszeit und Trainings loslegen. Im speziellen Fall verrät die Antwort etwas darüber, wie sehr ein Kandidat seinen Fähigkeiten vertraut und wie gut er die Anforderungen an die Stelle verstanden hat. Das wiederum hilft dem Personalchef bei seiner eigenen Einschätzung, wie lange es dauern wird, bis sich der neue Mitarbeiter produktiv betätigen wird.

"Warum glauben Sie, dass ausgerechnet Sie den größten Anteil an der erfolgreichen Arbeit Ihrer Abteilung haben?"

Eine typische Stressfrage, denn sie verlangt vom Bewerber, dass er sich sehr genau mit seiner Rolle beschäftigt hat und Auskunft darüber geben kann, was konkret er bei seinen früheren Arbeitgebern zum Unternehmenserfolg beigetragen hat.

"Wenn Sie wissen, wie Sie 20 Prozent Kosten sparen können: Schaffen Sie auch 30 oder 40?"

Eine Frage für Bewerber, die ihren bisherigen Erfolg auf einem Schild am Revers vor sich her tragen. Sie dient dazu, eine Dosis Realitätssinn in die Diskussion zu bringen: Waren die Erfolge das Ergebnis eher von großen, mittleren oder doch von kleinen Anstrengungen?

"Was ist Ihre größte Schwäche?"

Ungeachtet dessen, dass diese Frage zu den absoluten Killerfragen-Klassikern gehört, geraten Bewerber darüber noch immer ins Stottern. Aber es gibt kein Entkommen. Also ist es besser, darauf eine befriedigende Antwort einzustudieren. Sagen Sie jedoch nicht, es sei Ihr größter Fehler, zu viel zu arbeiten. Das sorgt nur dafür, dass der Personalchef genervt mit den Augen rollt. Lassen Sie sich lieber was Persönliches einfallen und erklären Sie auch, wie Sie mit diesen Schwächen umgehen.