Studien über die Marktanteile beim E-Payment gibt es zuhauf. Auch wenn sich die Ergebnisse bisweilen unterscheiden, wird schnell klar, welche Bezahlverfahren von deutschen Online-Kunden am häufigsten verwendet werden.
So listet die EHI-Studie "Online-Payment 2015", für welche die umsatzstärksten Online-Händler in Deutschland befragt wurden, an erster Stelle die Bezahlung per Rechnung auf. Ganze 28 Prozent der Online-Einkäufe werden demzufolge auf diese Weise bezahlt. An zweiter Stelle folgt die Lastschrift mit einem Anteil von 21,8 Prozent. Auf den weiteren Plätzen liegen PayPal (20,2 Prozent), Kreditkartenzahlung (10,8 Prozent), Vorkasse (6,6 Prozent), Ratenkauf (4,5 Prozent) sowie Sofortüberweisung (3,2 Prozent).
"Der Anteil der verschiedenen Bezahlverfahren ist in den letzten Jahren relativ konstant geblieben", erklärt dazu Carlos Häuser, der als Executive Vice President Payment & Risk beim Payment Service Provider Wirecard einen guten Überblick über das Segment hat. Im Wesentlichen verteile sich das E-Payment auf Zahlungen mit E-Wallet, Kreditkarten, Kauf auf Rechnung sowie Onlinebanking-basierte Verfahren.
"Der deutsche Käufer ist sehr konservativ, das führt dazu, dass ein Händler mit vier bis fünf angebotenen Bezahlverfahren bereits 80 Prozent der Kunden abdecken kann", so Häuser. Anstelle dramatischer Veränderungen lasse sich auf dem Payment-Markt eher eine evolutionäre Entwicklung beobachten, bei der es höchstens innerhalb der einzelnen Bezahlverfahren zu Verschiebungen bei den jeweiligen Anbietern komme.
Klarna und PayPal weiter im Aufwind
Ein gutes Beispiel dafür ist die in Deutschland beliebteste Zahlart, der Kauf auf Rechnung. Das bestätigt auch Robert Hein, Geschäftsführer des E-Commerce-Dienstleister 004 GmbH: "In Deutschland sind die Bezahlvarianten Rechnung und Ratenkauf ein absolutes Must." Der E-Commerce-Experte gibt auch gleich einen Hinweis darauf, wer in dem Segment derzeit für die größte Dynamik sorgt: Vor allem Klarna habe sich hier in letzter Zeit sehr gut durchgesetzt.
Der schwedische Payment-Anbieter ist der führende Zahlungsdienstleister in den skandinavischen Ländern und ist in Deutschland seit 2010 aktiv. Mit einer Schwerpunktsetzung auf Rechnungs- und Ratenkauf versuchte Klarna nicht nur, sich vom Wettbewerb abzusetzen, sondern konnte auch zusammen mit Anbietern wie Billpay und Ratepay das Angebot der für Endkunden sehr bequemen Bezahlvarianten insgesamt vorantreiben.
Ebenfalls eine gute Dynamik verzeichnet laut der EHI-Studie PayPal. Der Bezahldienst konnte gegenüber dem Vorjahr um 2,5 Prozent zulegen. Klammert man Bezahlungen bei Amazon aus dem Marktbild aus, würde PayPal sogar auf einen Marktanteil von 25 Prozent kommen. Nach der Trennung von eBay Mitte 2015 will PayPal noch einmal zusätzlich Gas geben, wie Deutschland-Chef Arnulf Keese im Interview mit ChannelPartner bekräftigte: "Wir wollen zeigen, dass unsere Innovationskraft ungebrochen ist und dass wir uns nach der Aufspaltung in einer Aufbruchsstimmung befinden."
Für Payment-Experte Carlos Häuser handelt es sich dabei nicht nur um Marketing-Getöse: "PayPal hatte schon von dem Split von eBay eine sehr starke Marktstellung - bei Wallet-Zahlungen ist überwiegend PayPal im Spiel. Die neue Selbstständigkeit des Unternehmens kann da durchaus ein zusätzlicher Vorteil sein."
Ob der große Wurf allerdings bereits PayPal Plus ist, die All-in-One-Lösung, mit welcher der Bezahldienst kleinen und mittleren Händlern das Angebot von PayPal, Lastschrift, Kreditkarte und Rechnung aus einer Hand ermöglichen will, ist unklar. Schließlich handelt es sich hier um keine vollwertige Lösung, wie sie traditionell ein Payment Service Provider anbietet. "Die Idee ist zudem nicht neu - in der Vergangenheit hat beispielsweise Klarna mit seinem Checkout bereits eine ähnliche All-in-One-Lösung auf den Markt gebracht", berichtet Häuser.
Neue Initiative der Banken
Interessante Impulse zum Thema E-Payment gab es in letzter Zeit auch von Seiten der Banken. Nachdem diese auf die Entwicklung im Internet lediglich mit dem wenig genutzten und nur einem Teil der deutschen Bankkunden offenstehenden Bezahldienst Giropay reagiert hatten, wurden diese in den letzten Jahren von dem Bezahlverfahren Sofortüberweisung in den Schatten gestellt.
Zwar agiere Sofortüberweisung mit der von den Banken eigentlich verbotenen Eingabe von PIN und TAN auf einer Drittseite in einem rechtlichen Graubereich, doch erfreue sich das Bezahlverfahren wegen seiner Echtzeitfunktionalität bei den Kunden steigender Beliebtheit, erklärt Wirecard-Manager Carlos Häuser. Wenn nun die deutschen Banken mit Paydirekt eine - allerdings noch in der Pilotphase befindliche - gemeinsame Lösung in den Markt brächten, sei das zu begrüßen.
Zum Video: Die Entwicklung auf dem Payment-Markt
Anders als bei Giropay müssten Kunden künftig nicht mehr überprüfen, ob ihre Bank bei dem Angebot überhaupt mitmache. Payment-Experte Häuser wagt deshalb eine positive Prognose: "Wenn ein Onlinebanking-basiertes Zahlungsverfahren nun den Kunden mit der Sicherheit der eigenen Bank zur Verfügung steht, ist das durchaus erfolgversprechend."
Während sich die verschiedenen Varianten beim E-Payment somit sukzessive weiterentwickeln, herrscht beim Mobile Payment die deutlich größere Aufbruchsstimmung. Apple Pay und die Verwendung von NFC-Chips in den neuen iPhone-Modellen haben zu einer Dynamik geführt, die vor allem im angelsächsischen Raum bereits zu konkreten Marktauswirkungen führt. In Deutschland ist Apple Pay bislang allerdings noch nicht verfügbar und scheint die Bereitschaft zu Mobile Payment grundsätzlich noch recht gering.
Doch zunächst gilt es zu unterscheiden, was mit Mobile Payment überhaupt gemeint ist. Denn der Begriff kann auch einfach nur die Bezahlung auf mobilen Geräten meinen - beim Kauf in Online-Shops sowie innerhalb von Shopping-Apps. Dem Trend zum Couch Commerce folgend - also dem bequemen Einkauf per Tablet auf dem heimischen Sofa - geschieht das bereits sehr häufig und wird auch von allen wichtigen E-Payment-Anbietern durch entsprechende APIs für Responsive Webseiten und Shopping-Apps unterstützt.
Mobile Payment steht in den Startlöchern
"Echtes Mobile Payment - also die Bezahlung mit dem mobilen Device am Point of Sale - wird in Deutschland dagegen noch nicht so wahrgenommen", erklärt 004-Geschäftsführer Robert Hein. Das bestätigt auch Carlos Häuser, der hier vor allem ein "Henne-Ei-Problem" sieht: "Auf der einen Seite sind NFC-fähige Geräte und Karten noch nicht so verbreitet, auf der anderen Seite gibt es auch im Handel bei den nötigen Terminals noch Nachholbedarf."
Beide E-Commerce-Experten sind sich aber darin einig, dass auch in Deutschland in absehbarer Zeit große Dynamik in das Mobile Payment kommen wird. Dafür Verantwortlich sind zwei Trends: Zum einen führt die steigende Verbreitung von Click and Collect dazu, dass stationär abgeholte Artikel immer häufiger bereits mit dem mobilen Device bezahlt werden. "Aus unserer Sicht bietet hier vor allem der Express Checkout von PayPal großes Potenzial", berichtet Robert Hein.
Der zweite wichtige Impuls sind Mehrwerte, die Kunden durch das stationäre Bezahlen mit einem NFC-fähigen Gerät entstehen. "Es gibt hier sehr interessante Beispiele, wo die Bezahlung mit dem Handy für den Kunden eine sehr gute Convenience darstellt", erklärt Wirecard-Manager Hauser. Zum Beispiel das sogenannte "Line-Busting", wenn der Händler Beacons einsetze und einen BLE-basierten Self-Checkout über eine App anbiete - und den Kunden damit das Umgehen der Kassenschlange ermögliche. Die beiden Experten sind sich daher einig: "Das Thema Mobile Payment wird in nächster Zeit ganz klar auch in Deutschland kommen." (rw)