In der Regel ist es nur ein unüberlegter Klick auf eine Datei oder einen Ordner, manchmal aber auch eine ganz bewusste Entscheidung, weil ein Nutzer ganz sicher ist, dass er die entsprechende Information nicht mehr benötigt: Eine Datei, eine Mail oder auch ein ganzes Verzeichnis wurden gelöscht. Hat der Anwender die Daten nur mit Hilfe des Windows-Papierkorbs gelöscht, hält sich der Schaden in Grenzen - die Informationen können einfach wieder hergestellt werden.
Leider verwenden viele Nutzer häufig gerade bei Dateien, die sich dann im Nachhinein als besonders wichtig herausstellen, das "richtige Löschen", indem sie beispielsweise die Entfernen-Taste in Kombination mit der Shift-Taste einsetzen. IT-Profis wissen natürlich, dass sich die eigentlichen Nutzdaten auch bei dieser Löschmethode immer noch auf der Festplatte befinden: Sie sind nur mit den Mitteln eines Datei-Explorers nicht mehr zu finden. Diese Tatsache machen sich viele Softwarelösungen zunutze, die ein Finden und Wiederherstellen von bereits gelöschten Dateien anbieten. Wir stellen hier einige dieser Lösungen und ihre Möglichkeiten zur Datenrettung vor.
Dateiwiederherstellung: Bei Windows 7 und 8 integriert
Grundsätzlich bieten bereits die Windows-Systeme standardmäßig einige Möglichkeiten, die es den Anwendern erlauben, versehentlich gelöschte Dateien wiederherzustellen.
Windows 7: Microsoft hat bereits die Windows-7-Systeme mit der Möglichkeit ausgestattet, über die Wiederherstellungspunkte Dateien und Ordner wiederherzustellen, die gelöscht oder beschädigt wurden. Anwender erreichen diese Option unter Windows durch einen Rechtsklick auf die Datei beziehungsweise den Ordner und der anschließenden Auswahl der Eigenschaften aus dem Kontextmenü gefolgt von der Wahl des Reiters "Vorgängerversion". Damit diese Technik funktionieren kann, muss der Nutzer zuvor jedoch in den Systemeinstellungen im Bereich "Computerschutz" die Wiederherstellungseinstellungen für das entsprechende Laufwerk konfiguriert und aktiviert haben.
Windows 8.x: Bei den aktuellen Windows-8/8.1-Systemen hat Microsoft sich Microsoft dann wieder etwas Neues ausgedacht: Mit dem Dateiversionsverlauf haben die Entwickler eine Möglichkeit integriert, um verschiedene Generationen von Dateien und Verzeichnisse vom Betriebssystem automatisch auf ein externes Laufwerk sichern zu lassen. Diese kann der Nutzer dann von dort in den verschiedenen Versionen wiederherstellen. Dieser Ansatz besitzt allerdings Einschränkungen: Dazu zählt unter anderem die Tatsache, dass der Dateiversionsverlauf nur für Daten in den Windows-Bibliotheken funktioniert. Wer also seine regulären Dateien auf diese Weise schützen und im Zweifelsfall in einer älteren Version wiederherstellen will, der muss seine Dateien immer in einer selbstangelegten oder in einer der Standard Windows-Bibliothek abspeichern.
Gelöschte Dateien wiederfinden: Software-Werkzeuge machen es möglich
Die bei Windows vorhanden Möglichkeiten, verschwundene Dateien wieder herzustellen sind insgesamt betrachtet dann doch eher begrenzt und speziell. In der täglichen Praxis wird es doch eher so sein, dass der Anwender erschreckt feststellt, dass er eine Datei oder einen Ordner gelöscht, aber keinerlei Vorsorge für solche einen Fall getroffen hat. Erschwerend kommt hinzu, dass nicht nur im privaten Bereich sondern auch bei kleinen und mittelständischen Betrieben die "hohe Kunst" des Backup und Restore allzu häufig eher lässig oder gar nicht gepflegt wird.
Aber die Informationen befinden sich ja auch nach dem Löschen noch auf den Datenträgern, wenn sich auch in den Verzeichnissen nicht mehr zu finden sind. Die hier vorgestellten Programme können dadurch in vielen Fällen den Nutzern helfen, diese Daten trotzdem wiederzufinden. Dabei gilt aber immer: Wurde diese Informationen bereits von neuen Daten überschrieben, dann wird eine Wiederherstellung nur schwer oder häufig überhaupt nicht möglich sein.
Freeware aus bekanntem Softwarehaus: Recuva
Zu den Freeware-Programmen, die auf sehr vielen Windows-Systemen zu finden sein dürften, gehört ohne Zweifel das Programm CCleaner aus Haus Piriform. Der gleiche Anbieter stellt mit Recuva ein Programm zur Rettung von gelöschten Dateien bereit. Ähnlich wie beim CCleaner können die Nutzer auch hier zwischen einer freien und einer kostenpflichtigen, kommerziellen Version der Software wählen. Doch bereits die freie Version hat eine ganze Menge zu bieten:
• Schnell installierte und vollständig in deutscher Sprache bereitstehende Software, die auch weniger erfahrene Nutzer mit Assistenten bei der Wiederherstellung der Daten unterstützt.
• Die Software kann problemlos auch mit allen Wechselmedien und Speicherkarten umgehen und unterstützt dabei die meisten Dateitypen sowohl für "normale Dateien" als auch für Audio- und Videodaten.
• Die aktuelle Version 1.51 von Recuva kann auch Daten von Festplatten ohne GUID (Global Unique Identifier) retten und unterstützt die Linux-Dateisystem ext2 und ext3.
Fazit: Gerade wenn es darum geht, schnell Hilfe zu bekommen und versehentlich gelöschte Dateien wiederherzustellen, ist die freie Version von Recuva eine sehr gute Lösung. Sie arbeitet schnell und zuverlässig und steht auch in einer portablen Version für den USB-Stick zur Verfügung. Zudem stellt sie dem Nutzer eine realistische Einschätzung zur Verfügung, die ihm zeigt, wie weit es möglich sein wird, aus den gefunden Bruchstücken die gewünschte Datei wiederherzustellen. Wer sich für die kommerzielle Version entscheidet, bekommt unter anderem auch die Möglichkeit angeboten, mit virtuellen Festplatten im VHD-Format zu arbeiten. Für die schnelle Datenrettung ist aber bereits die freie Version eine eindeutige Empfehlung.
Easy Data Recovery Wizard Free Edition
Wie viele andere Firmen im Internet, stellt auch die chinesische Firma EaseUS eine ganze Reihe von Softwarewerkzeugen bereit, die das Arbeiten mit Windows erleichtern und bei Fehlern der Systeme helfen sollen. Dazu gehört mit dem Data Recovery Wizard eine Lösung zur Datenrettung, die auch in einer freien Version angeboten wird:
• Schnell installierte Software mit moderner Oberfläche, die sich stark an Windows 8 anlehnt.
• Daten lassen sich inklusive Originalnamen der jeweiligen Datei und dem Originalpfad wiederherstellen. Die Software unterstützt mit NTFS aber auch mit ExtFAT und FAT erstellte Dateisysteme.
• E-Mail-Nachrichten aus Outlook und Outlook-Express können aus PST-Dateien wiederhergestellt werden.
Fazit: Die freie Version des Easy Data Recovery Wizard in der aktuellen Version 8 hinterließ beim Einsatz auf unseren Testsystemen unter Windows 8.1 grundsätzlich einen guten Eindruck: Sie konnte die gelöschten und verlorenen Dateien und Partitionen finden und wiederherstellen. Die Übersetzung in die deutsche Sprache hat die Firma allerdings sowohl beim Programm als auch auf der Web-Seite scheinbar mit einem Übersetzungsprogramm erledigt, was zu einigen Schmunzel-Effekten führte. Schwerer wiegt hingegen, dass die "freie" Software im Prinzip nur als Teaser für die kommerziellen Produkte dienen soll: Sie erlaubt dem Nutzer nur die Wiederherstellung einer bestimmte Datenmenge, wobei auf der Web-Seite hier als Grenze noch 2 GByte genannt werden, während das Programm selbst nur von 1024 MByte spricht und den Nutzer relativ aufdringlich dazu drängt, eine zusätzliche Datenmenge von 1 GByte via Teilen über Twitter, Facebook oder Google+ zu erhalten.
GetDataBack Simple: Rettung für NTFS- und FAT-Dateisysteme
Der amerikanische Softwarehersteller Runtime Software stellt mit "GetDataBack for NTFS" und "GetDataBack for NTFS" schon eine ganze Weile zwei sehr spezifische Produkte zur Datenrettung bereit. Mit der neuen Software GetDataBack Simple stellt die Firma erstmals die Rettungsmöglichkeiten für diese beiden Windows-Dateisysteme in einem Produkt bereit. Wie schon bei den vorherigen Produkten handelt es sich hier um eine kommerzielle Lösung. Dem Anwender steht aber eine Demoversion zur Verfügung, mit der er alle Operationen bis auf die letztendliche Wiederherstellung austesten kann.
• Sehr schnell arbeitende Software mit einer eigenwilligen, stark an Windows 8/8.1 angelehnten Oberfläche.
• Wer sich einmal an die Eigenheiten der Oberfläche gewöhnt hat, wird mit der Bedienung auch ohne weitere Erläuterung zurechtkommen.
• Finde sehr viele Daten auch auf aktuell nicht mit dem Windows-System verbundenen Datenträgern wieder. Es arbeitet grundsätzlich im "Read-Only"-Modus, nimmt also keine Veränderungen am System vor. Der Nutzer kann in der Vollversion dann die gefunden Daten einfach auf einen anderen Datenträger kopieren.
Fazit: Die Geschwindigkeit dieses Programms ist überzeugend: Es las in der Regel die Verzeichnisse und Festplatten schneller als die Konkurrenzprodukte ein. Ob der Anbieter sich einen Gefallen mit der Oberfläche getan hat, wird sich zeigen: Wir hatten zunächst durchaus Schwierigkeiten bei der Bedienung - trotz einschlägiger, täglicher Windows-8-Erfahrung. Auch die Unterstützung der deutschen Sprache scheint im Moment nicht so richtig voranzukommen, zumal auch der Link mit der deutschen Flagge auf der Web-Seite des Anbieters ins Leere führt.
Stellar Phoenix Windows Data Recovery
Die Firma Stellar Data Recovery bietet professionelle Dienste zur Datenrettung an, was beispielsweise auch die Untersuchung von Festplatten im Reinraum mit einschließt. Aber wie viele der Anbieter aus diesem Segment der IT-Firmen, stellt auch diese Firma ein Programm zur Verfügung, mit dessen Hilfe die Nutzer selbst den Versuch starten können, ihre verlorenen Daten und Partitionen wiederherzustellen. Unter dem Namen Stellar Phoenix Windows Data Recovery stellt die Softwarefirma ein Programm bereit, dass in unterschiedlichen Version darunter auch eine für das Mac OS X (einschließlich der Version 10.9) angeboten wird:
• Die Windows-Variante der Software steht als Home-, Professional- und Technikerversion mit unterschiedlichen Features bereit. Zum Testen bietet der Hersteller nur die Home-Version an. Diese kostenlose Testversion kann - ähnlich wie bei andere Anbieter - nur zum Suchen und Finden aber nicht zur Wiederherstellung der Daten verwendet werden.
• Die Professional-Version kann auch Daten aus den PST-Dateien von Outlook und Outlook-Express wiederherstellen.
• Erst mit der Technikerversion kann dann auch die Windows-Software auf Linux- (ext4, ext3 und ext2) sowie OS X-Dateisysteme zugreifen und darauf Daten wiederherstellen.
Fazit: Wie schon bei den zuvor getesteten Programmen zeigt auch diese Software in der freien Version nur die Daten an - wer seine Daten retten will, muss eine Lizenz erwerben. Wir haben zudem die Professional-Version unter Windows 7 und Windows 8.1 getestet und waren mit den Ergebnissen zufrieden. Die Software ist bei der Arbeit nicht überragend schnell aber gründlich. Auch die Wiederherstellung von E-Mail-Nachrichten gelang uns unter Outlook 2010 und 2013 problemlos, allerdings hatte die Software manchmal noch etwas Probleme mit dem Zeichensatz. Die Oberfläche der Lösung ist hingegen sehr gewöhnungsbedürftig und hält sich an keinerlei Windows-Konvention. Das ist im Heimbereich sicher zu akzeptieren, beim professionellen Einsatz jedoch lästig.
O&O DiskRecovery: Wer sucht, findet sehr viele Dateien
Geht es um Programme zu Betreuung und Wartung von Windows-Systemen, so setzen viele Anwender und Administratoren im deutschsprachigen Raum auf die Lösung der Berliner Firma O+O Software. Für die Datenrettung stellt die Firma ihr Produkt O&O DiskRecovery bereit:
• Auch diese Software wird in drei unterschiedlichen Ausprägungen angeboten: Professional, Admin und Tech. Nutzer können die Software in der Professional Version kostenlos zum Testen herunterladen. Auch hier können Dateien zwar gefunden und mittels der Vorschauoption auch schon betrachtet (beispielsweise bei Bildern) werden, aber zur Wiederherstellung seiner Daten muss der Anwender eine Lizenz erwerben.
• Die Lösung arbeitet mit drei unterschiedlichen Suchverfahren, deren Einsatz der Nutzer individuell auswählen kann und bei denen jeweils unterschiedliche Lösungen des Herstellers zum Einsatz kommen, die in das Produkt integriert wurden:
- schnelle Suche nach Dateien mittels O&O UnErase,
- sektorbasierte Tiefensuche mittels O&O DiskRecovery und
- die Suche nach formatieren und/oder strukturell beschädigten Partitionen mittel
O&O FormatRecovery
• Das Programm unterstützt den Einsatz von eigenen Signaturen der Benutzer.
Fazit: Mit O&O DiskRecovey 9 steht ein sehr professionelles Programm zur Verfügung, das gerade beim gleichzeitigen Einsatz aller drei Suchmethoden zwar seine Zeit benötigt, dann aber Ergebnisse zutage fördert, an deren Existenz auf den Festplatten sich der Nutzer kaum noch erinnern kann. Allerdings gilt auch hier: Gefunden heißt noch nicht wiederhergestellt und bei bereits wieder überschriebenen Daten kann auch dieses Programm nicht mehr helfen. Die Admin- und Tech-Variante des Programms bieten beide einen Assistenten zur Erstellung eines Boot-Mediums und die Unterstützung der Windows-Server-Systeme an.
ReFS? Kennen wir nicht…
Mit dem Windows Server 2012 und damit auch mit der aktuellen R2-Version des Servers hat Microsoft ein neues Dateisystem eingeführt, das die Bezeichnung ReFS (Resilient Filesystem - Robustes Dateisystem) trägt. Dieses Dateisystem kann im Moment noch nicht für eine Betriebssystem-Partition eingesetzt werden, laut Microsoft soll es vor allen Dingen im Bereich der Datei-Server zum Einsatz kommen. Bei den Client-Systemen kann im Moment ausschließlich Windows 8.1 sowohl lesend als auch schreibend direkt auf eine derart formatierte Partition zugreifen: Das Betriebssystem ist allerdings nicht dazu in der Lage, einen Festplattenbereich mit diesem Dateisystem zu formatieren. Alle anderen Windows-Client-Systeme, einschließlich Windows 8 ohne Update können diesen Bereich nicht direkt verwenden. Jedoch können alle Windows-Systeme problemlos auf einen solchen Bereich zugreifen, wenn er über das Netzwerk freigegeben wird.
Da sich auf unserem Test-Server auch eine Windows Server 2012 R2 befand, haben wir dort eine Test-Partition mit dem ReFS-Dateisystem eingerichtet. Das Windows 8.1 Betriebssystem kann diesen Bereich richtig adressieren und auch die Datenträgerverwaltung zeigt diesen Teil der Festplatte korrekt an. Hingegen konnte keines der von uns getesteten Programme zu Datenrettung zum Testzeitpunkt Anfang Juli 2014 mit diesem Bereich umgehen: Die Anzeigen reichten von "Kann Dateisystem nicht ermitteln" bis zur falschen Anzeige als NTFS-Partition mit einer ebenso falschen Anzeige der Größe der Partition. Natürlich kommen diese Programme hauptsächlich auf den Client-Systemen zur Datenrettung zum Einsatz und das neue "Resilient Filesystem" wurde grundsätzlich auf hohe Integrität und Verfügbarkeit hin entwickelt - sollte also solche Lösungen nicht benötigen. Es bleibt trotzdem spannend und abzuwarten, wann und wie ein erster der Anbieter von Datenrettungslösungen den Zugriff auf ein solches Dateisystem ermöglichen wird. (hal)