Ein gutes WLAN-Tool zeigt Ihnen in Echtzeit, was in Ihrem Funknetz vor sich geht. Dazu wertet es zahlreiche Informationen zu Verbindungen und Datenübertragungen im Heimnetz aus. So wissen Sie sofort, wo Engpässe bestehen, welche Einstellungen in Router oder Client sich optimieren lassen und ob und wann Störsignale von außerhalb das eigene WLAN beeinträchtigen.
Um diese umfassenden Informationen aber detailliert darzustellen, muss ein WLAN-Tool Fachbegriffe nutzen: Wenn Sie mit einem entsprechenden Programm arbeiten, sollten Sie deshalb WLAN-Hintergrundwissen haben, um aus den Angaben des Tools die passenden Schlüssel für Ihr Heimnetz zu ziehen.
Wir stellen daher nicht nur empfehlenswerte kostenlose WLAN-Tools vor, sondern erklären auch ausführlich, was diese anzeigen. Mit diesem WLAN-Wissen können Sie anschließend auch andere Netzwerkprogramme Ihrer Wahl sinnvoll nutzen.
Der Acrylic Wi-Fi Analyzer
Das Gratis-Programm "Acrylic Wi-Fi Analyzer" gehört seit Längerem zu den wichtigsten Tools für WLAN und Heimnetz. Nur der Name hat sich geändert, denn früher war es als "Acrylic Wi-Fi Home" bekannt. Diese Version, die im Internet immer noch verfügbar ist, läuft zwar auch auf älteren Windows-Rechnern: Allerdings erfasst sie einige wichtige WLAN-Infos nicht, zum Beispiel kennt sie keine aktuellen WLAN-Standards. Deshalb sollten Sie für einen umfassenden Überblick über Ihr Heimnetz besser die neue Version "Acrylic Wi-Fi Analyzer" nutzen.
Wi-Fi Analyzer installieren
Um die aktuelle Version des Tools nutzen zu können, installieren Sie zunächst die "Acrylic Suite".
Starten Sie die Installation und klicken Sie auf der Benutzeroberfläche bei der kostenlosen Version des Wi-Fi Analyzers auf den "Install"-Button. Nach Abschluss der Installation lässt sich der "Wi-Fi Analyzer" in der "Acrylic Suite"-Oberfläche über die Schaltfläche "Open" aufrufen.
Das Tool bietet in der kostenpflichtigen Pro-Version zahlreiche zusätzliche Funktionen. Doch für die meisten Heimnetzwerke reicht die Free-Version aus. Beachten Sie aber, dass die kostenlose Version vom Hersteller nur für die nicht-kommerzielle Nutzung freigegeben ist. Falls Sie das Tool geschäftlich nutzen möchten, müssen Sie eine Lizenz erwerben. Außerdem liegt das Tool derzeit noch nicht in Deutsch, sondern nur in einer englischen und einer spanischen Sprachversion vor.
WLAN-Infos anzeigen lassen
Wenn Sie schon mit der Vorgängerversion des Tools gearbeitet haben, werden Sie sich nun vielleicht wundern: "Acrylic Wi-Fi Home" begann nämlich sofort mit einem WLAN-Scan und zeigte die verfügbaren Funknetze in Reichweite an. Beim Wi-Fi Analyzer passiert aber erst mal nichts, wenn Sie das Programm über die Schaltfläche "Open" starten.
Denn hier müssen Sie den Scan-Vorgang extra starten. Dabei weist das Tool die WLAN-Hardware im Rechner an, die Funkkanäle in der Umgebung nach verfügbaren Access Points zu durchsuchen und diese Informationen entsprechend aufzubereiten. Dieser Vorgang nennt sich "capture", was in diesem Fall das Empfangen von Datenpaketen durch den eigenen WLAN-Adapter beschreibt.
Klicken Sie deshalb im geöffneten Fenster des Wi-Fi Analyzer auf die orangene Schaltfläche "Start capture". Kurz darauf zeigt das Tool die ersten WLAN-Funknetze in der Umgebung an.
Nachbar-WLANs analysieren
Der Acrylic Wi-Fi Analyzer versammelt in einer umfangreichen Liste wichtige Informationen zu allen WLANs, die die Netzwerk-Hardware in Ihrem Rechner erreichen kann. In der ersten Spalte steht der Name des jeweiligen Funknetzes - die sogenannte SSID (Service Set Identifier). Wenn Sie ein Gerät mit einem bestimmten WLAN verbinden wollen, müssen Sie dafür dessen SSID und das zugehörige WPA2- oder WPA3-Passwort kennen. Letzteres zeigt der Wi-Fi Analyzer natürlich nicht an.
Finden Sie in der Liste den Begriff "[Hidden]", wissen Sie, dass es in der Nähe WLANs gibt, die ihre SSID nicht aussenden, um keine einfache Anmeldung zu erlauben. Das kann vom WLAN-Betreiber im Router aus Sicherheitsgründen eingestellt sein. Es kann sich aber auch um Funkmodule handeln, die nicht für den Zugriff von Clients gedacht sind, sondern die beispielsweise eine drahtlose Verbindung zwischen WLAN-Mesh-Stationen herstellen.
Funkband, Funkstandards und Bandbreite
Das WLAN-Tool zeigt Ihnen außerdem an, welche Funkfrequenz Ihr eigenes WLAN und die Nachbarnetze aktuell für die Datenübertragung nutzen - Sie sehen diese Information in der Spalte "Band": In den meisten Fällen lautet der Eintrag "2,4 GHz" oder "5 GHz". Grundsätzlich liefert das 2,4-GHz-Band eine höhere Reichweite, das 5-GHz-Band ein schnelleres Tempo - das muss aber nicht für Ihr WLAN zutreffen, denn diese Merkmale hängen immer von der konkreten Leistung der WLAN-Hardware und vor allem von den Umgebungsbedingungen ab.
Die ersten WLAN-Geräte nutzen ausschließlich das 2,4-GHz-Band mit den Kanälen 1 bis 13 (in Europa) oder 1 bis 11 (in den USA). Sie werden daher als Single-Band-Geräte bezeichnet. Als WLAN-Standard setzen diese Geräte 802.11b (kurz: "b-Standard") mit bis zu 11 MBit/s Bruttoübertragungsrate ("Linkrate") oder dessen Nachfolger 802.11g ("g-Standard") mit bis zu 54 MBit/s Linkrate ein. Mit dem Standard 802.11n ("n-Standard") kommt dann das 5-GHz-Band für die Datenübertragung hinzu.
Entsprechende WLAN-Geräte können zwei Funknetze nutzen, nämlich eines im 2,4-GHz-Band und ein zweites im 5-GHz-Band. Deshalb heißen sie Dualband-Router oder Dualband-Access-Points.
5-GHz-Geräte erreichen unter anderem ein höheres Tempo, weil sie eine größere Bandbreite für die Übertragung einsetzen können: Sie koppeln einzelne Funkkanäle für eine Bandbreite von 80 oder 160 MHz. Über 2,4 GHz sind dagegen nur maximal 40 MHz möglich, meist läuft der Datentransfer mit 20 MHz.
Linkrate: Das maximale Tempo
Wie schnell zwei WLAN-Geräte miteinander Daten austauschen können, sagt Ihnen die Linkrate. Der Acrylic Wi-Fi Analyzer zeigt sie in der Liste der WLAN-Netzwerke weiter rechts in der Spalte "Max. Rate" an.
Der Wert beschreibt die Übertragung unter optimalen Bedingungen, also über kurze Entfernung und ohne störende Außeneinflüsse.
Wichtig: Die Linkrate bildet die Brutto-Datenrate ab, weil sie zu den tatsächlichen Nutzdaten auch die für das Verbindungsmanagement erforderlichen Protokolldaten addiert. Deshalb erkennen Sie an der Linkrate nicht das tatsächliche Übertragungstempo.
Die maximal mögliche Linkrate einer WLAN-Verbindung hängt von den technischen Voraussetzungen in Router und Client ab. Dazu gehören zum Beispiel der verwendete WLAN-Standard, die möglichen Übertragungsbandbreite, die Anzahl der verfügbaren MIMO-Streams für diese Verbindung und schließlich das verwendeten Modulierungsverfahren und dessen Modulationsrate, die wiederum von der Entfernung zwischen den beiden Geräten abhängt. Mit dem Wi-Fi Analyzer können Sie so feststellen, wie gut die WLAN-Hardware in Router und Client zusammenpassen.
Um das tatsächliche Transfertempo in Ihrem WLAN zu messen, ziehen Sie am besten spezielle Testtools heran. Wir empfehlen das kostenlose Kommandozeilen-Tool iperf 3.
Iperf 3: WLAN-Tempo messen Das Kommandozeilen-Tool „iperf3“ eignet sich hervorragend, um die Nettoübertragungsraten im heimischen WLAN zu testen. Es misst, wie schnell zwei Netzwerkgeräte Nutzdaten austauschen können. Da es für unterschiedliche Betriebssysteme erhältlich ist, funktioniert das zum Beispiel auch zwischen Windows-PC und Android-Smartphone. Für Profis sinnvoll: Das Tool besitzt sehr viele Parameter, mit denen sich die Messung verfeinern und an das eigene WLAN anpassen lässt – zum Beispiel, indem Sie die Größe der Datenpakete, die Anzahl der Übertragungsmessungen oder die Anzahl der parallelen Übertragungs-Streams verändern. Mit dem Befehl iperf3 -? können Sie sich alle Parameter anzeigen lassen. Sie installieren iperf 3 auf den Geräten, deren WLAN-Verbindung Sie messen wollen: Ein Gerät machen Sie mit dem Befehl iperf3 -s zum iperf3-Server, während das andere über den Befehl iperf3 -c Datenpakete an den Server schickt und dabei die Nettoübertragungsrate misst und anschließend das Transfertempo anzeigt. Von der iperf-Version mit grafischer Benutzeroberfläche für Windows raten wir übrigens ab: Sie nutzt als Basis das inzwischen veraltete iperf2, das schon länger nicht mehr weiterentwickelt wird und insbesondere bei schnellen Netzwerkverbindungen keine verlässliche Werte ausgibt. |
Signalstärke und Dämpfung
Für eine schnelle WLAN-Verbindung muss nicht nur die Linkrate hoch sein. Auch die Signalstärke sollte möglichst hoch sein. Acrylic Wi-Fi Analyzer zeigt sie in der Spalte "RSSI" an: Die Abkürzung steht für "Received Signal Strength Indicator", was sich mit Empfangssignalstärke übersetzen lässt.
Je höher dieser Wert ist, den das Tool in der Einheit dBm angibt, desto zuverlässiger kommen die WLAN-Datenpakete vom Router am WLAN-Client an, auf dem der Wi-Fi Analyzer installiert ist.
Wichtig: Der RSSI-Wert wird immer als negative Zahl angegeben, daher ist beispielsweise -50 ein besseres Ergebnis als -90. Optimal sind Werte unter -70, die das Tool in Grün anzeigt - je intensiver die Grünfärbung, desto besser. Je schlechter die RSSI-Werte, desto mehr wechselt die Hintergrundfarbe der Anzeige von Gelb nach Rot.
Folgender Zusammenhang besteht zwischen Linkrate und Signalstärke: Bei einer hohen Linkrate gehen die übertragenen Daten in sehr engen Abständen über das Funkmedium, was bedeutet, dass die Verbindung eine hohe Modulationsrate nutzt. Das wiederum heißt, dass bereits bei minimalen Übertragungsstörungen einige Daten nicht beim Empfänger ankommen: Sie müssen erneut übertragen werden, wozu der Sender eine andere Modulation nutzt, die zugunsten einer stabilen Verbindung die Linkrate reduziert.
Mit welcher Linkrate Ihr Windows-Client aktuell mit einem WLAN-Router verbunden ist, können Sie in den Netzwerkeinstellungen von Windows nachsehen.
Führen Sie einen Rechtsklick auf die Windows-Start-Schaltfläche links unten aus und wählen Sie "Netzwerkverbindungen". Im folgenden Fenster gehen Sie im Menü links auf "WLAN" und klicken dann im Bereich rechts auf Ihren dort angezeigten WLAN-Adapter-Eintrag. Gehen Sie ganz nach unten, erscheint unter "Eigenschaften" unter anderem die "Verbindungsgeschwindigkeit (Empfang/Übertragung)" mit der aktuellen Linkrate Ihres WLAN-Adapters.
Das ist die derzeit mögliche Bruttoübertragungsrate zwischen Ihrem Client und dem Router. Je näher sie an die vom Wi-Fi Analyzer angezeigte maximale Linkrate Ihres Clients herankommt, desto ungestörter und stabiler ist die aktuelle Funkverbindung.
Modulation und Datendichte
Neue WLAN-Standards sind schneller, weil sie mehr MIMO-Streams, breitere Funkkanäle und vor allem eine bessere Modulation beherrschen als die Vorgänger. Für Funkübertragungen ist vor allem QAM wichtig, die so genannte Quadratur-Amplituden-Modulation. Sie ist ein Maß für die Komplexität und die daraus folgende Informations- oder Datendichte eines Funkübertragungssignals: Je höher der QAM-Wert, desto mehr Daten lassen sich über ein WLAN-Signal übertragen und desto höher ist die maximal mögliche Linkrate.
Allerdings kommen hohe QAM-Werte nur bei ausgezeichneter Verbindungsqualität zustande. Die QAM-Werte einer Verbindung zeigen die kostenlosen WLAN-Tools allerdings nicht an.
MIMO-Streams
Die höchste Geschwindigkeit bieten bei gleichem WLAN-Standard die Geräte mit den meisten MIMO-Streams (Multiple Input, Multiple Output). Ähnlich wie teurere Prozessoren mehr Kerne haben, zeichnen sich leistungsfähige WLAN-Router und -Clients durch mehr MIMO-Streams aus als günstigere Geräte. Dafür nutzen sie räumlich getrennte Übertragungskanäle oder "Streams" (spatial multiplexing).
Wie viele MIMO-Streams ein WLAN-Gerät nutzen kann, hängt vor allem von der Anzahl seiner Antennen für eine bestimmte Übertragungsfrequenz ab. In den technischen Daten vieler WLAN-Geräte erkennen Sie die Zahl der MIMO-Streams an einer Angabe wie 4×4 oder 4×4-MIMO: In diesem Fall kann die WLAN-Hardware gleichzeitig vier Datenströme senden und empfangen.
Das optimale Tempo erreichen Sie aber nur, wenn Sender und Empfänger - also zum Beispiel Router und WLAN-Modul im Notebook - gleich viele MIMO-Streams verarbeiten können: In der Praxis nutzen leistungsfähige WLAN-Router vier Streams, während die meisten PCs und Notebooks nur 2×2- Module besitzen, die das Übertragungstempo begrenzen.
MIMO-Übertragung führte der WLAN-Standard 802.11n (Wi-Fi 4) ein: Während 802.11g-Funkmodule nur über einen einzigen Daten-Stream senden und empfangen konnten (1×1), waren mit 802.11n auch WLAN-Module mit 2×2-, 3×3- oder gar 4×4- MIMO-Streams möglich.
Wer sich die maximal mögliche Anzahl der MIMO-Streams eines Access Points oder WLAN-Routers anzeigen lassen möchte, benötigt das Tool Inssider 5 von Metageek, das es für Privatanwender weiterhin in einer kostenlosen Version gibt: Sie können es unter www.metageek.com/downloads/ herunterladen, wenn Sie sich zuvor beim Hersteller per E-Mail registrieren.
Inssider zeigt ähnlich wie der Wi-Fi Analyzer alle verfügbaren WLAN-Access-Points und -Router in der Umgebung an. Wählen Sie dazu das WLAN-Symbol in der Menüleiste links aus. Allerdings fasst Inssider Funkmodule ("Radios"), die mit derselben SSID funken, in einem Eintrag zusammen. Beim Wi-Fi Analyzer taucht dagegen die SSID eines Dualband-Routers zweimal auf.
Die einzelnen Funkmodule eines SSID-Eintrags können Sie sich bei Inssider anzeigen lassen, indem Sie auf einen Eintrag klicken, der mindesten zwei "Radios" enthält, und anschließend das Fernglassymbol wählen. Das 2,4-GHz-Modul funkt immer in einem Kanal ("Channels") von 1 bis 13, das 5-GHz-Modul hingegen in einem Kanal zwischen 36 bis 64 und 100 bis 142.
Für jedes Modul zeigt Inssider die Anzahl der MIMO-Streams an: Markieren Sie dafür in der Liste dieses Modul und klicken nochmal auf das Symbol mit dem Fernglas. Jetzt erscheint das Ergebnis in einem Fenster ganz unten links unter dem Eintrag "Capabilities -› Spatial Streams". Etwas darüber unter "Capabilities -› WiFi Mode" zeigt das Tool in grauer Schrift den unterstützten WLAN-Standard nach der aktuellen Notation der Wi-Fi Alliance an, also beispielsweise Wi-Fi 4, Wi-Fi 5 oder Wi-Fi 6. Neben dem Eintrag "Channel" erscheint hier auch die Kanalbandbreite, beispielsweise 20, 40 oder 80 MHz.
(PC-Welt)