Die Nutzerdatenbanken großer Online-Händler und/oder Cloud-Dienste werden immer wieder angegriffen und erfolgreich ausgelesen. Die Liste der betroffenen Firmen ist lang und auf ihr sind durchaus prominente Namen zu finden. So gelangen die Passwörter von Millionen von Anwendern in die Hände der Angreifer. So berichtete der Spiegel im Mai 2016, dass ein bereits im Jahr 2012 beim Business-Netzwerk LinkedIn gefundenes Datenleck weitaus gravierender war, als es das Unternehmen zunächst zugeben mochte: Sprach LinkedIn vor vier Jahren von "nur" 6,5 Millionen betroffenen Passwörtern, so musste der Anbieter diese Zahl aktuell auf "mehr als 100 Millionen Kunden" revidieren, die von diesem Angriff betroffen waren und vielleicht noch sind.
Besonders prekär sind derart kompromittierte Passwörter für die Anwender dann, wenn sie mehrfach bei den unterschiedlichsten Online-Aktivitäten zum Einsatz kommen. Hier liegt eines der großen Probleme: Aus Bequemlichkeit oder Unwissenheit verwenden immer noch viel zu viele Nutzer die gleichen (zumeist einfachen Passwörter) bei den verschiedensten Gelegenheiten. Erschwerend kommt hinzu, dass unsichere Passwörter in Deutschland auch im Jahr 2016 die beliebtesten sind, wie das Hasso-Plattner-Institut im Rahmen einer Studie zur Mehrfachnutzung von Passwörtern herausgefunden hat. Hier die aktuelle deutsche Passwort-Top-Ten:
Wo wir gerade bei Mehrfachnutzung sind: Wie der Sicherheitsanbieter Dashlane in einer Untersuchung anlässlich des World Password Day 2017 herausgefunden hat, besitzt der durchschnittliche deutsche Internetuser satte 78 Online-Accounts, für die ein Passwort benötigt wird. Dabei befinden sich die Deutschen noch im unteren Mittelfeld: Ein US-Amerikaner bringt es im Schnitt etwa auf 150 Online-Konten, ein Franzose auf 127 und ein Brite auf 113. Dashlane geht davon aus, dass sich die Zahl der Passwort-geschützten Accounts bis zum Jahr 2022 noch einmal verdoppeln wird. Verizon geht davon aus, dass aktuell (August 2017) die größte Gefahr für die IT-Sicherheit von kompromittierten Zugangsdaten ausgeht: Im Data Breach Investigation Report 2017 ist nachzulesen, dass 81 Prozent aller Datenschutzverletzungen auf Passwörter zurückzuführen sind.
Wir stellen in diesem Bericht einige Softwarelösungen vor, die den Umgang mit vielen unterschiedlichen Passwörtern sowie das Erstellen sicherer Passwörter erleichtern können. Es existiert gerade für diese Art von Anwendungen ein schier unüberschaubares Angebot, so dass wir hier eine exemplarische Sammlung von Passwort-Managern ohne Anspruch auf Vollständigkeit präsentieren.
Passwort-Manager: Das sollten Sie wissen
Zunächst wollen wir Ihnen jedoch noch einige Grundlagen-Tipps an die Hand geben. Damit Sie auch wissen, ob und weshalb Sie überhaupt einen Passwort-Manager brauchen und wie Sie das Maximum aus den verfügbaren Tool-Optionen holen.
Im Juli 2016 wurden die Nutzer von Passwort-Managern durch die Aufdeckung einiger softwareseitiger Sicherheitslücken aufgeschreckt. Google-Sicherheitsexperte Tavis Ormandy hatte via Twitter über Schwachstellen bei LastPass und 1Password berichtet. Auch der Passwort-Manager Dashlane sei mit "offensichtlichen Sicherheitslücken" behaftet, so der Experte. Dashlane äußerte allerdings gegenüber der COMPUTERWOCHE, dass diese Anschuldigungen umgehend vom Unternehmen widerlegt worden seien. Benutzerdaten seien nie betroffen gewesen.
In diesem Zusammenhang kam die Diskussion auf, ob es überhaupt sinnvoll sei, weiterhin auf Passwort-Manager zu setzen. Schließlich bestehe die Gefahr, dass sämtliche Passwörter über Sicherheitslücken abgegriffen werden können. Wir haben zum Thema mit Jessy Irwin, Ex-Mitarbeiterin bei 1Password und selbsternannte "Security-Kaiserin", gesprochen. Und die Expertin nimmt dabei kein Blatt vor den Mund: Es sei unverantwortlich, eine ganze Security-Software-Sparte aufgrund von Bugs für nicht nutzbar zu erklären: "Ich habe da ein paar Neuigkeiten: Der Himmel ist blau, Wasser ist nass und Software hat Bugs. Jede Software braucht Patches - Security-Tools machen da keine Ausnahme."
Bei LastPass hat man inzwischen reagiert, die bekannt gewordene Software-Lücke gestopft und eine Stellungnahme per Blogpost abgegeben. Andere Hersteller werkeln noch an ihren Patches.
Passwort Safe 7 - von Privat bis Enterprise
Bei unseren Recherchen zum Thema Passwörter mussten wir feststellen, dass es gerade unter dem Begriff "Passwort Safe" eine ganze Reihe unterschiedlicher Lösungen gibt. Wir haben uns zunächst mal die Software "Password Safe" angeschaut, die von der deutschen Firma Mateso GmbH angeboten wird. Sie steht in einer ganzen Reihe unterschiedlicher Editionen zur Verfügung, die von einer Basis-Version für bis zu fünf User bis hin zum Einsatz in großen Firmennetzwerken reichen.
Welche Vorteile bietet der Einsatz von Passwort Safe?
Schnell und einfach zu installieren, wobei auch die Einrichtung der Datenbank automatisch und gut nachvollziehbar vonstattengeht.
Gut gemachte Oberfläche, die wie sämtliche Hilfetexte komplett in Deutsch ist: Einteilung mit unterschiedlichen "Kartenreitern" und Formularen erhöht die Übersicht enorm.
Hoher Sicherheitsstandard: In der aktuellen Version 7.5.1 kommt für die Verschlüsselung nun durchgängig AES 256 zum Einsatz, während für den Client/Server-Schlüsselaustausch RSA 4096 verwendet wird.
Für Privatanwender steht die "Personal Edition" (12,90 Euro) zur Verfügung.
Einschränkungen beim Einsatz von Passwort Safe
Passwort Safe ist nicht nur ein einfacher "Zettelkasten" für Passwörter - der Anwender muss sich vor dem Einsatz überlegen, wie und in welcher Art er seine Passwörter organisieren möchte.
Die spannendsten Features, wie Installation und Einsatz auf dem USB-Stick und automatische Passworteintragung sowie Browser-Plugins stehen erst in den kostenpflichtigen Versionen zur Verfügung.
Fazit: Man merkt dem Programm "Password Safe" sofort an, dass es grundsätzlich für den professionellen Anwender geschaffen wurde. Dieser findet hier in den unterschiedlichen Versionen alle Möglichkeiten, die er für die Passwort-Verwaltung im Unternehmen benötigt. Private Anwender, die mit den Einschränkungen der freien Lösung leben können, bekommen ebenfalls eine ausgereifte Software, die einige Möglichkeiten bietet. Besonders gut hat uns dabei gefallen, dass auch bei dieser Version schon ein mächtiger Passwort-Generator zur Verfügung steht.
RoboForm - alles ganz automatisch erledigen
Eine etwas andere Art und Weise der Verwaltung von Passwörtern, Anmeldungen und ähnlichen Daten kommt bei der Software RoboForm zum Einsatz - hier ist es auch über Plattformen hinweg möglich, sich automatisch anzumelden und weitere Daten zu verwalten.
Welche Vorteile bietet RoboForm dem Anwender?
Schnell installierte Anwendung, die sich gut in die verschiedenen Browser integriert, um so auch automatische Anmeldungen zu ermöglichen.
Einfache Bedienung, sichere Verschlüsselung mit einem Master Passwort, das laut Anbieter nur verschlüsselt abgelegt wird. Auch die Übertragung ist immer mit SSL verschlüsselt.
Mit "RoboForm Everywhere" sind der Einsatz und die Synchronisation der Passwörter auch von Tablets und Smartphones aus möglich.
Alle Funktionen können 30 Tage kostenlos getestet werden, danach kann eine Free-Version für 10 Logins verwendet werden.
Was hat uns an RoboForm nicht so gut gefallen?
Die vielfältigen Einstellmöglichkeiten im Optionsmenü sind etwas unübersichtlich geraten und können Einsteiger leicht überfordern.
Lokalisierung bei der Installationsroutine uneinheitlich - Englisch und Deutsch wechseln.
Trotz aller Versicherungen des Anbieters bleibt ein ungutes Gefühl dabei, wenn bei der "Everywhere"-Version alle Passwort- und Formulardaten beim Anbieter in den USA liegen.
Fazit: RoboForm ist eine beeindruckende Lösung, mit deren Hilfe sowohl das Anmelden an Web-Seiten oder Online-Accounts als auch das Ausfüllen von Formularen schnell von der Hand geht. Grundsätzlich ist auch die Idee von "RoboForm Everywhere" gut, zumal Anwender problemlos mit einer Lizenz sowohl von mobilen Geräten als auch von Windows- oder Mac OS X-Geräten Zugriff auf alle Daten haben - uns stört nur die Abspeicherung auf US-amerikanischen Servern. Im Zweifelsfall bleibt dann nur der Einsatz der sogenannten Desktop-Lizenz, die alle Daten verschlüsselt auf dem eigenen System ablegt, aber leider keine Plattform-übergreifende Unterstützung anbietet.
Open-Source Safe: KeePass
Natürlich bietet auch die Free- und Shareware-Szene eine reichliche Auswahl an Programmen, die sich der Passwort-Problematik widmen. Wir haben uns mit KeePass ein Open-Source-Programm herausgesucht, das einen großen Funktionsumfang zu bieten hat. Wir haben die sogenannte Professional Version 2.33 (ebenfalls Freeware, inzwischen steht bereits Version 2.38 zum Download bereit) getestet.
Was kann die Software KeePass leisten?
Freie Softwarelösung, die kontinuierlich weiterentwickelt wird.
Großer Funktionsumfang, der zusammen mit starker Verschlüsselung eingesetzt werden kann.
Programm ist portabel, kann auch auf USB-Sticks installiert werden und zudem auch die Dateiformate anderer (auch kommerzieller) Passwort-Manager-Programme einlesen.
Versionen für Mac OS X, Linux und verschiedene mobile Systeme wie iPhone/iPad und Android werden ebenfalls angeboten (allerdings werden sie nicht offiziell von den Entwicklern unterstützt).
Welche Einschränkungen gibt es beim Einsatz von KeePass?
Die KeePass 2.x-Versionen benötigen für den Einsatz mindestens das .NET-Framework 2.0 (ab Windows Vista standardmäßig Teil des Betriebssystems) oder Mono ab 2.6
KeePass 1.x-Versionen benötigen mindestens GDI+ (ab Windows XP standardmäßig Teil des Betriebssystems).
Eine Lokalisierung ist nur über eine zusätzliche Datei möglich, die heruntergeladen und "per Hand" installiert werden muss.
Fazit: Wer für den Einsatz auf dem eigenem Rechner oder auch in kleinen Unternehmen eine rundherum gut gelungene Lösung sucht, in der er seine Passwörter sicher und zuverlässig abspeichern kann, der wird bei KeePass sicher fündig. Einfache Bedienung, die auch "Drag & Drop" sowie Arbeiten über das Windows-Clipboard beinhaltet, sowie ein Passwort-Generator und eine sehr sichere Verschlüsselung runden dieses Freeware-Produkt ab, das deshalb auch unsere unbedingte Empfehlung bekommt.
1Password - Passwort- und Identity-Manager
Nutzer verwenden ihre (hoffentlich unterschiedlichen) Passwörter sicher am häufigsten dazu, sich auf verschiedenen Web-Portalen anzumelden. Aber es gibt noch andere Online-IDs, die von den Anwendern möglichst sicher aufbewahrt werden müssen - und wer hat nicht schon bei der Neuinstallation eines Systems ganz verzweifelt nach den Lizenzschlüsseln für die diversen Anwendungsprogramme gesucht? Die Anwendung 1Password der amerikanischen Softwarefirma AgileBits kann das und noch viel mehr bieten.
Was 1Password leisten kann:
Ein sehr umfangreiches Programm mit klar strukturierter Oberfläche, dessen Bedienung sich schnell erschließt. Versionen stehen für Windows, Mac OS X, iOS und Android bereit.
Kann den Passwort-Speicher lokal oder auf Wunsch auch auf Cloud-Speichern verschlüsselt ablegen.
Nutzt AES-Verschlüsselung (Advanced Encryption Standard) mit 256-Bit Schlüsseln.
Sogenannte Wallets (Brieftaschen) erleichtern das Abspeichern von Kreditkartendaten oder anderen sensitiven Informationen.
Was uns nicht so gefallen hat:
Während die Software in der aktuellen Version auch lokalisiert in Deutsch zur Verfügung steht, sind die Anleitungen und Hilfeseiten leider ausschließlich in englischer Sprache vorhanden. Eine Einzellizenz kostet circa 36 Dollar jährlich. Entsprechende Bundles (zum Beispiel fünf Lizenzen zu fünf Dollar pro Monat für Familien) stehen ebenfalls zur Verfügung.
Fazit: Das Programm ist an sich gelungen und arbeitet schnell und zufriedenstellend. Wer sich an der englischen Sprache nicht stört, findet hier eine gute Lösung, die zudem auf einer ganzen Reihe von Plattformen daheim ist.
Wirklich das "letzte Passwort"? - LastPass
Ganz wie die bereits vorgestellte Lösung RoboForm bietet auch LastPass die Möglichkeit, sich mit ihrer Hilfe nur durch Eingabe eines einzigen Master-Passwortes mit allen Web-Seiten sicher zu verbinden.
Vorteile beim Einsatz von LastPass:
Sehr flexible Lösung, die sowohl für Windows-Rechner als auch für MAC OS X, Linux und mobile Systeme mit einer zentralen Synchronisation aufwarten kann.
Die Grundversion für Windows-Systeme und verschiedene Browser ist kostenlos.
Daten werden nach Angaben des Anbieters lokal auf dem eigenen PC verschlüsselt.
Nachteile beim Einsatz von LastPass:
Hier bleibt nach wie vor die Unsicherheit, dass trotz aller Beteuerungen des Anbieters zur Sicherheit, die Daten auf einem amerikanischen Server gespeichert werden.
Fazit: "Das letzte Passwort, das Sie brauchen" - wie es der Anbieter vollmundig verkündet - wird LastPass sicher nicht sein - dazu braucht man in der Regel im IT-Alltag noch eine ganze Reihe anderer Passwörter, als nur die für diverse Web-Seiten. Für diese Zwecke funktioniert LastPass aber durchaus gut, allerdings benötigen Anwender, die diese Lösung auf einem mobilen System nutzen wollen, dazu die kostenpflichtige Premiumversion von LastPass. Bei vielen Nutzern dürfte allerdings Unbehagen herrschen, wenn es um das Ablegen sensibler Passwort-Daten bei einem amerikanischen Anbieter geht. Wie das LastPass-Mutterunternehmen LogeMeIn gegenüber der COMPUTERWOCHE versicherte, sollen hierbei jedoch Rechenzentren mit "Geo-Affinität" zum Einsatz kommen, die es ermöglichten, vertrauliche Kundendaten zu isolieren und innerhalb der EU abzuspeichern. Darüber hinaus befänden sich die Rechenzentren für europäische Kunden in Großbritannien und Deutschland.
Und was ist mit der Passwort-Wiederherstellung?
Wir trafen in Rahmen der Recherche für diesen Bericht natürlich auch auf Werkzeuge, deren Zweck die Wiederherstellung von Passwörtern im Allgemeinen und solcher für Windows-Systeme im Besonderen ist. In diesem Zusammenhang muss jedem Anwender ganz klar sein, dass es sich bei vielen dieser "Hilfsprogramme" schlicht und einfach um Cracking-Tools handelt, die mit Hilfe von bestimmten Techniken wie Regenbogen-Tabellen einen Angriff auf die verschlüsselte Datenbank der Windows-Passwörter durchführen - und dabei aufgrund der Rechenleistung der heutigen PC-Systeme auch durchaus erfolgreich sind.
Ein gutes Beispiel für diese Programme ist die Freeware ophcrack, die dann bei der Installation auch zu Recht von der Sicherheitssoftware als mögliche Bedrohung identifiziert wird (siehe Screenshot in unserer Bilderstrecke). Auch einige professionelle Anbieter wie Stellar Phoenix bieten auf ihren Seiten entsprechende Tools an, die mit Hilfe einer eigens erstellten Boot-CD sogar dazu in der Lage sein sollen, die Administrator-Passwörter der Windows-Systeme zurückzusetzen.
Wir haben uns entschlossen, den Schwerpunkt dieses Artikels auf die Bereiche der Erstellung und -Verwaltung sicherer Passwörter zu beschränken - Werkzeuge zum Knacken von Passwörtern gehören definitiv nicht in die Hand eines Anwenders und sollten auch von Administratoren nur im äußersten Notfall eingesetzt werden.