Neuer Chef, alter Kurs. Unter der Führung von Olaf Koch treibt der Handelskonzern Metro den Kaufhof-Verkauf voran. Die Warenhauskette ist aber nicht die einzige Tochter, deren Zukunft zu klären ist.
Neuer Chef, alter Kurs. Unter der Führung von Olaf Koch treibt der Handelskonzern Metro den Kaufhof-Verkauf voran. Die Warenhauskette ist aber nicht die einzige Tochter, deren Zukunft zu klären ist. Die weltweit 280 000 Mitarbeiter des größten deutschen Handelskonzerns Metro haben einen neuen Chef. Der bisherige Finanzvorstand Olaf Koch ist mit dem Beginn des neuen Jahres an die Spitze des Düsseldorfer Konzerns gerückt. Mit 41 Jahren ist er der jüngste Vorstandschef der 30 Unternehmen im wichtigsten deutschen Börsenindex Dax. Viel Zeit, um in die neue Aufgabe hineinzuwachsen, bleibt Koch nicht. Die Metro steckt im Umbau und hat viele Baustellen. Von einer "Herkulesaufgabe" sprach Vorgänger Eckhard Cordes in einem Interview.
Bei der Warenhaus-Tochter Kaufhof läuft ein Bieterrennen. Fast vier Jahre nach der Ankündigung stehen die Chancen für einen Verkauf so günstig wie nie. Die österreichische Immobilienfirma Signa mit ihrem Chef René Benko auf der einen Seite und ein Konsortium aus Karstadt-Eigentümer Nicolas Berggruen und dem Finanzinvestor Blackstone auf der anderen Seite gelten als die aussichtsreichsten Bewerber. Koch muss in nicht allzu weiter Ferne entscheiden, wer den Zuschlag bekommt. Damit werden über 20 000 Mitarbeiter den Konzern verlassen. Für die Arbeitsplätze ist dann der Investor verantwortlich. Der Wert der Warenhauskette wird auf zwei bis drei Milliarden Euro geschätzt.
Die größten Baustellen sind jedoch Media Markt und Saturn. Europas führende Elektronikketten sind die zweitwichtigste Ertragsquelle des Konzerns nach den Metro-Großhandelsmärkten. Sie mussten eine Aufholjagd im Internet starten. Dem Kauf des Internethändlers Redcoon folgte im Oktober der Online-Shop von Saturn. Media Markt eröffnet im kommenden Monat seinen Online-Shop. Die Neuausrichtung von Media-Saturn wurde vom Machtkampf zwischen Cordes und dem Minderheitsgesellschafter Erich Kellerhals überschattet. Kann Koch den Streit belegen? Noch nicht ausgestanden ist die Schmiergeldaffäre bei Media Markt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen mehrere ehemalige Manager.
Bei der Lebensmitteltochter Real hat der Metro-Vorstand nach früheren Angaben mehrere Optionen: Ein Verbleib im Konzern, ein Verkauf oder eine Partnerschaft. Angesichts des laufenden Kaufhof-Deals und den Herausforderungen bei Media-Saturn ist diese Weichenstellung zunächst einmal in den Hintergrund gerückt und nicht kurzfristig zu erwarten. Real beschäftigt allein in Deutschland 40 000 Mitarbeiter. Die Metro-Tochter bekommt allerdings die volle Aufmerksamkeit des einzigen Handelsexperten im Metro-Vorstand, Joël Saveuse. Der Franzose soll sich nach der neuen Arbeitsaufteilung in der Düsseldorfer Chefetage ganz auf die Weiterentwicklung von Real konzentrieren.
Umstrittene Personalentscheidung
Bei Arbeitnehmervertretern besitzt Koch keinen großen Kredit. Der Zahlenexperte wurde nur mit einer Stimme Mehrheit vom Aufsichtsrat zum Konzernchef berufen. Er setzte als Finanzvorstand ein hartes Sparprogramm im Konzern um, bei dem 19 000 Arbeitsplätze im In- und Ausland wegfielen. Die Gewerkschaft Verdi machte vor der Personalentscheidung keinen Hehl daraus, dass sie einen Handelsexperten an der Konzernspitze bevorzugen würde. Cordes ließ dagegen keinen Zweifel daran, dass aus seiner Sicht Koch die richtige Wahl ist. Beide arbeiteten früher beim Autokonzern Daimler. In der Branche wird die Wahl als Richtungsentscheidung gesehen, dass der Sparkurs und der Umbau der Metro AG weitergehen.
Nach der Gewinnwarnung vor wenigen Wochen ist auch bereits klar, dass Koch keinen Traumstart hinlegen kann. Wurde 2011 noch anfangs als Rekordjahr ausgerufen, musste der Handelskonzern angesichts der ausufernden Schuldenkrise, Währungseffekten und Auswirkungen auf das Verbraucherverhalten im Jahresverlauf nach und nach zurück rudern. Anfang Dezember verkündete die Metro, dass sowohl Umsatz als auch das bereinigte operative Ergebnis 2011 hinter den Vorjahreswerten zurückbleiben könnten. Die Börse reagierte mit einem Kurseinbruch.
Einige Analysten sehen zudem die Glaubwürdigkeit des Managements angekratzt. Viel zu lange habe die Metro an einer Finanzplanung fest gehalten, die am Markt schon nicht mehr als erreichbar galt, schreibt die Investmentbank JP Morgan in einer Studie. Ein erstes Bild über den Geschäftsverlauf ergibt sich bereits am 17. Januar, wenn Metro vorläufige Umsatzzahlen für das abgelaufene Jahr veröffentlicht. (dpa/bw)
Die wichtigsten Männer bei Media-Saturn
Olaf Koch ist seit 1. Januar 2012 Vorstandsvorsitzender der Metro AG, die seit Januar 78,38 Prozent der Anteile der Media-Saturn-Holding besitzt. Vorher war Koch zwei Jahre lang Finanzvorstand. Er ist Nachfolger von ...
... Eckhard Cordes, der nach internen Turbulenzen erklärt hatte, seinen bis Oktober 2012 laufenden Vertrag nicht verlängern zu wollen.
Pieter Haas ist seit dem zweiten Quartal 2013 Vorstandsmitglied bei der Metro AG, wo er unter anderem für Media-Saturn verantwortlich ist. Nach dem Rücktritt von Horst Norberg als Vorsitzender der Geschäftsführung von Media-Saturn wurde Haas in die Geschäftsführung der Media-Saturn Holding berufen, um die "strategische Neuausrichtung" und die damit verbundene "notwendige Restrukturierung" voranzutreiben – so lange bis ein neuer Chef gefunden wurde. <br> Nachdem ein Gericht im April 2015 die Klage von Erich Kellerhals, Minderheitsgesellschafter bei Media-Saturn, auf Abberufung von Haas abgewiesen hat, blieb Haas stellvertretender Vorsitzender der Geschäftsführung der Media-Saturn Holding. <br> Haas arbeitet seit 2001 für Media-Saturn, zunächst als Geschäftsführer der niederländischen Landesgesellschaft. 2008 rückte er als COO in die Geschäftsführung der Media-Saturn-Holding auf.<br><br>
Erich Kellerhals ist einer der Mitgründer von Media Markt und Minderheitsgesellschafter der Media-Saturn-Holding (21,62 Prozent der Anteile). Damit verfügt er über eine Sperrminorität in der Gesellschafterversammlung von Media-Saturn, die laut Firmenstatut bei 20 Prozent liegt und Grund für die internen Auseinandersetzungen der vergangen Monate war. Im Bild auch seine Frau Helga, die einst auch Mitgründerin war.
Leopold Stiefel ist ebenfalls einer der Mitgründer des ersten Media Markts und war lange Zeit Minderheitsgesellschafter der Media-Saturn-Holding. 2002 hat er seine Tätigkeit als Vorsitzender der Geschäftsführung von Media-Saturn beendet. Seine letzten Anteile von 2,97 Prozent hat er im Januar 2013 für etwa 230 Millionen Euro an die Metro AG verkauft. Auch seine politische Karriere (CSU-Stadtrat in Ingolstadt) und seine Funktionärskarriere im Eishockey (ERC Ingolstadt) hat der mittlerweile 70-Jährige beendet.
Walter Gunz war einer der vier Media-Markt-Gründer (dazu: Leopold Stiefel, Erich + Helga Kellerhals). Und obwohl er vor mehr als zehn Jahren ausgeschieden ist, sieht er sich weiter als Teil des Unternehmens. 2013 hat er ein Buch geschrieben ("Ich war doch nicht blöd"), in dem er auch auf die Anfangsjahre des Media Markt zurückblickt.
Horst Norberg war von Anfang 2011 bis zum Mai 2014 CEO und Vorsitzender der Geschäftsführung der Media-Saturn-Holding. Ende 2012 hatte er bekanntgegeben, dass er seinen Vertrag verlängert habe und noch bis Ende 2015 an der Spitze der Retail-Kette stehen werde.<br> Doch nach den neuen Entwicklungen im Eigentümerstreit zwischen den Media-Saturn-Gesellschaftern, die mit der "Stellenanzeige" von Erich Kellerhals begannen, fehlte ihm die nötige Rückhalt, so dass er seinen Rücktritt erklärte.<br> Norberg war 1987 zum Unternehmen gekommen – zunächst als Geschäftsführer der Media Märkte in Braunschweig und später Mülheim – und danach in die Geschäftsführung von Saturn aufgestiegen. Ab 2001 war Norberg Chief Operating Officer (COO) von Saturn und damit Mitglied der MSH-Geschäftsführung.
Martin Wild trägt seit Mai 2014 den Titel des Chief Digital Officers (CDO) der Media-Saturn-Holding. Bereits im Juni 2013 war Wild als CEO an die Spitze des E-Tailers Redcoon gerückt (zunächst nur als Interims-CEO, dann vollamtlich), von dem Media-Saturn im Jahr 2011 für eine Kaufsumme von 125 Millionen eine 90-prozentige Mehrheit übernommen hatte. Zugunsten seiner neuen Aufgabe als MSH-CDO gab er seinen Posten ab.<br> In seiner Anfangszeit bei MSH war Wild Vice President Multi Channel gewesen. Einst hatte er den E-Tailer Home of Hardware (HoH) gegründet und ihn 2007 an den Bezahlsender Premiere verkauft, der das Unternehmen seinerseits 2008 an das Systemhaus Cancom weiterreichte (inzwischen gehört HOH zur Getgoods AG).
Wolfgang Kirsch gehört dem Unternehmen seit 1993 an und ist seit 2008 Geschäftsführer der Media-Saturn-Holding GmbH. Als Chief Operations Officer (COO) verantwortet er die deutsche Landesgesellschaft und der Media-Saturn-Unternehmensgruppe, der er auch als CEO vorsteht.
Klaus-Peter Voigt verstärkt seit dem 1. Juli 2013 als Chief Procurement Officer (CPO) die Geschäftsführung der Media-Saturn-Holding (MSH). Voigt hatte bereits von 1989 bis 2008 in verschiedenen Funktionen dem Management der Media-Saturn-Unternehmensgruppe angehört, zuletzt als COO und stellvertretender Vorsitzender der Geschäftsführung. Sein überraschender Abgang 2008 wurde in Branchenkreisen damit erklärt, dass Voigt nach dem Rückzug des Firmengründers Leopold Stiefel selbst Ambitionen auf die Unternehmensführung gehegt hatte.
Michael Rook war seit 1987 in verschiedenen Funktionen für den Media-Saturn-Konzern tätig. Von 2007 an war er Mitglied der Geschäftsführung von Media Markt, zuletzt COO von Media-Saturn. Im Zuge der Schmiergeldaffäre wurde er im November 2011 fristlos gekündigt und kam in Untersuchungshaft. Gegen seine Kündigung hat er erfolglos geklagt. Von Juni bis Dezember 2012 musste er sich vor dem Landgericht Augsburg zusammen mit anderen Angeklagten wegen gewerbs- und bandenmäßiger Bestechung bzw. Bestechlichkeit verantworten. Er wurde zu einer Gefängnisstrafe von fünf Jahren und drei Monaten verurteilt.
Rolf Hagemann hat als CFO der Geschäftsführung der Media-Saturn-Holding seit 2006 angehört und war ab Januar 2011 ihr stellvertretender Vorsitzender. Ende April 2012 hat er das Unternehmen verlassen. Ihm folgte ...
Georg Mehring-Schlegel ..., der aber bereits Anfang Juni 2012 den Posten wieder aufgegen hatte, nachdem Kellerhals ihm öffentlich die Kompetenz abgesprochen hatte.<br> Von Anfang Mai 2014 an war Mehring-Schlegel als Nachfolger von Martin Wild zusätzlich und interimsmäßig CEO des Online-Händlers Redcoon. Ab November 2014 wurde er dort abgelöst von ...
Martin Sinner ..., der als ein ausgewiesener Experte der Online-, Start-up- und Gründerszene gilt. Sinner hatte im Jahr 2000 das heute führende deutsche Vergleichsportal Idealo gegründet, dessen CEO er bis 2012 war. Innerhalb des Media-Saturn-Konzerns soll Sinner auch die neue "Electronics Online Group" (EOG) aufbauen – mit Redcoon als Kern.
Oliver Seidl Neuer CFO (und gleichzeitig auch CIO) ist seit 2013 Oliver Seidl, der zuletzt Vorstandsvorsitzender beim TV-Hersteller Loewe war.
Roland Weise war bis Ende 2010 CEO der Media-Saturn-Holding und wurde von Horst Norberg abgelöst.
Reiner Heckel war bis Anfang Juni 2013 Geschäftsführer des E-Tailers Redcoon, der seit Juni 2011 zu 90 Prozent der Media-Saturn-Holding gehört. Der frühere Media-Markt-Manager Heckel hatte Redcoon 2003 gegründet und bis zur Übernahme durch Media-Saturn auf einen Umsatz von 432 Millionen Euro geführt. 2011 übernahme der Retailer für eine Kaufsumme von 125 Millionen Euro eine 90-prozentige Mehrheit an Redcoon.
Andreas Oerter ist ebenfalls Mitglied der Redcoon-Geschäftsführung. Seit November 2011 ist Oerter Einkaufschef (CPO) von Redcoon. Zuvor war er als CPO der portugiesischen Landesgesellschaft von Media-Saturn tätig.
Axel Grimm Seit dem 1. Mai 2013 ist auch Axel Grimm als CFO Mitglied der Redcoon-Geschäftsführung. Vorher war er CFO der Media-Saturn E-Business Concepts & Services GmbH.
Ulf Adebahr ist seit Mai 2014 CTO/CIO und Mitglied der Geschäftsführung von Redcoon, wo er die Themen Customer Care, IT und Logistics verantwortet. Adebahr war bisher in führender Tätigkeit für die deutsche Organisation des u.a. für EAN-Codes zuständigen Stammdatendienstleisters GS1 tätig.
Philipp Haas ist seit Mai 2014 Mitglied der Geschäftsführung der Media-Saturn E-Business GmbH. Haas begann 2005 seine berufliche Karriere bei Media-Saturn. Zuletzt war er mit Multichannel-Aufgaben bei Media-Saturn Spanien sowie in der Konzernzentrale in Ingolstadt betraut.
Ricardo Diaz Rohr Seit Juli 2014 ist Ricardo Díaz Rohr Vice President IT Strategy & Steering bei der Unternehmensgruppe Media-Saturn und CIO der Media Saturn Holding GmbH. Damit verantwortet die strategische Ausrichtung der IT der gesamten Unternehmensgruppe. <br> Gleichzeitig ist Díaz Rohr CEO der IT-Tochter Media-Saturn IT Services GmbH (MSITS).
Carsten Strese ist Geschäftsführer der Saturn Management GmbH.
Klaus Lahrmann ist kommissarischer CEO der für die Eigenmarken von Media-Saturn (ok, Isy, Koenic und Peaq) verantwortlichen Unternehmenstochter Imtron.
Ditmar Krusenbaum ist CEO der österreichischen Landesgesellschaft von Media-Saturn. Bis März 2014 war er CEO der Imtron GmbH, einer 100-Prozent-Tochter der Media-Saturn-Holding, und damit für die Eigenmarken von Media Markt und Saturn verantwortlich.
Frank Kretzschmar Frank Kretzschmar ist seit 2005 Mitglied der Geschäftsführung von Media Markt und Saturn Österreich, 2008 hat er den Geschäftsführungsvorsitz übernommen. Von 2011 bis 2013 war er zudem COO der Media-Saturn-Holding in Ingolstadt.<br> Ab 2015 wird er als Chief Operations Officer (COO) innerhalb der Metro Group zu Real wechseln.
Andreas Oerter war nach der Übernahme von Media-Saturn drei Jahre lang Einkaufschef von Redcoon gewesen, bis er das Unternehmen Ende 2014 auf eigenen Wunsch verließ. Oerter war ein klassischer "Metro-ianer", der seine berufliche Laufbahn 1991 bei Kaufhof begann. Über verschiedene Positionen im Metro-Konzern kam er Ende 2011 als CPO zu Redcoon, wo er auch in die Geschäftsführung einzog. Seit November 2013 fungierte Oerter dort allerdings nur noch als Managing Director und schied Anfang 2014 auch aus der Geschäftsführung aus.