Mit Blade-Servern können Reseller noch richtig gutes Geschäft betreiben. Doch wie überzeugt man potentielle Endkunden von den Vorteilen dieser Technolgie? Welche Varianten von Blade-Servern gibt es, wofür eignen sie sich und was muss der Reseller während der Migration beim Kunden beachten? Dirk Schiller, Practice Leader Server Computing Solutions beim Deutschlands größtem Systemhaus Computacenter beantwortet die wichtigsten Fragen.
Blades sind die Gewinner im Server-Markt. Sie bieten hohe Rechenleistung auf engstem Raum, lassen sich gut skalieren und helfen Unternehmen dabei, IT-Kosten zu sparen. Kein Wunder, dass sich alle großen Server-Hersteller auf das Marksegment stürzen und Reseller suchen.
1. Unterscheidungsmerkmale
Klassische Server-Bauformen bringen alles mit, was für den eigenständigen Betrieb eines Servers benötigt wird. Dazu gehören Stromversorgung, Kühlung (Lüfter) und Anschlüsse für externe Systeme (LAN, USB, Video usw.). Werden mehrere gleiche Server in einem Rack installiert, könnte man denken, dass eine zentrale Stromversorgung für alle genutzt werden könnte, statt für jedes System ein eigenes Netzteil zu verwenden. Dadurch würde sich dann auch der Stromverbrauch reduzieren, da weniger Verlustleistung anfällt. Genau dies ist die Idee von Blades: Es wird ein Gehäuse - das Blade-Chassis - bereitgestellt, das alle Versorgungseinrichtungen für den Betrieb wie Strom, Kühlung und die Verbindungen nach außen zur Verfügung stellt. Die Blades selbst bestehen nur noch aus dem eigentlichen Server - in der Hauptsache Hauptprozessor (CPU) und Hauptspeicher, vergleichbar zum Motherboard herkömmlicher Systeme. Die Konnektivität der Blades untereinander und in die Verbindung zur Außenwelt wird durch Stecksysteme auf der Rückwand, der sogenannten Backplane, des Blade-Chassis sichergestellt.
2. Welche Vorteile?
Ein wichtiger Vorteil ist die höhere "Packungsdichte". Das heißt, pro Quadratmeter Stellfläche können im Data Center mehr Systeme untergebracht werden. Allerdings gibt es dabei auch eine Kehrseiter der Medaille: es erhöht sich auch die Wärmedichte. Ein weiterer Vorteil ist die bessere Skalierbarkeit, denn neue Blades können im laufenden Betrieb hinzugefügt werden, solange noch Platz im Chassis ist. Der Austausch eines defekten Blades kann in der Regel ebenfalls im laufenden Betrieb erfolgen. Mit der entsprechenden Managementsoftware kann das neue Blade automatisch mit Betriebssystem und Software "betankt" werden und steht so nach kurzer Zeit wieder betriebsbereit zur Verfügung. Letzteres ist heute jedoch auch im standardisierten klassischen Server-Umfeld mit den entsprechenden Werkzeugen möglich. Vorteilhaft ist auch, dass sich der Aufwand für Verkabelung und Bereitstellung von SAN- oder LAN-Ports deutlich reduziert, da nur die Blade-Chassis an die Außenwelt angeschlossen werden müssen. Bei richtigem Einsatz verringert sich außerdem der Stromverbrauch bei gleicher Leistung im Vergleich zu Standard-Servern.
3. Welche Einsatzzwecke?
Der Einsatzbereich von Blades hat sich in den vergangenen Jahren extrem erweitert, da die verfügbare CPU-Leistung vor allem durch die Multi-Core-Prozessortechnologie gestiegen und auch der maximale Hauptspeicherausbau stark gewachsen ist. Zunächst eignen sich Blade-Server für alle Anwendungen, die horizontal skalieren. Das sind Anwendungen, die die Leistung von mehreren Systemen nutzen können und nicht auf massive Mehrprozessorleistung (mehr als vier Sockets) in einem System angewiesen sind. Hierzu gehören zum Beispiel Web-Applikationen, SAP-Applikationsserver, alle Applikationen im High-Performance-Computing-Umfeld (HPC) und einige horizontal skalierbare Datenbanksysteme. Durch die verfügbare CPU-Leistung, die Arbeitsspeicherkapazität und die Unterstützung der Virtualisierung der Netzwerkkonnektivität eignen sich Blades inzwischen auch hervorragend als Host für Virtualisierungslösungen.
4. Mehrwege-Server ersetzen?
Diese Frage lässt sich nicht einfach beantworten. Zunächst muss geklärt werden, welche Anforderungen die Applikation an die Architektur stellt. Das gilt insbesondere bei einer Migration vom Mainframe in die Open-Systems-Welt. Ist es beispielsweise eine Applikation, die horizontal skaliert, kann diese grundsätzlich auf Blades betrieben werden. Auf der anderen Seite ist die Frage nach den Performanceanforderungen sowohl an CPU/Arbeitsspeicher als auch an die Netzwerkkonnektivität zu stellen. In beiden Bereichen kann es beim Einsatz von Blades für bestimmte Anwendungsfälle Einschränkungen geben, da möglicherweise die Skalierbarkeit nicht ausreichend ist. Allerdings ist auch zu berücksichtigen, dass heutige Blade-Systeme mit vier Sockets, sechs Core-Prozessoren (also 24 Prozessoren) und einem Hauptspeicher von mehr als 256 GB vielen Mehrwege-Servern älterer Generationen in Bezug auf die CPU-Leistung überlegen sind.
5. Welche Ausprägungen von Blade-Servern gibt es?
Blades beherbergen heute nicht mehr nur Server, sondern stellen inzwischen eine Vielzahl von IT-Komponenten in dieser Bauform bereit. Hierzu gehören Storage (Festplatten und Tapes), Netzwerk-Komponenten (Switche für LAN und SAN), Erweiterungen für den Einsatz von PCI-X- oder PCI-e-Karten oder auch Erweiterungen um weitere Prozessoren zu einem Server-Blade. Zu beachten ist, dass die Blades unterschiedliche Bauformen haben können: Im Vergleich zum Standard-Blade können sie auch doppelt so breit und/oder doppelt so hoch sein. Blades, die von der Standardbauform abweichen, reduzieren entsprechend die Anzahl der nutzbaren Blades in einem Chassis: Können in ein Chassis beispielsweise 16 Standard-Blades eingebaut werden, sind es bei doppelt so breiten Blades nur noch acht Stück. Darüber hinaus darf nicht außer Acht gelassen werden, dass Blades und Chassis unterschiedlicher Hersteller nicht gemischt werden können. Auch innerhalb der Produkte eines Herstellers kann es Einschränkungen bei Mischbestückungen geben. Der Trend geht in eine weitere Modularisierung auch der bisherigen Standard-Server.
6. Welche Prozessor-Plattformen kommen in Blades zum Einsatz?
In Blades kommen fast alle marktüblichen Prozessoren zum Einsatz: AMD Opteron, IBM POWER6, IBM PowerXCell und Cell/BE, Intel Xeon, Celeron, Core2 Duo, Intel Itanium und Sun UltraSPARC.
7. Welche Betriebssysteme?
Auf Grund des Angebots und Verbreitung von Prozessoren mit x86-Architektur werden im Großen und Ganzen hauptsächlich x86-Betriebssysteme verwendet: Microsoft-Windows-Server und Linux. In einzelnen Segmenten und Branchen kann sich ein anderes Bild ergeben, zum Beispiel im HPC-Umfeld.
8. Die wichtigsten Anbieter
Das deckt sich mit den Anbietern von Standard-Servern - dies sind Fujitsu (vormals Fujitsu-Siemens), HP, IBM und Sun. Neu auf dem Blade-Markt ist Cisco im Rahmen der Unified-Computing-Lösung.
9. Kriterien bei der Auswahl
Es gibt zahlreiche Fragen, die sich Unternehmen stellen sollten, bevor sie sich für ein bestimmtes Blade-Server-Modell entscheiden. Dazu gehören:
• Bieten Blade und Blade-Chassis für meine Anforderungen ausreichend CPU, Hauptspeicher, Konnektivität und Bandbreite?
• Können die unterschiedlichen Blades in einem Chassis betrieben werden?
• Ist die Kombination von Blades und Chassis für meine Anforderungen immer noch wirtschaftlicher als Standard-Server?
• Welche Managementsoftware gibt es für die Unterstützung des Betriebs - Überwachung, Deployment oder, Management - von Blade-Servern. Kann diese in mein Systems-Management integriert werden?
• Wie redundant ist das Blade-Chassis beispielsweise hinsichtlich Stromversorgung, Lüfter oder Konnektivität?
• Wie ist die Leistungsaufnahme (und entsprechend Wärmeabgabe) des Gesamtsystems?
• Passt die angebotene Netzwerkkonnektivität in meine Netzwerkarchitektur und mein Netzwerkmanagement sowie zu den vorhandenen Skills im Unternehmen?
10. Was beim Umstieg zu beachten ist
Zunächst einmal sind die genannten Punkte wie die richtige Auswahl und Konfiguration der Systeme sowie die Kompatibilität der Netzwerkkomponenten des Blade-Systems und des vorhandenen Netzwerks zu berücksichtigen. Weiterhin sollte überprüft werden, ob die richtige Infrastruktur bereits vorhanden ist, um Blades und beispielsweise Virtualisierung auf diesen richtig nutzen zu können. Dazu gehören ein zentrales Storage und eine hohe Netzwerkbandbreite im Backbone (mindestens 1 GB im LAN). IT-Verantwortliche sollten sich auch folgende Fragen stellen:
• Können meine Applikationen und Betriebsstrukturen die Vorteile einer Blade-Architektur wirklich nutzen?
• Welche Prozesse muss ich möglicherweise für den Betrieb anpassen? Welche Werkzeuge benötige ich zur Unterstützung? Wie können diese in die vorhandene Landschaft integriert werden und wie hoch ist der Schulungs-/Einarbeitungsaufwand?
• Kann die Data-Center-Infrastruktur die Leistungsaufnahme und Wärmelast pro Quadratmeter zu- und abführen? Für ein vollausgebautes Rack können das leicht 6 kW pro Quadratmeter und 20.000 BTU/hr pro Quadratmeter werden.
• Kann der Boden des RZs das Gewicht eines vollausgebauten Racks mit Blade-Systemen tragen? Hier kann leicht das Gewicht von einer Tonne pro Rack überschritten werden.
Blades sollten nicht für den Einsatz von "Kleinst-Applikationen" genutzt werden, in diesem Fall würden die Vorteile von Blades zunichte gemacht. Auch sollten IT-Verantwortliche prüfen, ob der Einsatz von Blade-Systemen für den konkreten Anwendungsfall wirklich wirtschaftlicher ist als Standard-Server. (Computerwoche/wh)