Bitkom Trend-Studie

Der Service im CE-Markt

24.01.2008
Wie die Trend-Studie vom Bitkom zeigt, ist der Service-Markt für CE-Produkte mit Schwerpunkt Reparatur einem tief greifendem Strukturwandel unterzogen.

Der Service-Markt für CE-Produkte mit Schwerpunkt Reparaturen ist ähnlich wie der Endgeräte-Markt einem tief greifendem Strukturwandel unterworfen, wie die Trend-Studie "Die Zukunft der digitalen Unterhaltungselektronik" vom Bitkom aufzeigt.

Die fortschreitende Digitalisierung und Vernetzung der Produkte hat zum einen den Rückgang des Reparaturvolumens im analogen Bereich und zum andern – infolge steigender reparaturtechnischer Anforderungen – Auslagerungsprozesse vor allem im Handel beschleunigt.

Hinzu kommt, dass sich die Reparaturanfälligkeit digitalisierter Geräte verringert hat. Deutlich wird dies am Beispiel der Reparatur-Umsatzstrukturen im CE-Fachhandel, der als "Schnittstelle" zwischen Hersteller und Konsument bislang im analogen Gerätesegment mit Schwerpunkt Röhren-TV-Gerät und Videorecorder den Hauptanteil an Reparaturleistungen erbracht hat. Zusätzlich war die Empfangstechnik – Installation von SAT-Anlagen – ein interessantes Geschäft für den Fachhandel.

Mittlerweile hat sich dies verändert. Im ersten Halbjahr 2007 wurden beispielsweise mit 1,7 Millionen Fachbildschirm-TVs doppelt so viele Digital-TV-Geräte abgesetzt wie herkömmliche Röhren-TV-Geräte.

Die wachsenden Probleme der klassischen Radio/Fernsehwerkstatt

Das Gros der Reparaturerlöse stammt in den meisten Fachwerkstätten aus der Reparatur analoger Produkte, vor allem der klassischen CRT-TV-Reparatur. Die Anzahl der CRT-Reparaturen geht aber drastisch zurück. Viele Verbraucher wählen inzwischen statt einer Reparatur gleich ein neues Flat-TV Gerät.

Der Umsatzrückgang kann durch Reparaturen an Flat-TV-Geräten oder anderen digitalen Produkten nicht kompensiert werden: Zum einen weisen vor allem Flachbildschirme - wie fast alle digitalen Produkte - eine geringere Ausfallhäufigkeit als klassische (analoge) Röhrengeräte auf, zum anderen unterscheiden sich die Reparaturprozesse bei allen digitalen Produkten deutlich von denen ihrer analogen Vorgänger.

Es sind aufwändige Qualifizierungsmaßnahmen der Mitarbeiter erforderlich und umfangreiche Investitionen in neues Reparaturequipment, die vielfach vom Handel gescheut werden. Selbst, wenn Investitionswilligkeit vorhanden ist, fällt es vor allem kleineren Betrieben zunehmend schwer, geeignete Servicekräfte zu rekrutieren oder entsprechenden Nachwuchs zu finden.

Viele Händler beklagen auch, dass die Vergütungen der Industrie für Eigenreparaturen im Garantiefall vielfach nicht kostendeckend sind oder gar keine Vergütungen erfolgen.

Die Ausweitung der Gewährleistungsfristen auf 2 Jahre und teilweise mehr wirkt sich ebenfalls negativ auf die Erlösstruktur der klassischen Fachhandelswerkstatt aus. Inzwischen schreiben nach der Einschätzung der BBE Unternehmensberatung/Köln zahlreiche Fachwerkstätten "rote Zahlen". Nur einer kleinen Minderheit ist es in den letzten Jahren gelungen, den negativen Trend aufzuhalten.

Die Folge: zunehmende Auflösung von Werkstätten im Fachhandel aus Kosten- und Auslastungsgründen und wegen mangelndem technischen Know-how. Der kleinere Fachhandel steckt in einer Zwickmühle und verliert durch Auflösung seiner Werkstatt eines seiner stärksten Wettbewerbsvorteile: den Service!

Dabei gilt nach wie vor gerade für den kleinen und mittleren Fachhändler: das erste Gerät verkauft der Laden, das zweite die Werkstatt. Die Zufriedenheit der Kunden mit dem neuen Gerätekauf und der Wahl der Einkaufsstätte wird wesentlich von der Qualität und Abwicklung des After-Sales-Service – sprich: Reparatur- und Garantieabwicklung – beeinflusst.

Der deutsche Konsument bevorzugt die Betreuung "aus einer Hand". Unter den Anforderungen an den Service werden laut BBE Unternehmensberatung/Köln als besonders wichtig genannt:

- Qualität

- Schnelligkeit der Reparatur (Reparaturdauer)

- Kosten

- Service-Spezialisten als Marktgewinner

Wenn sich der Fachhandel teilweise und zunehmend aus dem Reparaturgeschäft zurückzieht – wer leistet dann den Service?

Außer dem Fachhandel haben inzwischen alle anderen Marktteilnehmer im CE-Handel eigene Werkstätten vorwiegend abgeschafft und ihre Service-Abwicklung per Outsourcing gelöst. Profitiert davon haben in erster Linie Service-Spezialisten – insbesondere filialisierende Großspezialisten und Verbundgruppen – und Dienstleistungsunternehmen, die als »Volldienstleister« die gesamte Prozesskette vom Repair-Service bis zur Logistik erledigen.

Unterschiedliche Service-Strategien der Industrie

Die Industrie praktiziert unterschiedliche Service-Strategien. Zwang zur Wirtschaftlichkeit und zunehmende Geräte-Einsendungen des Handels – vor allem Garantiereparaturen – veranlassten viele Hersteller, eigene Service-Zentren aufzulösen oder diese an große Service-Spezialisten abzugeben.

Wenn Handelsbetriebe nicht in der Lage sind, mit eigener Werkstatt die Produkte der neuen Technologien kompetent zu reparieren, wird entweder der noch vorhandene eigene Repair-Service genutzt oder qualifizierte Vertragspartner mit ausreichender Service-Kapazität (Spezialisten) übernehmen die Abwicklung.

Es gibt also eine Dezentralisierung von Reparaturleistungen. Den Konsumenten interessiert es vielfach weniger, wer repariert Der Konsument weiß in vielen Fällen nicht, wer letztlich sein digitales Gerät repariert oder die Garantieleistung wahrnimmt. Ihm kommt es darauf an, dass sein TV-Gerät schnell, sachgemäß und zu erträglichen Kosten repariert wieder zur Verfügung steht. Ist er mit der Service-Leistung unzufrieden, reagiert er zunehmend mit dem Abbruch der Geschäftsbeziehungen. Das trifft vor allem den Fachhandel, auch wenn dieser die mangelhafte Leistung gar nicht zu vertreten hat. Vom Fachhändler werden kompetente Service-Leistungen erwartet.

Service-Strategien für den Fachhandel – künftig mehr profitable Dienstleistungen – wird es "Installer" auch in Deutschland geben?

Aus fehlendem oder mangelhaftem Service können dem Fachhandel Probleme erwachsen, die das Verkaufsgeschäft tangieren. Als Gegenstrategie bietet sich an, die eigene Werkstatt beizubehalten und konzeptionell, organisatorisch und personell auf die Anforderungen der neuen Technologien auszurichten und die Qualität der Service-Prozesse zu optimieren.

Dazu bedarf es der tatkräftigen Unterstützung (Interconnectivity), vor allem der Markenhersteller, die auch gewährt wird: Schulung technischer Mitarbeiter, umfassende Service- und Produktinformationen/ Service- und Produktdatenbanken, Ersatzteilversorgung und Garantieabwicklung, Repair Tracking Systeme.

Verkaufsgeschäft und Service müssen künftig klarer getrennt werden. Service und Dienstleistungen in Bereichen wie

- Heimnetzwerken

- Vernetzung von CE-Komponenten, Digital Home

- Einsatz von Funknetzwerken, Powerline-Netzwerke

- Triple Play-Mehrfachdienste aus einer Leitung

- Home-Cinema-Lösungen etc.

werden immer mehr an Bedeutung gewinnen. Sie erfordern professionelles Know-how und können profitabel vermarktet werden, wie das Beispiel USA zeigt. Dort gibt es – anders als in Deutschland – auf Konvergenzprodukte spezialisierte Vertriebstypen, die sogenannten "Custom installer". Diese verkaufen Geräte, betreuen Bauherren, Haus- und Wohnungseigentümer und vernetzen klassische CE- und neue ITK-Anwendungen miteinander. Es gibt spezialisierte Installer für bestimmte Anwendungsgebiete (z.B. Home Theater, Audio Systems, Home Control) oder auch Generalisten für alle Technologien und Anwendungen.

Nach Schätzung des Bitkom und Management Business Group GmbH lag 2006 der Gesamtumsatz aller Custom Installer bei 8 Milliarden Dollar (Hardware und Service). Diese verteilen sich hauptsächlich auf den Bereich Audioinstallationen mit rund 2,2 Mrd., Home-Theater-Lösungen mit rund 2,1 Mrd. Dollar und Home-Control-Anwendungen für rund 1,6 Mrd. Der Rest besteht aus Verkabelungen, Licht, Security und PC-Vernetzung. Der Markt ist nicht nur groß, er wächst auch weiterhin rasant.

Nach Untersuchungen der MBG setzen 58 Prozent der Custom Installer pro Jahr unter 1 Million Dollar um, 22 Prozent zwischen 1-3 Millionen Dollar, 12 Prozent zwischen 3-9 Millionen und 8 Prozent über 10 Millionen Dollar. Rund 40 Prozent der Custom Installer konnten ihren Umsatz 2006 im Vergleich zum Vorjahr um über 20 Prozent steigern. 34 Prozent haben bis zu 4 festangestellte Mitarbeiter, 26 Prozent zwischen 5 und 10 Mitarbeiter, weitere 11 Prozent zwischen 11 und 15 Angestellte.

Der Weg vom Dienstleistungsschwerpunkt "Reparatur" hin zum Service-Dienstleister ist für den Fachhandel und neue Spezialisten also auch in Deutschland vorgezeichnet.

Welche weiteren Wachstumsfelder die Digitalisierung der Unterhaltungselektronik noch dem Fachhandel bietet, lesen Sie im nächsten Teil der Studie. (go)