Das Jahr 2009 hat den Serveranbietern einiges zugemutet: Die Serverumsätze gingen rekordverdächtig zurück; die Kunden, die bis Herbst 2008 Quartal für Quartal für neue Umsatzrekorde gesorgt hatten, ließen Server, gleich ob x86, Risc/Unix oder Mainframes, links liegen. Stattdessen kümmerten sie sich darum, vorhandene Server zu sortieren und sich von ihren IT-Abteilungen detailliert ROI-Belege, Auslastungsdiagramme und Zentralisierungskonzepte vorlegen zu lassen.
Dabei waren die Aufgaben, die Serveranbieter auf die To-do-Liste des vergangenen Jahres für Unternehmen gesetzt hatten, eindeutig: Sie hießen Serverkonsolidierung und Rechenzentrumsauslastung, Standardisierung und Virtualisierung, Cloud Computing und Managed Services. Und wer sich außerdem anschaute, mit welchen Rechenleistungen die neuesten Serverchips aus den Häusern Intel und AMD, HP, IBM und Sun aufwarten konnten, hätte sich die konsequent negative Marktentwicklung des vergangenen Jahres kaum träumen lassen.
Doch genau so geschah es: "In diesem Jahr wird die Rezession voll auf den IT-Markt durchschlagen. Insbesondere die Ausgaben für Hardware, die rund 30 Prozent des IT-Marktes ausmachen, werden 2009 um über neun Prozent zurückgehen", wusste im Juni 2009 Joachim Benner, Research Analyst bei IDC Deutschland, zu berichten. Und als dann auch noch die Bemühungen diverser Hersteller, die missliche Situation durch resolute Marketing- und Channel-Aktivitäten einigermaßen erträglich zu machen, wenig fruchteten, tat man das, was man in solchen Fällen schon immer getan hat: Man setzte auf Verdrängung.
Bekanntlich ist das keine besonders margenträchtige Strategie. Und sicher ist auch, dass diese Strategie vom indirekten Kanal mit dem üblichen Argwohn betrachtet wird - es bedeutet niedrigere Margen, insbesondere im Volumengeschäft mit x86- und Blade-Servern.
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Ein ähnliches Bild zeigte sich auch im Projektgeschäft. Unternehmen teilten Projekte nun in kleinteilige, sukzessive abzuarbeitende Einheiten auf. Sie wurden gestreckt, ebenso die Zahlungsweisen, sodass es manchem VAR und Systemhaus schwerfiel, den Nutzen ihres Engagements zu erkennen und kaufmännisch abzubilden. Als dann noch die Kreditvergabe landesweit stockte, stand für viele fest: Das Serverjahr 2009 konnte man eigentlich vergessen.
Mit den Worten der Analysten gesprochen: Sie stellten fest, das in den Quartalen eins bis drei des vorigen Jahres die Ausgaben für Server um durchschnittlich 15 Prozent zurückgingen. Dabei schnitten x86-Server durchschnittlich ab. Blades hielten sich erstaunlich gut, doch ist der Marktbedeutung wegen festzuhalten, dass hierzulande der Blade-Markt allenfalls ein Stückzahlen-Achtel der verkauften Server für sich reklamieren kann; nach Umsätzen bedeutet das rund ein Zehntel der Gesamtumsätze mit Servern. Das ist eine Nische, wenn auch mit aufstrebender Tendenz, wie IDC-Analyst Thomas Meyer im Gespräch mit ChannelPartner sagte.
Was den teuren und immer noch hochmargigen RISC-Markt anbelangt, so schleppte er sich durchs Jahr. Ein Viertel weniger Umsätze zeigten, wie wenig Unternehmen bereit waren, in diese Server-Boliden zu investieren; und das Neukundegeschäft lebte vor allem von umstiegswilligen, teils durch hohe Ablöseprämien geköderten Unix-Kunden. Von einem Verschwinden dieses milliardenschweren Marktes kann dennoch keine Rede sein, solange Unix-Systeme - neben Mainframes, die fest in der Hand von IBM sind - die erste Wahl für datenintensive unternehmenskritische Anwendungen bleiben.
Die wichtigsten Entwicklungen im Jahr 2010
Mittlerweile wird das Jahr 2010 geschrieben, und alle Marktteilnehmer rechnen damit, wieder aufatmen zu können. Diese Annahme bestätigen alle - ebenfalls vom Wachstum abhängigen - Marktforscher und verweisen auf die jüngsten Investitionsentwicklungen und auf die Zyklen der notwendigen Abschreibungen, die in diesem Jahr anstehen. Dass sie auch eine Portion Hoffnung im Gepäck mit sich führen, erscheint wenig überraschend.
Es geht wieder aufwärts, prognostizieren die beiden großen Marktforscher IDC und Gartner, und sie sind sich auch einig, dass neben der unvermeidlichen Kostenrechnung (ROI und TCO sowie Capex, also Kapitalrechnung) folgende Faktoren den Markt für Server bestimmen werden:
1) Standardserver werden wie bisher die größte Nachfrage erfahren. "Der Trend geht klar in eine Richtung: Standard-Lösungen", erklärte Meyer. Seiner Beobachtung nach werden diese Server, deren Chiplieferanten Intel und AMD heißen und die es in Rack-, Tower- und Blade-Formaten gibt, anderen Serverlösungen vorgezogen, wenn es nur irgendwie geht.
2) Blades-Server werden in Umgebungen eingesetzt, die hohe und flexible Rechenleistungen verlangen. Zu solchen Einsatzgebieten gehören vorübergehende und plötzlich anfallende Lasten, zum Beispiel Backup, Webanfragen oder Mails, und es erscheint auch eindeutig, dass in virtuellen Umgebungen Blades punkten können.
3) Nachdem sich die aktuellen Geschäftsmodelle in Richtung Serverzentralisierungen bewegen und CIOs und IT-Leiter es sich nicht leisten können, ihre Serverfarmen wie noch vor 18 Monaten betreiben zu können, sind sich die Marktforscher auch in diesem Punkt einig: Unternehmen machen sich die Rechenleistungen der Mehrkernserver zunutze, um viele Aufgaben entweder über zentrale Rechner zu lösen oder mehrere Aufgaben parallel auf einem Server abarbeiten zu lassen. "Die großen Systeme kehren zurück", bestätigte Meyer gegenüber ChannelPartner.
4) Kaum ein Server wird mehr getestet, ohne dessen Virtualisierungsmöglichkeiten zu untersuchen. Dazu haben nicht nur die großen Kampagnen so gut wie aller Serveranbieter beigetragen, sondern auch, wenn auch selten unabhängig davon, das Versprechen, die meist unterirdisch geringe Auslastung von Servern im täglichen Betrieb besser zu nutzen.
Virtualisierung bleibt deshalb auch in diesem Jahr eines der Schlagwörter schlechthin. Nachdem sich beinahe 50 Prozent der größeren Unternehmen in Deutschland bereits mit Virtualisierung beschäftigen und nach und nach SMB-Unternehmen auf diesen Zug aufspringen, geht es zumindest in diesem Markt voran. Thomas Meyer weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die meisten Server, die in mittelständischen Firmen für Virtualisierungszwecke eingesetzt werden, es vielleicht auf zwei oder drei Anwendungen bringen. "Virtualisierung wird ganz klar bei vielen Unternehmen im Vordergrund stehen, wenn es um Server geht."
5) Bleiben als weitere Hype- oder Boom-Themen Cloud Computung, SaaS, Managed Services und alle andere Dienste, die Unternehmen Folgendes versprechen: Ihr müsst euch nicht mehr um eure IT-Infrastruktur kümmern; ihr braucht nur die erforderlichen Erfüllungsgrade eurer IT mit uns aushandeln, und schon stellen wir euch die benötigte Infrastruktur mietweise und Monat für Monat zur Verfügung.
Zwar dürften auch in diesem Jahr die IT-Investitionen magerer ausfallen als geplant. Es werden Budgets gekürzt und zusammengelegt, und niemand in der IT-Branche kann sich den Diskussionen nach der Rentabilität der hauseigene IT entziehen.
Doch dass die hierzulande zu bemerkende, nahezu völlige Cloud-Abstinenz von Unternehmen sich über Nacht in einen Cloud-Boom wandeln wird, daran glaubt im Moment niemand. Zwar stehen die entsprechenden Systeme bei allen Serveranbietern bereit, doch bis die Kunden sich trauen, ihre IT-Infrastruktur komplett an Dienstleister auszulagern, wird noch viel Zeit vergehen. Zumal, wie einige Marktforscher unterstreichen, die Kostenmodelle für Cloud-Computing in scharfer Konkurrenz zu internen Rechenzentrenmodellen stehen.
Es komme darauf an, welche Kosten - von der Planung über Implementierung und Betrieb bis hin zu Compliance-Anforderunge an die IT, Abschreibungen und Entsorgung alter Server - man jeweils zugrunde legen würde, weiß Meyer. Das Thema sei komplex, also eigentlich, gerade in den heutigen Zeiten schneller Kapitalamortisation, ungünstig. Trotzdem werde Cloud Computing einer der großen Marketingbegriffe dieses Jahres bleiben.
Der milliardenschwere SMB-Markt
Bleibt die Frage, was den Servermarkt im SMB-Umfeld (Small and Media Business; Unternehmen mit bis zu 500 Mitarbeitern) zu antreiben wird. Das ist immerhin der Markt, der bis jetzt den ökonomischen Albtraum der vergangenen 18 Monate am robustesten überstanden zu haben scheint.
In diesem Markt spielen normale Mehrkernserver die Hauptrolle; in ihm geben sich die Großen der Serverzunft die Klinke in die Hand, wenn es um Mittelstandskunden geht, und man kann mit Händen fassen, dass in diesem Markt darüber entschieden wird, wer sich zu den Großen der Serveranbieter rechnen kann..
Das ist bekannt, weshalb kaum ein Monat vergeht, in dem sich nicht Marketingkampagne an Marketingkampagne reiht. Das Interesse am SMB-Markt werde weiter zunehmen, sagte Meyer. Dabei stützt er sich auf die Aussagen so gut wie aller Unternehmen, mit denen er gesprochen hat.
Hauptthemen seien, wie nicht anders zu erwarten, Virtualisierung, der Ersatz alter durch neue Mehrkernrechner und zahlreiche Versuche, bestimmte, nicht unternehmenskritische Serverausgaben auszulagern. "Dazu gehören Mail- und Kommunikationsserver", so Meyer. Beim weltgrößten Distributor Ingram Micro hört sich das so an: "Der Fachhandel entwickelt sich vom Box Mover hin zum Servicedienstleister und Prozessunterstützer für seine Kunden", erklärte Wolfgang Jung, verantwortlich für PC-Server, gegenüber ChannelPartner.
Das Thema Prozesse inklusive Services, noch vor drei Jahren allein bei großen Unternehmen zu Hause, werde sich auch im Mittelstand, gleich ob beim kleineren oder größeren, unübersehbar Platz verschaffen. In diesem Punkt sind sich alle Anbieter einig, weshalb man das wenig erfreuliche Krisenjahr 2009 auch eher als Vorbereitung für den kommenden Innovationsschub interpretieren möchte. "Der Mittelstand weiß, dass er investieren muss, um wettbewerbsfähig zu sein", erklären der Interessenverband Bitkom und Marktforscher übereinstimmend.
Nichts als eine neue Krise werde ihn davon abhalten. (wl)