Nur 28 Prozent aller Beschäftigten verbinden mit ihrer täglichen Arbeit auch Spaß. Lediglich 31 Prozent meinen, dass man sich in seiner Tätigkeit auch verwirklichen kann. 30 Prozent aller Mitarbeiter haben innerlich gekündigt und reduzieren ihr Engagement auf das Notwendigste - über alle Hierarchiestufen hinweg. Was sind die Hintergründe für diese erschreckenden Zahlen?
Wenn Unternehmen ihre Mitarbeiter ernsthaft befragen würden, was sie bräuchten, um ihre beste Arbeit zu tun, wären sie oft erstaunt, welche Faktoren genannt werden. Es wäre für diese Arbeitgeber oft verhältnismäßig leicht, etwas an den Jobs zu verändern und vermeidbaren Kündigungen von Mitarbeitern vorzubeugen. Auf diese Art könnte auch ein stabiler Kern von Leistungsträgern mit Sogwirkung auf weitere Mitarbeiter gebildet werden. Das Konzept des "Job Sculping" könnte bei Überlegungen der heute immer stärker diskutierten Mitarbeiterbindung einbezogen werden. Für Arbeitgeber aus engen Branchen stellt sich die Frage nach der Bindung des Personals besonders stark.
Job Sculping ist eine Methode, die hierzulande erst wenig bekannt ist. Hinter diesem Ansatz steckt die grundlegende Erkenntnis, dass es mehr Sinn macht, den Job dem Menschen als den Menschen dem Job anzupassen.
Auf individuelle Eigenschaften setzen
Menschen haben bestimmte Eigenheiten, Vorlieben, Abneigungen, Werte, Ziele und Erwartungen an ihren Job. Diese zu ignorieren und Menschen primär aus Sicht der Anforderungen eines Unternehmens einzusetzen ist aus meiner Sicht eine der Hauptursachen für die mangelnde Identifikation von Arbeitnehmern mit ihren Unternehmen.
Einige Unternehmen versuchen mit Hilfe unterschiedlicher Instrumente, auf ihre Mitarbeiter stärker einzugehen. Manche, die sich der elementaren Bedeutung des Faktors "Humankapital" sehr bewusst sind, sind aus dieser Überlegung sogar dazu übergegangen, für Bewerber und ihre besonderen Fähigkeiten eine passende Position zu finden oder gar neu zu schaffen.
In meinem Beitrag möchte ich anhand der Systematik der "Anatomie eines idealen Jobs"von Richard Nelson Bolles Aspekte beleuchten, die aus meiner Sicht als Karriereberaterin wesentlich für die berufliche Zufriedenheit sind. Jeder dieser Aspekte kann für sich genommen dafür verantwortlich sein, dass Mitarbeiter unzufrieden sind und sich nach einer neuen Tätigkeit umsehen.
Fähigkeiten erkennen
Oft erkennen Menschen gerade ihre besten Fähigkeiten am schlechtesten selbst (wie sollen es dann ihre Vorgesetzten tun?). Daneben werden die Mitarbeiter nicht unbedingt mit den Fähigkeiten eingesetzt, die sie wirklich gut beherrschen und die sie auch einsetzen möchten. Denn nicht alles, was man gut macht, macht man auch gerne.
Tätigkeitsfelder
Bei welchen Produkten, Themen oder Problemstellungen könnten diese Fähigkeiten eingesetzt werden? Dabei sind Begeisterung und Interesse der Schlüssel zum Erfolg. Es ist einleuchtend, dass beispielsweise Vertriebsmitarbeiter - aber grundsätzlich auch alle anderen Mitarbeiter in den unterschiedlichsten Positionen - dann besonders erfolgreich sind, wenn sie ihr Produkt auch mögen.
Menschen
80 Prozent aller "unfreiwilligen Trennungen" gehen auf den Faktor Mensch und die spezifischen Arbeitsbedingungen (siehe unten) zurück. Daher ist es besonders wichtig festzuhalten, mit welcher Art von Chef, Kollegen, Mitarbeitern oder Kunden Menschen am besten zurechtkommen und was sie lieber lassen sollten.
Belohnungen
Welche Rolle spielen das Gehalt und die Art der Position? Welche weiteren Belohnungen, die mit den unterschiedlichen Aufgaben einhergehen (wie die Chance zu reisen oder Entscheidungen zu treffen, das positive Image des Unternehmens etc.), sind Pluspunkte bei der Entscheidung für einen Arbeitgeber?
Spezifische Arbeitsbedingungen
Ein Großraumbüro kann für manche Mitarbeiter den tollsten Job zur Hölle werden lassen. Genauso kann es sich mit zu viel Routine, mit Akquisitionsdruck, dem Zwang, im Team zu arbeiten etc. verhalten.
Werte
Für manche Menschen liegen hier die entscheidenden Ursachen für die mangelnde Identifikation mit einem Unternehmen, zum Beispiel wenn in einer Apotheke primär "Umsatz gemacht" werden muss oder wenn man in bestimmten Branchen ohne Betrug nicht überleben kann. Umfragen zeigen auch, dass Familie, Freunde und Freizeit inzwischen einen höheren Stellenwert haben als die Bezahlung.
Zentrales Motiv
Was einen besonders stark motiviert, unterscheidet sich von Mensch zu Mensch. Es ist ein grundlegender Unterschied, ob das in einem dicken Auftrag, der Überwindung von großen Hindernissen oder einer Hilfestellung für Menschen liegt. Dieses grundlegende, zentrale Motiv sollte auch in der Arbeit vorhanden sein. Ein Sieger geht bei Routinetätigkeiten ein.
Nach einer genauen Analyse der wirklichen Hintergründe für Unzufriedenheit und eine drohende Kündigung könnten Unternehmen relativ leicht auf elementare Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter eingehen. Die konsequente Um-setzung dieser Idee steckt bei den meisten Firmen - wenn überhaupt - erst in den Kinderschuhen. Dabei könnte sie ein interessan- ter Aspekt sein. Über das Job Sculping nachzudenken und es in die Praxis umzusetzen ist in den meisten Fällen viel lohnender, als in Zielvereinbarungen, Motivationsprogramme und sinnlose Persönlichkeitstrainings zu investieren. MF