Souverän bleiben bis zur Unterschrift

Der erste Eindruck zählt, der letzte bleibt

09.06.2008 von Gabi Nehls
In jedem Verkaufsgespräch gibt es zwei Schlüsselmomente, die über den Erfolg entscheiden: Der erste ist gleich zu Beginn und der zweite gegen Ende des Gesprächs.

Sie treffen eine Person zum ersten Mal. Und noch während die Person auf sie zugeht, ist sie ihnen sympathisch - noch bevor sie ein Wort sagt. Entsprechend offen reagieren Sie. Oder umgekehrt. Erstmals treffen Sie eine Person und auf Anhieb ist sie Ihnen unsympathisch. Sie reagieren reserviert und vorsichtig. Gewiss haben Sie das schon erlebt und sich gefragt: "Wie ist das möglich? Das ist doch völlig irrational!"

Wie Ihnen geht es allen Menschen. Wenn wir jemanden erstmals treffen, entscheidet sich meist binnen weniger Augenblicke, wie dieser Kontakt verläuft. Der so genannte erste Eindruck stellt die Weichen für das weitere Gespräch und die künftige Beziehung. Er entscheidet darüber, wie viel Sympathie und Vertrauen wir dem Anderen entgegen bringen und des Weiteren darüber, wie aufmerksam und engagiert wir im Gespräch sind.

Es gibt noch einen weiteren wichtigen Eindruck - den letzten. Von ihm hängt ab, zu welchen Ergebnissen unsere Gespräche führen oder welchen Gesamteindruck wir hinterlassen - zum Beispiel einen verbindlichen oder unverbindlichen. Oder einen mehr oder weniger überzeugenden. Dies zu wissen, ist für alle Personen wichtig, die im Gespräch etwas erreichen möchten - egal, ob sie in einem Vorstellungsgespräch sich selbst, bei einem Vortrag die eigenen Ideen oder bei einem Kundenbesuch Serviceverträge oder Großrechner verkaufen wollen. Wer die Bedeutung des ersten und letzten Eindrucks kennt, kann diese gezielt gestalten.

Verkäufer sollten wissen: Jetzt kommt es darauf an

Vom ersten Eindruck hängt ab, wie flüssig ein Gespräch läuft. Sind Sie und Ihr Gesprächspartner sich sympathisch, werfen Sie sich wechselseitig die Bälle zu. Entsprechend einfach können Sie das Gespräch lenken. Sind Sie Ihrem Gegenüber hingegen unsympathisch und fasst er zu Ihnen kein Vertrauen, Das Gespräch verläuft stockend und Sie haben permanent das Gefühl, die Chemie stimmt nicht und Sie finden keinen Zugang zum Gegenüber."

Das wirkt sich auch auf den letzten Eindruck aus. Denn wenn der Gesprächsverlauf schwierig war, fällt es Ihnen auch schwer, mit Ihrem Partner eine verbindliche Absprache zu treffen oder für Sie wichtige Informationen von ihm zu erhalten. Die Erfahrung zeigt: Vielen Verkäufern ist die Bedeutung des ersten und letzten Eindrucks nicht ausreichend bewusst. Deshalb begehen sie in den entscheidenden Momenten des Gesprächs oft Fehler - häufig ohne es zu bemerken.

Wenn wir einen Menschen erstmals treffen, ist er in der Regel für uns ein unbeschriebenes Blatt. Wir haben zwar eventuell eine Vorstellung, wie der andere sein könnte, doch noch sind wir bereit, dieses Bild schnell zu revidieren. Ebenso ist dies bei Personen, die uns erstmals treffen. Doch was geschieht genau in diesem Moment? Dies sei an einem Beispiel illustriert: Nehmen wir an, Sie besuchen erstmals einen potenziellen Kunden - in seinem Büro. Stellen Sie sich vor, Sie öffnen die Tür, schauen in den Raum und orten Ihren Gesprächspartner hinten rechts an seinem Schreibtisch sitzend. Während Sie die Türschwelle betreten, schaut der potenzielle Kunde hoch, steht auf, signalisiert Ihnen näher zu kommen und läuft auf Sie zu. In diesen wenigen Sekunden, vom ersten Wahrnehmen bis zum begrüßenden Händedruck, hat sich meist bereits bei beiden Beteiligten der erste Eindruck gebildet - zuweilen ohne, dass ein Wort gewechselt wurde.

Zeigen Sie Profil

Als Folge hiervon werden Sie in eine von drei Schubladen gesteckt: "sympathisch", "nichts sagend" und "unsympathisch" Oder: "Schmierige Verkäufertype", "08/15Verkäufer" und "seriöser Kundenberater". Die Titel der Schubladen können variieren, aber eines haben alle gemein. Sie können die Schubladen, wenn sie erst mal drin sind, schwer wieder öffnen und noch schwerer wechseln. Das Einsortieren erfolgt anhand der Parameter, mit denen sich Menschen ihren ersten Eindruck bilden. Diese lassen sich drei Kategorien zuordnen:

? Erscheinungsbild (wie Kleidung, Statur, Aussehen)

? Körpersprache (wie Haltung, Gang, Mimik, Gestik)

? Sprache (wie Wortwahl und Sprechweise)

Das heißt: Letztlich entscheiden viele Äußerlichkeiten in ihrer Kombination darüber, ob uns jemand seine Gunst schenkt.

Am schlimmsten ist die mittlere Schublade - also die Schublade, auf der zum Beispiel "nichts sagend" steht. Oder "weder Fisch, noch Fleisch". Oder "0815 Verkäufer". Wenn wir in dieser Schublade gesteckt werden, bedeutet dies: Wir haben nichts bewirkt. Wir sind austauschbar. Wir hinterlassen keine individuelle Duftnote. Das sind die Menschen, die auch Sie nach kurzer Zeit vergessen.

Daher mein Appell: Zeigen Sie Profil. Haben Sie den Mut, etwas anders als Ihre Mitbewerber zu sein. Zum Beispiel aufgrund Ihrer Art, sich zu kleiden, wie Sie die Begrüßung gestalten oder wie Sie auf Aussagen reagieren. Und vertreten Sie im Verlauf des Gesprächs auch einmal eine andere Meinung als Ihr Gegenüber - selbst auf die Gefahr hin, dass Ihr Gesprächspartner Sie verdutzt anschaut. Denn dies bedeutet: Sie haben seine Aufmerksamkeit und Neugier geweckt. Er nimmt Sie wahr. Also ist die Basis für eine echte Kommunikation gelegt. Hinzu kommt: Indem Sie auch einmal eine eigene Position vertreten, ohne rechthaberisch und besserwisserisch zu wirken, machen Sie klar, dass Sie für etwas stehen - zum Beispiel für bestimmte Werte. Oder für praktische Erfahrung. Das erhöht Ihre Glaubwürdigkeit.

Den ersten Eindruck gezielt beeinflussen

Doch wie genau entsteht der erste Eindruck? Zurück zum Beispiel. Sie laufen auf eine Ihnen unbekannte Person zu. Zuerst nehmen Sie das äußere Erscheinungsbild wahr, also zum Beispiel die Kleidung. Noch immer gilt: Kleider machen Leute. Oder anders formuliert: Sie sind ein wichtiges Instrument, um die gewünschte Botschaft an andere Personen zu senden. Zum Beispiel: Ich bin seriös, wertkonservativ oder von der kreativen Sorte. Also sollten Sie anlassbezogen Ihre Kleidung so wählen, dass diese die gewünschte Botschaft transportiert. Als nächstes registrieren Sie bei der ersten Begegnung die Körpersprache - und zwar noch automatischer als die Kleidung. Hierzu zählen neben der Haltung unser Gang; des Weiteren unsere Mimik sowie ob und wie wir Blickkontakt suchen. Aber auch, ob unser Händedruck eher zupackend oder lasch, warm oder kalt ist.

Wir alle verstehen diese Sprache, selbst wenn wir in ihrer bewussten Deutung nicht geschult sind. Denn die Körpersprache ist die älteste Sprache. Wenn ein Mensch mit erhobenem Arm, geballter Faust und verzerrter Mimik auf Sie zueilt, wissen Sie intuitiv, dass diese Person Ihnen nicht wohl gesonnen ist.

Authentisch und glaubwürdig bleiben

Unsere Körpersprache offenbart Vieles - meist ohne, dass uns dies bewusst ist. Was folgt daraus? Müssen wir unsere Körpersprache fortan sofort und jederzeit kontrollieren und gezielt steuern - also sozusagen auf Knopfdruck jetzt ein Lächeln oder Naserümpfen zeigen? Nein, denn dann würden wir uns wie Marionetten verhalten und unser höchstes Gut verlieren: unsere Glaubwürdigkeit.

Auch das haben Sie gewiss schon erlebt. Zum Beispiel, wenn ein Verkäufer Sie mit zuckersüßem Lächeln und ausgewählter Freundlichkeit bediente, Sie jedoch instinktiv spürten "Das kommt nicht von Herzen" und folglich eine abweisende Haltung einnahmen. Unsere Körpersprache spiegelt unsere Gedanken, Empfindungen und Einstellungen wider. Also kann der Tipp nur lauten: Versetzen Sie sich, bevor Sie einem Kunden gegenüber treten, in positive Stimmung. Schneiden Sie zuvor im Auto Grimassen oder denken Sie an schöne Erlebnisse. Sie werden merken. Ihre Stimmung ändert sich fast automatisch - und damit auch Ihre Stimme.

Denn wichtig für den ersten Eindruck ist auch unsere Sprache. Es macht einen Unterschied, ob wir eine Piepsstimme oder einen tönenden Bass haben. Auch ob unsere Sprache dialektgefärbt ist, beeinflusst den ersten Eindruck. Von besonderer Bedeutung sind jedoch die Lautstärke und Deutlichkeit der Aussprache. Sie entscheiden darüber, ob wir sicher oder unsicher, engagiert oder eher leidenschaftslos wirken. Sie sehen: Der erste Eindruck wird durch viele Faktoren beeinflusst. Entsprechend viele Stellschrauben gibt es, an denen Sie drehen können, um bei Kunden die gewünschten Reaktionen zu erzeugen.

Pluspunkte in Ergebnisse umwandeln

So wichtig der erste Eindruck für Sympathie und Vertrauensaufbau und für den Gesprächsverlauf ist, so entscheidend ist der letzte Eindruck für das Ergebnis des Gesprächs. Von ihm hängt ab, ob aus den Pluspunkten, die wir im Gespräch sammeln, echte Ergebnisse werden. Trotzdem begehen viele Verkäufer gerade in dieser Phase gravierende Fehler.

Wenn es darauf ankommt, ändern selbst Personen, die bisher das Gespräch souverän führten, schlagartig ihr Verhalten. Sie werden plötzlich unverbindlich. Ein Konjunktiv jagt den anderen. Die Aussagen und Fragen werden schwammig und der Blickkontakt sowie die Körpersprache ausweichend. Dies liegt daran, dass sie spüren: Jetzt wird es ernst. Im Verkauf ist es wie im Sport. Auch dort gibt es "Trainingsweltmeister", die immer Bestleistungen bringen, wenn es nicht darauf ankommt. Kaum beginnt jedoch der Wettkampf, bleiben sie weit unter ihrem Leistungsvermögen. Hierfür gibt es einen einzigen Grund: die lähmende Angst vor dem Versagen. Oder im Verkaufsgespräch: Die Angst vor dem Nein des Kunden. Um dieses mögliche "Nein" zu vermeiden oder hinauszuzögern, werden viele Verkäufer am Ende eines Verkaufsgesprächs, unverbindlich. Diese Unsicherheit spürt auch der Kunde. Und er fragt sich, warum sein Gegenüber plötzlich so unsicher wird. Hat die Sache doch einen Haken? So fordert der Verkäufer selbst das Nein des Kunden heraus.

Oft vertagen Verkäufer aus Angst vor der Ablehnung auch selbst die Kaufentscheidung des Kunden und dies, obwohl er zum Abschluss bereit wäre. Zum Beispiel, indem Sie sagen "Denken Sie noch mal zu Hause in Ruhe darüber nach ..." oder "Vielleicht sollten wir uns in ein, zwei Wochen noch mal zusammensetzen und ...". Bei solch unverbindlichen Aussagen ist es kein Wunder, wenn der Vertragsabschluss mit dem Kunden ausbleibt.

Deshalb der Appell: Fordern Sie gegen Ende des Gesprächs den Kunden zu einer Entscheidung auf. Selbst, wenn der Kunde mit "Nein" antwortet, haben Sie nichts verloren, denn dann können Sie - bezogen auf Ihr Produkt - nachfragen: "Was müsste anders sein, damit Sie sich für den Kauf entscheiden können?" Und schon sind Sie wieder im Verkaufsgespräch. Ingo Vogel

Zum Autor: Ingo Vogel, Esslingen, ist Rhetorik und Verkaufstrainer. Er gilt als der Experte für emotionale Verkaufsrhetorik. Im März erschien im Gabal Verlag sein neustes Buch "Das LustPrinzip - Emotionen als Karrierefaktor", ISBN: 9783897497900, Kontakt: www.ingovogel.de; Telefon: 0711/7676303, EMail: info@ingovogel.de. (gn)