Heutzutage ist ja alles viel früher. Der Herbst fängt im Juli an und Hosenscheißer lernen Englisch, lange bevor sie ihre Verdauungsfunktionen im Griff haben.
Nur Meedia - so eine Art Online-Bild-Zeitung für Journalisten - widersetzt sich dem Trend zur Sprachkompetenz. Dort lesen wir unter der großartigen Überschrift "Studie lüftet Geheimnis der Killer-Apps", das Top-Kriterium für eine App sei deren "Tragbarkeit". (Vielen Dank an unseren Macwelt-Kollegen, Patrick Woods, der uns auf diesen Artikel aufmerksam gemacht hat).
Nun wissen die Y-Chromosomträger unter uns, dass Tragbarkeit eine äußerst sensible Sache ist. Bei der Frage "Schatz, kann ich das tragen?" hat Mann eigentlich schon verloren. Sagt er die Wahrheit, nämlich, dass die bessere Hälfte in dem Size-Zero-Fummel aussieht, wie eine Presswurst auf Urlaub, kann er Sex für den Rest des Jahres mit sich alleine ausmachen. Flötet er dagegen ein "Das steht dir ganz hervorragend, Liebling!", bekommt er "Sieht doch voll Scheiße aus - hast du keine Augen im Kopf?" zur Antwort.
Die Tragbarkeit von Apps halten wir dagegen für völlig unkritisch. Den Satz "Schatz, kann ich diese App tragen?", haben wir auf jeden Fall noch nie gehört. Auch dass Smartphones oder Tablets durch eine App untragbar geworden wären, ist uns noch nie berichtet worden.
Ein wenig klarer wird die Sache, wenn man sich die Originalmeldung von Deloitte ansieht. Dort heißt es nämlich "Apps using location information through a portability function (81%) were most likely to be downloaded." Was soviel heißen soll wie: Apps, die unterwegs besonders nützlich sind und zum Beispiel den Weg zum nächsten Shop oder Geldautomaten zeigen, werden besonders häufig heruntergeladen. Das "Tragbarkeit" zu nennen ist für uns die "dümmste Übersetzung der Woche".
Kein Englisch zu können ist in einer globalisierten Welt fast genau so fatal, wie Mindestlöhne zu fordern. Kein Deutsch zu können ist in einer nicht mehr ganz so beliebten Volkspartei dagegen durchaus Karriere fördernd.
Mit dem Slogan "C wie Zukunft" darf sich unser "Legastheniker der Woche", Lorenz Caffier, immerhin um den Ministerpräsidentenposten in Mecklenburg-Vorpommern bewerben. Nun sind wir es gewohnt, dass uns Politiker ein X für ein U vormachen. Zudem ist Meck-Pomm wirtschaftlich am Ende und praktisch entvölkert, so dass außer ein paar Agrargroßindustriellen und Neonazis niemand etwas mitbekommen hätte - wenn da nicht dieses vermaledeite Internet wäre. Über 800 Treffer gibt es bei Google-News "Zu C wie Zukunft", ein findiger Schüler sammelt sogar auf der Webseite "c-wie.de" die besten Vorschläge für weitere CDU-Wahlkampfdebakelkampagnen. Zu den beliebtesten Vorschlägen gehören "C wie Leder" und "C wie Zensur".
Dem Vernehmen nach, plant die FDP - deren Mitglieder ja gerne abschreiben - eine analoge Kampagne, kann sich aber nicht zwischen "F wie Versager" und "F wie Vergesst Uns!" entscheiden.
Die Meck-Pommsche CDU übt sich derweil "klar und entschlossen" im Realitätsverlust. Während die Republik Spott und Häme über die missratene Wahlwerbung kübelt, und wie wild auf die Webseite klickt, um mal wieder so richtig lachen zu können, wertet der Landesverband das Debakel als "vollen Erfolg" und lässt Generalsekretär Vincent "C wie Kokert" ebenso stolz wie sinnfrei berichten:
"CDU-Wahlkampagne brachte Webserver ins Schwitzen"
Die Meck-Pommsche Rechtschreibschwäche steht scheinbar in direktem Widerspruch zu unserer "Statistik der Woche". Britische Wissenschaftler haben nämlich herausgefunden, dass Menschen im Norden größere Gehirne haben. Die Nordlichter seien aber nicht intelligenter, betonen die Forscher, sondern hätten nur größere Augen und ein größeres Sehzentrum als Anpassung an das miese nordische Wetter und die langen Winter. Das passt dann ja wieder.
Also-Actebis und das GNLPFTH-Programm
Dass Also-Actebis mit den Grundrechenarten auf Kriegsfuß steht, wissen wir spätestens seit der letzten Hausmesse. Dass es auch mit dem Sprachgefühl hapert, bewies der Doppel-Disti bei der Vorstellung seines enttäuschenden Halbjahresergebnisses und des "MORE"-Programms. Das "Akronym der Woche", mit dem alles besser werden soll,steht für Maintain, Optimize, Reinvent und Enhance.
Na ja, das kann Otto auf jeden Fall besser:
""G" das steht für Güte, die ich stets in dir seh'
"N" ist deine Nähe", wenn ich nah bei dir steh'
"L" das steht für Leidenschaft, die du für mich entfachst
"P" das ist die Poesie, wenn du so zärtlich lachst
"F" das steht für Freundschaft, die du mir ständig gibst
"T" das ist die Treue, weil du mich wirklich liebst
"H" das ist das Herz, das für mich schlägt bei Tag und Nacht
Tu alles zusammen, ja dann heißt es:
GNLPFTH!
Verwirrt hat uns nicht nur das More-oder weniger-Programm von Also-Actebis, sondern auch diese "Pressemitteilung der Woche":
"Dr. Oetker rollt mit Tectura Microsoft Dynamics NAV in Landesgesellschaften aus"
Wer oder was, bitte schön, ist Tectura? Einen neue Backmischung, mit der das Ausrollen von Teig besonders einfach geht? Und warum kommen nur die Landesgesellschaften in den Genuss, aber nicht Kaffeekränzchen, Schulkantinen und Stadtteilcafés? Müssen die immer noch das staubtrockene alte Zeug nehmen, mit denen der Teig zäh und brüchig statt jung und dynamisch wird? Wofür steht NAV und lässt sich mit dem Microsoft-Tectura-Zeug überhaupt ein Apple-Kuchen backen? Wir wissen es nicht und schieben uns vor lauter Frust eine Original-Steinofenpizza in die Mikrowelle. Dabei ist allerdings ein schwerer Ausnahmefehler aufgetreten.
Schwaben, Facebook und ein Tunnel
Demokratie und Internet haben viel gemeinsam. Sie können zum Beispiel ganz schön lästig werden, wie das jüngste Beispiel aus dem Krisengebiet Baden-Württemberg zeigt. Dort baut die Stadt Schwäbisch Gmünd gerade einen Tunnel, der auch als "Deutschlands teuerste Ortsumgehung" bekannt ist.
Für das noch namenlose Loch riefen die Stadtväter per Internet die Bevölkerung ganz basisdemokratisch auf, Benennungsvorschläge einzureichen. Blöd nur, dass weder Resonanz noch Ergebnis den Erwartungen der Altvorderen entsprachen.
Über 20.000 Facebook-Freunde sammelten sich nämlich in der "Social-Media-Panne der Woche" und votierten für einen "Bud-Spencer-Tunnel". Am Ende lag der italienische Filmstar und Leistungsschwimmer mit über 100.000 Stimmen uneinholbar vorn.
Einen lokalen Bezug gab es durchaus, denn Bud Spencer hatte 1951 unter seinem richtigen Namen Carlo Pedersoli als Schwimmer in Schwäbisch Gmünd an einem Wettkampf teilgenommen. Dem Gemeinderat waren das jedoch zu viel Demokratie und zu wenig Lokalkolorit. Es sei nur um ein Stimmungsbild gegangen, ließen die Lokalpolitiker verlauten. Doch als schwäbische Wutbürger die Verhandlungspause bei Stuttgart 21 nutzten, um auf dem Gmünder Bahnhofsvorplatz zu protestieren, ruderten die ratlosen Räte zurück - und landeten direkt im Gmünder Freibad. Das soll nun in "Bud-Spencer-Bad" umbenannt werden.
Die ChannelPartner-Redaktion wünscht Ihnen ein schönes Wochenende. Vielleicht besuchen Sie ja ein Frei-Bud oder wandern auf den Terence Hill. Hauptsache, Sie haben eine tragbare App dabei. (haf)