Das Browser-Angebot ist überschaubar. Der Internet Explorer (IE) dominiert im Business, Google bemüht sich mit Chrome um Marktanteile. Firefox eignet sich eher für Privatkunden.
von Diego Wyllie, freier Journalist in München, Computerwoche
Wenn sich Unternehmen für den Einsatz Web-basierender Business-Lösungen entscheiden, bleiben ihnen viele mühevolle und kostspielige Aufgaben rund um Installation, Wartung, Sicherung und Aktualisierung des Systems erspart. Denn diese werden als Software as a Service (SaaS) vom Anbieter selbst übernommen. Die Leistungsfähigkeit, Benutzerfreundlichkeit und Sicherheit von Cloud-Services im Allgemeinen und von Web-Anwendungen im Besonderen setzen allerdings ein reibungsloses Zusammenspiel von Anwendung und Browser voraus. Während die Geschäftsapplikation vollständig im Verantwortungsbereich des Anbieters liegt, müssen sich Anwenderunternehmen um den Browser selbst kümmern. Sie müssen ihn auf allen PC-Arbeitsplätzen effizient ausrollen, möglichst einfach verwalten, an die Sicherheitsrichtlinien des Unternehmens anpassen sowie, im Idealfall, stets auf dem neuesten Stand halten, um die Risiken aus dem Web zu verringern.
Firmen, die in SaaS beziehungsweise Cloud Computing stärker investieren möchten und dabei eine unternehmensweite Browser-Strategie anstreben, stehen also vor der Qual der Wahl. Welcher Browser eignet sich als universelles Frontend für Business-Anwendungen am besten? Während Opera und Apples Safari im Business-Bereich kaum zu finden sind, kommen Internet Explorer, Firefox und Google Chrome in Frage.
IE nach wie vor führend
In deutschen Betrieben wird nach wie vor am häufigsten der Internet Explorer verwendet. Der massive Erfolg von Windows XP und die seinerzeit monopolartige Stellung des Internet Explorer führten zu einer schnellen Verbreitung unter Firmenkunden. Inzwischen sind jedoch immer mehr Betriebe bereit, ihre gewohnte Browser-Umgebung zu verlassen und auf andere Lösungen umzusteigen. Als Alternative zum proprietären Produkt aus Redmond kommt hier vor allem Firefox in Frage. Wegen seiner innovativen Features und nicht zuletzt auch wegen seiner leistungsstarken Sicherheitsfunktionen konnte Firefox in Ländern wie Deutschland Millionen Anwender überzeugen. So ist Firefox hierzulande klar die Nummer eins bei den Heimanwendern. Aktuelle Marktzahlen von Statcounter, einer der weltweit glaubwürdigsten Quellen in Sachen Browser-Statistiken, zeigen, dass Firefox hier von rund 60 Prozent der Internet-Nutzer verwendet wird, während nur knapp 23 Prozent den Internet Explorer ihren Lieblings-Browser nennen. Damit ergibt sich ein ganz anderes Bild als in Europa oder den USA. Europaweit schneiden beide Browser mit jeweils rund 38 Prozent Marktanteil gleich gut ab, während in den USA der Internet Explorer auf 50 Prozent kommt (weltweit auf 48 Prozent).
Einer der Hauptgründe, der für den Einsatz von Firefox auch im Business-Umfeld spricht, besteht darin, dass der Mozilla-Browser Open Source ist und seine Weiterentwicklung von einer großen, sehr aktiven Community aus internationalen Experten gesteuert wird. Neben Enterprise-Class-Sicherheit, einem beeindruckenden Innovationsgrad sowie hoher Anpassbarkeit war dies vor rund einem Jahr einer der Hauptgründe für den IT-Riesen IBM, Firefox unternehmensweit als Pflicht-Browser einzusetzen - bei über 400.000 Mitarbeitern weltweit.
Firefox in der Kritik
Doch inzwischen wird die Business-Tauglichkeit von Firefox zunehmend in Frage gestellt, wie die CP-Schwesterpublikation "Computerworld" kürzlich berichtete. Mit ihrer Entscheidung anlässlich der Veröffentlichung von Firefox 4, den Update-Zyklus des Browsers deutlich zu verkürzen, sorgte die Mozilla Foundation für massive Verstimmung bei Unternehmenskunden, so zum Beispiel bei IBM. "The Firefox 4 EOL (End of Life) is a kick in the stomach", sagte John Walicki, Manager Workplace and Mobility beim IT-Konzern. Gemeint ist die Absicht Mozillas, neue Firefox-Versionen nun in einem Abstand von nur sechs Wochen zu veröffentlichen und den Support für die jeweils vor-angegangene Version unverzüglich einzustellen.
Walicki könne nach eigenen Angaben den Firefox-Browser nicht mehr einsetzen, weil die für Tests und Rollout nötige Zeit fehle. Sein Unternehmen habe gerade erst aufwendige und kostspielige Tests von Firefox 4 abgeschlossen und wollte bald mit der Einführung beginnen. Durch die Umstellung auf den neuen Release-Zyklus habe er nun die Wahl, Firefox 4 mit möglicherweise gefährlichen Schwachstellen einzuführen, den Testzyklus von Tausenden Applikationen für Firefox 5 neu zu beginnen oder weiter mit der aktuellen Version zu arbeiten. Der bisher betriebene Testaufwand sei damit aber in jedem Fall umsonst, beschwert sich Walicki.
Für die kritischen Worte des IBM-Managers scheint es bei Mozilla zwar Verständnis zu geben. Den eingeschlagenen Kurs deswegen zu ändern, kommt aber wohl nicht in Frage. So kommentierte Firefox-Evangelist Asa Dotzler in einem amerikanischen Blog, dass Firmenkunden für Mozilla praktisch keine Rolle spielen. Firefox werde jeden Tag von Millionen Heimanwendern heruntergeladen. Enterprise-Kunden seien dagegen keine wichtige Zielgruppe, so Dotzler.
Ganz anders stellt sich die Situation bei Google dar, dessen 2008 eingeführter Chrome-Browser auch in Bereichen wie einfaches Deployment, automatische Updates und zentrales Rechte- und Richtlinien-Management punkten kann. Dass der Internet-Konzern sein Produkt immer unternehmensfreundlicher gestaltet, zeigt sich auch daran, dass Google als Alternative zur Exe-Datei jetzt beispielsweise ein MSI-Paket anbietet, das sich von zentraler Stelle auf alle PC-Arbeitsplätze einfach verteilen lässt. Darüber hinaus unterstützt Chrome verwaltete Gruppenrichtlinien. Über vordefinierte Policies und Templates kann der Administrator verschiedene globale Einstellungen vorgeben, unter anderem für Sicherheit und Privatsphäre. Ein weiterer Vorteil von Chrome gegenüber dem Internet Explorer besteht sicher in seiner Plattformunabhängigkeit.
Dass Google die Anforderungen von Firmenkunden ernst nimmt, erkennt man aber vor allem an dem Feature "Google Chrome Frame". Dabei handelt es sich um ein kos-tenloses Plug-in für den Internet Explorer, mit dem man für Altsysteme den IE-Unterbau beibehalten und für moderne Web-Anwendungen die Chrome-Engine nutzen kann. Diese baut auf der quelloffenen und freien HTML-Rendering-Engine WebKit auf, die auch das Fundament von Apples Browser bildet.
Erfreuliche Entwicklungen
"Die aktuellen Browser eignen sich als universelles Frontend alle gleichermaßen gut oder schlecht‚Äù, so Matthias Biggeleben, Produkt-Manager beim Anbieter von Cloud-basierenden E-Mail- und Groupware-Lösungen Open-Xchange. Gut ist aus Sicht des Experten beispielsweise die Tatsache, dass die Performance von Javascript durch Just-in-Time-Compilation signifikant verbessert wurde (IE9, Firefox 4, Chrome 11). Dadurch sei es wesentlich einfacher geworden, Benutzeroberflächen zu entwickeln, die ein zügiges Antwortverhalten aufweisen. Ebenfalls positiv zu bewerten sei die Unterstützung für HTML5 und CSS3 in den neuesten Versionen aller wichtigen Browser, die den Gestaltungsspielraum erweitern und standardisieren soll. "Was allen Browsern allerdings noch fehlt, um als zentrales Frontend für Business-Anwendungen zu dienen, ist eine standardisierte Funktionalität, die eine Web-Applikation von einer einfachen Web-Seite unterscheidet", so Biggeleben. "Hier ist es spannend, welcher Hersteller eine brauchbare und wegbereitende Lösung anbieten wird." (cw/ue)
Dieser Beitrag erschien bereits in der ChannelPartner-Schwesterpublikation Computerwoche