Sechs Fakten zum Geburtstag

Der Barcode wird 50

25.06.2024
Im Juni 1974 wurde zum ersten Mal ein Barcode auf einem Produkt an einer Supermarktkasse gescannt. Heute tragen mehr als eine Milliarde Produkte einen Barcode, täglich werden weltweit zehn Milliarden davon gescannt.
Der Barcode wird 50 - und kann dank QR-Codes und RFID-Tags möglicherweise bald in Rente geschickt werden.
Foto: Sashkin - shutterstock.com

Dicke Striche und dünne Striche, dazwischen weiß. Jeder kennt sie. Strichcodes, auch Barcodes genannt, befinden sich auf Lebensmitteln, aber auch auf Verpackungen von Elektronikartikeln und Etiketten neuer Kleidungsstücke. Aus dem Alltag der Verbraucher sind sie eben so wenig wegzudenken, wie aus Einzelhandel und Logitsik. Am 26. Juni 2024 feiert der Barcode seinen 50. Geburtstag. Zeit für einen die Zuammenfassung der wichtigsten Fakten zu den allgegenwärtigen Codes

So funktionieren Barcodes

Mehr als eine Milliarde Produkte tragen heute einen Barcode, täglich wird er weltweit zehn Milliarden Mal gescannt. Basis für den Code ist die darunter stehende GTIN (Global Trade Item Number), eine 13-stellige Artikelnummer. Die Kölner Firma GS1 vergibt die Nummern an den Handel, damit dieser seine Produkte kennzeichnen sowie weltweit identifizierbar machen und verkaufen kann.

Der Barcode wird anschließend mithilfe einer speziellen Software erzeugt. Der Inhalt von Code und Nummer ist gleich, nur die Darstellung unterscheidet sich. Die Unternehmen zahlen dafür eine Lizenzgebühr, die Höhe hängt vom Jahresumsatz und der Anzahl der benötigten Artikelnummern ab. Weltweit gibt es 116 Länderorganisationen, die diesen Service ebenfalls anbieten.

Jedes Produkt hat einen eigenen Barcode. Mit dem verschlüsselten Code ist jeder Artikel weltweit identifizierbar. Wird er an der Kasse über den Scanner gezogen, erkennt das System, um welches Produkt es sich handelt. Hinterlegt sind Informationen zu Marke, Sorte, Gewicht, Größe, Zutaten und Nährwerten. Beim Scannen piept es, damit Kassiererin oder Kassierer erkennen, dass ein Artikel erfasst wurde. Wenn nicht, kann er erneut gescannt oder per Hand eingegeben werden.

Die Erfinder des Barcodes

Erfinder der Codes sind die US-Amerikaner Joseph Woodland und Bernard Silver. Um Produktinformation auch ohne Zahlen automatisch auslesen zu können, entwickelten die beiden Studenten in den Jahren 1948 und 1949 ein Konzept und beantragten ein Patent. Bis das erste Produkt über eine Kasse gezogen wurde, dauerte es jedoch noch Jahre. 1962 verkauften Silver und Woodland ihre inzwischen geschützte Erfindung für 15.000 Dollar an das Unternehmen Philco, das sie an RCA weiterverkaufte. IBM war ebenfalls interessiert, wollte aber nicht so einen "hohen" Betrag wie Philco zahlen. Anschließend machten sich mehrere Hersteller daran, Strichcode und Scanner mit Laser-Technologie weiterzuentwickeln.

Die Premiere des Barcodes

Im Jahr 1971 einigten sich Händler und Hersteller in den USA auf die Einführung des Standards "Universal Product Code" (UPC). Seine Premiere feierte der Barcode am 26. Juni 1974. An diesem Tag wurde der erste Artikel, eine Packung "Juicy Fruit"-Kaugummi der Marke Wrigley's in einem Marsh-Supermarkt in Ohio mit einem speziellen Gerät gescannt.

Im Jahr 1976 einigten sich Händlerorganisationen und Länder in Europa auf den 13-stelligen EAN-Code - die sogenannte "European Article Number". In Deutschland ist es die Wuppertaler Firma Wichartz, die am 1. Juli 1977 als Erstes eine ihrer Gewürzmischungen mit Strichcode auszeichnet. Die erste Scannerkasse wurde im Oktober 1977 in einem "Südmarkt"-Supermarkt in Augsburg in Betrieb genommen. In Deutschland trugen ab 1984 laut GS1 fast alle verpackten Lebensmittel für Endverbraucher einen Code. Die EAN wurde 2009 in GTIN umbenannt.

Experten wie Stephan Rüschen sind überzeugt von den Verdiensten der Technik. "Der Barcode hat über die letzten Jahrzehnte nicht nur das Kassieren vereinfacht, sondern auch die gesamte Prozesskette im Handel wesentlich verbessert", sagt der Professor für Lebensmittelhandel an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg in Heilbronn.

Aldi stellte als Letztes um

Bis in die 1970er Jahre musste weltweit jeder Artikel im Handel einzeln ausgezeichnet, jeder Preis eingetippt werden - auch bei den großen Lebensmitteleinzelhändlern in Deutschland. Nach und nach führten die Unternehmen Scannerkassen ein. Edeka installierte 1981 in Zwingenberg in Baden-Württemberg die Erste. Lidl stellte 1996 um. Aldi Süd erst später: 2002 waren hier sämtliche Filialen mit modernen Scannerkassen ausgestattet, bei Aldi Nord sogar noch ein Jahr später. Im Rückblick auf jene Zeit, als die Kassiererinnen noch sämtliche Artikelnummern auswendig kannten und in rasender Geschwindigkeit eintippten, sprechen sie bei Aldi heute noch gern von einem Mythos.

Verbraucher können Barcodes inzwischen mit speziellen Smartphone-Apps wie Barcoo entschlüsseln. Wer ein Produkt im Supermarkt scannt, hat damit Zugriff auf weitere Produktinfos wie zum Beispiel Nährwertangaben.

Der Barcode in Popkultur und Werbung

Der Barcode taucht auch außerhalb seines eigentlichen Verwendungsbereiches auf. Der Künstler Scott Blake gestaltet Bilder bekannter Persönlichkeiten, die nur aus Strichcodes bestehen. Der Street-Art-Künstler Banksy hat den Code in seinen Werken ebenfalls wiederholt aufgegriffen. Auch Firmen nutzen die Möglichkeiten. Zum Beispiel spielt die Kölner Privatbrauerei Gaffel mit dem Design. Sie druckt sie seit Jahren einen Strichcode in Form des Kölner Doms auf ihre Partyfässchen und die Sixpacks der Kölsch-Sorte.

Geht der Barcode bald in Rente?

"Vielen Dank lieber Barcode für deine Verdienste in der Vergangenheit. Die Zukunft gehört anderen", sagt Handelsexperte Rüschen. Was danach kommt, zeichnet sich schon ab. Die Firma GS1 erwartet nach und nach eine Umstellung auf zweidimensionale Codes wie den QR-Code. Der Prozess laufe bereits, die Handelsunternehmen würden auf die Umstellung vorbereitet, heißt es. Die kamerabasierten Scanner, die dafür benötigt werden, sind laut GS1 bereits bei mehr als 80 Prozent der Kassen im Einzelhandel verbaut.

"Die Konsumenten sind heute kritischer, sie wollen mehr Informationen zu einem Produkt, zu Allergenen, Daten zu Nachhaltigkeit und Verpackungen", begründet Sandra Hohenecker von GS1 die Umstellung. Mit der Artikelnummer ließe sich diese Vielzahl an Daten nicht abbilden, mit QR-Codes sei dies dagegen problemlos möglich und für Kunden transparent nachverfolgbar. Ein weiterer Vorteil: Auch das Mindesthaltbarkeitsdatum kann hinterlegt werden. Eines ändert sich beim QR-Code nicht: Artikel werden an der Kasse einzeln gescannt.

Das ist beim RFID-Tag anders. Experte Rüschen sieht gute Chancen für diese Technik. Das Verfahren zur automatischen Identifizierung von Objekten über Funk wird bereits von Textilhändlern wie Zara, Uniqlo und Decathlon verwendet. Die Artikel müssen nicht einzeln gescannt werden, sondern können gleichzeitig erfasst werden - wenn der Einkaufswagen durch ein Gate geschoben wird oder die Produkte in einer Schale platziert werden. Der RFID-Tag kann jeden einzelnen Artikel eindeutig identifizieren. Das heißt: 1.000 Marmelade-Gläser einer Marke habe keine gemeinsame Nummer, sondern 1.000 unterschiedliche.

Der Nachteil: Die einzelne Kennzeichnung ist aufwendig, außerdem sind RFID-Tags teurer. Deshalb eigneten sie sich bisher eher für höherpreisige Produkten im Bekleidungsbereich als bei einem Joghurtbecher für 60 Cent, sagt Rüschen. Er kann sich jedoch vorstellen, dass sich RFID im Food-Bereich in den nächsten 5 bis 10 Jahren endgültig durchsetzt. Sandra Hohenecker erwartet, dass sich mehrere Codes etablieren können, je nach Einsatzort. Wann der Barcode endgültig verdrängt sein wird, vermag sie nicht vorherzusagen. Zu lösen gilt es dann auch noch die Frage, wie die immer kleineren und allgegenwärtigeren RFID-Tags korrekt entsorgt werden. Beim aufgedruckten Barcode war das kein Problem. (Von Christian Rothenberg, dpa/pma)