Wenn Sie eine telefonische Befragung machen wollen, laden Sie am besten Ihre Innendienst-Mitarbeiter ein, sich Gedanken über das entsprechende Vorgehen zu machen. Das geht in etwa so: War der übliche Gesprächsverlauf gut und ist der Kunde nicht im Stress, dann beginnt man gegen Ende eines Telefonat wie folgt: Ach übrigens …. Anschließend kommt eine spezifische Frage. Ja, nur eine. Und dann hören Sie interessiert und wohlwollend zu.
Hier eine kleine Auswahl von Formulierungen, die je nach Branche und Situation in Betracht kommen können:
Wie haben Sie eigentlich zuallererst von unserem Angebot erfahren?
Was hat Sie bei Ihrer Entscheidung am stärksten beeinflusst?
Wo haben Sie eigentlich früher gekauft und weshalb sind Sie dort weggegangen?
Wo kaufen Sie denn die gleiche Leistung außerdem ein?
Was würden Sie bei uns schnellstens verändern/verbessern?
Worauf möchten Sie bei uns am wenigsten verzichten?
Was kommt Ihnen bei uns völlig überflüssig vor?
Welche Leistung, für die Sie bereit wären, zu zahlen, sollten wir unbedingt noch anbieten?
Nehmen Sie an, Sie wären unser Unternehmensgewissen, was würden Sie uns sagen?
Wer solche Fragen stellt und entsprechende Anregungen erhält, muss darauf achten, dass sich anschließend was tut. Wenn Kunden nämlich aktiv werden und ihre Meinung sagen, dann wollen sie auch sehen, dass sie etwas bewirken. Geben Sie also denen, die ihre Zeit investieren, ihr Hirn bemühen und Ihnen geldwerte Impulse geben, eine Rückmeldung dafür:
Bedanken Sie sich bei den Kunden, die Sie lobten und Ihnen gute Bewertungen gegeben haben. Denn so wird das Positive verstärkt. Leider werden gerade solche Stimmen immer noch allzu oft gänzlich vergessen.
Überraschen Sie die, die einen Verbesserungsvorschlag hatten, mit einem Gutschein für Folgeeinkäufe. Oder halten Sie ein kleines Geschenk bereit. Und sagen Sie den Ideengebern, was aus deren Vorschlag geworden ist.
Fassen Sie bei denen, die sich als Kritiker zu erkennen geben, unbedingt nach. Sagen Sie, dass es Ihnen leid tut, wie sehr Ihnen das hilft und dass Sie sehr froh darüber sind, dass das endlich mal ausgesprochen wurde. Schaffen Sie bestehende Probleme schleunigst aus der Welt. Kunden erwarten sowas, und wenn es nicht passiert, sind sie doppelt enttäuscht.
Eine ganze Reihe weiterer Methoden, die helfen, an die Wünsche der Kunden näher heranzukommen, habe ich in meinem Buch ‚Kunden auf der Flucht‘ ausführlich beschrieben. Eine davon möchte ich hier herausstellen, weil ich sie für die effizienteste halte.
Fokussierende Fragen stellen
Fokus heißt: Konzentration auf das Wichtigste – statt Verzettelung in Nebensächlichkeiten. So bringen fokussierende Fragen mit einer einzigen Frage die Sache auf den Punkt. Auf diese Weise kommt man den wahren Beweggründen der Kunden am ehesten näher – ohne ihnen zu nahe zu treten.
Geht es um einen speziellen Touchpoint, dann stellt man sie so:
Was war es, das Sie an diesem Punkt am meisten begeistert hat?
Was war es, das Sie an diesem Punkt am meisten enttäuscht hat?
Was wäre das wichtigste, das wir an diesem Punkt schnellstmöglich ändern/verbessern sollten?
Allgemeiner gefragt klingen sie – eingeleitet mit "ach übrigens" – so:
Von all den Dingen, die Sie bei uns schätzen, was gefällt Ihnen da am besten?
Oder: Wenn es eine Sache gibt, die wir unbedingt mal anders machen sollten, was wäre das Wichtigste für Sie?
Oder: Was fehlt Ihnen denn bei uns am allermeisten?
Oder: Was ist eigentlich für Sie der wichtigste Grund, uns die Treue zu halten?
Oder: Wenn es eine Sache gibt, für die Sie uns garantiert weiterempfehlen können, was wäre da das Empfehlenswerteste für Sie?
Vor allem die so gefährlichen kritischen Ereignisse lassen sich mit fokussierenden Fragen gut herausarbeiten. Ein kritisches Ereignis ist ein Moment in der Kundenbeziehung, der von starken Emotionen begleitet wurde, und sich deshalb tief ins episodische Gedächtnis eingegraben hat. Solche Ereignisse werden nicht nur ewig behalten, sondern auch wieder und wieder weitererzählt. Gerade diese müssen Sie kennen, um Schaden von Ihrer Reputation abzuwenden.
Fahnden Sie außerdem nach besonders erfreulichen Geschehnissen, um darüber dann in internen und externen Medien in Form einer Erfolgsgeschichte zu berichten. Das ist der erste Effekt. Und der zweite? Kaum etwas ist besser für die Loyalität, als ein Kunde, der sich selber sagen hört, wie toll es ist, mit Ihnen zusammenzuarbeiten. Und da er das nun schon mal ausgesprochen hat, wird er dies wohl in Zukunft öfter tun. Am Ende können Sie den Kunden sogar fragen, ob Sie sein Statement als schriftliche Referenz für ihre Verkaufsarbeit nutzen dürfen.
Kluge Fragen zu kritischen Ereignissen
Um an Informationen über kritische Ereignisse zu gelangen, werden die Fragen am besten folgendermaßen eingeleitet: "Was ich immer schon mal fragen wollte…" An die Frage selbst hängen Sie dann, wenn passend, ein …"erzählen Sie mal" dran. Die Erzählen-Sie-mal-Frage ist magisch, denn im Plauderton deckt der Kunde seine Emotionen am ehesten auf. Diese zu kennen und sich darauf einzulassen, ist für ein positives Beziehungskonto sehr förderlich. Die Fragen selbst - immer nur eine - klingen so:
Wenn es so etwas jemals gegeben hat, lieber Kunde, was war da das Unangenehmste, das Ihnen bei uns je widerfahren ist?
Oder so: Was ist eigentlich das Beste, lieber Kunde, das Ihnen bei uns je widerfahren ist, … erzählen Sie mal.
Durch solche fokussierenden Fragen entdecken Sie nicht nur Ihre Schwachpunkte, sondern womöglich auch das alles entscheidende Erfolgsdetail, das Ihrer Konkurrenz bislang verborgen blieb. Und Sie werden schnell. Denn treffsicher lässt sich der konkrete Handlungsbedarf an den kritischsten Stellen erkennen, um dann sofort reagieren zu können. So löst man nicht nur die Probleme einzelner, sondern wappnet sich gegen die Unzufriedenheit vieler Kunden.
Das Ergebnis: Loyalität wird gestärkt und Kundenschwund wird vorgebeugt. Es kann auf diese Weise sogar gelingen, dass bereits absprungwillige Kunden gerettet werden. Außerdem spart man sich eine Menge Kosten für klassische Marktforschung und vermeidet Fehlentscheidungen am grünen Tisch.
Wenn die großen Chefs mal fragen
Mein besonderer Tipp: Lassen Sie die Führungsmannschaft öfter mal solche Aktionen machen. Wenn die obersten Chefs anrufen, sind das ganz große Signale der Wertschätzung. Und der Lerngewinn ist gewaltig. Die Fragen sind die gleichen wie oben. Oder sie klingen wahlweise so:
Lieber Kunde, wie denken Sie eigentlich über uns?
Nur mal angenommen, Sie wären an meiner Stelle, was würden Sie schleunigst verändern?
Nur mal angenommen, Sie hätten bei uns Vertriebsverantwortung, was würden Sie als Erstes verbessern?
Wie sähe für Sie eine perfekte Dienstleistung aus?
Wenn sich die Oberen nun gar nicht dazu bewegen lassen, solche Befragungen durchzuführen? Dann spielen Sie Ihnen mal ein paar Reklamationsvideos vor. Schon wenige O-Töne von aufgebrachten Kunden bewirken oft mehr als der dickste Berichtsband mit ellenlangen Zahlenkolonnen und peniblen Tortendiagrammen.
Das Hörbuch zum Thema: Anne M. Schüller: Touchpoints. Auf Tuchfühlung mit dem Kunden von heute. Managementstrategien für unsere neue Businesswelt, ungekürzte Hörbuchfassung, 8 CDs, ISBN 978-3-86936-501-5, € 49,90, Weitere Infos: www.anneschueller.de
Anne M. Schüller ist Managementdenker, Keynote-Speaker, zehnfache Buch- und Bestsellerautorin und Business-Coach. Die Diplom-Betriebswirtin gilt als Europas führende Expertin für Loyalitätsmarketing und ein kundenfokussiertes Management. Sie zählt zu den gefragtesten Referenten im deutschsprachigen Raum und ist Gastdozentin an mehreren Hochschulen. Wenn es um das Thema Kunde geht, gehört sie zu den meistzitierten Experten. Zu ihrem Kundenkreis zählt die Elite der deutschen, österreichischen und schweizerischen Wirtschaft.