Längst hat sich Dell auch im deutschen IT-Channel eine respektable Position erarbeitet und kann auf eine breite und tiefe Partnerlandschaft verweisen. Dennoch hat man immer wieder das Gefühl, dass ein leiser Zweifel nicht ganz auszuräumen ist. Bei dem Hersteller, der einst den Direktvertrieb als Differenzierungsmerkmal und wesentlichen Vorteil in den Vordergrund gestellt hat, ist das durchaus verständlich. Da wird jede Maßnahme, die eine Wiederbelebung oder Stärkung des direkten Ansatzes nahelegt, gleich noch einmal so kritisch beäugt, wie bei den Mitbewerbern.
Und jedes Mal ist es an den Mitarbeitern vor Ort, diese Bedenken auszuräumen und den Partnern aufzuzeigen, wie sie von den Änderungen profitieren können. Beim Dell TechForum 2020, das in der ersten Dezemberwoche als Online-Veranstaltung durchgeführt wurde, stand aus Sicht der Channel-Partner deshalb das kürzlich vorgestellte Project Apex im Mittelpunkt. Mit ihm will Dell Unternehmen umfassende Möglichkeiten bieten, seine Produkte alle als Service oder mit nutzungsabhängigen Abrechnungsmodellen zu beziehen.
Künftige Rolle der Dell-Partner
So etwas ist für Partner traditionell nicht nur komplex und schwierig abzurechnen, es stellt sich auch immer wieder die Frage, welche Rolle ihnen dabei noch zukommt. Stéphane Paté, seit Februar 2020 Geschäftsführer von Dell in Deutschland, der zuvor für das Enterprise-Geschäft des US-Konzerns hierzulande verantwortlich war, versicherte daher im Rahmen einer virtuellen Panel-Diskussion gegenüber Carolin De Lorenzi, Leiterin Workplace Sales bei Computacenter, erst einmal, dass das Channel-Business in der region auch 2020 erneut "signifikant" zugelegt habe. Außerdem sagte Paté: "Wir wollen da auch weiter wachsen." Die Unterteilung in neue Regionen weltweit helfe dem Unternehmen, sich besser auf die einzelnen Regionen einzustellen.
Diego Majdalani, seit kurzem International Channel Leader bei Dell Technologies, versicherte ebenfalls, dass das Engagement im Channel ungebrochen sei. Bester Beweis sei schließlich seine Anwesenheit in der Runde, setzte er mit einem Lächeln hinzu. Konkret kann er darauf verweisen, dass aktuell zwei Drittel des gesamten Geschäfts von Dell International (also außerhalb der USA) über den Channel gehen. Beim Storage Business seien es sogar über drei Viertel.
"Woran wir noch etwas arbeiten müssen, sind die Beziehungen", räumte Majdalani jedoch ein. Der Dell-Channel sollte gleich oder besser ausgebildet sein, wie die eigenen Vertriebsmitarbeiter. Zusätzlich hat Majdalani bei Dell kleine Defizite in Bezug auf Verlässlichkeit und Berechenbarkeit ausgemacht. Auch das soll sich ändern, versprach Majdalani, ohne jedoch konkrete Maßnahmen zu nennen. Außerdem sollen 2021 Incentives und Marktchancen besser aufeinander abgestimmt werden als bisher. Offenbar hakte es da 2020 etwas - was durch die besondere Situation aber entschuldbar scheint.
Der Weg in den Mittelstand führt nur über den Channel
Dass gerade in Deutschland aber kein Weg am Channel vorbei geht, betonte auch Paté noch einmal. 99 Prozent der Firmen gehörten dem Mittelstand an, die ließen sich ohne Partner gar nicht bedienen. Viele dieser Unternehmen hätten in den vergangenen Monaten erhebliche Investitionen tätigen müssen, um sich auf die Pandemie-Bedingungen einzustellen. Dabei wolle Dell helfen, indem es aktiv auf die Kunden zugehe und Lösungen vorschlage - auch im Bereich der Finanzierung. Mit einem im April bereitgestellten, Neun-Milliarden-Topf für Finanzierungsmaßnahmen, habe Dell "wahrscheinlich das umfangreichste Programm der Branche" aufgelegt, um bei Kunden wichtige Technologie-Investitionen zu unterstützen.
Investitionen sind aber nicht mehr gleichbedeutend mit klassischen Anschaffungen. Kunden bevorzugten immer häufiger flexible Nutzungsmodelle. "Kunden wollen digital vorangehen, aber müssen sich das auch leisten können. Da setzen wir vielfach an und bauen unsere Angebote dafür stark aus", versprach Paté.
Kunden könnten bei Dell jetzt alles als Service bekommen, so Paté weiter. Allerdings werde das "völlig über Partner vermarktet". Auch beim Dell-Angebot Flex-on-Demand hätten Partner eine Reihe von Möglichkeiten und könnten die Dell-Pakete sogar um eigene Services erweitern. Mit 20 Prozent Back-End-Rebates auf Flex-on-Demand und 10 Prozent Front-End-Rebates auf Services sieht Paté auch hier die Partner in einer guten Position.
Kunden wollen Komplettpakete
Dass der Wunsch der Kunden weg von Einzelprodukten und immer mehr hin zu Gesamtlösungen gehe, betonte auch Aongus Hegarty, President International bei Dell Technologies. "Kunden wollen eine einfachere Infrastruktur. Und sie wollen eine konsistente Erfahrung - egal ob on-premise oder in der Cloud", so der Manager.
Die Antworten von Dell darauf seien zum einen "Project Apex" mit seinen nutzungsbasierenden Abrechnungsmögkichkeiten und zum anderen die Dell Technologies Cloud Console, die die Infrastrukturverwaltung erheblich vereinfache. Das sei aber noch längst nicht alles: "Die Veränderungen sind natürlich umfangreich und dauern eine Weile. Wir werden die aber nach und nach einführen", so Hegarty. Ziel ist und bleibe es, Dell als One-Stop-Shop zu etablieren.
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Ingo Gehrke, Senior Director & General Manager Medium Business sowie Mitglied der Geschäftsleitung von Dell in Deutschland, wies darauf hin, dass Dell sicher eine der besten Lieferketten in der Branche habe. Dennoch sei es im Interesse des Kunden, den richtigen Beschaffungsweg zu finden. "Das kann im Client-Umfeld direkt bei Dell sein, aber auch beim Partner der noch Mehrwerte bietet." Neben Einrichtung und Betreuung könne einer dieser Mehrwerte zum Beispiel auch die schnellere Lieferung oder die Vorratshaltung vor Ort sein, denn für manche Kunden sei die unmittelbare Verfügbarkeit von Produkten wichtig.
Karl Milojkovic, Director Channel Sales bei Dell Technologies, betonte in einer weiteren virtuellen Gesprächsrunde ebenfalls die Bedeutung der Channel-Partnerschaften beim Geschäft mit dem Mittelstand. Die Partner seien an ihren Kunden einfach näher dran und könnten daher marktgerechte Lösungen schnüren - natürlich aus Elementen des breiten Dell-Portfolios.
"Finanzierung und Mangel an IT-Know-how beschäftigen Partner und Unternehmen", konstatierte Milojkovic. Groß seien die Schwierigkeiten gerade im unteren Mittelstand. Hier gehe der Trend daher dazu, die IT aufgrund von Know-how- und Personalmangel an die Systemhäuser auszulagern. Darauf müssen die aber auch vorbereitet sein - fällt es ihnen doch oft selbst schwer, die richtigen Fachkräfte zu finden und zu binden.