Die alte Dell, bekannt als Direktvertreiber von PCs und Server ist Vergangenheit, die neue Dell bietet mehr, nämlich End-to-end-Lösungen. So lautete die Losung von Michael Dell zur Eröffnung der Dell World in Austin, Texas. Der Firmenchef konnte sich über ein ausverkauftes Haus freuen: 1900 Kunden und rund 50 Channel-Partner hatten den Weg an den Firmenstandort gefunden.
Noch im September wartete Dell mit weniger guten Nachrichten auf. Der Hersteller sah sich einem Verfahren der US-Börsenaufsicht wegen Bilanzbetrugs ausgesetzt, das gegen Zahlung von 100 Millionen Dollar und vier Millionen Dollar Strafe eingestellt wurde. In der Folge verweigerte ein Viertel der Aktionäre dem Firmenchef die Loyalität und würde Michael Dell als CEO lieber ablösen lassen. Doch statt mürrischer Aktionäre oder kritischer SEC-Beamter durfte der Manager zur Dell World die Führungsspitzen der langjährigen Partner begrüßen. Microsoft entsandte Steve Ballmer, Intel Paul Otellini, VMware bot Paul Maritz auf und Salesforce.com den Alleinunterhalter Mark Benioff.
Übernahmen stärken Dells Portfolio
Diverse Übernahmen hätten die Marktposition Dells grundlegend verändert, warb der CEO in seiner Rede. Begonnen hat die Umformung mit der Übernahme von Perot Systems, das dem PC-Lieferanten den Weg in das lukrative Beratungsgeschäft eröffnete. Tatsächlich stellt der Servicebereich, den der ehemalige Dell-CIO Stephen Schuckenbrock leitet, mit 43.000 Mitarbeitern fast die Hälfte der 100.000 Dell-Arbeitnehmer. Allerdings erwirtschaftet die Abteilung nur rund 15 Prozent der Konzernumsätze. Was mit Perot Systems begann wurde, hat sich in den vergangenen 18 Monaten beschleunigt. Dell bediente sich am Markt und übernahm Firmen wie Case, Boomi, Force 10, Equallogic und SecureWorks.
So kann die Company jetzt die komplette Hardwarepalette vom Tablet und PC über Server und Storage bis zum Netzwerk offerieren und hat sogar ganze Data Center im Angebot: Die stellen im Container bis zu 2500 vollkonfigurierte Server bereit und arbeiten so energieeffizient, dass sie mit einem PUE (Power Usage Effictivness)-Wert von 1,05 und weniger zertifiziert sind.
Nach Angaben von Michael Dell verfügt der Hersteller trotz der vielen Zukäufe über einen Kassenbestand von mehr als 16 Milliarden Dollar. Mit einem Seitenhieb auf den Erzrivalen Hewlett-Packard erklärte der CEO dazu, die Herstellung von Client-Hardware verbessere unterm Strich auch die Einkaufskonditionen für Komponenten wie CPUs, RAM oder Festplatten im Server-Bereich. Außerdem habe man im Gegensatz zum Wettbewerb keine „proprietären Altlasten“ sondern eine reine Wintel-Weste.
VMware propagiert die „offene Cloud“
Die derzeitigen Top-Themen Cloud, Collaboration und Komplett-Virtualisierung bis hin zum Mobilgerät beherrschten auch die Dell World. Paul Maritz, Chef der Virtualisierungsschmiede VMware, warb einmal mehr für die hauseigene Initiative „Cloud Foundry“, die „erste offene Platform as a service“. Maritz sieht darin eine Art Linux für die Cloud.
Woran im Hause VMware derzeit entwickelt wird, deutete der CEO ebenfalls an: „Einen Hypervisor zu nutzen ist nicht genug“, so Maritz. Denn Pooling, Redundanz, Security und vor allem das Management virtueller Umgebungen würden immer wichtiger und müssten automatisiert werden. Das Problem der Consumerization hat VMware ebenfalls adressiert: Demnächst soll es möglich sein, Mobiltelefone zu virtualisieren und so in einen beruflich genutzten und einen privaten Teil aufzuspalten. CIOs könnten den Business-Teil dann mit Sicherheitsmechanismen versehen.
Intel-Chef Otellini wirbt für Ultrabooks
Intel-CEO Paul Otellini erlaubte ebenfalls einen Blick in die nahe Zukunft. Schon 2012 soll eine neue Generation von „Ultrabooks“ auf den Markt kommen, die auch den Bedürfnissen von Handy-Nutzer gerecht werden: So böten die Mobilrechner etwa längere Batterielaufzeiten für einen „always-on“-Betrieb, eine besonders robuste und sichere Ausstattung und wahrscheinlich einen Touchscreen. Auch preislich sollen die Ultrabooks attraktiv sein. Beim Chip-Design setzt Intel auf das Thema „Many integrated Cores“ (MIC). Gemeint sind damit Mehrkernprozessoren mit einer besonders guten Leistung für Fließkommaberechnungen, wie sie etwa High Performance Computing (HPC) benötigt wird.
Salesforce.com hofft auf das „Social Enterprise“
Die Fan-Gemeinde von Marc Benioff, dem Chef von Salesforce.com, durfte sich in Austin über eine Lektion in Sachen Selbstdarstellung amüsieren .Am Beispiel eines fingierten Aufenthalts in einem Bostoner Hotel demonstrierte Benioff, wo seiner Meinung nach die Verkaufschancen der Zukunft liegen, nämlich im „Social Enterprise“. Dazu sollten Unternehmen soziale Profile ihrer Kunden anlegen, ein soziales Netzwerk ihrer Mitarbeiter auf den Weg bringen sowie ein soziales Kunden- und Produkt-Netzwerk etablieren. Geht es nach Salesforce.com, verwenden die Firmen dazu das hauseigene Tool „Chatter“. Das Programm ist sowohl ein Collaboration-Tool als auch eine Recherche- und Analysesoftware, die soziale Netze durchforstet und Profile erstellt. Angeblich will Dell seine rund 100.000 Mitarbeiter damit vernetzen. In Deutschland könnte sich der Datenschutz für das Werkzeug interessieren. (wh)