Dell geht indirekt - in Deutschland ab Februar 2008

14.12.2007
Noch bastelt Dell an seinem Eintritt in den indirekten Kanal in Europa. Die Lernstrecke bis Februar 2008 absolviert der texanische Computeranbieter auf sicherem Terrain: in den USA.

Von Wolfgang Leierseder

Konzernlenker Michel Dell will wieder zu HP aufschließen. Welche Rolle der indirekte Kanal spielen soll, probiert er in den USA aus.

Für den nach Hewlett-Packard weltweit größten Anbieter von x86-Servern und PCs, Dell, stellt sich der Eintritt in den indirekten Kanal nicht wie der Griff nach verbotenen Früchten dar. Vielmehr sei er die Konsequenz aus den Erfahrungen, die er seit zehn Jahren mit "Tausenden Partnern" in den Emerging Markets und den USA gemacht habe. Das versuchte Greg Davis, bei Dell Vice President und General Manager der amerikanischen Channel Group, vergangene Woche in einer Telefonkonferenz anlässlich des Beginns der indirekten Aktivitäten in den USA klar zu machen.

Allein: Die Historie - 23 Jahre Direktvertrieb mit der Komponente Wartung der Dell-Rechner durch lokale Systemhäuser und VARs - macht es für den texanischen Rechneranbieter nicht einfacher, die Strategie indirekter Kanal planmäßig umzusetzen.

Das weiß man bei Dell, weshalb das Unternehmen in einem ersten Schritt die Partnerstrategie folgendermaßen präzisierte: Das "PartnerDirekt" genannte zweistufige Programm startet jetzt in den USA. In Kanada, in Europa und damit Deutschland werde erst im Februar 2008 die heilige Kuh Direktverkauf geschlachtet.

Dabei machte Manager Davis klar, dass Dell hierzulande wie in den USA keineswegs die ganze Kuh schlachten, sondern sie in einem ersten Schritt nur ein wenig anbraten werde. Infolgedessen beinhalte das erste, das Partnerprogramm lostretende Kapitel "Managed Services": Partner, gleich ob sie als registrierte oder als enger mit Dell verbundene zertifizierte Partner agieren, können allein Dell-Kunden Managed Services anbieten. Das Geschäft mit der Unternehmenshardware bleibt vorerst hingegen Dell vorbehalten.

Für Managed Services hatte Dell in den vergangenen Monaten die Firmen Silverback und Everdream gekauft - beide Spezialisten für Remote-Service Management , sodass das Angebot "Managed Services" für Integratoren und VARs durchaus Hand und Fuß hat.

Erst das zweite, für das erste Quartal 2008 vorgesehene Kapitel "Enterprise Architecture" werde Partnern erlauben, auch Hardware und Dienstleistungen Dell nannte inbesondere Disaster-Recovery, SAN-Implementierung (Storage Area Network), Anwendungsbeschleunigung und Virtualisierung an Endkunden zu verkaufen. Offensichtlich ist auch hier, dass Dell sich langsam dem indirekten Kanal öffnen wird. "Wert zählt vor Volumen", sagte Davis und das gelte auch für die vier weiteren, in keiner Weise offengelegten Segmente, die im Jahr 2009 folgen sollen. Nachdem "PartnerDirect langfristig angelegt" sei, so Davis, rechnet man bei dem in Round Rock, Texas, angesiedelten Unternehmen auch mit entsprechenden eigenen Lernkurven. "Wir haben auf unsere Partner gehört, wir haben Konzepte entworfen und diskutiert", so der Manager.

"Werte für Partner und Dell"

Damit die bis heute distributionslose Channel-Offensive möglichst zügig und zur Zufriedenheit der Texaner der Partner anläuft, hat Dell für den Kanal eine eigene Online-Plattform eingerichtet. Unter www.dell.com/partner sollen Partner eine Community bilden, sich austauschen, über ihre Erfahrungen berichten und, wie Davis weiter sagte, den Wert der neuen Beziehungen schätzen lernen.

Sabine Bendiek, Channel Direktor Zentraleuropa bei Dell, kann noch bis Februar 2008 Partner-Feintuning vornehmen. Und Fragen wie: Bezieht Dell Distributoren mit ein? lösen.
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In einem gemeinsamen Dialog werde ausgehandelt, welche weiteren Schritte zu tun seien, welche vermieden und welche forciert werden sollten. Immerhin möchte Dell, das nach Ansicht vieler Analysten in den vergangenen zwei Jahren diverse Entwicklungen im Server- und Softwaremarkt entweder komplett verschlafen oder zu spät erkannt hat stellvertretend seien die späte Öffnung für AMD und Linux sowie das Festhalten an wenig attraktiv gestalteten Notebooks genannt , nicht alle Fehler begehen, die bei einem so komplexen Thema, wie es der indirekte Kanal nun mal ist, an der Tagesordnung sind.

Die Plattform wurde gemeinsam mit dem amerikanischen Softwarespezialisten Salesforce entwickelt. Das bedeute, so Manager Davis, dass Dell einen guten Teil der Beziehungen zu den Partnern über diese eigens verfeinerte Customer-Relationship-Management-Plattform steuern werde. So sollen Partner ihre Bestellungen darüber tätigen, ferner Trainings und Zertifizierungen und anderes mehr.

Auch die Finanzierung von Projekten sei gesichert: Dell arbeite mit der Banktochter GE Capital des amerikanischen Mischkonzerns General Electric zusammen.

Dells interne Organisation

Man weiß bei Dell, dass potenzielle Partner gleichzeitig nach der Marge und Kanalkonflikten fragen werden. Erstere sei vor allem eine Frage des Engagements und des Know-hows des Partners, gab Davis zu verstehen. Was die Kanalkonflikte angeht, so habe Dell ein Kompensationsmodell für seine Channel-Beauftragten eingerichtet. Dells Vertriebsbeauftragte bekämen immer die gleiche Provision, ob sie indirekt oder direkt verkauften. Zudem würde Dell Partnern, die sich für ein Kundenprojekt interessierten, bis zu 120 Tage Projektschutz einräumen.

Zur Zahl der Beschäftigten im indirekten Vertrieb sagte Davis, es gebe aktuell 350 Mitarbeiter allein in den USA. Mitarbeiterzahlen zu Deutschland nannte Dell noch nicht.

Meinung des Redakteurs:

Dell muss lernen, Frustrationen zu bewältigen

Bekanntlich hat Dells Direktvertriebskonzept in diesem Jahr deutliche Risse bekommen. Ob Verkauf von PCs über Retailer in Frankreich, Großbritannien, China und den USA, der Eintritt in das Consumer-Geschäft über Discounter wie Best-Buy in den USA oder Carrefour in Frankreich jede Ankündigung zeigte, dass sich der PC-Riese von seinem einst puristisch gepflegten Konzept verabschiedet.

Doch die Vertriebswege zu multiplizieren heißt noch lange nicht, den Erfolg schon in der Tasche zu haben. Die neue Strategie verlangt vielmehr, sich die unterschiedlichen Vertriebswege genau anzusehen, sie zu prüfen und intern wie extern abzubilden.

Gerade Letzteres steht für Deutschland, wo Dell ab dem kommenden Februar indirekt verkaufen will, noch aus. Die Informationen zum Partnerprogramm "PartnerDirekt" sind spärlich und allein aus dem gerade veröffentlichten weltweiten Partnerprogramm abzuleiten. In diesem wiederum behält sich Dell vor, das professionelle Hardware-geschäft ohne Partner zu machen. Das zeigt: Dell geht vorsichtig in den indirekten Kanal. Es fasst das, was es eigenen Angaben zufolge kennt "Wir haben 15.000 VARs in den USA", so zögerlich an wie ein Koch die heiße Kartoffel.

Das ist verständlich: Bis Dell hierzulande Partner gewinnen wird, muss es noch viele interne Prozesse ausprobieren und anpassen. Dell wird viel lernen müssen. Zum Lernen gehört bekanntlich auch, Frustrationen aushalten zu können. Weshalb der erste Rat an Dell nur heißen kann: Plant Frustrationen ein! Macht nicht den Fehler, nach einem Jahr das Ganze hinzuschmeißen, nur weil sich der Erfolg nicht schnell genug einstellt.

Der indirekte Kanal hat nicht auf Dell gewartet. Er will gewonnen werden.