Mit einem Jahresumsatz von 74 Milliarden Dollar und 140.000 Mitarbeitern wird Dell Technologies zum weltgrößten privat gehaltenen Technologieunternehmen. Dinko Eror, Geschäftsführer von EMC Deutschland, nutzte die Kunden- und Partnerveranstaltung "Dell EMC Forum", um einmal mehr die Vorzüge des bislang größten Mergers in der IT-Branche hervorzuheben (siehe auch: Dell schließt Übernahme von EMC ab). In den vergangenen drei Jahren hätten Dell und EMC rund 12,7 Milliarden Dollar in Forschung und Entwicklung investiert, zusammen hielten sie rund 20.000 Patente, erklärte der Manager, der gemeinsam mit Dells Deutschland-Chefin Doris Albiez die deutsche Konzerntochter leiten wird. In vielen Marktsegmenten sei das kombinierte Unternehmen führend, sagte Eror, und führte als Beweis Erhebungen von Gartner und IDC an.
Offiziell an den Start gehen wird Dell Technologies am 1. Februar 2017. Bis dahin sind noch etliche organisatorische Aufgaben zu erledigen, beispielsweise die Vereinheitlichung von Prozessen oder die Kundenzuordnung. Wie die grobe Organisationsstruktur des Konzerns aussieht, durfte der Manager schon verraten. Unter dem Dach von Dell Technologies hängen künftig die beiden Bereiche Dell Inc. und die sogenannten "Strategically Aligned Businesses"(siehe Grafik). Zu letzterer Einheit gehören der Cloud-Software-Spezialist Pivotal, der Security-Anbieter SecureWorks und VMware.
Dell Inc. besteht demzufolge aus der Client Solutions Group mit dem Markennamen Dell, der Infrastructure Solutions Group, die unter DellEMC firmiert, sowie dem Bereich Global Services, der sich vor allem um Installation, Wartung und Support kümmern soll. Den Security-Anbieter RSA sowie den hauseigenen Public-Cloud-Provider Virtustream positioniert Dell interessanterweise nicht als "Strategically Aligned Business" sondern als Teil der Infrastructure Solutions Group. Die beiden einstmals zugekauften Unternehmen seien bereits zu 100 Prozent in DellEMC integriert, erklärte Eror dieses Konstrukt. Im Prinzip existierten nur noch deren Markennamen. Ganz anders verhalte es sich mit Pivotal, SecureWorks und VMware. Sie würden weiterhin als eigenständige Unternehmen am Markt agieren und "im Wesentlichen bleiben wie sie sind." VMware werde "natürlich" an der Börse und unabhängig bleiben. Die nach Bekanntwerden von Dells Übernahmeplänen immer wieder kolportierten Gerüchte um ein Ausscheiden von VMware-CEO Pat Gelsinger hält Eror für abwegig. Er sehe keinen Grund, warum der Topmanager am 1. Februar 2017 nicht mehr an Bord sein sollte.
Ungeachtet der internen Organisation besteht Dell Technologies künftig nach außen aus den sieben Marken Dell, DellEMC, Pivotal, RSA, SecureWorks, Virtustream und VMware. Der alte Begriff der EMC "Federation" passe dafür nicht mehr, so Eror. Heute spreche man lieber von einer Familie: "Jeder lebt sein Leben, aber es gibt doch viele Gemeinsamkeiten." Zu den Perlen in dieser Familie gehöre für ihn beispielsweise Pivotal. Erst kürzlich habe der Spezialist für Platform as a Service (PaaS), native Cloud-Anwendungen und Analytics-Systeme den Versicherungskonzern Allianz als Kunden gewonnen. Auch zum Volkswagen-Konzern unterhalte Pivotal enge Beziehungen. Neben dem Know-how in Sachen agile Softwareentwicklung, das man auch an Kunden weitergebe, sei insbesondere die moderne Cloud-Plattform des Unternehmens sowie das Engagement in der Open-Source-Community Cloud Foundry hervorzuheben.
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Wie die zahlreichen Produkte und Services des fusionierten Unternehmens zusammenspielen sollen, erläuterte Eror anhand einer Pyramide mit den "Building Blocks" einer modernen IT (siehe Grafik). Die Basis bilden Hardwareprodukte von Dell und DellEMC, darüber liegt eine Virtualisierungsschicht aus VMware-Systemen. Hinzu kommen auf den oberen Ebenen Orchestrierungs-, PaaS- und andere Cloud-Produkte und Services, wie sie etwa Virtustream offeriert. Von vCloud Air, der wenig erfolgreichen Public Cloud-Variante von VMware, war in diesem Kontext nicht die Rede. An der Spitze der Pyramide steht das Thema Applikationen, das vor allem Pivotal adressiere. Alle Ebenen würden jeweils umrahmt von diversen Security-Systemen (SecureWorks und RSA).
Unterm Strich positioniert sich Dell Technologies damit als Enabler für Private- und Hybrid-Cloud-Lösungen. Eines der Kernargumente lautet, dass Unternehmen stets die Wahl hätten zwischen on-premise-, off-premise- oder gemischten Betriebsmodellen. Anders als bei AWS oder Microsoft Azure seien Kunden dabei nicht an einen Provider gebunden. Die Anwendungsplattform von Pivotal etwa lasse sich bei Bedarf auf jeder gängigen Public Cloud oder eben auch inhouse betreiben.
Channel, Prozesse, Kunden: Viele Baustellen sind noch offen
Auskunft gab Eror auch zur geplanten Arbeitsteilung zwischen ihm und Albiez. Klar sei bislang, dass beide gemeinsam künftig das Deutschlandgeschäft von Dell Technologies leiten. Er selbst werde dabei den Bereich "Enterprise" führen und sich vorwiegend um große Kunden kümmern. Albiez betreue den Bereich "Commercial", der sich vor allem um kleinere und mittelgroße Kunden sowie die Öffentliche Hand bemühen soll.
Auf die vielfältigen Herausforderungen, die der Mega-Merger mit sich bringt, ging der Manager nur kurz ein. Produktüberlappungen etwa gebe es nur in einigen wenigen Storage-Bereichen; hinsichtlich der Kundenbasis ergänzten sich Dell und EMC überraschend gut. Auch das Thema Vertriebspartner sieht Eror unkritisch. 97 Prozent der Partner würden die Fusion entweder als positiv oder zumindest "neutral" für ihr Geschäft beurteilen, die Hälfte wolle sogar mehr Geschäft mit dem Unternehmen machen. Harte Fakten gibt es zum Thema Channel-Strategie freilich noch nicht. Klar scheint bisher nur zu sein, dass bis zum 1. Februar nächsten Jahres auch ein neues Partnerprogramm stehen soll.
Auch konkrete Ziele oder Vorgaben zu einzelnen Geschäftssegmenten mochte Eror nicht nennen. Angesichts schrumpfender oder stagnierender Umsätze in klassischen Hardware-Märkten wie PC, Server oder Storage fragen sich indes viele Beobachter, in welchen Feldern Dell Technologies künftig wachsen will. Für das zweite Geschäftsquartal etwa hatte EMC zwar einen um 19 Prozent gestiegenen Nettogewinn gemeldet. Die Umsätze blieben mit rund 6 Milliarden Dollar aber auf Vorjahresniveau. Ausgerechnet die Einnahmen im klassischen Highend-Storage-Geschäft, lange Jahre eine Cash Cow im Portfolio, gingen um vier Prozent zurück.
Die pauschale Aussage, der Storage-Markt schrumpfe, stimme nicht, erklärte Eror im Gespräch mit der COMPUTERWOCHE. Sie treffe bestenfalls auf einzelne Segmente zu. Dafür aber entstünden ganz neue Segmente wie beispielsweis Object Storage oder All Flash Storage, die enorm schnell wüchsen. Gegenwärtig sei deren Umsatzanteil allerdings noch geringer als der der klassischen Storage-Produkte.
Hyper Converged Systems: Die schlüsselfertige Private Cloud
Zu den Wachstumstreibern im Portfolio gehören Converged- und Hyper-Converged-Systems. DellEMC bietet sie als schlüsselfertige Komplettlösungen für unterschiedliche Private- oder Hybrid-Cloud-Szenarien an. Branchenschwergewichte wie IBM, HPE oder Oracle offerieren allerdings ganz ähnliche Produkte. "Wir bieten solche Systeme schon seit sieben Jahren an und haben einen großen zeitlichen Vorsprung", sagt Eror dazu. Converged- oder Hyperconverged-Technologien bildeten heute die Infrastrukturbasis der hauseigenen Hybrid-Cloud-Lösungen: "EMC hat diesen Begriff geprägt und ist mit der Vblock-Technologie als erster auf den Markt gegangen."
Den Einwand, dass eines Tages nur noch einige große "Hyperscaler" wie AWS oder Google mächtige Hardware-Infrastrukturen benötigen, die sie dann nach eigenen Vorgaben bauen lassen, lässt Eror nicht gelten: "Wir würden nicht 70 Milliarden Dollar investieren, wenn wir an solche Prognosen glaubten." Nach seiner Schätzung laufen gegenwärtig nur 1 Prozent aller Workloads weltweit in irgendeiner Cloud. 99 Prozent würden wie bisher on premise betrieben.
Dass die Private Cloud auf mittlere Sicht nur eine Übergangslösung zur Public Cloud ist, wie es beispielsweise Gartner prognostiziert, hält er für unrealistisch: "Private- und Hybrid-Cloud-Installationen wird es noch jahrzehntelang geben." Mit seinem breiten Portfolio sei Dell Technologies dafür besser aufgestellt als jeder andere Anbieter.
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