von Klaus Manhart
Business Intelligence (BI) ermöglicht mittelständischen Unternehmen eine systematische Datenanalyse, um intelligente Geschäftsentscheidungen zu treffen. Jüngere Studien wie etwa vom Forschungs- und Beratungsinstitut BARC (Business Application Research Center) zeigen, dass im Mittelstand der BI-Bedarf stetig steigt, um geschäftskritische Prozesse zu unterstützen.
So segensreich branchenübliche BI-Lösungen sein mögen, für kleine Unternehmen ist die Einführung und der Betrieb von BI-Systemen eine große Hürde. Lange Implementierungszeiten, komplizierte Installations-, Upgrade sowie Betriebsprozesse und vor allem hohe Kosten schrecken viele davon ab, sich mit der Einführung von BI-Systemen zu befassen.
Abhilfe könnte Cloud Computing schaffen. Der Bezug der Analyse-Software aus der Cloud als Software as a Service (SaaS) legt die Hürden einer BI-Einführung deutlich niedriger: Statt im "On-Premise-Modell" die BI-Software zu erwerben und selbst zu betreiben, nutzt der Anwender BI-Funktionen im Rahmen eines "On-Demand-Modells" direkt als Mietservice von der Websites des Anbieters. Eingesetzt und abgerechnet wird im Idealfall nur das an BI-Funktionalität, was gebraucht wird.
Die meisten Angebote im Markt schirmen den Nutzer von komplexen Installationsroutinen oder der Administration von BI-Umgebungen ab. Dadurch, dass die Software weder selbst installiert, noch betrieben oder gewartet werden muss, lassen sich Cloud-Miet-Systeme schneller und einfacher einführen als herkömmliche Software - und das bei niedrigeren Kosten. Die oft extrem langen Realisierungszeiträume von Inhouse-Systemen können damit elegant umgangen werden.
Was spricht für Cloud-BI?
Im täglichen Betrieb profitieren vor allem die Mitarbeiter, die in der Regel keine BI-Experten sind, von den Cloud-Diensten. Viele der Cloud-BI-Varianten haben die Eigenschaft, dass sie relativ normiert sind. Dadurch wird die oft recht komplexe BI-Software entschlackt und auf das Wesentliche reduziert. Intuitive, menügesteuerte Oberflächen ermöglichen auch Laien detaillierte Datenanalyse und Reporting.
In größeren Unternehmen hat sich vor allem Self Service BI als wesentlicher Treiber für die Cloud-Variante herauskristallisiert. Fachanwender möchten heute immer öfter flexibel, eigenständig und ohne Rückgriff auf IT-Experten Daten auswerten und Reports schreiben. Mit BI aus der Cloud müssen Anwender nicht mehr auf die Bereitstellung von BI-Funktionalität durch die langsame IT-Abteilung warten, sondern können sofort loslegen.
Gartner nennt vor allem drei Schlüsselfaktoren, die für BI aus der Cloud sprechen:
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Time to Value: BI Cloud-Angebote glänzen durch eine im Vergleich zu On-Premise-Systemen schnellere Implementierung. Das erweist sich insbesondere dann als Vorteil, wenn die IT-Abteilung nicht schnell genug auf neue Anforderungen reagieren kann.
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Kostenbetrachtung: In der Kostenbetrachtung unterscheiden sich Inhouse- und Cloud-Systeme deutlich. Kauf-Software müssen die Unternehmen vorab bezahlen und können sie über den Nutzungszeitraum abschreiben. Miet-Software versucht keine Vorabinvestitionen, dafür kommt keine Abschreibung in Frage. Miet-Software ist zudem in den ersten fünf Jahren billiger als Kauf-Software.
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Mangel an IT-Expertise: Cloud-Applikationen sind oftmals für bestimmte Einsatzszenarien oder Branchen vorkonfiguriert. Das hilft Unternehmen, die wegen ihres knappen IT-Personals keine eigenen Applikationen erstellen können.
Wie stark wird Cloud-BI genutzt?
Trotz dieser Vorteile ist die Nutzung von Cloud-BI-Services bei den Unternehmen noch recht verhalten. Während sich Cloud-Dienste in Anwendungsbereichen wie Customer Relationsship Management (CRM) schon länger etabliert haben, hinkt der BI-Markt noch nach.
Laut einer BITKOM-Studie belegen klassische SaaS-Dienste wie Collaboration-Anwendungen und CRM die Spitzenplätze bei Public Cloud Anwendungen. Business Intelligence macht indes nur ein bis zwei Prozent des hiesigen Marktvolumens aus und nimmt in der Bitkom-Statistik den letzten Platz ein (siehe Grafik).
Ähnliche Zahlen gibt es von Forrester. Derzeit nutzten laut Forrester nur zwischen 1 bis 2 Prozent der Unternehmen Cloud-BI. 3 bis 4 Prozent wollen dies in den nächsten Monaten einführen. Einer Studie von Gartner zufolge beabsichtigen nur etwa 27 Prozent der befragten Unternehmen gegebenenfalls ihre BI-Systeme in nächster Zeit um Cloud-Komponenten zu ergänzen.
Etwas positiver sehen die Analysten der IDC die Lage. Sie prognostizieren, dass die weltweiten Geschäfte mit BI-on-Demand-Lösungen bis 2015 jährlich über 20 Prozent wachsen werden. Damit würde das SaaS-Segment des BI-Marktes drei Mal so schnell wachsen wie das Gesamtgeschäft mit Analysewerkzeugen.
Problem Datensicherheit und Bandbreite
Warum BI aus der Cloud derzeit noch ein Schattendasein führt hat mehrere Gründe. Hauptfaktor ist die Datensicherheit. Viele IT-Verantwortliche sind - mit Recht - sehr zurückhaltend, hochsensible Kundendaten oder Finanzkennzahlen ins Internet zu verlagern. Besonders deutsche Unternehmen gelten als sehr kritisch und haben starke Vorbehalte, BI-Daten einem Cloud-System anzuvertrauen, dessen Standorte möglicherweise über die halbe Welt verteilt sind.
Dem steht dagegen, dass im Datenschutzgesetz der EU klar festgehalten ist, dass personenbezogene Daten im europäischen Raum bleiben müssen. Fast alle großen Cloud Service Provider tragen diesem Umstand Rechnung und garantieren die Datenhaltung in europäischen Rechenzentren. Zudem kann man sich mit Verträgen absichern, dass die Daten in Deutschland bleiben. Dennoch bleibt natürlich das Dilemma, möglicherweise sensible Daten außer Haus geben zu müssen.
Auch die Bandbreite kann zum Problem werden. Da BI-Analysen in der Regel viele Daten voraussetzt müssen diese zum Cloud-Provider transferiert werden, der die BI-Funktionalitäten anbietet. Die Herausforderung besteht hier vor allem darin, die Daten bei relativ geringen Internet-Bandbreiten in die Cloud zu übertragen.
Wenn große Datenmengen aus Inhouse-Transaktionssyssteme in die Cloud geladen werden müssen ist Analyse, Reporting und Dashboarding tatsächlich schwierig. Abhilfe können Hybrid-Modelle schaffen, bei denen das BI-Front-End und eventuell ein analyserelevanter Datenausschnitt in der Cloud, der Großteil der Datenmengen aber lokal gehalten wird.
Viele Unternehmen nutzen heute bereits in anderen Kontexten diese Kombination aus lokal installierten Anwendungen (On-Premise) und Anwendungen, die über das Internet auf Mietbasis genutzt werden (On-Demand). Abgesehen davon: Auch wer Daten in der gleichen Cloud speichert, in der die operativen Systeme gefahren werden, kann BI-Applikationen dort ohne größere Bandbreitenprobleme betreiben.
Standardisierung versus Individualisierung
Ein weiterer Einwand betrifft die Individualisierung. Business Intelligence ist traditionell ein Bereich, der meist kundenindividuellen Anpassungen unterworfen ist. Abhängig von den Prozessen eines Unternehmens wird oft eine individuelle Lösung aufgebaut. Cloud-Dienste hingegen sind hoch standardisiert und bieten Standard-Funktionalitäten.
Diese Standardisierung bei Cloud-Anwendungen, so lautet ein Argument, widerspricht der Idee von Business Intelligence. Viele BI-Anwender möchten Fine-Tuning von Analysen und Prognosen betreiben. Dieses Customizing ist bei Cloud-Applikationen weniger möglich als bei einer Inhouse-Lösung.
Dieser Einwand mag tatsächlich für Software as as Service zutreffen - wobei man im Falle einfacher Analysen, wie sie kleinere Betriebe in der Regel vornehmen wollen, darüber diskutieren kann, ob dies nicht eher Vor- als Nachteil ist. Doch wer tatsächlich individualisierte Cloud-BI-Service haben will kann auch auf angepasste BI-Dienste zurückgreifen.
BI aus der Cloud gibt es nicht nur im SaaS-Modell, sondern auch als Platform as a Service (PaaS). PaaS-Anbieter stellen ihren Partnern - SaaS-Dienstleistern oder Systemintegratoren - eine umfassende, Cloud-fähige BI-Plattform bereit, die diese kundenspezifisch anpassen und über die End-User die Cloud BI-Anwendungen nutzen können.
Noch bietet nicht jeder klassische BI-Anbieter Cloud Services an, das Angebot ist zurzeit noch relativ übersichtlich. Das wird sich jedoch in den nächsten Jahren ändern. Zudem gilt: Werden BI-Funktionen nicht durch den Anbieter direkt bereitgestellt, dann bieten oft Partner der Software-Hersteller Applikationen auf Basis der Cloud-Lösungen an. Im Folgenden wird keine komplette Marktübersicht präsentiert, sondern einige beispielhafte Cloud-BI-Dienste.
SAP-BusinessObjects-BI-OnDemand
Platzhirsch SAP richtet sich mit seinem SaaS-Dienst SAP-BusinessObjects-BI-OnDemand speziell an kleinere Unternehmen, die eine umfassende BI-Lösung brauchen. Damit können sie Daten ohne eigene BI-Software analysieren, zu Berichten zusammenfassen und für einen schnellen Überblick gemeinsam nutzen.
Die Self Service BI-Lösung ist intuitiv bedienbar und ermöglicht über menügeführte Anwendungen schnelle Datenauswertungen. Innerhalb weniger Minuten lässt sich der Dienst startklar machen, anschließend können über die Benutzeroberfläche Kalkulationstabellen hochgeladen und verschiedene Datenquellen vereint werden.
Die SaaS-Lösung baut auf Funktionen für Abfragen, Berichte, Analysen und Dashboards aus dem SAP-Business-Objects-Portfolio auf. Darüber hinaus können Anwender die Suchfunktionen des "BusinessObjects Explorer" verwenden.
Geführte Analysen erlauben darüber hinaus Nutzern mit wenig BI-Erfahrung, eigene Dashboards und interaktive Analysen sowie Ad-hoc-Berichte zu erstellen. Der Service lässt sich sowohl an andere On-Premise- als auch On-Demand-Systeme anbinden.
Microsoft Azure
Microsoft forciert BI aus der Cloud auf Basis von Windows Azure. Der Cloud Service umfasst neben den Computing Services (Windows Azure) den Datenbank Service SQL Azure, der relationale Datenbanken auf Basis von MS SQL Server bereitstellt. Mit dabei ist außerdem ein Bus System (Azure AppFabric), welches die unterschiedlichen Software- und Service-Komponenten miteinander verbindet.
Für die Bereitstellung der Daten in der Cloud sorgt das SaaS-Werkzeug SQL Azure Data Sync. Es gleicht den lokalen Datenbestand mit den in der Cloud gespeicherten Informatioen ab. Die Datenanalyse und Erstellung von Reports erfolgt mit SQL Azure Reporting.
Einfach loslegen wie bei der SAP-Lösung kann man damit nicht, die Plattform erfordert einige Anpassungen. Microsoft-Partner haben deshalb das Basisangebot für kleinere Unternehmen adaptiert. Die ixto GmbH beispielsweise hat auf Grundlage der Microsoft Cloud ein leicht zugängliches und verständliches Berichtswesen entwickelt.
Die Berichte kommen in Form von Reporting Templates mit zahlreichen vordefinierten Vorlagen und verzichten bewusst auf opulent ausgestaltete Dashboards, stilistisch herausfordernde Tabellen oder raumgreifende 3D-Diagramme. Sie heben stattdessen das Wesentliche hervor. Beim Innovationspreis IT 2013 der Initiative Mittelstand haben diese Templates in der Kategorie Business Intelligence den ersten Platz belegt.
IBM City Cloud
Mit der City Cloud will IBM Cloud Services und Business Intelligence zu einer Art "Volks-BI" machen. City Clouds entsprechen laut IBM deutschen Sicherheitsstandards und basieren auf IBM Technologie. Sie werden in den lokalen Rechenzentren der Geschäftspartner betrieben und decken jeweils eine bestimmte Region oder Stadt ab - bisher gibt es deutschlandweit etwa 50 City-Cloud-Partner.
Diese IBM-Partner bieten mit der Cloudtechnologie von IBM Mittelständlern bedarfsorientierte Cloud Services an - unter anderem auch für BI. Die Lösungen werden an die Anforderungen des Mittelstandes angepasst, so dass Kunden sie mit monatlich kalkulierbaren Beträgen als Pay-per-Use-Software beziehen können.
Die IBM Geschäftspartner mip aus München und inoX-tech aus Passau haben beispielsweise BI-Lösungen in ihr City-Cloud-Angebot integriert. Außer BI-Software bieten diese City-Cloud-Betreiber weitere lokale Cloud-Services für Rechnerkapazitäten, Datenspeicherungen oder Anwendungen an.
Cloud BI von BI Spezialisten
SaaS BI Services bieten auch viele kleine BI-Spezialisten wie Tibco oder Tableau. Sie stellen ihre Inhouse-Lösungen als Cloud-Service bereit. Die Betriebsart SaaS von Tibco Silver Spotfire beispielsweise enthält alle Funktionen der Inhouse-Version. Anwender können damit Business-Analytics- und Business-Intelligence-Dashboards oder -Berichte in der Cloud entwickeln, veröffentlichen und gemeinsam nutzen. Zielgruppe sind vorrangig kleine und mittlere Unternehmen.
Auch mit der skalierbaren Cloud-Lösung von Tableau Software können Anwender BI-Analysen in wenigen Minuten durchführen und bereitstellen. Auf einem Data Server speichert Tableau Online Daten und Metadaten an zentraler Stelle. Auf diesem können Nutzer auch Dashboards veröffentlichen und teilen.
Die Darstellungen sind für Touch-Bedienung optimiert und können auch auf mobilen Endgeräten genutzt werden. Tableau Online funktioniert mit Cloud-Lösungen verschiedener Partner, darunter: Salesforce.com, Google Analystics, Google BigQuery und Amazon Redshift.
Cloud-BI auf Open Source Basis
Actuate, Jaspersoft und Pentaho bieten BI-Cloud-Dienste im Open Source Modell an. Die BI- und Reporting-Lösung BIRT (Business Intelligence and Reporting Tool) von Actuate gibt es auch im On-Demand-Modus. Anwender können in der Cloud beispielsweise Dashboards selbst konfigurieren und auf In-Memory-Analysefunktionen zugreifen.
Das Platform-as-a-Service-Angebot stellt eine Plug-and-Play-Platform in der Cloud für BIRT-basierte Anwendungen dar. Partner und Entwickler stellen dafür BI-Applikationen bereit, welche beispielsweise auf dem Google Gadget Framework basieren. Unternehmen können laut Aussage des Anbieters mit BIRT on Demand neue BI-Funktionalitäten schrittweise einführen.
Auch die Open Source BI-Suite von Jaspersoft lässt sich nutzer- und bedarfsspezifisch für Self Service BI anpassen. Jaspersoft stellt seinen Partnern wie SaaS-Anbietern die Cloud-fähige BI-Plattform bereit, über die End-User Cloud BI-Anwendungen nutzen können. Damit erhalten Kunden dann maßgeschneiderte Berichte, Dashboards und Analysen und profitieren von sämtlichen Vorteilen der Cloud. (rb)