Von Altersrente bis Wartezeit

Das Wichtigste zur Rentenversicherung

25.02.2010
Was Sie über die Rentenversicherung wissen müssen, sagen Michael Henn und Christian Lentföhr.

1. Der versicherte Personenkreis der Rentenversicherung ergibt sich aus §§ 1 ff SGB VI. Zunächst sind gemäß § 1 I Nr. 1 SGB VI gegen Arbeitsentgelt bzw. zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte neben anderen in §§ 1 ff SGB VI aufgeführten von der Versicherungspflicht umfasst. Darüber hinaus ist auch für sämtliche geringfügig entlohnte und damit gemäß § 5 II SGB VI grundsätzlich versicherungsfreie Beschäftigte ein pauschaler Beitrag von zwölf Prozent des Entgelts für die Rentenversicherung abzuführen.

2. Gemäß § 2 I Nr.10 SGB VI sind auch in die Rentenversicherungspflicht einbezogen Personen für die Dauer des Bezugs eines Existenzgründerzuschuss sowie nach § 2 I Nr. 9 SGB VI selbstständige Personen, die selbst keinen rentenversicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen, dessen Arbeitsentgelt aus diesem Beschäftigungsverhältnis monatlich 400,00 Euro übersteigt, sowie auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind. Versicherungspflichtige nach § 2 I Nr. 9 werden gemäß § 6 I a Nr.1 SGB VI für einen Zeitraum von drei Jahren nach erstmaliger Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit im Sinne des § 2 I Nr.9 SGB VI von der Rentenversicherungspflicht befreit.

3. Anders als in der Krankenversicherung besteht für die Rentenversicherung keine Einkommensgrenze für die Versicherungspflicht. Gemäß § 3 S. 1 Nr. 1 SGB VI sind auch Personen versicherungspflichtig in der Zeit, für die ihnen in den ersten drei Lebensjahren des Kindes Kindererziehungszeiten gemäß § 56 SGB VI als rentenrechtliche Beitragszeiten anzurechnen sind.

Freiwilligkeit

4. Gemäß § 7 I SGB VI kann sich grundsätzlich jeder freiwillig versichern und freiwillig Rentenbeiträge abführen, der das 16. Lebensjahr vollendet hat. Versicherungsfreie (z.B. Beamte, Richter...) oder von der Versicherung befreite Personen können sich gemäß § 7 II SGB VI freiwillig versichern, wenn sie die allgemeine Wartezeit (= gemäß § 50 SGB VI fünf Jahre) erfüllt haben und nicht aufgrund Geringfügigkeit einer Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit versicherungsfrei sind.

5. Die Höhe der nach §§ 157 ff. SGB VI zu leistenden Beiträge orientiert sich an der Beitragsbemessungsgrenze, die seit 01.01.2010 für die alten Bundesländer 66.000,00 Euro jährlich = 5.500,00 Euro monatlich beträgt. "Beitragsbemessungsgrenze" heißt, dass Einkommen für Rentenversicherungs-Beiträge nur bis zu einer festgelegten Einkommenshöchstgrenze zu berücksichtigen ist.

Der Beitragssatz in der gesetzlichen Rentenversicherung beträgt ab dem 01. Januar 2010 unverändert 19,9 % in der allgemeinen Rentenversicherung und 26,4 % in der knappschaftlichen Rentenversicherung.

6. Die Leistungen der Rentenversicherung sind in den §§ 9 bis 49 SGB VI geregelt. Neben Leistungen wie Rehabilitationsmaßnahmen, wenn dadurch Erwerbsfähigkeit erhalten oder wiederhergestellt werden kann, sowie Übergangsgeld oder Haushaltshilfen stellen die in den §§ 33 ff SGB VI in Verbindung mit §§ 232 ff SGB VI geregelten Renten die wichtigste Leistungsart der Rentenversicherung dar.

Gemäß § 33 SGB VI gibt es folgende Rentenarten: ?die Altersrente, ?die ?Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und die ?Rente wegen Todes.

Renten wegen Alters können gemäß § 42 I SGB VI als Voll- oder Teilrente genommen werden. Eine Teilrente beläuft sich gemäß § 42 II SGB VI auf ein Drittel, die Hälfte oder zwei Drittel der erreichten Vollrente.

Mindestversicherungszeit

7. Nach § 34 SGB VI setzt der Rentenanspruch voraus, dass neben den jeweiligen versicherungsrechtlichen und persönlichen Voraussetzungen die für die jeweilige Rente vorgesehene Mindestversicherungszeit = Wartezeit erfüllt ist. Die für die Erfüllung der jeweiligen Wartezeit anzusetzenden Versicherungszeiten sind gemäß §§ 50 ff. SGB VI Beitragszeiten, sowie auch anrechenbare Zeiten wie Kindererziehungszeiten gemäß § 56 SGB VI oder auch Ersatzzeiten wie Militärdienstzeiten gemäß § 250 SGB VI. Von den Versicherungszeiten hinsichtlich der Wartezeiterfüllung sind die Versicherungsjahre zu unterscheiden, die sodann für die Berechnung der Höhe der Rentenanwartschaften zugrunde liegen.

8. Die allgemeine Wartezeit beträgt nach § 50 I SGB VI fünf Jahre. Die allgemeine Wartezeit gilt nach den Voraussetzungen des § 53 SGB VI als vorzeitig erfüllt z.B. bei verminderter Erwerbsfähigkeit aufgrund Arbeitsunfalls bzw. Berufskrankheit bei Versicherungspflichtigen oder bei Erwerbsunfähigkeit bis zum Ablauf von 6 Jahren nach Beendigung einer Ausbildung, wenn in den letzten zwei Jahren vor dem Versicherungsfall mindestens ein Jahr Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung als geleistet anzusetzen sind.

9. Die Regelaltersrente ist gemäß § 35 SGB VI ab Vollendung des 67. Lebensjahres und nach Erfüllung der allgemeinen Wartezeit im Sinne des § 50 I SGB VI zu beanspruchen.

Die Rentenvoraussetzungen hinsichtlich Lebensalter und Erfüllung einer Wartezeit sind jeweils modifiziert geregelt für z.B. langjährig Versicherte (§§ 36, 236 SGB VI), für schwerbehinderte Menschen (§§ 37, 236a SGB VI), für Arbeitslose oder nach Altersteilzeit (§ 237 SGB VI), für Frauen (§ 237a SGB VI) etc.

Verminderte Erwerbsfähigkeit

Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit sind in § 43 SGB VI geregelt

a) Anspruch auf eine volle Erwerbsminderungsrente nach § 43 II SGB VI besteht, wenn

- Versicherte wegen Krankheit bzw. Behinderung auf nicht absehbare Zeit nicht im Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes zumindest drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein

oder zwar noch zumindest drei, aber nicht mehr sechs Stunden täglich arbeiten können, jedoch keinen Arbeitsplatz finden,

- in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre lang Pflichtbeiträge für eine versicherte Tätigkeit oder Beschäftigung gezahlt wurde (ohne Ansatz von Anrechnungs- und Berücksichtigungszeiten),

- und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit von fünf Versicherungsjahren erfüllt wurde

b) Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung nach § 43 I SGB VI besteht, wenn

- Versicherte wegen Krankheit bzw. Behinderung auf nicht absehbare Zeit nicht im Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes zumindest sechs Stunden täglich zu arbeiten,

- in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre lang Pflichtbeiträge für eine versicherte Tätigkeit oder Beschäftigung gezahlt haben (ohne Ansatz von Anrechnungs- und Berücksichtigungszeiten),

- und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit von fünf Versicherungsjahren erfüllt wurde.

Rentenformel

10. Die monatliche Rentenhöhe berechnet sich für den jeweiligen Versicherungsfall nach der Rentenformel: Persönliche Entgeltpunkte x Rentenfaktor x aktueller Re-tenwert.

11. Gemäß § 34 II SGB VI besteht ein Anspruch auf Altersrente vor Vollendung des 65. Lebensjahrs nur, wenn die Hinzuverdienstgrenze nicht überschritten wird. Die Hinzuverdienstgrenze bzgl. Vollrenten wegen Alters oder verminderter Erwerbsfähigkeit beträgt gemäß § 34 III SGB VI für das gesamte Bundesgebiet 400,00 Euro monatlich.

12. Altersrenten können auch als Teilrenten zu einem Drittel, zu einer Hälfte und zu zwei Dritteln der Vollrente in Anspruch genommen werden. Auch hinsichtlich der Teilrenten gibt es Hinzuverdienstgrenzen, die differenziert in § 34 III SGB VI aufgeführt sind.

Für Angestellte und zur Berufsausbildung Angestellte ist gemäß § 133 I SGB VI die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte zuständig.

Weitere Informationen zum Thema und Kontakt:

Michael Henn, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Erbrecht, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Präsident des VdAA, c/o Dr. Gaupp & Coll, Stuttgart, Tel.: 0711 305893-0, E-Mail: stuttgart@drgaupp.de, Internet: www.drgaupp.de und www.vdaa.de

Christian Lentföhr, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Mitglied im VdAA, c/o W. Schuster und Partner GmbH, Schuster, Lentföhr & Zeh, Tel.: 0211 658810, E-Mail: lentfoehr@wsp.de, Internet: www.wsp.de