Arbeitsunfähigkeit

Das Wichtigste zur Krankenversicherung

12.03.2010
Was Arbeitgeber und Arbeitnehmer beachten müssen, sagen Michael Henn und Christian Lentföhr.

Die folgenden Vorschriften zur Krankenversicherung müssen Sie kennen:

1. Krankenversicherungspflicht

Die Krankenversicherungspflicht ergibt sich aus § 5 SGB V. Nach § 5 I Nr. 1 SGB V besteht Versicherungspflicht bei einem Beschäftigungsverhältnis als Arbeitnehmer oder Auszubildender gegen Arbeitsentgelt.

Gemäß § 5 I Nr. 2 SGB V sind auch Personen krankenversicherungspflichtig, die Arbeitslosengeld oder -hilfe bzw. Unterhaltsgeld nach dem SGB III beziehen oder dies nicht bezogen aufgrund einer Sperrzeit nach § 144 SGB III. Zu beachten ist, dass ein Ruhen des konkreten Leistungsbezugs nach SGB III wegen Berücksichtigung einer Entlassungsentschädigung nach § 143a SGB III nicht in den Krankenversicherungsschutz des § 5 I Nr.2 SGB V aufgenommen ist. In diesem Fall würde der Krankenversicherungsschutz nicht über den noch gemäß § 19 II SGB V bis zu einem Monat nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses bestehenden Versicherungsschutz hinausgehen.

2. Befreiung

Arbeitnehmer können auf Antrag von der Krankenversicherung unter bestimmten Voraussetzungen gemäß § 8 SGB V befreit werden, um weiterhin ihre Versicherung in einer privaten Krankenversicherung aufrechtzuerhalten. Für eine Versicherungsfreiheit nach § 6 I Nr. 1 SGB V gilt eine die Jahresarbeitsentgeltgrenze.

3. Beitragssätze

Die Beitragssätze der Krankenversicherung richten sich nach Kassensatzung der gemäß § 175 Abs. I SGB V frei wählbaren Krankenkasse.

Nach § 2 II SGB V "erhalten die Versicherten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit das SGB V nichts Abweichendes vorsieht". Es gilt das sogenannte Sachleistungsprinzip. Je nach Art und Weise der Leistungserbringung wird unterschieden zwischen Sachleistungen durch Zuwendung von Sachmitteln wie z.B. Arzneimitteln, Dienstleistungen durch z.B. ärztliche bzw. zahnärztliche Behandlung und Bar- bzw. Geldleistungen wie z.B. das Krankengeld.

4. Leistungsarten

Die Leistungsarten der Krankenversicherung sind in § 11 SGB V aufgeführt. Die Ansprüche während Schwangerschaft bzw. nach der Entbindung der krankenversicherten Frau sind in den §§ 195 ff RVO geregelt. Der Versicherungsfall der Pflegebedürftigkeit ist in den Vorschriften zur Pflegeversicherung im SGB XI geregelt.

Der Versicherungsfall der "Krankheit" wird im Sinn der Sozialversicherung definiert als regelwidriger Körper- bzw. Geisteszustand, der Behandlungsbedürftigkeit und/oder Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat.

5. Krankengeld

Die im Zusammenhang mit Arbeitsverhältnissen wesentliche Leistung der Krankenversicherung ist das Krankengeld, das in den §§ 44 ff SGB V geregelt ist.

Der Anspruch auf Krankengeld besteht gemäß §§ 44 I, 45 SGB V

- bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit

- bei stationärer Behandlung auf Kosten der Krankenkasse in einem Krankenhaus, einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung oder

- nach § 45 SGB V bei Arbeitsverhinderung aufgrund ärztlich bescheinigter Erforderlichkeit der Beaufsichtigung, Betreuung oder Pflege des erkrankten und versicherten Kindes, das sein 12. Lebensjahr noch nicht vollendet hat

Der Anspruch auf Krankengeld entsteht gemäß § 46 SGB V ab dem Tag, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt bzw. ab Beginn der Behandlung i.S.d. § 44 I SGB V.

Der Anspruch auf Krankengeld ruht gemäß § 49 I SGB V, soweit bzw. solange Versicherte z.B.:

- beitragspflichtiges Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erhalten (§ 49 I Nr. 1)

- Elternzeit erhalten, außer wenn die Arbeitsunfähigkeit vor Beginn der Elternzeit eingetreten ist, oder das Krankengeld aus dem Arbeitsentgelt zu berechnen ist, das einer versicherungspflichtigen Beschäftigung während der Elternzeit erzielt worden ist (§ 49 I Nr. 2)

- Mutterschaftsgeld, Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe beziehen (§ 49 I Nr.3a)

- die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse nicht gemeldet haben, ohne dass die Meldung innerhalb einer Woche nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit erfolgt (§ 49 I Nr.5).

Selbstverschulden

Bei Selbstverschulden kann die Krankenkasse gemäß § 52 SGB V die Versicherten an der Kostentragung beteiligen bzw. Krankengeld ganz oder teilweise versagen bzw. zurückfordern.

Die Dauer des Krankengelds ist gemäß § 48 I SGB V grundsätzlich zeitlich unbegrenzt, jedoch für den Fall der Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit innerhalb von drei Jahren auf längstens 78 Wochen limitiert. Nach Beginn eines neuen Dreijahreszeitraums hat der Versicherte nur unter den Voraussetzungen des § 48 II SGB V einen neuen Anspruch auf Krankengeld.

Die Höhe des Krankengelds beträgt 70 Prozent des vor der Arbeitsunfähigkeit erzielten beitragspflichtigen regelmäßigen Arbeitsentgelts bzw. Arbeitseinkommens. Es darf 90 % des Nettoarbeitsentgelts nicht übersteigen. Bei Beschäftigten mit Monatsbezügen ist Regelentgelt der 30. Teil des Arbeitsentgelts, das im letzten Kalendermonat vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit auch unter Einrechnung von beitragspflichtigen Einmalzahlungen erzielt wurde. Krankengeld wird gemäß § 47 Abs. I S. 4 SGB V für Kalendertage bezahlt. Begrenzt ist die Höhe des täglichen Bruttokrankengeldes gemäß § 47 VI SGB V mit 70 Prozent der kalendertäglichen Beitragsbemessungsgrenze der Krankenversicherung, die seit 01.01.2008 43.200,00 Euro p.a. = 3.600 Euro monatlich = 120,00 Euro kalendertäglich beträgt. Diese ist seit 01.01.2003 nicht mehr identisch mit der Krankenversicherungspflichtgrenze. Es ergibt sich daher als Höchstgrenze des Krankengeldes ein Betrag von 70 Prozent von 120 Euro = 84,00 Euro.

8. Medizinischer Dienst

Eine weitere im Rahmen von Arbeitsverhältnissen relevante Leistung der Krankenkassen ist die Möglichkeit der Inanspruchnahme des Medizinischen Dienstes zur Beseitigung von Zweifeln an Arbeitsunfähigkeit gemäß § 275 I Nr. 3b SGB V. Derartige Zweifel sind nach § 275 Ia SGB V z.B. gegeben, wenn der Versicherte auffällig häufig oder meist zu auffälligen Zeiten wie Brückentagen arbeitsunfähig ist, die Arbeitsunfähigkeit angekündigt oder mit ihr gedroht hat, oder z.B. die Arbeitsunfähigkeit von einem Arzt mehr als zwei Tage rückwirkend bescheinigt wurde.

9. Ende der Mitgliedschaft

Gemäß § 19 I SGB V erlöschen Leistungsansprüche gegen die Krankenkassen grundsätzlich mit dem Ende der Mitgliedschaft, soweit das SGB V nichts anderes bestimmt. Nach Beendigung der Mitgliedschaft besteht nach § 19 II SGB V noch für längstens 1 Monat Anspruch auf Krankenversicherungsleistungen, solange keine Erwerbstätigkeit ausgeübt wird.

10. Fortbestehen der Mitgliedschaft

Die Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger besteht gemäß § 192 I SGB V fort z.B. während eines rechtmäßigen Arbeitskampfes oder bei Anspruch auf Kranken-, Mutterschaftsgeld- oder Erziehungsgeld sowie gemäß § 192 II SGB V grundsätzlich während der Schwangerschaft.

11. Arbeitsunfall oder Berufskrankheit

Gemäß § 11 IV SGB V besteht kein Anspruch auf Leistung der Krankenversicherung, wenn die Leistung als Folge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit i.S.d. gesetzlichen Unfallversicherung zu erbringen wäre. Der krankenversicherungsrechtliche Leistungsanspruch ist insoweit subsidiär.

Weitere Informationen zum Thema und Kontakt:

Michael Henn, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Erbrecht, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Präsident des VdAA, c/o Dr. Gaupp & Coll, Stuttgart, Tel.: 0711 305893-0, E-Mail: stuttgart@drgaupp.de, Internet: www.drgaupp.de und www.vdaa.de

Christian Lentföhr, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Mitglied im VdAA, c/o W. Schuster und Partner GmbH, Schuster, Lentföhr & Zeh, Tel.: 0211 658810, E-Mail: lentfoehr@wsp.de, Internet: www.esp.de