Marketing- und Vertriebsinstrument

Das Telefon, der heiße Draht zum Kunden

27.01.2011
Nicht auf die Masse kommt es an, sondern auf die Klasse der geführten Gespräche, sagt Christian Herlan.
Nicht die Masse macht den Telefonverkauf erfolgreich, sondern die Klasse.

Viele Unternehmen setzen verstärkt auf das Telefon als Marketing- und Vertriebsinstrument. Sie übersehen dabei aber oft: Beim Telefonieren kommt es nicht auf die Masse, sondern die Klasse der geführten Gespräche an.

Am Telefon quasseln kann jeder. Doch nur wenige Menschen können Telefonate so führen, dass zum Beispiel ein (Noch-nicht-)Kunde "ja" zum Besuch eines Außendienstmitarbeiters sagt. Denn dies will gelernt sein. Das merken speziell Unternehmen, die ihren Kunden erklärungsbedürftige Güter verkaufen, immer wieder. Also schulen sie ihre "Telefonverkäufer", auch Agents genannt, kontinuierlich ... und bezahlen sie angemessen. Denn sie wissen: Gute Telefonverkäufer sind rar.

Bei der Telefonkommunikation wird zwischen Inbound- und Outbound-Gesprächen unterschieden. Inbound-Gespräche werden alle Telefonate genannt, bei denen ein Kunde oder Interessent selbst anruft. Zum Beispiel weil er eine Frage hat. Bei einem Outbound-Gespräch hingegen greift der Mitarbeiter selbst zum Telefon und ruft den (Noch-nicht-)Kunden an - zum Beispiel, um ihm etwas zu verkaufen.

Diese Gespräche sind die Königsdisziplin beim Telefonieren. Deshalb setzen zum Beispiel (professionell arbeitende) Callcenter hierfür meist nur ihre besten Agents ein. Denn sie wissen, wie schnell (Noch-nicht-)Kunden genervt reagieren, wenn ihnen Firmenvertreter immer wieder telefonisch etwas offerieren, das sie entweder nicht oder jetzt nicht brauchen.

Am Ball bleiben, ohne lästig zu werden

Aus Kundensicht wirkt dieses "am Ball bleiben" zuweilen lästig, aus Unternehmenssicht ist es aber vielfach nötig. Hierfür ein Beispiel: Der Autor dieses Artikels wurde drei Jahre lang telefonisch vom Vertragshändler eines Kopiergeräteherstellers "belästigt". Circa alle zwei Monate rief er an und fragte sinngemäß: "Brauchen Sie einen neuen Kopierer?" Und stets lautete die Antwort: "Nein!" Doch nach drei Jahren gab das betagte Gerät im Büro des Autors endgültig den Geist auf. Und welcher Lieferant fiel ihm als erster ein? Sie haben richtig geraten! Und welcher Händler lieferte den Kopierer, der heute in seinem Büro steht? Erneut richtig geraten!

Die zentrale Frage beim Telefonverkauf lautet deshalb oft nicht, ob potenzielle Kunden regelmäßig angerufen werden sollen. Sie lautet vielmehr: Wie führe ich die Gespräche so, dass diese nicht das Gefühl haben "Schon wieder so ein telefonischer Klinkenputzer"?

Die Gespräche gut vorbereiten

Und hier kommt ein Vorteil zum Tragen, den Outbound- gegenüber Inbound-Gesprächen haben: Sie können sich darauf vorbereiten und den Zeitpunkt des Anrufs selbst bestimmen. Diesen Vorteil sollten Sie nutzen. Das tun viele Callcenter ? scheinbar. Unter anderem, indem sie für ihre Mitarbeiter ausführliche Telefonleitfäden verfassen. Entsprechend wirken deren Telefonate: standardisiert und un-persönlich. Und als angerufene Person fragt man sich: Warum spulen die kein Tonband ab? Das wäre billiger und besser.

Deshalb der Tipp: Arbeiten Sie nicht mit ausformulierten Telefonscripten. Machen Sie sich lieber einen Stichwortzettel. Und üben Sie zum Beispiel mit einem Kollegen, das Gespräch locker und mit wechselnden Formulierungen zu führen.

Überlegen sollten Sie vorab auch: Wen rufe ich an? Und wie kann ich das Interesse der betreffenden Person wecken, so dass das Telefonat ein echtes Gespräch wird? Denn die Telefonate der meisten Telefonverkäufern sind wie folgt aufgebaut: "Guten Tag, mein Name ist Müller. Ich arbeite für die Firma x. Wir verkaufen ... Wir haben zur Zeit ein besonderes Angebot, das ..." Das heißt, der Kunde kommt in dem Gespräch gar nicht vor - und auch kaum zu Wort. Entsprechend schnell sind die Telefonate meist beendet, ohne dass der Anrufer sein Ziel erreicht hat.

"Und was habe ich davon?"

Im Gespräch sollten Sie zudem zwei, drei persönliche beziehungsweise firmenbezogene Nutzenargumente parat haben. Warum, dies sei am Beispiel eines niedergelassenen Arztes illustriert. Er macht sich seit Jahren einen Spaß daraus, Pharmareferenten zur Verzweiflung zu bringen. Ruft ein Pharmareferent bei ihm an, um einen Besuchstermin zu vereinbaren, fragt er stets zurück: "Und was habe ich davon?" Die Pharmavertreter antworten dann meist: "Ich stelle Ihnen unser neues Medikament vor, das ..." Die Rückfrage des Arztes: "Und was habe ich davon?" Hierauf erwidern die meisten Referenten sinngemäß: "Damit können Sie Ihre Patienten besser therapieren." Woraufhin der Arzt erneut fragt: "Und was habe ich davon?"

Das Fazit des Arztes: "Noch kein Pharmareferent nannte mir ein Argument, warum ich als Unternehmer mir Zeit für dessen Besuch nehmen sollte - zum Beispiel, dass ich dann mehr Geld verdiene. Oder mehr Zeit für meine Familie habe. Warum sollte ich mich also mit ihm treffen?"

Ähnlich agieren viele Telefonverkäufer. Sie reden viel (und schnell), kommunizieren aber wenig mit ihren Kunden. Und schon gar nicht können sie ihnen darlegen, welchen Nutzen diese von ihrem Angebot haben. Solche kundenspezifischen (Verkaufs-)Argumente zu entwickeln, erfordert Zeit. Doch wer ist der bessere "Telefonverkäufer": derjenige, der bei 20 Telefonaten einen Abschluss erzielt, oder derjenige, der zwar nur fünf Telefonate führt, aber zwei Abschlüsse erzielt? Auf die Klasse, nicht Masse der Gespräche kommt es an. (oe)

Der Autor Christian Herlan ist einer der drei Geschäftsführer der Unternehmensberatung Dr. Kraus & Partner, Bruchsal (Tel. 07251/989034; E-Mail: christian.herlan@kraus-und-partner.de; Internet: www.kraus-und-partner.de.